Da wächst etwas heran

Meine beste
Entscheidung
Wie Hermann Schüller
aus einer kleinen
Glasfirma in Westerstede
einen Branchenchampion
geformt hat.
Seite 26
FÜR MACHER.
Flüchtlinge
einstellen
SCHUMACHER.
Die Chance für den
Arbeitsmarkt: Was Betriebe
beachten müssen, wenn sie
Einwanderer beschäftigen.
Seite 18
Nr. 13
November 2015
Preis: 2,90 Euro
Bürobedarf I Bürotechnik I Büromöbel
www.der-schumacher.de
DIE WIRTSCHAFT
OLDENBURGER LAND
Da wächst
etwas heran
ES WAR EINMAL ...
... das Perpetuum mobile
Zeit der
Sagen
Nachhaltigkeit ist mehr als ein
Modewort. Immer mehr Unternehmen
erkennen den Vorteil langfristigen
Wirtschaftens. Einige der Vorreiter
kommen aus dem Nordwesten.
Sisyphos wird zu einem
Dasein als menschliches
Perpetuum mobile verurteilt.
1712
VON GREGOR KESSLER
W
Johann Bessler erhält ein
Patent auf ein sich ewig drehendes Rad – und nimmt
das Geheimnis mit ins Grab.
,,
1775
Die Pariser Akademie der
Wissenschaften erklärt,
kein Patent auf Perpetua
mobilia mehr anzunehmen.
1869
„Eine Maschine, welche
sich ohne Energiezufluss
von außen fort und fort
bewegt, gehört zu den
Unmöglichkeiten“
Meyers Enzyklopädie
sieht die Sache nüchtern
1938
Er läuft und läuft und läuft:
Volkswagen belehrt alle
Zweifler eines Besseren.
Steuereinnahmen des Bundes* in
Mrd. €
280**
200
2015
100
0
1969
2015
* bis 1990 Westdeutschland,** geschätzt;
Grafik: BG; Quelle: Finanzministerium
DAS DOSSIER ZUR
NACHHALTIGKEIT:
SEITE 9–16
Illustration: Malte Knaack: Torsten von Reeken; Public Domain (3); dpa (2)
Nie versiegende Quelle
orte können wie Kleider sein: Benutzt man sie viel, leiern sie aus.
Nachhaltigkeit ist so ein Wort. Seit
Jahren hört man es so häufig und
in so vielen Zusammenhängen, dass es inzwischen für alles passt: für nachwachsende Bäume und nicht nachlassende Gewinnströme, für
vorausschauende Politik und für Kommunikationsabteilungen mit blumigem Wortschatz.
Dabei ist das Wort längst mehr als ein grünes
Mäntelchen, das sich Politiker und Unternehmer mit ein paar netten Worten umhängen. Es
ist ein Anspruch, an dem sich messen lassen
muss, wer es nutzt. Das zu vergessen kann sehr
unangenehm werden, wie Volkswagen gerade
erfahren muss: Genüsslich zitieren Kritiker die
hehren Ansprüche aus dem Nachhaltigkeitsbericht des Autobauers, während der Abgasskandal größer und größer wird.
Es geht auch anders, wie Beispiele aus unserer Region zeigen. Im Kleinen etwa die Hofgemeinschaft Grummersort. Die Bio-Käserei zwischen Oldenburg und Hude wollte sich den
Vorwurf, Wasser zu predigen, aber Wein zu trinken, nie anhören müssen. Kann man guten Gewissens ein Demeter-Siegel für das eigene Brot
verwenden, wenn zwar der Weizen biologisch
angebaut wurde, aber die Backstube mit Wärme aus Kohlekraftwerken beheizt wird? Kann
man nicht, finden die Gründer – und haben
eine eigene Holzvergaseranlage und zwei
Blockheizkraftwerke gebaut. „Energieversorgung, Milchviehhaltung, Landwirtschaft – für
uns gehört das alles zusammen“, erklärt Käserin Gudrun Junge-Grahl.
Wer Nachhaltigkeit richtig versteht, sieht in
ihr nicht allein den Imagegewinn – sondern
einen unternehmerischen Vorteil. Und der hört
bei Effizienzmaßnahmen nicht auf, deren Investitionen sich nach wenigen Jahren amortisiert haben. „Wenn Unternehmen nachlässig
mit Ressourcen umgehen, schöpfen sie aus
dem ihnen zur Verfügung stehenden Kapital –
der Umwelt – keinen ausreichenden Wert“, attestiert Klaus Fichter, Professor für Innovationsmanagement und Nachhaltigkeit an der
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. „Das
ist dann weder ökologisch nachhaltig noch betriebswirtschaftlich.“
Diese Erkenntnis setzt sich bei Familienunternehmen und Mittelständlern schneller
durch als bei börsennotierten Unternehmen.
Der Mischkonzern Haniel etwa, seit mehr als
250 Jahren im Familienbesitz, hat das Adjektiv
„enkelfähig“ nicht nur zum Namen seines Mitarbeitermagazins gemacht, sondern sieht es als
Leitthema langfristiger Unternehmensstrategie. Und der familiengeführte US-Konzern
Mars hilft Kakaobauern, effizientere Bewässerungsanlagen anzuschaffen und ertragreichere
Kakaobäume zu pflanzen. Nicht primär aus
Nächstenliebe, sondern damit es auch künftig
genügend Kakao für die Mars-Riegel gibt.
Es ist die alte Weisheit des Hans Carl von
Carlowitz, die hier durchschlägt. Der sächsi-
Sauber bleiben! Wer in der Wirtschaft oben stehen will, kommt am Thema Nachhaltigkeit nicht vorbei.
sche Beamte verfasste bereits vor 300 Jahren
ein Standardwerk zur dauerhaften Bewirtschaftung von Wäldern – und gilt damit als Begründer der Nachhaltigkeit. Seine zentrale Erkenntnis hat nichts an Aktualität eingebüßt: Lebe
nicht von der Substanz, sondern vom Ertrag.
Doch nicht nur die Sicherung der Produktion zwingt Unternehmen, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigten. Es sind zunehmend auch
Kunden, die erkennen, dass etwas nicht
stimmt, wenn ein Kilo Hähnchen weniger als
fünf Euro kostet. So viel Kritik hat Niedersachsens Geflügelwirtschaft in den vergangenen
Jahren einstecken müssen, dass man der Sache
nun wissenschaftlich beikommen will: Ein von
der Branche mitfinanziertes Institut an der
Universität Vechta soll zeigen, wie Nachhaltigkeit und Massentierhaltung zusammengehen.
Für viele Konsumenten ist die Sache bereits
klar: Billiges Fleisch kann nicht nachhaltig sein.
Pro Kilo Hühnerfleisch werden fast 5000 Liter
Wasser benötigt – ein Drittel dessen, was für ein
Kilo Rindfleisch benötigt wird, aber in einer
Welt, in der Millionen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, noch immer viel zu
viel. Ganz zu schweigen von Flächenverbrauch
und dem CO2-Abdruck.
Entsprechend steigt die Zahl der Vegetarier –
und deren Nachfrage. Der Wurstspezialist Rügenwalder aus Bad Zwischenahn hat als einer
der Ersten reagiert und macht inzwischen gute
Umsätze mit einem wachsenden Sortiment aus
vegetarischen Artikeln. Andere Fleischhersteller ziehen nach, darunter Deutschlands größter
Geflügelfleischerzeuger Wiesenhof mit Sitz im
Kreis Vechta. Und das Oldenburger Start-up Vekoop läuft so gut, dass der vegane Onlinehandel demnächst in größere Räume zieht.
Die Beispiele zeigen: Es sind auch die Kunden, die der Nachhaltigkeit auf die Sprünge helfen, indem sie anders einkaufen. Und dabei im
Kopf behalten, welches das nachhaltigste Produkt ist: Das, das man nicht kauft.
Tel. 0441-3407080
www.harders-lichtideen.de
INHALT
2 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
28
A
ls wir für unsere Serie „Zum Duell!“ einen
Autor suchten, der gegen die BTC-Vorstände Jörg Ritter und Dirk Thole im Badminton antreten würde, war Robert Otto
sofort begeistert: „Mit Sport wollte ich schon immer mal Geld verdienen!“ Was er nicht wusste: Die
beiden Manager sind bestens austrainiert. Wie sich
Otto und sein Doppelpartner Jörg Schürmeyer aus
der Affäre gezogen haben, lesen Sie ab Seite 28.
Weniger für Sport, dafür aber für guten Käse, begeistert sich unser Autor Gregor Kessler. Von der
Hofgemeinschaft Grummersort bei Hude hatte der
Hamburger daher längst gehört – sein Ruf eilt dem
kleinen Bio-Erzeuger voraus. Ob er das Potenzial
hat, mit Käse wie dem „Grummersorter Zwerg“ aus
der Nische herauszuwachsen, wollte Kessler bei
einem Ortsbesuch wissen: Seite 10.
Die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge ist groß in
unserer Region. Auch viele Unternehmen würden
gern ihren Teil dazu beitragen und Zuwanderern
Jobs anbieten. Worauf sie dabei achten müssen, lesen Sie in unserem A bis Z ab Seite 18.
Viel Vergnügen bei der Lektüre!
UNTERNEHMEN
3
4
Rüdiger zu Klampen,
Wirtschaftsredakteur
Impressum
Autoren dieser Ausgabe:
Carola Felchner, Nadine GruneHerausgeber und Verlag:
wald, Gregor Kessler, Rüdiger zu
Nordwest-Zeitung Verlags- Klampen, Volker Kühn, Lars Laue,
gesellschaft mbh & Co. KG Nikola Nording, Robert Otto, Stefan
Radomsky, Peter Ringel, York
Postfach 25 25
Schaefer, Jörg Schürmeyer,
26015 Oldenburg
Eva Tenzer, Sabrina Wendt
Peterstraße 28-34
26121 Oldenburg
Lektorat:
Minke Zimmermann
Geschäftsführung:
Ulrich Gathmann,
Einzelverkaufspreis: 2,90 Euro
Herbert Siedenbiedel
Jahresabonnement: 15,90 Euro
(für sechs Ausgaben)
Chefredakteur:
Rolf Seelheim
Leitung Geschäftskunden:
B. M. Bauer (verantwortlich
Redaktion:
für den Anzeigenteil)
Volker Kühn
Layout:
Malte Knaack,
Volker Kühn
Infografik: Benedikt Grotjahn, Andreas Mohrmann
Illustration:
Malte Knaack,
Carsten Lüdemann
Vermarktung:
Lars Mensching
Druck:
WE-Druck GmbH & Co. KG
Wilhelmshavener Heerstraße 270
26125 Oldenburg
Kontakt: [email protected]
12
31
Torsten von Reeken (3); dpa
Editorial
NOVEMBER 2015
6
8
12
Rila Als Spedition hat die Unternehmensgruppe aus der Nähe von Osnabrück begonnen – heute ist sie
einer von Deutschlands erfolgreichsten Feinkostimporteuren.
Rügenwalder Der Wurstspezialist
aus Bad Zwischenahn mischt mit
vegetarischen Produkten die Branche auf. Doch um so weit zu kommen, musste Marketingchef Godo
Röben im eigenen Haus viel Überzeugungsarbeit leisten.
Oldenburger Kartonagenfabrik Mit
individuellen Verpackungen hat
sich der Familienbetrieb bei Firmen
im Nordwesten etabliert. Jetzt rückt
er näher an seine Kunden heran –
dank der Digitalisierung.
Wechselfall Iris Behrens ist die neue
Frau an der Spitze der ECE-Schlosshöfe in Oldenburg. Wie die 34-Jährige das Einkaufszentrum voranbringen will.
14
10
Fischzucht Vivace ist angetreten,
um mit nachhaltiger Produktion
den Kaviarmarkt zu erobern. Jetzt ist
das Bremerhavener Unternehmen
pleite. Wie konnte das passieren?
Bio-Lebensmittel Kurze Wege zwischen Kuh und Käse: Mit diesem
Konzept hat es die Hofgemeinschaft
Grummersort bei Hude zum Insidertipp unter Gourmets gebracht.
Nachhaltige Fonds Der Markt für
Geldanlagen nach ökologischen
und ethischen Kriterien boomt. Wie
man das richtige Investment findet –
und wie es um die Rendite steht.
15
Kleiderspenden Windeln, Tierkadaver, Lebensmittelreste: Warum werfen Menschen so etwas in Altkleidercontainer? Eine Spurensuche.
16
Meine Meinung Unternehmen
müssen mehr als Gewinnmaschinen
sein – sie brauchen einen gesellschaftlichen Sinn, schreibt Wirtschaftsprofessor Klaus Fichter im
Gastkommentar.
STRATEGIEN
17
Start-up Superlab hat eine Diagnosemethode für Lebensmittel entwickelt. Als der Anfangserfolg ausblieb, haben die Gründer die Firma
kurzerhand neu aufgestellt.
18
Flüchtlinge Aufenthaltserlaubnis,
Residenzpflicht, Wartefrist: Wir erklären, worauf es bei der Einstellung
von Zuwanderern ankommt.
20
Onlineprofile Es gibt keine zweite
Chance für den ersten Eindruck,
Das gilt im realen Leben genauso
wie im Netz. Ein Ratgeber.
DOSSIER
9
Poster 2002 hat die Bundesregierung ein Ziel ausgegeben: Deutschland soll nachhaltiger werden.
Unsere große Infografik erklärt, wie
weit das Land auf dem Weg dorthin
vorangekommen ist.
22
Personalsuche Wie findet man gute
Führungskräfte? Die wichtigsten
Instrumente, vom Karriereportal bis
zum guten alten Arbeitsamt.
24
Geld Private Krankenkassen buhlen
mit attraktiven Tarifen um junge
Gutverdiener. Wann sich der Wechsel lohnt – und wann nicht.
LEBEN
25
Fitting Viele Freizeitsportler verletzen sich, weil sie falsch laufen. Eine
professionelle Bewegungsanalyse
kann Abhilfe schaffen.
