11. August 2015 • Nummer 62 • Seite 6 SONDERSEITE 10 Jahre Schanzen Einsiedeln und Berni Schödler, Chef Skisprung «Sehe durchaus eine Zukunft» Marc Völz, Leiter NLZ Interview mit dem Schweizer Sportminister zum doppelten Jubiläum «Wir wünschen uns einen Winterbetrieb» Der Grundstein für das erfolgreiche Auftreten der Athleten an allen internationalen Serien sowie an Grossanlässen werde in Einsiedeln gelegt, sagt Berni Schödler, Chef Skisprung. ug. Wenn Berni Schödler, Chef Skisprung und Nordische Kombination und zuvor Trainer bei Swiss-Ski, auf zehn Jahre Schanzen Einsiedeln zurückblickt, hat er spezielle Erinnerungen: Zehn Jahre hochstehenden Skisprungsport mit vielen top Athleten und Medaillengewinnern, zehn Jahre geprägt von verschiedenen Organisationskomitees mit der Möglichkeit, lokales Know-how und Einsiedler Gastfreundschft der internationalen Skisprungfamilie zu präsentieren. Für ihn seien die Schanzen Einsiedeln ein Arbeitsplatz mit grossartiger Panoramasicht auf die Umgebung von Einsiedeln. Es sei immer wieder eindrücklich zu sehen, welche Natur einem an der Heimschanze umgebe – See, Berge, Wälder und ein Dorf, das in den letzten zehn Jahren gewachsen sei. «Als Heimschanzen bringen uns die Schanzen viele Trainingssprünge», sagt Berni Schödler. Der Grundstein für das erfolgreiche Auftreten der Athleten an allen internationalen Serien sowie an Grossanlässen wie Olympische Spiele, Weltmeisterschaften oder Junioren-Weltmeisterschaften werde in Einsiedeln gelegt. Zusammen mit den Partnern – Kloster, Bezirk, Kanton, Stiftsschule und Restaurant Drei Könige – sei Einsiedeln die Heimbasis für Erfolge. Auch diesbezüglich einzigartig «Wir wünschen uns natürlich einen Winterbetrieb der Schanzen Einsiedeln», sagt Berni Schödler. Sie seien die einzige Schanzenanlage eines Wintersports, die nur im Sommer genutzt werden könne. Diesbezüglich seien die Schanzen in Einsiedeln (leider) auch einzigartig. Haben die Schanzen Einsielden eine Zukunft? «Sprungschanzen sind immer und überall grosse Sportanlagen für wenige Sportler», sagt Berni Schödler. Sprungschanzen könnten aber auch touristisch genutzt werden. Hier habe Einsiedeln sicher Potenzial und somit auch eine Zukunft, ob Skispringen oder andere Outdooraktivitäten rund um die Sprungschanze wie zum Beispiel Open-AirKino oder ein Dorfmarkt im Schanzengelände. «Es gibt Ideen und kreative Ansätze.» Vom Einsiedler für den Einsiedler könne ein lohnendes Motto sein. Wenn er die TV-Einschaltquoten der Sportart Skispringen sehe, habe ein Sommer Grand Prix in Einsiedeln immer eine Zukunft – sofern Tourismus, Bezirk und die Einsiedler Bevölkerung dies auch wollen, sagt Berni Schödler. Ein solcher Anlass sollte ein Dorffest sein, das eine Ausstrahlung in die ganze Schweiz, ja nach ganz Europa hat. Bundesrat Ueli Maurer, Vorsteher Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), spricht von einer modernen Anlage, die zu einem Wahrzeichen von Einsiedeln geworden ist. Grand Prix in Einsiedeln, die auch keinen Hauptsponsor haben. Viele Organisatoren leben von kleineren Sponsoren und vor allem von der Ehrenamtlichkeit. Auf die Arbeit der freiwilligen Helferinnen und Helfer kann kein Veranstalter verzichten. «Ich finde es gut, dass die Schweiz mit Einsiedeln als Veranstalter auch zehn Jahre nach der Einweihung der Schanzenanlage im FIS Sommer Grand Prix der Skispringer vertreten ist», sagt Sportminister Ueli Maurer. Foto: VBS/DDPS Haben die Schanzen in Einsiedeln eine Zukunft? Der Bau der Schanzenanlage Einsiedeln ist seinerzeit viel teurer geworden als geplant. Hingegen scheint es, dank dem Trainingsbetrieb und den