26
Karriere Jeder große Unternehmer
hat irgendwann die Weichen für seinen Erfolg gestellt. Wir zeichnen
diese Momente in einer neuen Serie
nach. Zum Auftakt: Wie Hermann
Schüller mit Semcoglas ein Branchenschwergewicht geschaffen hat.
28
Zum Duell! Jörg Ritter und Dirk
Thole sind ein eingespieltes Team:
Gemeinsam führen sie den ITDienstleister BTC. Ob sie auch als
Badminton-Doppel harmonieren?
Wir haben sie herausgefordert.
31
Stil Frank Simme ist Oldenburgs
einziger Maßschuhanfertiger. Für
seine Handwerkskunst kommen
Kunden von weit her.
32
Frohes Schaffen Ihr Chef gibt immer dieselben Plattitüden von sich?
Die Kollegen nerven Sie mit leeren
Worthülsen? Dann freuen Sie sich
auf unser Phrasen-Bingo!
Personen- und Firmenindex
FIRMEN UND INSTITUTIONEN
AGC Glass Europe..............................................26, 27
Agentbase...........................................................20, 21
Alfred-Wegener-Institut (AWI).................................9
Alte Oldenburger.....................................................24
Autogalerie Schlickel...............................................31
BCA Autoauktionen.................................................31
Bitkom ........................................................ 6, 7, 20, 21
Brembo.....................................................................31
Bremer Landesbank................................................14
BTC Business Technology Consulting..20, 21, 28, 29
Büfa...........................................................................22
Bundesagentur für Arbeit .......................... 18, 19, 22
Bundesamt f. Migration u. Flüchtlinge............18, 19
Bundesrat ..........................................................18, 19
Bundestag...........................................................18, 19
Carl von Ossietzky Universität Oldb. ..... 1, 16, 17, 25
CDU........................................................................6, 7
Club of Rome ..................................................... 12, 13
Coca-Cola...............................................................4, 5
Daimler...........................................................8, 18, 19
Demeter......................................................................1
Deutsche Bank...................................................26, 27
Deutsches Rotes Kreuz (DRK)................................15
Diakonie im Oldenburger Land.............................15
ECE Projektmanagement........................................38
Energy & Meteo Systems ........................................16
Europäische Union (EU)...............................9, 18, 19
EWE ....................................................................28, 29
EWE Tel...............................................................28, 29
Expovivo AG...............................................................8
Facebook ................................................................ 6, 7
EMS PreCab........................................................12, 13
Eurogate.....................................................................1
Evac Group Oy...................................................12, 13
EWE.....................................................................15, 23
Facebook ............................................................ 20, 21
FairWertung ............................................................. 31
Fraunhofer-Inst. f. Arbeitswirt. u. Organisation . 6, 7
Glaverbel ............................................................ 26, 27
Google ...................................................................... 22
Guardian Industries .......................................... 26, 27
Gutfried .................................................................. 4, 5
IDS Scheer..........................................................28, 29
Haniel.........................................................................1
Hofgemeinschaft Grummersort ..................1, 10, 11
Hornbach ........................................................... 26, 27
Hüppe.....................................................................6, 7
Institut für Arbeitsmarkt- u. Berufsforschung......22
Isoglas.................................................................26, 27
Jugendmigrationsdienst (JMD)........................18, 19
Karriere-ganzoben.de ............................................ 22
Mars............................................................................1
Meica ...................................................................... 4, 5
Molitor Schuhe und Sport ...................................... 25
Molkerei Ammerland................................................8
Obi ...................................................................... 26, 27
OECD..................................................................12, 13
Offis-Institut.................................................22, 28, 29
Oldenburger Kartonagenfabrik............................6, 7
Pariser Akademie der Wissenschaften.....................1
Pilkington...........................................................26, 27
PricewaterhouseCoopers..................................28, 29
Rila Feinkost-Importe...............................................3
Rila-Unternehmensgruppe ...................................... 3
Rügenwalder Mühle..........................................26, 27
Saint-Gobain..................................................1, 16, 24
Saturn.........................................................................8
Schüller Qualitätsglas GmbH...........................26, 27
Semcoglas...........................................................26, 27
SoMe...................................................................20, 21
Stackoverflow.com...................................................22
Stiftung Warentest...................................................14
Südwind-Institut ..................................................... 17
Superlab ................................................................... 14
Technologie- u. Gründerzentrum Oldb.(TGO).....17
Tönnies...................................................................4, 5
Tufts University..................................................20, 21
Universität Vechta ..................................................... 1
University of Newcastle, Australia..........................25
University of Texas.............................................20, 21
Vekoop........................................................................1
Verbraucherzentrale Bremen ........................... 12, 13
Vereinte Nationen....................................................15
Vierol ........................................................................ 22
Vivace Caviar..............................................................9
Volkswagen (VW)...........................................1, 14, 16
Washington University......................................20, 21
Weltkommission f. Umwelt u. Entwicklung....12, 13
Westfälische Wilhelms-Universität Münster...20, 21
Wiesenhof...........................................................1, 4, 5
Xing...............................................................20, 21, 22
Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) .. 22
Zentr. f. Orthopädie u. Bewegungsanal.................25
Zimbo ..................................................................... 4, 5
NAMEN
Ahlmann, Thomas.............................................12, 13
August der Starke.....................................................15
Back, Mitja..........................................................20, 21
Bath, Jürgen ............................................................. 17
Bauer, Thomas.........................................................15
Behrens, Iris...............................................................9
Bessler, Johann .......................................................... 1
Brandes, Mirko.........................................................25
Brinker, Werner..................................................28, 29
Brundtland, Gro Harlem...................................12, 13
Burmeister, Sabine ................................................ 6, 7
Burmeister, Udo.....................................................6, 7
Burmeister, Ulf.......................................................6, 7
Carlowitz, Hans Carl von.........................1, 12, 13, 16
Drogies, Norbert......................................................22
Fichter, Klaus ....................................................... 1, 16
Frankenbach, Thomas............................................25
Friedman, Milton .................................................... 16
Gabriel, Sigmar..................................................18, 19
Guyard, Laurent.......................................................17
Hellmeyer, Folker.....................................................14
Hinrichs, Frerk.........................................................15
Junge-Grahl, Gudrun.....................................1, 10, 11
Kleene, Cornelia ...................................................... 31
Klötzing, Mara..........................................................31
Kober, Markus....................................................10, 11
Köhler, Angela............................................................9
Koke, Oliver..............................................................31
Kräft, Henning ............................................... 10, 1115
Krogmann, Jürgen ............................................. 28, 29
Krumsieg, Dörthe....................................................25
Laager, Frédéric.......................................................17
Landmann, Kathrin...................................................8
Lüschen, Hans-Hermann ....................................... 24
Marquardt, Matthias...............................................25
Matti, Boris...............................................................17
Meyer, Christian ........................................................ 9
Mittag, Niklas.............................................................8
Molitor, Dirk.............................................................25
Molitor, Lutz.............................................................25
Nahles, Andrea...................................................18, 19
Neumann, Sebastian.........................................20, 21
Oesterhelweg, Frank..................................................9
Peccei, Aurelio....................................................12, 13
Raning, Nils..............................................................17
Rauffus, Christian..................................................4, 5
Richards, Craig.........................................................25
Richter, Bernd............................................................3
Richter, Helmut..........................................................3
Ritter, Jörg...........................................................28, 29
Röben, Godo..........................................................4, 5
Röttgers, Jan...............................................................8
Swatzki, Rolf.......................................................26, 27
Schüller, Herbert................................................26, 27
Schüller, Hermann.............................................26, 27
Seitz, Harald.............................................................22
Simme, Frank...........................................................31
Sisyphos......................................................................1
Stopfer, Juliane...................................................20, 21
Tanger, Karin......................................................20, 21
Thole, Dirk..........................................................28, 29
Viganske, Claudia....................................................15
Weisbuch, Max...................................................20, 21
Winterkorn, Martin ................................................. 16
Zaborowski, Henrik.................................................22
Zetsche, Dieter...................................................18, 19
3 I UNTERNEHMEN
DIE WIRTSCHAFT NR. 13 // NOVEMBER 2015
Die Schlossherrin
Sie hat einen kniffligen Job:
Iris Behrens soll die
Oldenburger Schlosshöfe
zum Besuchermagnet machen.
SEITE 8
Geschmack gefunden
Die Rila-Gruppe bei
Osnabrück hat sich von
einer Spedition zu einem
der erfolgreichsten
Feinkostimporteure
Deutschlands entwickelt.
Jetzt startet sie den
nächsten Schritt.
große Sortimente geworden. Vor 35
Jahren waren Asiatische Lebensmittel
auch noch Nischenprodukte.“ Heute
hat Richter selbst ein Faible fürs Asiatische entwickelt – sowohl beim Essen
als auch beim Taekwondo, seinem
Ausgleich.
Ausgebuchte Restaurants
VON NADINE GRUNEWALD
100 Millionen Euro Umsatz
Damit legte der gelernte Landschaftsgärtner den Grundstein für die RilaUnternehmensgruppe, die mit den
Jahren immer größer wurde und
Tochterfirmen in Griechenland und
Chile gründete. „Wir haben frühzeitig
Dachmarken für die einzelnen Ländersortimente eingeführt“, sagt Bernd
Richter. „Heute vertreiben wir etwa
1200 Produkte und sind einer der be-
Michael Gründel; Torsten von Reeken
K
reisrund, gebaut aus Glas,
Stahl, Beton und Naturstein,
so thront das „Rila erleben“
zwischen dem Wiehengebirge und dem Stemweder Berg inmitten
von Feldern. Der imposante Bau ist
das jüngste Aushängeschild der Rila
Feinkost-Importe. „Mit allen Sinnen
genießen“ lautet das Motto dieses
Projekts. Schaut man darauf, wie vor
46 Jahren alles begann, könnte der
Kontrast kaum größer sein.
„Mein Vater hat anfangs eine Spedition betrieben und den Linienverkehr nach Griechenland und in die
Türkei aufgebaut“, erklärt Geschäftsführer Bernd Richter. Zur Fracht gehörten so verschiedene Güter wie
Druckmaschinen und Lottoscheine.
Weil Helmut Richter nicht mit leeren
Lastwagen zurückfahren wollte, kam
ihm eine Idee: Für die damaligen
Gastarbeiter in Deutschland brachte
er Lebensmittel aus ihrer Heimat mit –
Weine etwa, Feta oder Pfefferschoten.
Und baute so ein Sortiment für Migranten auf.
deutendsten Anbieter von LänderFeinkost-Markenspezialitäten.“ 30 bis
40 Prozent davon werden Richter zufolge in den eigenen Tochterbetrieben
hergestellt. Im vergangenen Jahr lag
die Produktion bei rund 20 000 Tonnen, der Umsatz bei 100 Millionen
Euro. Das Unternehmen sei in den zurückliegenden Jahren stetig gewachsen. Richter selbst ist dabei bodenständig geblieben. „Nicht wachsen
um jeden Preis, sondern gesundes
Wachstum“, das sei ihm wichtig.
In etwa 8000 Märkten in Deutschland sind die Feinkostprodukte zu ha-
ben – und natürlich auch in der RilaFeinkostwelt, die im Glashaus in
Stemwede untergebracht ist. In den
Regalen stehen griechische Oliven neben spanischen Mojo-Dips und amerikanischen Barbecue-Saucen – alles
für den Endverbraucher.
Stolz präsentiert Richter die Produkte. Die stärksten Sortimente seien
„Feine Küchen Jürgen Langbein“, die
Asien-Produkte und „Lien-Ying“ und
die Biomarke „Rinatura“, sagt der 51Jährige. Die afrikanischen Saucen seien hingegen eher ein Nischenangebot. „Aber aus Nischen sind schon
Afrikanische Saucen,
asiatische Gewürze,
indische Papadams:
Geschäftsführer Bernd
Richter vor einer
Auswahl von Rila-Produkten in Stemwede.
Zu den meisten Produktlinien gibt es
draußen auch einen passenden Bereich im sogenannten Garten der Sinne. Vor, während oder nach dem Essen in einem der Restaurants können
die Besucher dort vom japanischen
Garten durch den griechischen hin
zum italienischen und afrikanischen
spazieren und die Anlage genießen.
Gegessen werden kann draußen, in
der urigen Tapasbar Cafayete im
Untergeschoss oder im Restaurant
Rotondo im ersten Stock, von wo aus
die Besucher einen herrlichen Blick
über die Landschaft haben. Im „Rila
erleben“ werden auch Weinproben,
Themenabende, Comedy oder Varieté
angeboten.
Entstanden ist die Idee dafür bei
der Einweihung eines neuen Logistikzentrums vor rund 13 Jahren. Eine
Woche lang kochten Köche in der Logistikhalle jeden Abend für rund 300
Besucher, es gab Musik und Entertainment. Inzwischen sind die Restaurants regelmäßig ausgebucht, Gäste
aus Osnabrück, dem Oldenburger
Land, Bielefeld und Minden kommen
dorthin – zum Essen, Feiern oder für
eine Tagung. „Den Gästen gefällt das
besondere Flair und die exzellente Küche“, sagt Bernd Richter.
Die Gestaltung der Gärten hat
Richters Vater übernommen, sein
eigenes Steckenpferd sind noch immer Technik und Logistik. Während er
durch die Lagerhalle führt, die derzeit
um 4000 auf dann 10 000 Quadratmeter erweitert wird, schwingt Begeisterung in seiner Stimme mit. Der Vater
von zwei Kindern hat seine Ausbildung in Elektronikentwicklung und
Programmierung
gemacht.
Seit
28 Jahren arbeitet er in dem Familienbetrieb, noch immer tragen einige
Computerprogramme seine Handschrift.
Das ideale
Umfeld.
Unternehmer im ecopark wissen:
Wo Mitarbeiter sich wohlfühlen, da
leisten sie gute Arbeit. Investieren
auch Sie in ein gutes Umfeld – für Ihre
Mitarbeiter und für Ihr Unternehmen.
Im ecopark an der Hansalinie A1.
ecopark – der Qualitätsstandort.
UNTERN
4 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
Torsten von Reeken; dpa
Deutschlands frisch
gekürter Marketingchef
des Jahres in seinem
Reich: Godo Röben
sortiert die Produkte
von Rügenwalder
stets nach aktuellen
Absatzzahlen. Was
sich am besten verkauft, steht oben links
im Regal seines Büros
in Bad Zwischenahn.
Die fleischlosen
Produkte wandern immer weiter Richtung
Spitzenplatz.
Die Neuerfindung der Wurst
Rügenwalders Marketingchef Godo Röben mischt mit vegetarischen
Produkten die Fleischbranche auf. Die Wachstumsraten sind gigantisch.
Schon wird am Firmensitz in Bad Zwischenahn ein neues Werk geplant.
VON RÜDIGER ZU KLAMPEN
W
enn man in Brake (Kreis
Wesermarsch) für das Wochenende einkauft, trifft
man am Kühlregal unter
Umständen einen seltsam wirkenden
Herrn. Der lädt nicht einfach zügig seinen Einkaufswagen voll, sondern verweilt schon mal, nimmt Produkte in
die Hand, begutachtet sorgfältig Verpackungen, Inhaltsangaben und Aufdrucke. Das könnte dann Godo Röben
sein – beim Sonnabendeinkauf, den er
angeblich liebt.
Der Marketing- und Entwicklungschef des Wurstspezialisten Rügenwalder Mühle kauft für seine vierköpfige Braker Familie ein. Aber der 45Jährige ist auch irgendwie bei der Arbeit: Es interessiere ihn eben, was die
anderen Nahrungsmittelhersteller so
an Neuheiten herausbrächten,
erzählt er in seinem Büro in
der Firmenzentrale an der
Industriestraße in Bad Zwischenahn (Kreis Ammerland).
Viel öfter allerdings kommt
es vor, dass nicht Röben bei der
Konkurrenz spioniert, sondern
die bei ihm. Denn seit Rügenwalder vor gut einem Jahr sein erstes vegetarisches Produkt auf den
Markt gebracht hat, erlebt das
traditionsreiche Unternehmen mit seinen rund 560
Mitarbeitern ein rasantes
Umsatz-
Im Logo prangt sie schon seit mehr
als 100 Jahren. Eine echte Mühle
hat Rügenwalder aber erst
seit Kurzem: 2012 war
Einweihung in Bad Zwischenahn.
wachstum. Kein Wunder also, dass
sich all die anderen Wursthersteller
brennend dafür interessieren, was sie
da in Bad Zwischenahn machen – für
Produkte, Inhalt, Geschmack, Verpackungen, einfach alles. Und der locker
daherkommende Röben, gerade in
München bei einer Gala zum deutschen Marketingchef des Jahres
(„CMO of the Year“) gekürt, gilt als der
Impulsgeber Nummer eins.
Die ganze Branche ist
aus dem Häuschen
Wursthersteller? Eigentlich passt der
Begriff nicht mehr zu Rügenwalder.
Denn immer mehr Produkte aus dem
Haus schmecken zwar wie Fleisch, sie
sehen auch so aus – aber die Zutaten
sind pflanzlich. Das Sortiment reicht
von Aufschnitt wie dem „Schinken
Spicker“, über Frikadellen und Hack
bis zu Hamburgern. Die ganze Branche ist wegen des Erfolgs von Branchenpionier Rügenwalder aus dem
Häuschen. Fieberhaft werden eigene
„Veggie“-Produkte auf den Markt gebracht, etwa von Gutfried, Tönnies,
Meica oder Zimbo. Erst vor wenigen
Tagen präsentierte Wiesenhof eine
ganze Palette zügig entwickelter Neuheiten. Auch alle anderen in der Branche beschäftigen sich inzwischen mit
dem Thema, das vor einem Jahr vielerorts noch keines war.
Rügenwalder aber liegt mit Abstand
vorn. Das Entwicklungs- und Marketingteam um Röben schiebt in kurzen
Abständen weitere Produkte ohne
Fleisch nach. Die Marke Rügenwalder,
einst Synonym für eher schwere Teewurst, wandelt sich. Fleischlose Produkte erreichten binnen wenigen Monaten einen Absatzanteil im zweistelligen Prozentbereich und legen weiter
zu, erläutert Röben an einem Regal im
Büro.
Dort sind die Produkte von Rügen-
walder nach Umsatz angeordnet. Vorn
liegt noch der Streichwurstklassiker
„Pommersche“. Doch die fleischlosen
Konkurrenten rücken jeden Monat
weiter Richtung Spitze vor, oben links
in Röbens Regal. Schon vier fleischlose
Produkte liegen unter den Top Ten der
Zwischenahner.
So etwas fasziniert Röben. Dass
starke Marken sein Ding werden könnten, spürte er erstmals als Jugendlicher, in der Ausbildung zum Industriekaufmann bei Coca-Cola in Oldenburg. Er sei sehr stolz gewesen, für so
eine Weltmarke tätig zu sein: „Es war
cool!“ Seitdem befasst Röben sich mit
starken Lebensmittelmarken. Nach
dem Fachabitur in Varel studierte er in
Bremen „Management im Handel“–
und hatte im Praxisteil mehrmals intensiv mit weiteren Weltmarken, wie
etwa Beck’s, zu tun. Damals, in den
90er Jahren, sei er erstmals mit Marketing in Berührung gekommen, erzählt
Röben. Die aufkommenden Ideen, die
neuen systematischen Ansätze hätten
ihn inspiriert.
So ging es wohl auch Christian
Rauffus, dem Chef der Rügenwalder
Mühle. Beide trafen 1995 erstmals zusammen, als Röben nach dem Studium Blindbewerbungen verschickte.
Ergebnis des Vorstellungsgesprächs
bei Rauffus sei in etwa gewesen:
„Wenn Sie hier eine Marketingabteilung aufbauen wollen, sind Sie herzlich willkommen.“ So etwas gab es bei
den Zwischenahnern zuvor nicht.
Rauffus muss gespürt haben, dass hier
eine dynamische Nachwuchskraft mit
Potenzial für neue Rezepte vor ihm
saß. Röben konnte sich ans Werk machen.
Was er vorfand: Das Unternehmen
hatte zusätzlich zur Produktion auch
noch eine eigene Einzelhandelsschiene mit 25 Filialen, ein stark dominierendes Produkt (Rügenwalder Teewurst) und wohl weitere 400 (!)
schmackhafte Kleinigkeiten bis hin zu
Labskaus und Mockturtle – betriebswirtschaftlich eine gigantische Verzettelung. „Bis auf die Teewurst wurde
quasi alles rausgeworfen“, beschreibt
Godo Röben den Umbruch.
Was folgte, ist bekannt: Rügenwalder, zunächst auf einen starken
Kern reduziert, landete ab 1998 regelmäßig Erfolge mit der Einführung
neuer Wurstprodukte wie „Pommersche“ und „Schinken Spicker“, die in
der hauseigenen Entwicklungsabteilung auf der Basis des bewährten
Streichwurstwissens erdacht worden
waren. Alle acht großen Marken gebe
es noch heute , freut sich Godo Röben.
„Wir hatten keinen Flop im Regal.“
Der Umsatz hat sich seit 1995 verfünffacht, für das laufende Jahr werden bis zu 200 Millionen Euro erwartet. Den mittlerweile erreichten Bekanntheitsgrad der Marke Rügenwalder Mühle genieße kaum eine
zweite in Deutschland, sagt Röben.
Dazu trägt der stolze Werbeetat von
angeblich rund 20 Millionen Euro bei.
Die Spots, in denen Mitarbeiter des
Unternehmens möglichst authentisch
und sympathisch rübergebracht werden sollen, sorgten für einiges Aufsehen. Zum Vergleich: 1995 hatte das
Unternehmen gerade einmal 50 000
D-Mark ins Marketing gesteckt.
Die Mittel werden nun quasi komplett auf einen neuen Markt konzentriert: Produkte in Wurstform, ohne
Fleisch, dennoch lecker. „Es geht“,
sagt Firmenchef Christian Rauffus
norddeutsch-trocken in einer aktuellen Kinowerbung, die ihn inmitten vegetarischer Zutaten zeigt. Wobei man
ihm anzumerken meint, dass es zeitweilig wohl auch Zweifel bei Rügenwalder gab. Röben habe viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um die
starke Fleischerfraktion im Unternehmen für seine vegetarischen Pläne zu
gewinnen, hört man im Betrieb.
NEHMEN
„
Ich
verlasse
mich
auf mein
BauchGefühl
“
Godo Röben, Marketingchef
von Rügenwalder
NOVEMBER 2015
Doch Röben hatte Argumente: Der
traditionelle Markt sei „unumkehrbar“
rückläufig. Nach Angaben der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) sank der Wurstabsatz hierzulande binnen vier Jahren
um zehn Prozent auf 1,3 Millionen
Tonnen. Andere Studien zeigen, dass
bei mehr als der Hälfte der Verbraucher immer seltener Fleisch auf den
Tisch kommt – und die Zahl der komplett vegetarisch lebenden Deutschen
ist auf fast acht Millionen geklettert. Es
sei etwas „Disruptives“ im Gang, sagt
Röben. Es gebe einen breiten Trend
weg von Fett und Cholesterin, und
selbst im eigenen Familienkreis hat er
ein Unwohlsein mit der Tierhaltung
ausgemacht.
Am Ende überzeugte Röben, dem
Marketingkauderwelsch zuwider ist,
die Skeptiker im eigenen Haus wohl
mit einer schlichten Erkenntnis: „Es
geht darum, auch künftig für Umsatz
und Gewinn zu sorgen.“ Der Erfolg
gibt ihm recht: Schon im ersten Jahr
zeichnet sich ein Umsatzanteil fleischloser Produkte von 30 Prozent ab.
Röben quittiert diesen Erfolg bescheiden: „Da gab es viele glückliche
Fügungen.“ Verblüffend ist seine Entscheidungsgrundlage. Der Marketingchef vertraut weniger Marktanalysen,
sondern sagt: „Ich höre auf mein
Bauchgefühl.“ Er müsse von einem
Produkt überzeugt sein, sonst gehe es
nicht. „Das muss schmecken“, erklärt
Röben. Man dürfe nicht immer zuerst
an die Produktionskosten denken.
Trotz aller Erfolge bleibt Röben auf
dem Teppich, verweist auf das Team,
auf die vielen anderen im Zwischenahner Team, die sich von neuen Ideen
infizieren ließen und den Wandel damit letztlich ermöglichen und trugen –
voran Christian Rauffus (62) und dessen Sohn Gunnar (46). Und die jetzt alle unter Volldampf arbeiten, um den
losgetretenen Boom bewältigen bewältigen zu können. Schon soll gegenüber der Wurstfabrik ein neues Werk
entstehen – nur für vegetarische Erzeugnisse, und perspektivisch wohl
auch für immer mehr Veganes, also
Produkte ganz ohne letzte tierische
Bestandteile wie Eier. Auch das ist ein
Wachstumsmarkt. Gerade wurden 100
neue Mitarbeiter eingestellt.
Godo Röben, Lockenkopf meist ohne Krawatte, bleibt cool, brütet ständig
weitere Ideen aus. Sein Büro ist wohl
eines der kunterbuntesten weit und
breit. Die Flächen der Wände sind fast
komplett ausgefüllt – mit Motiven, die
dem Marketing und Entwicklungschef
der Rügenwalder Mühle persönlich
wichtig sind, aber auch im Berufsalltag. Man merkt irgendwie: Er fühlt sich
wohl, liebt seine Rolle,
So ist auch wohl zu erklären, dass
der Braker, den man abends mit dem
Hund an der Weser joggen sieht, bodenständig blieb, immun gegen Versuchungen. Andere in der Fleischbranche, die letztlich ums Überleben
kämpft, würden ihn sicher gern abwerben. Aber der Marketingchef winkt
ab. Er schätzt die Strukturen bei dem
Mittelständler Rügenwalder: die familiäre, auf Vertrauen basierende Atmosphäre, die Arbeitsmöglichkeiten an
der langen Leine, auch der souveräne
Umgang mit Fehlern.
Das sei nicht zu toppen, sagt Röben. „Und es ist gerade wieder so
spannend!“
LEBENSMITTELPRODUZENT MIT APPETIT AUF MEHR
Fleisch? Nein, danke!
Veggie to Grow
Vegetarier in Deutschland in Mio. Personen
Umsatz von Rügenwalder in Mio. €
Prognose
200
135
2005
146
2007
172
175
2011
2013
6,29
6,42
6,38
2009
2010
2011
6,60
6,88
7,25
155
2009
2015
2012
2013
2014
Grafik: BG; Quelle: Unternehmen
Grafik: BG; Quelle: Vegetarierbund Deutschland
Das Unternehmen Die Rügenwalder
Mühle hat ihre Wurzeln in der pommerschen Kleinstadt Rügenwalde, wo Carl
Müller 1834 eine Fleischerei gründete.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Familie nach Westerstede, 1956 verlagerte der damalige Geschäftsführer Carl
Wilhelm Müller den Betrieb nach Bad
Zwischenahn. Kurt Rauffus, Ehemann
der Erbin Ruth Müller, entwickelte das
Unternehmen in der nächsten Generation zu einem mittelständischen Industriebetrieb. Heute leitet ihn sein Sohn
Christian Rauffus in sechster Generation. Godo Röben ist seit 1995 im
Unternehmen. Die Umsätze sind zuletzt
stark gewachsen und könnten in diesem
Jahr dank der neuen vegetarischen Produkte 200 Millionen Euro erreichen.
Der Markt In Deutschland ernähren
sich nach Angaben des Vegetarierbunds
fast acht Millionen Menschen fleischlos, Tendenz: steigend. Die Gesellschaft
für Konsumforschung (GfK) geht von etwas niedrigeren Zahlen aus, bestätigt
aber den Trend. Ihr zufolge hat sich der
Vegetarieranteil in der Bevölkerung in
den vergangenen 20 Jahren etwa verzehnfacht. Hinzu kommt eine wachsende Zahl von Deutschen, die ihren
Fleischkonsum bewusst einschränken.