innovativen Ideen der Schanzen Einsiedeln GmbH, möglich, dass genügend Geld für die jährlichen Betriebskosten aufgebracht werden kann. Unter diesen Voraussetzungen sehe ich für die Schanzen in Einsiedeln durchaus eine Zukunft. Was bringen diese Schanzen? Die Schanzen dienen in erster Linie den jüngeren und älteren Skispringern im Nationalen Leistungszentrum als Trainingsanlage, damit die Basis für spätere Einsätze an internationalen Wett- Die Schanzen Einsiedeln sind noch immer nicht wintertauglich … Die Schanzenanlage in Einsiedeln, deren Bau durch einen Geldbetrag aus dem Nationalen Sportanlagenkonzept Nasak unterstützt worden ist, hat in finanzieller Hinsicht eine sehr wechselvolle Geschichte. Eine Mattenschanze win- tertauglich zu machen, ist auch eine Kostenfrage. Ich denke da unter anderem an eine Eisspur und eine Beschneiungsanlage, die bei den vorherrschenden klimatischen Verhältnissen wohl nötig wären. Für die Schweizer Skispringer wäre es natürlich ein Riesenvorteil, wenn sie in Einsiedeln auf Schnee springen könnten. Hat auch der Sommer GP Einsiedeln eine Zukunft? Seit der Eröffnung der neuen Schanzenanlage hat Einsiedeln mit einer Ausnahme immer im Grand Prix Kalender gestanden. Ob dies auch in Zukunft so sein wird, hängt von den zuständigen Gremien von Swiss-Ski und des internationalen Skiverbandes FIS ab. Was sagen Sie dazu, dass der Sommer GP Einsiedeln, wie schon 2014, keinen Hauptsponsor hat? Es gibt in der Schweiz ähnliche Veranstaltungen wie den Sommer Sonst noch was aus Ihrer Sicht? Ich würde es Simon Ammann gönnen, wenn er auch auf seiner Heimschanze endlich einen Sommer Grand Prix gewinnen könnte. Walter Hofer, Renndirektor FIS Gary Furrer, Chef Breitensport Helmut Schulz, Präsident ZSV Simon Ammann, Skispringer «Das wäre ein grosser Verlust» «Ich freue mich sehr auf das Jubiläum» ug. Es sei super, dass es die Schanzen Einsiedeln und dank der vielen Freiwilligen auch den Sommer GP Einsiedeln noch gebe, sagt Helmut Schulz, Präsident des Zürcher Skiverbands, zu dem auch Einsiedeln zählt. Die Schanzen und der Sommer GP seien ein wichtiger Bestandteil, den Nachwuchs zu motivieren. Er ist überzeugt, dass die Schanzen Einsiedeln internationales Ansehen und Touristen nach Einsiedeln bringen, weil die wunderschöne Landschaft den Urlaubern viele Möglichkeiten biete. Er findet es sehr schade, dass die Schanzen Einsiedeln noch immer nicht wintertauglich sind. Das helfe nicht gerade, den Nachwuchs zu motivieren. Im Winter müsse man immer ins Ausland ausweichen, um optimal zu trainieren. Man würde sicher leichter Sponsoren finden, wenn die Schanzen wintertauglich wären. Was den Hauptsponsor betrifft, sei er der Meinung, dass dies nicht an Einsiedeln liege, sondern an einer anderen Stelle, die sicher mehr Gewicht und Beziehung auf der sportlichen Ebene habe. Ob die Schanzen Einsiedeln eine Zukunft haben, sei eine finanzielle Frage. An den ehrenamtlichen Helfern liege es nicht. Das gelte auch betreffend Zukunft des Sommer GP Einsiedeln. Wenn die Schanzen Einsiedeln nicht mehr in Betrieb seien, «werden wir sicher keine Skisprungdisziplin mehr haben», sagt Helmut Schulz. «Das wäre für die Schweizer Springerszene ein grosser Verlust.» ug. Zehn Jahre Schanzen Einsiedeln und 10. Sommer Grand Prix Einsiedeln, was löst das bei Ihnen aus? «Ich freue mich sehr auf das Jubiläum, ist ja auch für mich ein Jubiläum, da ich immer am Start war. Die Vorfreude auf den Heimwettkampf spüre ich jedes Mal», sagt Skispringer Simon Ammann. Die Schanzen Einsiedeln seien sein Arbeitsplatz und damit ein sehr wichtiger Punkt in seinem Leben. «Hier habe ich den Aufbau für