Diese sogenannten Flexitarier achten
besonders auf Qualität und Herkunft
des Fleischs und greifen häufig zu Bioprodukten – oder eben zu vegetarischen
Fleischalternativen. Entsprechend groß
ist das Wachstumspotenzial für diesen
Markt.
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6 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
UNTERNEHMEN
NOVEMBER 2015
Komplettpaket
aus Zwischenahn
Die Oldenburger Kartonagenfabrik ist als Hersteller von individuellen Verpackungen
für Unternehmen im Nordwesten etabliert. Jetzt stößt der Familienbetrieb aus dem
Ammerland in neue Bereiche vor – mithilfe der Digitalisierung und der Industrie 4.0.
VON RÜDIGER ZU KLAMPEN
W
enn Sabine Burmeister in
diesen Tagen Besucher
durch ihren Betrieb an der
Industriestraße in Bad
Zwischenahn führt, dann würde sie
um einen dunklen Winkel ganz hinten
am liebsten einen großen Bogen machen. „Es ist gerade etwas unordentlich hier“, erklärt die Co-Geschäftsführerin der Oldenburger Kartonagenfa-
brik mit einem entschuldigenden Lächeln.
Für das Durcheinander gibt es allerdings einen guten Grund: Die Firma
expandiert. „Hier wollen wir in Kürze
unseren nächsten Anbau starten“, erklärt die 47-Jährige. 400 Quadratmeter
Betriebsfläche kommen dann hinzu.
Die Entwicklungsabteilung wird erweitert – räumlich und technologisch.
Es ist bereits die fünfte Erweiterung
in der Geschichte der 1972 gegründe-
Die Messe für Instandhaltung
Hamburg
Hamburg Messe, Halle B4
10. – 11. Februar 2016
Mehrere Millionen
Quadratmeter Karton
und Wellpappe werden
in Bad Zwischenahn
verarbeitet. Die Produktpalette reicht vom
Pappaufsteller bis zur
Verpackung ganzer
Flugzeugkomponenten.
ten Oldenburger Kartonagenfabrik.
Längst hat sich das Familienunternehmen mit einem Jahresumsatz von
rund 3,5 Millionen Euro als Hersteller
von Kartonverpackungen und einer
ganzen Reihe weiterer Produkte aus
Pappe etabliert.
Dass diesmal gerade die Entwicklungsabteilung ausgebaut wird, liegt
auch daran, dass die Ammerländer
ihre Angebotspalette weiter ausbauen.
Sie wollen sich künftig noch mehr mit
Produkten positionieren, die auf die
individuellen Wünsche von Kunden
maßgeschneidert sind. Dabei geht es
längst nicht nur um Großserien, die
dank hoher Stückzahl niedrige Herstellungskosten versprechen, sondern
auch um kleine Chargen – und zwar in
Stückzahlen „von eins bis 100 000“,
wie Ulf Burmeister erklärt, der das
Unternehmen zusammen mit seiner
Frau führt. Man werde diese Produkte
gemeinsam mit den Kunden entwickeln, unter anderem online und mithilfe von 3-D-Animationen, sagt der
50-Jährige.
Damit folgt die Kartonagenfabrik
dem großen Trend der Industrie 4.0.
Durch das Internet und die Digitalisierung getrieben, wachsen die reale und
die virtuelle Welt zunehmend zusammen. Neue technologische Möglichkeiten erlauben es den Unternehmen,
immer genauer auf die Bedürfnisse
ihrer Kunden einzugehen oder sie sogar direkt in den Herstellungsprozess
einzubinden. Das Ergebnis ist eine
hoch flexibilisierte Produktion bis hin
zu industriell gefertigten Einzelprodukten.
Es ist ein gewaltiger Markt, der da
heranwächst. Der IT-Branchenver-
band Bitkom und das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation schätzen das Wachstumspotenzial durch Industrie-4.0-Anwendungen allein im deutschen Maschinenund Anlagenbau auf 99,8 Milliarden
Euro bis zum Jahr 2025.
Auch Mittelständler wie die Oldenburger Kartonagenfabrik mischen auf
diesem Feld zunehmend mit. Bislang
funktioniert deren Geschäft im Prinzip
so: Aus nicht allzu weit entfernten Fabriken wie etwa in Varel werden die
Rohstoffe Wellpappe und Karton in
unterschiedlichsten Bögen angeliefert
angeliefert,
zusammengenommen
eine Fläche von mehreren Millionen
Quadratmetern. Daraus machen die
gut 30 Mitarbeiter der Kartonagenfabrik dann etwas – mit gestalterischer
Kreativität und optimierten mechanischen Vorgängen wie dem Knicken,
Stanzen, Schlitzen und Kleben.
Ulf Burmeister, Sohn des Gründers
Udo Burmeister, zählt auf: Da sind etwa die speziell für ein Produkt gestanzten Wellkisten mit passgenauen
Einlagen, mit denen Kunden besondere Produkte sicher verschicken wollen.
Die Zwischenahner entwickeln in diesen Fällen ein Muster für den Kunden
mit passender Innenausstattung des
Kartons. Das reicht von kleinen Produkten wie etwa den mit Bildern bedruckten Tassen des Oldenburger Fotodienstleisters Cewe bis zu größeren
Elementen für den Badezimmerspezialisten Hüppe gleich nebenan in Bad
Zwischenahn. Selbst Flugzeugkomponenten werden von der Kartonagenfabrik verpackt.
Hinzu kommen verschiedene Standardkartons, die etwa für den Trans-
Ihr Gratis-Ticket (Wert 25,00 €)
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Verpackungskünstler in ihrem Element: Ulf Burmeister führt
das 1972 von seinem Vater gegründete Unternehmen gemeinsam
mit seiner Frau Sabine Burmeister.
UNTERNEHMEN
NOVEMBER 2015
„
DIE VIERTE REVOLUTION
port auf Paletten optimiert sind. Eine
wichtige Kundengruppe sind Onlineversender. Und dann wären da noch
zahlreiche weitere individuell gestaltete Produkte wie bedruckte und beklebte Verpackungen. Eine Auswahl davon
präsentiert Sabine Burmeister im kunterbunt mit Kartons ausstaffierten Sitzungsraum im ersten Stock: Aufsteller
für Marketingzwecke oder Firmenpräsentationen, selbst Losboxen aus Pappe, jeweils mit einer Folie beklebt. Die
Kundschaft ist breit gefächert. Auch
Sitzobjekte wie ein stabiler hoher Hocker für den Basketball-Bundesligisten
EWE Baskets entstehen in Bad Zwischenahn.
Gerade für Markenprodukte sei es
wichtig, kreative Formen und Oberflächen zu entwerfen, sagt Sabine Burmeister. Auch bei ausgefallenen Produkten oder Kleinserien müsse man
die eigenen Stärken betonen. „So können wir Dinge anbieten, die andere
nicht können“, sagt sie.
Und stolz verweist sie auf eine weitere Spezialität: Die Zwischenahner
drucken zum Teil selbst, mit zwei Farben. Die bedruckten Bögen werden
dann mit den gewünschten Kartonflächen verleimt und angepresst.
Die Gestaltung der Oberflächen ist
aber nur ein Teil der Gesamtdienstleistung. Ein wichtiger Produktionsabschnitt ist daneben die Bearbeitung
der angelieferten Rohstoffbögen, erläutern die Burmeisters beim Gang
durch die Bearbeitungsanlagen, in
denen Bögen durch Stanzen und Knicken zu nutzbaren Produkten werden.
Dadurch würden Kartons letztlich zu
einem „voluminösen Geschäft“.
Digitalisierungswelle
Zwei neue Standbeine
So können wir
Dinge anbieten,
die andere nicht
können
“
Sabine Burmeister, Co-Geschäftsführerin, über
die Vorteile einer individualisierten Produktion
Prognostizierte Investitionen in Industrie-4.0Anwendungen in Deutschland in Mrd. €
2,02
2,31
2,62
1,50
1,06
0,65
2015
2016
2017
2018
2019
2020
Grafik: BG; Quelle: Statista
Individuelle Serienprodukte Ziel dieses
Wandels ist eine engere Vernetzung von
Kunden und Unternehmen. Sie ermöglicht es im Idealfall, individuelle Produkte unter industriellen Bedingungen zu
fertigen. Die Herstellungsprozesse können dabei nahezu in Echtzeit gesteuert
und optimiert werden.
Torsten von Reeken (2); 123rf
Industrie 4.0 Die Oldenburger Kartonagenfabrik folgt mit der technologischen
Modernisierung von Anlagen dem Megatrend der deutschen Wirtschaft: der Digitalisierung der Produktion.
An diesem Punkt spricht das Paar ein
weiteres Geschäftsfeld an, das noch
jung, aber aussichtsreich sei: „Wir erledigen auch Kommission und Versand. Das ist ein Bereich, in dem wir
wachsen wollen.“ Konkret wollen die
Zwischenahner also mehr als die Verpackung liefern – sie wollen auch
gleich Produkte lagern, auszeichnen,
einpacken und versenden. Bei Versandaktionen stießen Kunden oft an
Kapazitätsgrenzen, sagt Firmenchef
Ulf Burmeister. In solchen Fällen
springe man ein.
Zum Konzept des Mittelständlers
für die nächsten Jahre gehört noch
mehr: Die Kartonagenfabrik startet in
nächster Zeit einen Onlineshop (geplant: www.ol-kartons.de). Dadurch
könnte der eher regionale nordwestdeutsche Markt der Kartonagenfabrik
noch erheblich ausgeweitet und noch
effizienter bedient werden.
Gleiches gelte für den stabilen Sitzhocker aus eigener Produktion. Der, so
haben die Zwischenahner erkannt,
könne als individuell gestaltetes Möbelstück für verschiedenste Veranstal-
tungen oder auch Privaträume weit
über die deutschen Grenzen hinaus
Erfolg haben. Für diese Sparte wird die
Vertriebsschiene www.pappcube.de
eingerichtet. In einem Infopapier
spricht die Firma davon, „Pappcube“
als Marke etablieren zu wollen.
In Bad Zwischenahn blickt man zuversichtlich in die Zukunft. Die Burmeisters und ihre Mitarbeiter wissen
sich dabei inmitten starker Trends.
Wie etwa: Der Absatz von Wellpapp-
DIE WIRTSCHAFT NR. 13
Die Burmeisters im Lager der Kartonagenfabrik. Die Firma beschäftigt rund 30 Mitarbeiter
und kommt auf einen
Jahresumsatz von gut
3,5 Millionen Euro.
I7
kartonmaterial steigt in Deutschland
stärker, als die Wirtschaft insgesamt
wächst. Bei immer mehr Produkten
setzen Hersteller zudem auf „Monostoffverpackungen“ – und verzichten
etwa auf Kunststoffmaterial, erläutert
Sabine Burmeister. In diesem Fall
kommt Pappe zum Einsatz.
Ein unschlagbares Argument sei die
Nachhaltigkeit des Rohstoffes, der ja
überwiegend aus Recyclingmaterialien gewonnen werde.
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8 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
WECHSELFALL
NOVEMBER 2015
Gekommen, um zu bleiben:
Iris Behrens ist schon die dritte
Managerin der noch jungen
Schlosshöfe.
VON JÖRG SCHÜRMEYER
Torsten von Reeken
A
ls Iris Behrens kürzlich ihr
neues Büro in den Schlosshöfen bezog, hat sie erst einmal
ein paar Möbel verrückt. Den
Schreibtisch hat die 34-Jährige so platziert, dass sie die offene Bürotür immer im Blick hat. „Ich lebe eine Kultur
des offenen Büros“, sagt die neue Chefin des ECE-Einkaufszentrums in Oldenburg. Kontaktfreude, Offenheit,
mitbekommen, was um sie herum
passiert – das sei ihr wichtig. Mindestens einmal täglich ist sie auch auf der
Einkaufsmall unterwegs. „Ich will das
Gespräch mit Mietern und Kunden suchen“, sagt sie.
Seit vier Monaten führt Behrens als
Centermanagerin die Schlosshöfe. So
geradlinig, wie sie das Gespräch sucht,
verlief ihr Weg in die Huntestadt aber
keineswegs – weder geografisch noch
beruflich. „Meine Karriere ist eher ungewöhnlich“, räumt sie ein.
Geboren in Köln und aufgewachsen
in Berlin, studierte Behrens zunächst
Germanistik und schloss das Studium
mit dem Magister ab. Ihre „große Leidenschaft für Bücher“ befriedigte sie
dann allerdings zunächst nicht mit
Weltliteratur – sondern mit Auktionskatalogen. Bei BCA Autoauktionen in
Neuss, einem der größten Marktplätze
Europas für die gewerbliche Vermarktung gebrauchter Fahrzeuge, heuerte
sie als Key-Account Managerin für
Daimler an.
„Die Arbeit dort hat mir viel Spaß
gemacht, aber ich habe dann doch
noch einmal eine neue Herausforderung gesucht und wollte etwas ganz
Die Schlossherrin
Iris Behrens ist die neue Chefin der Oldenburger Schlosshöfe. Kein
leichter Job: Das Einkaufszentrum bleibt hinter den Erwartungen des
Betreibers ECE zurück. Doch die 34-Jährige lässt sich davon nicht
abschrecken. Porträt einer Aufsteigerin mit ungewöhnlicher Karriere.
anderes ausprobieren“, sagt Behrens –
und wechselte vor dreieinhalb Jahren
zu ECE. Bei dem Hamburger Projektmanagentunternehmen, einem der
größten Entwickler, Planer und Betreiber großer Gewerbeimmobilien in
Europa, ließ sie sich zur Centermanagerin ausbilden.
Nach Stationen in mehreren ECEShoppingcentern in ganz Deutschland, zuletzt als Assistentin bei der
Glacis-Galerie im mittelschwäbischen
Neu-Ulm, erhielt sie schließlich die
Chance, sich in Oldenburg erstmals als
hauptverantwortliche Centermanagerin zu bewähren. Nach Kathrin Landmann, die die Eröffnung des Einkaufszentrums 2011 und die ersten Jahre
begleitete, und Niklas Mittag, der nur
neun Monate in Oldenburg tätig war,
ist Behrens die dritte Centermanagerin bei den Schlosshöfen.
„Eine spannende Aufgabe“, wie sie
sagt. Die mit 12 500 Quadratmetern
vergleichsweise kleine Verkaufsfläche
verleihe dem Einkaufszentrum ebenso
einen besonderen Charakter wie die
Rotunde oder die Kulturlounge. Die
Schlosshöfe fallen allerdings nicht nur
wegen ihrer Architektur aus dem Rahmen, sondern auch wegen der heftigen Diskussion um die Ansiedlung an
sich. Behrens ist das durchaus bewusst. Sie hat aber den Eindruck, dass
sich die Wogen geglättet haben. „Ich
glaube nicht, dass das in der Stadt
heute noch eine große Rolle spielt“,
sagt sie.
Statt zurückzublicken, schaut Behrens ohnehin lieber nach vorn. Denn
ECE Projektmanagement Das zur
Holding der Otto-Familie in Hamburg
gehörende Unternehmen zählt zu Europas größten Betreibern von Gewerbeimmobilien. In Deutschland managt ECE
196 Shoppingcenter, 14 weitere sind in
Bau oder in Planung, zehn werden derzeit umgebaut oder erweitert. Der
Umsatz liegt nach ECE-Angaben in allen
Centern zusammen bei rund
23 Milliarden Euro pro Jahr, die tägliche
Besucherzahl im Schnitt bei
4,4 Millionen. Die Oldenburger
Schlosshöfe sind seit ihrer Eröffnung
allerdings unter den Erwartungen
geblieben. Sie wurden im März 2011
nach kontroverser Diskussion eröffnet.
auch hier gibt es für die Centermanagerin, ihr siebenköpfiges Team in Oldenburg und für ECE noch einiges zu
tun, um mehr Kundschaft anzulocken.
Zwar wollen weder Behrens noch ECE
konkrete Zahlen nennen, klar dürfte
aber sein, dass die 2011 vom Centerbetreiber ausgegebenen Ziele von 25 000
bis 30 000 Besuchern pro Tag und von
einem Jahresbruttoumsatz von 45 Millionen Euro doch etwas zu ambitioniert waren. Selbst ECE-Entwicklungsdirektor Jan Röttgers musste vor einem
Jahr einräumen, dass sich die Frequenz im Center und die Umsätze in
den Geschäften nicht wie geplant entwickelt hätten.
Dennoch verbreitet Behrens Optimismus. „Wir sind auf einem guten
Weg“, sagt sie. Einen Schub hat dem
Shoppingcenter offenbar die Ansiedlung von Saturn gegeben. Seitdem die
Elektronikkette Ende Mai auf einer
Fläche von 2000 Quadratmetern im
Untergeschoss der Schlosshöfe eröffnet hat, seien die Besucherzahlen „im
zweistelligen Prozentbereich“ gestiegen, so Behrens. Auch größere Leerstände gebe es nicht. Von den rund 85
Geschäftslokalen und Büros im Einkaufszentrum seien lediglich fünf zurzeit nicht belegt. „Wir sind gut aufgestellt“, betont Behrens.
Um die Attraktivität der Schlosshöfe
weiter zu erhöhen, setzt sie vor allem
auf einen „guten Branchenmix“ im
Center und besondere Attraktionen.
Auf die Frage, ob der Branchenmix in
dem Einkaufszentrum denn bisher
nicht gut genug gewesen sei und was
womöglich fehle, antwortet Behrens
diplomatisch. „Es gibt immer Optimierungsbedarf.“
Schon nah am Optimalfall war indes vor wenigen Wochen die Tierausstellung „Zeugen der Urzeit“ in den
Gängen der Schlosshöfe. Die von der
Schweizer Expovivo AG und dem Naturschutzbund konzipierte Schau sei
ein voller Erfolg gewesen. Ähnliche Aktionen im großen Stil, etwa ein StreetArt-Festival im kommenden Jahr, oder
auch etwas kleinere wie Modenschauen oder Kinderbasteln in der Weihnachtszeit soll es künftig regelmäßig
geben. „Wir wollen, dass der Kunde
sich hier wohlfühlt, und wir wollen
ihm ein Erlebnis bieten“, sagt die Centermanagerin.
Sie selbst hat sich schnell in ihrer
neuen Heimat eingelebt. „Oldenburg
ist eine schöne Stadt, und der Einzelhandel ist stark aufgestellt“, sagt Behrens und beginnt aufzuzählen: die große Fußgängerzone, die vielen schönen
alten Gebäude, die zahlreichen guten
Restaurants. „Zudem gibt es hier ein
Sortiment, wie man es in vergleichbaren Städten nur noch selten findet.“
Für die 34-Jährige, die ihren Familienstand mit „alleinstehend mit Katze“ beschreibt, war aber nicht nur deshalb sofort klar, nach Oldenburg zu
ziehen: „Ich finde es wichtig, hier zu
wohnen, um am Leben in Oldenburg
teilnehmen zu können.“ Auch langfristig? „Ich habe hier keine möblierte
Wohnung, sondern habe sie mir selbst
eingerichtet – das zeigt wohl, dass ich
hier länger bleiben will“, sagt sie lächelnd. Im Büro der Schlosshöfe-Centermanagerin dürften also in der
nächsten Zeit erst einmal keine Möbel
verrückt werden.
Häuser des Handels
Die größten Einkaufszentren in Deutschland
nach Verkaufsfläche in m2
Centro Oberhausen
119000
Chemnitz-Center
107000
Main-Taunus-Zentrum Sulzbach
Famila XXL Oldenburg
25000
91000
zum Vergleich
Schlosshöfe Oldenburg
12500
Grafik: BG; Quelle: eigene Recherche
12 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
DOSSIER
Nachhaltigkeit in Zahlen
Wie wollen wir in Zukunft leben? Was müssen wir tun, um unseren
Kindern eine gesunde Umwelt zu hinterlassen? Diese Fragen hat die
Bundesregierung 2002 in der „Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“
beantwortet. Es ist ein Programm zum Umbau Deutschlands in eine
zukunftsfähige Gesellschaft. Im vergangenen Jahr hat das Statistische
Bundesamt überprüft, ob die Ziele erreicht wurden. Hier stellen wir
die wichtigsten Ergebnisse vor. Ein Poster von ANDREAS MOHRMANN
UNTERWEGS IN EIN NEUES LAND
Ziel
100
101
77
63
20
2
Energieproduktivität und Wirtschaftswachstum
1990 = 100
Ziel
200
180
Männer
2
Märkte öffnen
sEntwicklungarbeit
men
zusam
Die Ausgaben für die Entwicklungsländer und humanitäre Hilfen sowie Beiträge an
NGOs sind seit 1995 nur leicht von 0,31 Prozent des Bruttonationaleinkommens auf
0,37 Prozent 2012 gestiegen. Ziel für 2015 sind 0,7 Prozent.
Studienanfängerquote
Das Ziel von 40 Prozent bis 2010 wurde erreicht. 2012 betrug die Quote
53,2 Prozent nach OECD-Standard. Im OECD-Durchschnitt lag die
Quote 2011 sogar bei 60 Prozent. Dass Deutschland darunterliegt, ist auf
die hohe Bedeutung des dualen Systems hierzulande zurückzuführen.
Staatsversc
huldung
e
lich
chaft eit
Wirts fähigk
ngs
Leistu
Ausländische Schulabsolventen mit Schulabschluss
Seit 2003 ist der Anteil der ausländischen Schulabgänger mit mindestens
Hauptschulabschluss stetig von 80,3 auf 88,6 Prozent 2012 gestiegen.
Sozialer
Zusammenhalt
ung
tell
ichs
Gle
Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern
Seit 1995 haben sich die Lohnunterschiede kaum verändert. 2013 lag der
durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen immer noch um mehr
als ein Fünftel niedriger als der der Männer.
Ganztagsbetreuung für Drei- bis Fünfjährige
Das Ziel von 60 Prozent für 2020 könnte erreicht werden, wenn sich
die Entwicklung der letzten Jahre fortsetzt. 2006 betrug die Quote
22 Prozent, 2013 waren es 39,1 Prozent.
In dieser Gruppe wären bis 2020 rund 93 Prozent des Zielwertes von 35 Prozent
erreicht. 2006 betrug die Quote 5,9 Prozent, 2013 waren es 13,7 Prozent.
Erwerbstätigenquote insgesamt (15 bis 64 Jahre)
Die Erwerbstätigenquote insgesamt stieg von 65,1 Prozent im Jahr 1993 um
7,5 Prozentpunkte auf 72,6 Prozent im Jahr 2012. Bei einer Fortsetzung der
Entwicklung kann das Ziel von 75 Prozent im Jahr 2020 erreicht werden.
n
ive
kt lien
spe mi
Per Fa
für
Gütertransportintensität
Personentransportintensität
In Verhältnis zum BIP soll die Personenbeförderungsleistung bis 2020 auf
80 Prozent gegenüber 1999 sinken. Gegenwärtig droht Deutschland dieses
Ziel zu verfehlen. Zumindest aber sank der Energieverbrauch von 1999 bis
2012 um 12,7 Prozent.
Mobilität
Anteil des Schienenverkehrs an der
Güterbeförderungsleistung
siehe Grafik
Lebensqualität
La
ndb
ew
irtsc
haf
tun
g
Die Wirtschaftskr
hängt entscheidend
titionen der Un
Staates ab. S
Grundlage für
Innovationen, sond
zur Energiezienz bei. Im Verh
inlandsprodukt
tionen allerdings
nen fünf Jahren
im Schnitt um 1,5
BIP je Einwohner
Von 1991 bis 2013 ist das BIP pro Kopf preisbereinigt um 29,2 Prozent
auf 30 250 Euro gestiegen. Wirtschaftswachstum gilt als Voraussetzung
für einen erfolgreichen Strukturwandel.
Ziel ist es, die Relation zwischen Tonnenkilometer und preisbereinigtem
BIP bis zum Jahr 2020 um fünf Prozent gegenüber 1999 zu vermindern.
Bis 2012 stieg der Indexwert zwar um acht Prozent, der Energieverbrauch je
Tonnenkilometer sank jedoch im selben Zeitraum um ein Fünftel.
Vier wesentliche
Aspekte der
Nachhaltigkeit
Internationale
Verantwortung
ion
grat
Inte
Ganztagsbetreuung für Null- bis Zweijährige
Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) sind verantwortlich für
eine ganze Reihe von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder
Herzerkrankungen. Neben den gesundheitlichen Folgen belasten sie
auch die Volkswirtschaft erheblich.
ZukWirts
unf cha
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nung
2
it
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Gesu
g
nährun
und Er
Frauen
siehe Grafik
Anteil der Binnenschifffahrt an der
Güterbeförderungsleistung
siehe Grafik
siehe Grafik
6
7
Ökologischer Landbau
siehe Grafik
Die Nachhaltigkeit
kehrs misst die Bu
der Beförderungslei
ßen-, Schienenverkehr in Relation
Bahn und Schiff
ger belasten
kehrsträger, will
rung ihren Anteil
kehr steigern. In
wird sie ihr selbst
2015 aller
6
Stickstoffüberschuss
g
tun
Menschen mit Adipositas
Anteil der Erwachsenen (ab 18 Jahre) in %
gesamt
siehe Grafik
Energieproduktivität
Zwischen 1995 und 2008 sind die Einfuhren deutlich gestiegen:
von 41 Milliarden Euro auf 152 Milliarden Euro. Nach einem
Einbruch 2009 weiter auf 185 Milliarden Euro im Jahr 2012.
Anteil der öffentlichen Entwicklungsausgaben am
Bruttonationaleinkommen
Etwas besser sieht die Entwicklung
auf dem Gebiet der Energieproduktivität aus. Seit 1990 ist es Deutschland sowohl gelungen, Energiequellen produktiver zu nutzen, als auch
den Verbrauch an Primärenergie
leicht zu senken, ohne dass dadurch
das Wirtschaftswachstum zurückgegangen wäre. Seine Zielwerte für
2020 beziehungsweise 2050 wird
Deutschland ohne zusätzliche Anstrengungen dennoch verfehlen.
ung
Bild
Generationengerechtigkeit
Primärenergieverbrauch
Deutsche Einfuhren aus Entwicklungsländern
las
3
14
12
Ziel
76,3*
Ziel 47,7**
2013 2020 2050
30- bis 34-Jährige mit tertiärem oder postsekundärem
nicht tertiären Abschluss
Die Quote bemisst Hochschul- oder Fachschulabsolventen sowie Absolventen
mit einer Kombination aus Schulabschluss und Berufsausbildung. Der nationale
Indikator betrug 2012 43,4 Prozent – Ziel bis 2020 waren 42 Prozent.
ftbe
SEITE 12
Bruttoinlandsprodukt
Primärenergieverbrauch
Der Anteil Jugendlicher, die weder über Abitur noch Fachhochschulreife
verfügen und sich auch nicht in Aus- oderWeiterbildungsmaßnahmen befinden,
lag 2010 bei 10,4 Prozent – also dicht am Zielwert von zehn Prozent im Jahr 2020.
Lu
Energieproduktivität
80
60
40
1990 1995 2000
Klim
as
chu
tz
Rohstoffproduktivität
Ziel der Bundesregierung ist es, dass Deutschland 2020 doppelt so effizient
mit Rohstoffen umgeht wie 1994. Trotz signifikanter Verbesserungen
werden voraussichtlich aber nur 69 Prozent des Zielwerts erreicht.
Eine große Vielfalt an Tieren und
Pflanzen gehört nicht nur zu einem
leistungsfähigen Naturhaushalt, sie
ist auch eine wichtige Lebensgrundlage des Menschen. Um sie zu erhalten, ist ein schonender Umgang
mit der Natur nötig. Sein selbst gestecktes Ziel, in diesem Jahr eine Artenvielfalt und Landschaftsqualität
zu erreichen, die etwa dem Stand
von 1975 entspricht, hat Deutschland allerdings deutlich verfehlt.