meine Erfolge gemacht.» Die Schanze in Einsiedeln sei nicht einfach zu springen und sei so für ihn ein guter Gradmesser, ob die Form stimme. «Der Sommer Grand Prix in Einsiedeln ist für uns sehr wertvoll, weil wir uns auf unserer Heimschanze mit der Weltspitze messen können», ordnet Simon Ammann den Stellenwert des Heimspringens ein. Der Wettkampf und das Zuschauererlebnis am Sommer Grand Prix Einsiedeln seien von guter Qualität und würden auch auf dieses Jahr weiter gesteigert. Er sei überzeugt, dass «die Organisatoren in Zukunft wieder einen Hauptsponsor finden werden». Auf die Schanzen Einsiedeln angesprochen, sagt Simon Ammann, sie seien das Zentrum des Skisprungs in der Schweiz. «Im Nationalen Leistungszentrum profitierten alle Kaderathleten von Swiss-Ski von der guten Infrastruktur.» Das Nationale Leistungszentrum bilde damit die Heimbasis der Skispringer. Urs Gusset: Ueli Maurer, zehn Jahre Schanzen Einsiedeln und zehnter FIS Sommer Grand Prix Einsiedeln. Was löst das bei Ihnen aus? Ueli Maurer: Ich finde es gut, dass die Schweiz mit Einsiedeln als Veranstalter auch zehn Jahre nach der Einweihung der Schanzenanlage im FIS Sommer Grand Prix der Skispringer vertreten ist. Und ich erinnere mich an spannende Wettkämpfe und eine gute Stimmung unter den Zuschauern. Wie nehmen Sie die Schanzen Einsiedeln wahr? Es ist eine moderne Schanzenanlage, die, wie das Kloster, zu einem Wahrzeichen von Einsiedeln geworden ist. kämpfen gelegt werden kann. Mit dem Sommer Grand Prix werden der Name Einsiedeln und die Bilder der Landschaft dank der TV-Übertragung in die weite Welt hinaus getragen. «Wichtige Entwicklung «International gesehen für das Skispringen» fast ein Hohn» ug. Walter Hofer, zehn Jahre Schanzen Einsiedeln und 10. Sommer Grand Prix Einsiedeln. Was löst das bei Ihnen aus? «Eine ganz wichtige Entwicklung und Kontinuität für das Skispringen in der Schweiz.» Die Schanzen Einsiedeln seien in vielerlei Hinsicht ein Unikum in ihrem Erscheinungsbild und Charakter, sagt Walter Hofer, FIS-Renndirektor Skispringen und Nordische Kombination. Neben den positiven sportlichen Aspekten brächten die Schanzen Einsiedeln natürlich auch Reputation. Einsiedeln sei ja kulturell ein sehr attraktiver Ort, daher sei es eine gute Kombination, auch durch sportliche Events im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen. Was sagt Walter Hofer dazu, dass die Schanzen Einsiedeln noch immer nicht wintertauglich sind? Er glaubt, dass «Swiss-Ski ein gutes Konzept in der Auswahl seiner Schanzen für die Sommerrespektive Winteraktivitäten besitzt». Er sei überzeugt, dass die solide Basisarbeit den richtigen Impuls für zukünftige Engagements eines Hauptsponsors für den Sommer GP Einsiedeln bieten würde. Die Schweiz mit ihren beiden internationalen Skisprung-Bewerben in Einsiedeln und Engelberg habe zwei wichtige Fixpunkte im internationalen FIS-Kalender, antwortet Walter Hofer auf die Frage der Zukunft der Schanzen Einsiedeln und des Sommer GP Einsiedeln eher ausweichend. ug. «Ich durfte bei der ganzen Entstehung und bei den allerersten Sprüngen hautnah dabei sein», sagt Gary Furrer, Direktor Breitensport Swiss-Ski und von 1999 bis 2010 Chef Skisprung bei Swiss-Ski. Dies löse viele, auch emotionale Erinnerungen aus. Auch eine Genugtuung, dass «die Anlage während allen Turbulenzen ihre wichtige Hauptaufgabe, den Skispringern als moderne Trainings- und Wettkampfanlage zur Verfügung zu stehen, stets erfüllt habe». Furrers lachendes Auge sieht die Sommerperiode mit vielen Trainingsund Wettkampfaktivitäten sowie einem Umfeld, das sich grossartig engagiere. Sein weinendes Auge