2011 2015
160
140
120
100
* entspricht 20 % des Verbrauchs von 2008
** = 50 % des Verbrauchs von 2008
Quelle: Destatis, Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V.
Im Kyoto-Protokoll hat sich Deutschland verpflichtet, seinen
Kohlendioxidausstoß im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 um 21 Prozent
gegenbüber 1990 zu senken. Dieses Ziel wurde mit 23,6 Prozent mehr als
erfüllt. Das nächste Ziel für 2020, eine Reduktion um 40 Prozent ist allerdings
nur mit verstärkten Anstrengungen zu erreichen.
und mittlerweile
auf europäischer
schrieben. 2013 l
bei 2147 Millar
26 200
18- bis 24-Jährige ohne Abschluss
Treibhausgasemissionen
Der Zielwert des
Indikators ist bereits
erreicht oder wird bis
zum Zieljahr voraussichtlich zu mindestens
95 Prozent erreicht
sein.
Beim Begriff Na
die meisten zunächst
wie Umweltschutz
brauch. Dazu
Schuldenstand
gen und Zi
kommende Gener
liegt die Schuldenstandsquote
Private und öffentliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung
Bes
chäf
tigu
ng
Artenvielfalt und Landschaftsqualität
60
2000
5
Drei Prozent des BIP sollen in die Forschung investiert werden – dieses für 2020 gesteckte
Ziel wurde bereits 2012 erreicht. Dass Deutschland wieder dahinter zurückfällt, ist
unwahrscheinlich.
Kriminal
ität
Indikator entwickelt
sich deutlich positiv,
das Ziel wird aber
dennoch nicht ganz
erreicht. Es verbleibt
eine Lücke von fünf
bis 20 Prozent.
40
Quelle: Bundesamt für Naturschutz (BfN) 2014
Verhältnis der Bruttoanlageinvestitionen zum BIP
siehe Grafik
ien
erg
En
Indikator entwickelt
sich zwar positiv, bei
anhaltender Entwicklung verbleibt aber
eine Lücke bis zum
Zielwert von mehr als
20 Prozent.
0
1970 1975 1990 1995
4
Anteil des Stroms aus erneuerbaren
Energiequellen am Stromverbrauch
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch
2015 = 100
107
80
Schuldenstand
siehe Grafik
Bis 2020 soll der durchschnittlicheVerbrauch neuer Flächen für Straßen und Siedlungen
auf
maximal 30 Hektar pro Tag sinken. 2012 lag er mit 74 Hektar noch mehr als doppelt so hoch.
Von 1990 bis 2013 ist der Ökostromanteil am deutschen Stromverbrauch von 3,4 auf
25,4 Prozent gestiegen. Der Zielwert von 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 wird
voraussichtlich erreicht – vor allem dank des Booms von Wind- und Solarenergie.
are
erb
eu
Ern
1
100
Strukturelles Defizit
Der Teil des Staatsdefizits, der nicht auf konjunkturelle Schwankungen und temporäre
Effekte zurückzuführen ist,
darf 0,5 Prozent des BIP nicht überschreiten. Dieses Ziel wurde seit 2012 nicht mehr überschritten.
1
chnspru
ina
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nah
DIE WIRTSCHAFT NR. 13 // NOVEMBER 2015
Zahlen, Daten und Fakten zur
Nachhaltigkeit in Deutschland –
auf einem doppelseitigen Poster.
siehe Grafik
Der Anteil von Wind, Wasser, Sonne und Bioenergie soll bezogen auf das Jahr 1990 bis 2020
auf
18 Prozent und bis 2050 auf 60 Prozent steigen. Der Trend deutet auf eine Übererfüllung
hin.
Bioenergie hat 2013 den größten Anteil an den EE mit 62 Prozent.
Die Farblegende erklärt den Stand der Nachhaltigkeitspolitik in wichtigen
Politikfeldern. Die
Ergebnisse stammen aus dem 5. Indikatorenbericht des Statistischen
Bundesamts von 2014.
Indikator entwickelt
sich in die falsche
Richtung: Wenn die
gegenwärtige Entwicklung anhält, wird
das anvisierte Ziel
verfehlt.
Staatsdefizit
Der durch die Maastricht-Kriterien vorgegebene Wert von
drei Prozent des BIP wird seit 2011 stets unterschritten.
Artenvielfalt und Landschaftsqualität
Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche
elfalt
Artenvi
9 I DOSSIER
Umbau einer
Gesellschaft
8
Stickstoff ist einer
Pflanzendünger
Stickstoff belastet
allerdings stark – u
weil er das
schmutzt und zur
Treibhausgasen führ
chend fordert die
strategie der Bundesr
effizienteren Einsatz
dünger. Bislang aller
Schadstoffbelastung der Luft
Ziel war es, den Ausstoß von Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, Ammoniak und
flüchtigen organischen Verbindungen ohne Methan bis zum Jahr 2010 um 70 Prozent
gegenüber 1990 zu senken. 2012 wurden 59,6 Prozent erreicht.
Vorzeitige Sterblichkeit bei Männern
(Todesfälle pro 100 000 Einwohner unter 65 Jahren)
Von 1991 bis 2012 ist dieserWert um 43 Prozent zurückgegangen. Er nähert
sich damit zunehmend dem bei Frauen an. 2012 starben von 100 000
männlichen Einwohnern 217 vor dem 65. Lebensjahr.
Ökolandbau schont
in besonderem
bauregeln gehören
geschlossene Betriebs
der Verzicht auf
Operation Stör
Nachhaltig erzeugter Kaviar aus Loxstedt – das war das Versprechen, mit dem die Fischfarm Vivace 2014 an den Start ging.
Das Land und die EU förderten das Projekt mit 667 000 Euro. Jetzt ist die Firma pleite. Wie konnte es so weit kommen?
VON LARS LAUE
dpa (4)
D
iese Woche wird es nichts
mit einem Termin, vielleicht
nächste. Ich melde mich.“
Funkstille. Auf Nachfrage
nur Vertröstungen. Erst Anfang Oktober ist Thomas Bauer dann doch gesprächsbereit. Und der Geschäftsführer von Vivace nennt auch einen triftigen Grund für sein Abtauchen: Seine
Firma in Loxstedt am Rand von Bremerhaven ist in einen finanziellen
Strudel geraten – und am Ende in der
Insolvenz versunken.
Es hört sich an wie eine jener tragischen, aber leider nicht ungewöhnlichen Wirtschaftsgeschichten: Junges,
hoffnungsvolles Unternehmen rutscht
kurz nach dem Start in die Pleite. Doch
im Fall von Vivace Caviar steckt mehr
dahinter. Denn das Unternehmen war
mit einem Geschäftsmodell angetreten, das nicht weniger als eine Revolution in der Fischzucht sein sollte: einer
ethisch korrekten, nachhaltigen Kaviarproduktion. Statt die Störe, aus
denen der Laich gewonnen wird, zu
töten, wurden sie bei Vivace gemolken, um an die Delikatesse zu kommen. Von „Kaviar mit gutem Gewissen“ schwärmten die Medien landauf,
landab.
Die Meeresbiologin Angela Köhler
vom renommierten Alfred-WegenerInstitut (AWI) hatte das Verfahren entwickelt. Eine Tierpflegerin streicht dabei mit beiden Daumen am Bauch
eines weiblichen Störs entlang – und
Unmengen schwarzer Eier fließen in
eine Schüssel: Kaviar. Nach wenigen
Minuten kommt der Stör wieder zurück in ein Wasserbecken und zieht
dort putzmunter sein Bahnen.
Das AWI ließ das Verfahren weltweit
patentieren, und mit Unterstützung
des Instituts gründete Köhler zusammen mit zwei Wissenschaftlern das
Unternehmen. Doch der Markterfolg
blieb aus.
„Der Kaviarabsatz ist nicht so vorangegangen wie gewünscht“, erklärt
Geschäftsführer Bauer. Die steigende
Produktion in China habe zu einem
Preissturz geführt. „Bei den Dumpingangeboten sind wir nur schwer konkurrenzfähig.“ Nachhaltigkeit spiele
für die Käufer eben noch nicht die gewünschte Rolle.
Das ist allerdings nur ein Teil der
Geschichte. Denn zur Absatzkrise des
schonend produzierten Luxuslebensmittels kam noch ein rechtlicher Ha-
Da für die Gewinnung von reifen
Eiern noch keine grundlegenden Erfahrungen zur optimalen Dosierung
vorliegen, habe Vivace zusammen mit
dem Hersteller eine klinische Studie
genehmigt bekommen, die bei Stören
unterschiedlicher Herkunft und Adaptation die richtige Dosis ermitteln sollte. Die Studie diente letztlich der Zulassung des Medikaments spezifisch
für den Stör.
Bald machten allerdings Meldungen die Runde, wonach der Tierversuch zur Hormonbehandlung in erster
Linie nicht der Forschung, sondern
vielmehr der kommerziellen Produktion von Kaviar dient – und das Land
Niedersachsen und die EU, die das
Projekt mit 667 000 Euro gefördert hatten, mussten sich kritische Fragen gefallen lassen.
Kritische Fragen an den
Landwirtschaftsminister
ken: Laut Vorgaben der Europäischen
Union ist es in Deutschland nicht zulässig, ein Lebensmittel mithilfe von
Hormonen zu gewinnen. Genau das
aber war bei Vivace in Loxstedt der
Fall.
Auf der inzwischen nicht mehr erreichbaren Internetseite des Unternehmens hieß es dazu: „Die Störe folgen ihrem natürlichen Lebenszyklus,
wenn sie ihre Eier im Frühjahr abgeben. Wärmere Temperaturen, mehr
Licht, erhöhte Bewegungsaktivität in
schneller Strömung und die Anwesenheit von Männchen und anderen
Weibchen führen zur Ausschüttung
eines Neuropeptids im Gehirn der
Störweibchen, das wie ein Wehenmittel wirkt und die Abgabe der Eier in die
Bauchhöhle auslöst. Diese Bedingungen werden in der Vivace-Anlage für
die laichreifen Störweibchen so weit
wie möglich hergestellt.“
Und weiter: „Zur Synchronisation
der Eiabgabe ist allerdings die Verabreichung einer kleinen Menge dieses
sonst vom Weibchen selbst produzierten Neuropeptids erforderlich. Etwa
ein bis zwei Tage nach dessen Anwendung entlassen die Störe ihre Eier in
die Bauchhöhle.“ Es handle sich dabei
um ein gängiges Vorgehen bei praktisch allen Tieren, die zur Lebensmittelproduktion dienen, versicherte Vivace. Ohne einen Ovulationsauslöser –
ob durch Eigenproduktion im Fisch
oder als unterstützendes Medikament
– sei es nicht möglich, die Eier aus dem
Stör zu streifen. Vivace habe sich auf
Empfehlung der Genehmigungsbehörde entschieden, zur Auslösung des
Laichvorgangs ein synthetisch hergestelltes Neuropeptid zu verwenden, da
dies klar definiert und immer in gleicher Konzentration und Wirksamkeit
erhältlich sei.
Gewöhnlich müssen
Störe sterben, damit
Kaviar aus ihnen gewonnen werden kann.
Die Fische aus den
Zuchtbecken von
Vivace wurden sie
dagegen gemolken.
Die Meeresbiologin
Angela Köhler (unten
rechts) hatte das
patentierte Verfahren
entwickelt.
Die Hormonbehandlung sei erst möglich geworden, weil die niedersächsischen Behörden das Verfahren als
Tierversuch genehmigt hätten, bestätigte Geschäftsführer Bauer gegenüber
dieser Zeitung. Anlass für die oppositionelle CDU im niedersächsischen
Landtag, mal nachzufragen, was da
eigentlich los ist.
„Während Minister Christian Meyer
Öko-Landwirtschaft und Tierschutz
einfordert, unterstützt das Land mit
Steuergeldern ein fragwürdiges Projekt, bei dem Tiere massenhaft gequält
und Vorschriften bewusst umgangen
werden“, meint der Fraktionsvize
Frank Oesterhelweg dazu. Ein Ministeriumssprecher dagegen verteidigt das
Projekt: „Es handelt sich um eine klassische Förderung der Verarbeitung
eines fischereilichen Produkts. Es geht
um ein anerkanntes Verfahren, bei
dem die Störe nicht getötet werden.“
Das Bundesland sei zudem ins Grundbuch eingetragen, die Förderung deshalb abgesichert.
Vivace-Geschäftsführer
Bauer
spricht von einem der „heißesten Themen“ im Land. Niedersachsen habe
mittlerweile die Tierversuchsgenehmigung für Vivace widerrufen und der
Firma so „die gesetzliche Grundlage
für die Fortführung des Betriebes entzogen“, sagt Bauer. Zwölf Mitarbeiter
seien bereits entlassen worden, lediglich ein Tierpfleger sei verblieben –
noch. In den nächsten Wochen folge
die Abwicklung und Einstellung der
einstigen Vorzeigefirma.
10 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
DOSSIER
NOVEMBER 2015
Die Reifeprüfung
Schnell, viel, billig – der Dreiklang der deutschen Lebensmittelindustrie gilt in der Hofgemeinschaft Grummersort
nicht. Die Käserei arbeitet vielmehr langsam und von Hand. Gerade deshalb geht es ihr so gut.
Sie tragen Namen wie Elfrieda
oder Venus und stehen auch
bei Nebel und Regen im Grünen: die Kühe der Hofgemeinschaft in der Nähe von Hude.
VON GREGOR KESSLER
L
angweilig. Geschmacksarm.“
Fast könnte man meinen, Gudrun Junge-Grahl sei gnädig mit
den Produkten der Konkurrenz. Aber nach einer kurzen Pause
holt die Frau mit dem freundlich-runden Gesicht dann doch die Keule raus:
Irgendwie „gummiartig“ schmecke
der meiste Käse aus dem Supermarkt.
Gummiartig – findet sich etwas Vernichtenderes im Adjektivvorrat eines
Feinschmeckers? Wobei sich Gudrun
Junge-Grahl, die seit 18 Jahren die Seele der Käserei der Hofgemeinschaft
Grummersort ist, nie als Feinschmecker bezeichnen würde. Eher als bewusste Esserin mit Sinn für Geschmack. Als jemanden, der sich Gedanken über regionale Produktionszyklen und traditionelle Herstellung
macht – und weiß, das beides sich
kaum mehr verträgt mit moderner Lebensmittelproduktion.
„Ein Molkereifacharbeiter könnte
hier nicht arbeiten“, sagt die 61-Jährige und streicht über den Rand des riesigen Kupferkessels von 1905. „Der
sieht ja heute keine Milch mehr, sondern nur noch einen Computermonitor.“
Bei Junge-Grahl und ihrem Käserkollegen Henning Kräft ist das anders.
Wenn sie frühmorgens zur Arbeit
kommen, sehen sie durch ein Fenster
in der Käserei, wie Elfrieda, Venus und
die anderen 24 Kühe des Hofs auf der
anderen Seite der Scheibe in den
Melkstand geführt werden. Keine fünf
Meter von diesem Kupferkessel entfernt, getrennt lediglich durch eine
Wand, wird dann jene Milch gemolken, die beide anschließend zu Münster und Brie, Camembert und Bergkäse, Gouda und Romadur verarbeiten.
Kürzer kann der Weg zwischen Kuh
und Käse nicht sein.
Das ist kein glücklicher Zufall, sondern langjährige Absicht. Die Hofgemeinschaft Grummersort, entstanden
in den späten Siebzigern auf einem
jahrhundertealten Resthof zwischen
Oldenburg und Hude, arbeitet nach
biologisch-dynamischen Idealen. Diese anthroposophische Frühform einer
nachhaltigen Landwirtschaft strebt
laut Junge-Grahl eine Art Kreislauf an:
„Alles, was auf dem Hof produziert
wird, soll auch hier verarbeitet werden.“ Kühe und Schafe fressen nur,
was auf den eigenen und gepachteten
Feldern wächst. Ihre Milch – und keine, gar pasteurisierte, andere – wird in
der eigenen Käserei verarbeitet. Der
dort produzierte Käse wie auch das auf
dem Hof gebackene Brot und das angebaute Gemüse werden mehrheitlich
auf eigenen Marktständen verkauft.
Es gibt Kriterien, an denen gemessen ist dieser Kreislauf nicht sonderlich erfolgreich. Die Kühe der Hofgemeinschaft etwa geben pro Jahr jeweils um die 6000 Liter Milch. Die
LANDWIRTSCHAFT TRIFFT ANTHROPOSOPHIE
Das Land Die Hofgemeinschaft
Grummersort bewirtschaftet
insgesamt 56 Hektar, das meiste davon ist gepachtet. Die Produktion gliedert sich in drei Bereiche: den Gemüseanbau – sowohl im eigenen Gewächshaus
wie auch auf freien Flächen –,
die Bäckerei mit traditionellem
Holzbackofen sowie die Käserei, die etwa 100 000 Liter der
eigenen Hofmilch im Jahr verarbeitet. Die Erzeugnisse des
Hofs werden fast ausschließlich
über die eigenen Marktstände
in der Region verkauft.
Die Leute Insgesamt wohnen
und arbeiten 19 Erwachsene
und sechs Kinder auf dem Hof.
Aus der Gründungsbesetzung
der Hofgemeinschaft im Jahr
1979 leben noch zwei Paare
hier. Zusammen mit Käserin
Gudrun Junge-Grahl und ihrem
Mann, die 2001 auf den Hof gezogen sind, macht das drei Ehepaare, die länger als 25 Jahre
verheiratet sind. Es braucht laut
Junge-Grahl viel Beharrungsvermögen für ein solches Projekt.
„Eine Hofgemeinschaft ist keine Blümchenwiese.“
Hälfte dessen, was aus dem Euter
einer „mit Kraftfutter gemästeten Turbokuh“ fließt, wie Gudrun Junge-Grahl
mit angemessen verächtlichem Unterton sagt. Natürlich könnte die Hofgemeinschaft auch mehr als bloß 26 Kühe halten, aber dann müsste man Futter zukaufen und die Herde könnte
nicht mehr die längste Zeit des Jahres
auf der Wiese stehen. Und ganz sicher
ließe sich auch mehr Käse herstellen
und verkaufen, würde man das Sortiment straffen und Milch zukaufen.
All das aber will die Hofgemeinschaft nicht. Aus gutem Grund.
Denn es gibt ein Kriterium, gemessen an dem ist der Hof überaus erfolgreich: Während in den vergangenen
Jahren reichlich kleine Hofbetriebe im
Oldenburger Land schließen mussten,
hat die Hofgemeinschaft Grummersort nicht nur überlebt, sie hat sich
weit über Oldenburg hinaus einen Namen gemacht als Produzent hochwertiger Bio-Lebensmittel – und ist dadurch gewachsen.
Nicht schnell und auch nicht weit
über die Gründeridee einer biologisch-dynamischen
Landwirtschaft
hinaus, aber doch so weit, dass heute
19 Erwachsene und sechs Kinder auf
dem Hof leben und arbeiten. Das liegt
daran, dass der Hof eben nicht alles
daransetzt, schnell größer zu werden
und mehr zu produzieren. Und stattdessen Zeit und Wissen darauf verwendet, etwa sehr gute, handwerklich
«Großes Design ist meist
einfach und klar. Der Weg
dahin aber fast immer
kompliziert.»
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DOSSIER
NOVEMBER 2015
I 11
Kurze Wege zwischen
Kuh und Käse – das
ist es, was Gourmets
aus ganz Deutschland
schätzen. Besonders
beliebt ist der „Grummersorter Zwerg“,
eine Eigenkreation
der Hofgemeinschaft.
Tobias Frick (4)
einwandfreie Rohmilchkäse herzustellen.
Einer der das zu schätzen weiß, ist
Markus Kober. Der 48-jährige Affineur
veredelt und verkauft in einer alten
Meierei im schleswig-holsteinischen
Besdorf die handgemachten Werke
ausgesuchter Hofkäsereien. Kobers
Kunden sind die gehobene Gastronomie, aber auch wählerische Käsekenner in ganz Deutschland. Mit am häufigsten bestellen beide Kundenstämme eine Eigenkreation von Gudrun
Junge-Grahl: den „Grummersorter
Zwerg“. Dieser gereifte Frischkäses aus
Kuhmilch gehört mit seinem cremighefigem Aroma, das auch im Alter
nicht scharf wird, zu Kobers Favoriten.
„Eigentlich gibt es solche heiklen
Frischkäse nur in Frankreich“,
schwärmt er. „Aber Gudrun JungeGrahl hat sie nicht nur in Norddeutschland nachempfunden, sondern durch die üppigen Kräuterwiesen
des Hofs auch mit einer besonderen
Milch eine eigene Note gegeben.“ Der
Öko-Landbau-Verband VHM war ähnlich begeistert und zeichnete die Zwerge schon kurz nach ihrer Präsentation
mit einem Qualitätspreis aus.
Wenn Gudrun Junge-Grahl von
ihrer Arbeit auf dem Hof erzählt, klingt
das so beiläufig, so natürlich wie ein
Baum der wächst. Einkaufen war die
Oldenburgerin schon früh auf dem
Hof. Wer wie sie gern kocht, dem sind
gute Lebensmittel wichtig. Wer fünf
Kinder auf die Welt gebracht hat, dem
erst recht. Sie plauderte oft mit den
Menschen auf dem Hof. Als der Käser
im Sommer 1997 wegzieht, fragt eine
der Gründerinnen, ob sie dort aushelfen könne. Konnte sie. Erst ein bisschen, und weil es Spaß macht, immer
mehr.
Und weil sie Dinge gern richtig
macht und ihr das Studium als Landschaftsarchitektin bei Dicklegen von
Milch nichts nutzt, sattelt sie noch
eine Reihe Seminare beim Verband für
handwerkliche
Milchverarbeitung
drauf. So gut war die Ausbildung, dass
sie den Neuzugang im Hofsortiment,
DIE WIRTSCHAFT NR. 13
die Zwerge, vor wenigen Jahren nach
kurzem Experimentieren perfektionierte.
Betriebswirtschaftlich sind die
Grummersorter Zwerge Unsinn. Jeder
Einzelne der Kleinen muss von Hand
geschöpft und gewendet werden, viel
Arbeit für wenig Käse. Und sie gelten
nicht ohne Grund als „heikel“: empfindlich
gegen
Fremdschimmel,
schwierig in der Verpackung, sensibel
im Transport – und vor allem nicht jedermanns Geschmack. „Das ist purer
Luxus“, räumt selbst die Schöpferin
ein. In der gleichen Zeit ließe sich ein
Vielfaches an Gouda herstellen. „Und
der“, weiß Junge-Grahl, „verkauft sich
immer.“
Warum also mühen sie sich in der
Grummersorter Käserei mit rotgeschmiertem Camembert ab, obwohl
schon der weiße anfällig für MucorSchimmel ist? Warum lassen sie die
großen Bergkäse ein ganzes Jahr reifen, obwohl das Kapital und Arbeitszeit bindet und die runden Laibe mit
den Monaten immer leichter werden?
„Das ist vielleicht nicht lukrativ, aber
es ist die Krone der Käsekunst“, setzt
Junge-Grahl zu einer Erklärung an.
Und abgesehen davon, dass sich die
beiden Käser auf dem Hof nicht mit
der Herstellung von täglich gleichem
Frischkäse langweilen wollen, sind es
diese handwerklichen Spezialitäten,
die das Angebot der Hofgemeinschaft
ausmachen. Zum einen natürlich, weil
ein Zweieinhalbmann-Betrieb nicht
mit den deutschen Milchriesen konkurrieren kann. Die Molkerei Ammerland, Platzhirsch im Oldenburger
Land, stellt in einer Stunde mehr Gouda her als die Hofgemeinschaft in
einem Jahr. Vor allem aber, weil die
Hofgemeinschaft eine eigene Idee
vom Wirtschaften hat. Eine, die sich
den Luxus gönnt, ein paar Dinge der
Natur zu überlassen.
Längst etwa hat der Bauer der Hofgemeinschaft den Pflug eingemottet.
Das schützt den Boden vor Erosion
und lässt den Regenwurm die Belüftung übernehmen. Früher wurde er
belächelt, heute hält er dazu Vorträge.
Ebenso weigern sich auch Gudrun
Junge-Grahl und ihr Kollege, die Bottiche und Kessel, Böden und Wände der
Käserei zu sterilisieren. Die Kontrollbehörde toleriert das mit leichter Irritation. Desinfektion, das sei quasi bakterieller Genozid, finden die Käser. Bei
der folgenden Neubesiedelung der
Flächen setzen sich dann die stärksten
Keime durch. Das aber sind nicht
automatisch die, die einer Käserei guttun, ist sich Junge-Grahl sicher: „Wir
ruinieren uns doch nicht unsere hofeigene Mikroflora.“
Wer weiß schon, ob die Zwerge
dann noch so gut wären.
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DOSS
12 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
Nachhaltigkeit in Zahlen
Wie wollen wir in Zukunft leben? Was müssen wir tun, um unseren
Kindern eine gesunde Umwelt zu hinterlassen? Diese Fragen hat die
Bundesregierung 2002 in der „Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“
beantwortet. Es ist ein Programm zum Umbau Deutschlands in eine
zukunftsfähige Gesellschaft. Im vergangenen Jahr hat das Statistische
Bundesamt überprüft, ob die Ziele erreicht wurden. Hier stellen wir
die wichtigsten Ergebnisse vor. Ein Poster von ANDREAS MOHRMANN
Staatsdefizit
Der durch die Maastricht-Kriterien vorgegebene Wert von
drei Prozent des BIP wird seit 2011 stets unterschritten.
Artenvielfalt und Landschaftsqualität
siehe Grafik
1
Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche
Bis 2020 soll der durchschnittliche Verbrauch neuer Flächen für Straßen und Siedlungen auf
maximal 30 Hektar pro Tag sinken. 2012 lag er mit 74 Hektar noch mehr als doppelt so hoch.
Anteil des Stroms aus erneuerbaren
Energiequellen am Stromverbrauch
Von 1990 bis 2013 ist der Ökostromanteil am deutschen Stromverbrauch von 3,4 auf
25,4 Prozent gestiegen. Der Zielwert von 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 wird
voraussichtlich erreicht – vor allem dank des Booms von Wind- und Solarenergie.
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch
Treibhausgasemissionen
101
80
77
63
60
40
20
0
1970 1975 1990 1995
2000
2
Energieproduktivität und Wirtschaftswachstum
Ziel
200
180
160
Energieproduktivität
140
120
Bruttoinlandsprodukt
100
80
Primärenergieverbrauch
Ziel
76,3*
60
40
1990 1995 2000
Ziel 47,7**
2013 2020 2050
Etwas besser sieht die Entwicklung
auf dem Gebiet der Energieproduktivität aus. Seit 1990 ist es Deutschland sowohl gelungen, Energiequellen produktiver zu nutzen, als auch
den Verbrauch an Primärenergie
leicht zu senken, ohne dass dadurch
das Wirtschaftswachstum zurückgegangen wäre. Seine Zielwerte für
2020 beziehungsweise 2050 wird
Deutschland ohne zusätzliche Anstrengungen dennoch verfehlen.
* entspricht 20 % des Verbrauchs von 2008
** = 50 % des Verbrauchs von 2008
Quelle: Destatis, Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V.
3
Männer
14
12
10
8
Quelle: Destatis
6
4
2
0
1999
2003
2005
Res
sour
cen
scho
Energieproduktivität
siehe Grafik
nu n
g
2
Deutsche Einfuhren aus Entwicklungsländern
Zwischen 1995 und 2008 sind die Einfuhren deutlich gestiegen:
von 41 Milliarden Euro auf 152 Milliarden Euro. Nach einem
Einbruch 2009 weiter auf 185 Milliarden Euro im Jahr 2012.
Märkte öffnen
Internationale
Verantwortung
lungsEntwick narbeit
e
m
m
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s
zu
Sozialer
Zusammenhalt
ion
grat
Inte
Ausländische Schulabsolventen mit Schulabschluss
Seit 2003 ist der Anteil der ausländischen Schulabgänger mit mindestens
Hauptschulabschluss stetig von 80,3 auf 88,6 Prozent 2012 gestiegen.