sieht Sprungschanzen, die im Winter brachliegen. Zwei weinende Augen hat Furrer, wenn man ihn darauf anspricht, dass die Schanzen noch immer nicht wintertauglich sind. «Schier unglaublich und international gesehen fast ein Hohn, dass die Wintersportnation Schweiz es bisher nicht geschafft hat, mit Einsiedeln zumindest eine moderne Skisprunganlage wintertauglich zu unterhalten.» Skispringen als Wintersportart stehe im August in grosser Konkurrenz zu den Sommersportarten. Das neue OK entwickle jedoch eine Dynamik und habe neue Ideen, die zuversichtlich in die Zukunft schauen liessen, sagt Furrer und meint auch die Suche nach einem neuen Hauptsponsor. Haben die Schanzen Einsiedeln eine Zukunft? «Sollten sie keine Zukunft haben, müsste die Grundsatzfrage gestellt werden, ob die Schweiz in Zukunft bei Wettkämpfen noch Skispringer am Start sehen will.» «Schanzen sind grosser Gewinn für das NLZ» «Aus unserer Sicht kann ich sagen, dass Einsiedeln für das Nationale Leistungszentrum der ideale Standort ist», betont Marc Völz, Leiter des NLZ Einsiedeln . ug. Was löst zehn Jahre Schanzen Einsiedeln und zehn Jahre Sommer Grand Prix Einsiedeln bei Ihnen aus? «Bei dieser Frage wird mir wieder einmal bewusst, dass die letzten zehn Jahre wie im Fluge vergangen sind», sagt Marc Völz, Leiter Nationales Leistungszentrum Skispringen/Nordische Kombination Einsiedeln (NLZ), gegenüber dieser Zeitung. Er denke gerade an die vielen guten und spannenden Wettkämpfe, an die Athleten, die sich dank den Schanzen sehr gut entwickelt hätten, an die gute Zusammenarbeit mit allen Partnern, die sehr wichtig für das tägliche Training seien. Und nicht zu vergessen: das Nationale Leistungszentrum, das vor allem dann von enormem Mehrwert sei, wenn man auch die Schanzen direkt vor der Tür habe. Sehr grosser Gewinn «Für mich sind die Schanzen, in Verbindung mit unseren Trainingsräumen im Kloster Einsiedeln, ein sehr schöner Arbeitsplatz und natürlich ein sehr grosser Gewinn für das Nationale Leistungszentrum, aber auch für unsere Athleten. Sie seien die Basis, die Skispringen als Leistungssport auf sehr hohem Niveau ermögliche. Für ihn als Leiter des NLZ und Trainer brächten die Schanzen in erster Linie sehr viele und wertvolle Trainings und Wettkämpfe. «Wir können dadurch die Anfahrtswege kurz halten und müssen weniger externe Trainingskurse auf uns nehmen.» Insbesondere für die jungen Skispringer sei das ein enormer Vorteil, denn «sie können regelmässig Skispringen, was sehr wichtig ist für ihre Entwicklung». Sicher sei es schade, dass die Schanzen nicht wintertauglich seien. Für ihn und das NLZ wäre es sehr wichtig und wünschenswert, dass «wir irgendwann auch im Winter regelmässig in Einsiedeln Skispringen können. So können wir jeweils nur bis zum ersten Schnee in Einsiedeln springen und müssen danach nach Österreich oder Deutschland ausweichen». Aber auch bereits kleine Schritte, wie der Umbau der kleinen Schanze im vergangenen Frühling, seien wertvoll. Durch den Umbau fänden zumindest im Sommer bereits die Kleinsten ideale Voraussetzungen vor. Haben die Schanzen Einsiedeln eine Zukunft? «Aus unserer Sicht kann ich sagen, dass Einsiedeln für das Nationale Leistungszentrum der ideale Standort ist», betont Marc Völz. Sowohl die Infrastruktur als auch die sehr gute Zusammenarbeit mit den Schanzen Einsiedeln, dem Kloster, den Schulen und dem Bezirk machten die Schanzen extrem wertvoll. Hätten die Schanzen Einsiedeln keine Zukunft, so müsste man sich überlegen, ob ein Trainingszentrum wie das NLZ am Standort Einsieden weiterhin sinnvoll sei.
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