Gl
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Pe r Fa
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Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern
Seit 1995 haben sich die Lohnunterschiede kaum verändert. 2013 lag der
durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen immer noch um mehr
als ein Fünftel niedriger als der der Männer.
Vier wes
Aspek
Nachha
Ganztagsbetreuung für Drei- bis Fünfjährige
Das Ziel von 60 Prozent für 2020 könnte erreicht werden, wenn sich
die Entwicklung der letzten Jahre fortsetzt. 2006 betrug die Quote
22 Prozent, 2013 waren es 39,1 Prozent.
Ganztagsbetreuung für Null- bis Zweijährige
Anteil der Erwachsenen (ab 18 Jahre) in %
Frauen
2
In dieser Gruppe wären bis 2020 rund 93 Prozent des Zielwertes von 35 Prozent
erreicht. 2006 betrug die Quote 5,9 Prozent, 2013 waren es 13,7 Prozent.
Menschen mit Adipositas
gesamt
siehe Grafik
Die Ausgaben für die Entwicklungsländer und humanitäre Hilfen sowie Beiträge an
NGOs sind seit 1995 nur leicht von 0,31 Prozent des Bruttonationaleinkommens auf
0,37 Prozent 2012 gestiegen. Ziel für 2015 sind 0,7 Prozent.
2011 2015
1990 = 100
Primärenergieverbrauch
Anteil der öffentlichen Entwicklungsausgaben am
Bruttonationaleinkommen
Quelle: Bundesamt für Naturschutz (BfN) 2014
Generationengerechtigkeit
ng
Ziel
100
Eine große Vielfalt an Tieren und
Pflanzen gehört nicht nur zu einem
leistungsfähigen Naturhaushalt, sie
ist auch eine wichtige Lebensgrundlage des Menschen. Um sie zu erhalten, ist ein schonender Umgang
mit der Natur nötig. Sein selbst gestecktes Ziel, in diesem Jahr eine Artenvielfalt und Landschaftsqualität
zu erreichen, die etwa dem Stand
von 1975 entspricht, hat Deutschland allerdings deutlich verfehlt.
ut
z
igu
107
Ziel der Bundesregierung ist es, dass Deutschland 2020 doppelt so effizient
mit Rohstoffen umgeht wie 1994. Trotz signifikanter Verbesserungen
werden voraussichtlich aber nur 69 Prozent des Zielwerts erreicht.
Be
sch
äft
2015 = 100
Kl
im
as
ch
Rohstoffproduktivität
ien
rg
ne
eE
ar
rb
Artenvielfalt und Landschaftsqualität
Der Zielwert des
Indikators ist bereits
erreicht oder wird bis
zum Zieljahr voraussichtlich zu mindestens
95 Prozent erreicht
sein.
ue
100
Indikator entwickelt
sich deutlich positiv,
das Ziel wird aber
dennoch nicht ganz
erreicht. Es verbleibt
eine Lücke von fünf
bis 20 Prozent.
ne
1
Indikator entwickelt
sich zwar positiv, bei
anhaltender Entwicklung verbleibt aber
eine Lücke bis zum
Zielwert von mehr als
20 Prozent.
Er
Indikator entwickelt
sich in die falsche
Richtung: Wenn die
gegenwärtige Entwicklung anhält, wird
das anvisierte Ziel
verfehlt.
Im Kyoto-Protokoll hat sich Deutschland verpflichtet, seinen
Kohlendioxidausstoß im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 um 21 Prozent
gegenbüber 1990 zu senken. Dieses Ziel wurde mit 23,6 Prozent mehr als
erfüllt. Das nächste Ziel für 2020, eine Reduktion um 40 Prozent ist allerdings
nur mit verstärkten Anstrengungen zu erreichen.
alität
Die Farblegende erklärt den Stand der Nachhaltigkeitspolitik in wichtigen Politikfeldern. Die
Ergebnisse stammen aus dem 5. Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamts von 2014.
lt
vielfa
Arten
chpru
ans
nin
c he
Flä hme
na
Der Anteil von Wind, Wasser, Sonne und Bioenergie soll bezogen auf das Jahr 1990 bis 2020 auf
18 Prozent und bis 2050 auf 60 Prozent steigen. Der Trend deutet auf eine Übererfüllung hin.
Bioenergie hat 2013 den größten Anteil an den EE mit 62 Prozent.
Krim
in
UNTERWEGS IN EIN NEUES LAND
Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) sind verantwortlich für
eine ganze Reihe von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder
Herzerkrankungen. Neben den gesundheitlichen Folgen belasten sie
auch die Volkswirtschaft erheblich.
Ziel der Bundesregierung ist es daher, bis 2020 einen Rückgang des
Anteils von Menschen mit Adipositas zu erreichen. Tatsächlich steigt
der Anteil aber kontinuierlich.
Erwerbstätigenquote insgesamt (15 bis 64 Jahre)
Die Erwerbstätigenquote insgesamt stieg von 65,1 Prozent im Jahr 1993 um
7,5 Prozentpunkte auf 72,6 Prozent im Jahr 2012. Bei einer Fortsetzung der
Entwicklung kann das Ziel von 75 Prozent im Jahr 2020 erreicht werden.
Erwerbstätigenquote Ältere (55 bis 64 Jahre)
2020 sollte die Quote 60 Prozent betragen, erreichte aber 2012 bereits 61,2 Prozent.
Straftaten
Die Zahl der jährlichen Straftaten je 100 000 Einwohner soll bis 2020 auf maximal 7000 sinken.
Das Ziel scheint realistisch: Von 1993 bis 2012 sank die Zahl von 8337 auf 7327.
Anteil der Menschen mit Adipositas
siehe Grafik
2009
Eine Idee
macht Karriere
Public Domain (3)
Von der Forstwirtschaft
in Sachsen zum
Weltgipfel in Rio: die
Geschichte der Nachhaltigkeit
Der kurfürstlich-sächsische
Oberberghauptmann Hans Carl
von Carlowitz (1645–1714) gilt
als Begründer des Prinzips
nachhaltigen Wirtschaftens.
1713
Er ist einer der einflussreichsten
Männer im Staate Augusts des
Starken: Hans Carl von Carlowitz,
Oberberghauptmann in der sächsischen Silberstadt Freiberg, befasst sich vor 300 Jahren als Erster systematisch mit dem, was
heute als Nachhaltigkeit bekannt
ist. Ein Jahr vor seinem Tod verfasst er 1713 er das 432-seitige
Werk Sylvicultura oeconomica,
auch bekannt als „Haußwirthliche
Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“.
Darin kritisiert er den Raubbau an
den sächsischen Wäldern, die als
Energiequelle für die Gruben und
Schmelzhütten des Erzgebirges
abgeholzt werden. Er warnt zudem
vor einer „Holznot“ durch das
starke Wachstum der Bevölkerung
und die zunehmende Verstädte-
rung. Seine zentrale Erkenntnis:
Dem Wald darf nur so viel Holz
entnommen werden, wie nachwachsen kann – andernfalls ist er
in seinem Bestand gefährdet. Das
Wort „nachhaltend“ findet sich
zwar nur ein einziges Mal in dem
dicken Foliant. Dennoch ist Carlowitz heute als Begründer der
Nachhaltigkeit bekannt.
1915
In den deutschen Sprachgebrauch findet der Begriff zu Beginn des 20. Jahrhunderts Einzug.
In Meyers Konversationslexikon
von 1905 heißt es beispielsweise: „Um eine nachhaltige Erwärmung der Räume zu liefern, müssen die Kessel der Warmwasserheizung einen verhältnismäßig
großen Inhalt besitzen.“ Der
Duden führt den Begriff seit
3
1915. Er versteht
Prinzip, nach dem
braucht werden da
nachwachsen, sic
oder künftig wiede
werden kann“.
In seinem Werk Sylvicultura
oeconomica von 1713 erklärt
Carlowitz die Grundsätze einer
nachhaltigen Waldwirtschaft.
1968
Im Club of Rome v
nische Industrielle
1968 Wissenscha
ten verschiedenst
aus mehr als 30 L
ist es, die wichtigs
probleme der Men
tifizieren und prak
vorschläge zu entw
der drängendsten
aus ihrer Sicht die
von Wohlstandsen
Ressourcenverbra
scheint die vom C
Auftrag gegebene
SIER
NOVEMBER 2015
Beim Begriff Nachhaltigkeit denken
die meisten zunächst an Faktoren
wie Umweltschutz und Energieverbrauch. Dazu gehört aber auch der
Schuldenstand – denn Rückzahlungen und Zinsen dafür belasten
kommende Generationen. Seit 2002
liegt die Schuldenstandsquote stets
und mittlerweile deutlich höher als
auf europäischer Ebene vorgeschrieben. 2013 lagen die Schulden
bei 2147 Millarden Euro. Das sind
26 200 Euro je Einwohner.
Strukturelles Defizit
Der Teil des Staatsdefizits, der nicht auf konjunkturelle Schwankungen und temporäre Effekte zurückzuführen ist,
darf 0,5 Prozent des BIP nicht überschreiten. Dieses Ziel wurde seit 2012 nicht mehr überschritten.
Schuldenstand
siehe Grafik
4
Verhältnis der Bruttoanlageinvestitionen zum BIP
siehe Grafik
5
dung
Inn
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ZukWirts
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org
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Staatsverschul
30- bis 34-Jährige mit tertiärem oder postsekundärem
nicht tertiären Abschluss
Die Quote bemisst Hochschul- oder Fachschulabsolventen sowie Absolventen
mit einer Kombination aus Schulabschluss und Berufsausbildung. Der nationale
Indikator betrug 2012 43,4 Prozent – Ziel bis 2020 waren 42 Prozent.
ld
Bi
-
g
un
Studienanfängerquote
Von 1991 bis 2013 ist das BIP pro Kopf preisbereinigt um 29,2 Prozent
auf 30 250 Euro gestiegen. Wirtschaftswachstum gilt als Voraussetzung
für einen erfolgreichen Strukturwandel.
Gütertransportintensität
Personentransportintensität
In Verhältnis zum BIP soll die Personenbeförderungsleistung bis 2020 auf
80 Prozent gegenüber 1999 sinken. Gegenwärtig droht Deutschland dieses
Ziel zu verfehlen. Zumindest aber sank der Energieverbrauch von 1999 bis
2012 um 12,7 Prozent.
Mobilität
Anteil des Schienenverkehrs an der
Güterbeförderungsleistung
siehe Grafik
La
n
db
ew
irt
60
40 39,5
20
0
2010
2013
Bruttoanlageinvestitionen
5
in % des BIP
23,2
20
17,2
15
10
5
1991 1995 2000
2010
Quelle: Destatis
2013
siehe Grafik
ftb
Lu
Stickstoff ist einer der wichtigsten
Pflanzendünger. Ein Übermaß an
Stickstoff belastet die Umwelt
allerdings stark – unter anderem,
weil er das Grundwasser verschmutzt und zur Entstehung von
Treibhausgasen führt. Dementsprechend fordert die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung einen
effizienteren Einsatz von Stickstoffdünger. Bislang allerdings mit mäßigem Erfolg.
6
el
t
as
7
g
un
it
ndhe
Gesu hrung
rnä
und E
Ökologischer Landbau
siehe Grafik
8
Vorzeitige Sterblichkeit bei Frauen
(Todesfälle pro 100 000 Einwohner unter 65 Jahren)
2012 starben 130 von 100 000 Frauen vorzeitig. Damit sank die Quote seit 1991 um 35 Prozent.
„
Raucherquote von Jugendlichen (12 bis 17 Jahre)
Während der Raucheranteil in dieser Altersgruppe bis 1997 anstieg, sank er in der Folge bis
2012 auf zwölf Prozent. Das entspricht dem Zielwert für 2015.
Grenzen des Wachstums, die sich
mit der Zukunft der Weltwirtschaft
befasst. Zentrale These: Sollte die
Zunahme von Weltbevölkerung, Industrialisierung, Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch unverändert anhalten, seien die absoluten Wachstumsgrenzen der Erde im Laufe eines Jahrhunderts erreicht. Die Ergebnisse
der Studie werden zunächst kontrovers diskutiert, manche Ökonomen lehnen sie als „gefährlichen
Unsinn“ ab.
1987
Unter dem Vorsitz der ehemaligen
norwegischen Ministerpräsidentin
Gro Harlem Brundtland verfasst
die Weltkommission für Umwelt
und Entwicklung der Vereinten Nationen einen Bericht mit dem Titel
„Unsere gemeinsame Zukunft“.
Der komplette Indikatorenbericht 2014
des Statistischen Bundesamtes
Im Wesentlichen ist dauerhafte
Entwicklung ein Wandlungsprozess, in dem die Nutzung
von Ressourcen, das Ziel von
Investitionen, die Richtung
technologischer Entwicklung
und institutioneller Wandel
miteinander harmonieren und
das derzeitige und künftige
Potenzial vergrößern,
menschliche Bedürfnisse
und Wünsche zu erfüllen.
“
Binnenschifffahrt
18,2
Ziel
14
15
10
9,7
5
0
2010 2012
2015
Aus dem Bericht
der Brundtland-Kommission
Stickstoffüberschüsse der Gesamtbilanz Deutschl.
7
in kg/ha landwirtschaftlich genutzter Fläche
Ursprungswerte
140
gleitender Dreijahresdurchschnitt
Ziel 2010
80
120
100
98
80
60
40
20
0
2010 2012
Quelle: Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Julius Kühn-Institut und Institut
für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement, Universität Gießen
Ökolandbau schont die Ressourcen
in besonderem Maße. Zu den Anbauregeln gehören etwa möglichst
geschlossene Betriebskreisläufe und
der Verzicht auf bestimmte Pflanzenschutzmittel. Die Bundesregierung hält die Umstellung von Betrieben für wünschenswert und will
die Rahmenbedingungen so gestalten, dass der Flächenanteil von
Ökolandbau 20 Prozent erreichen
kann. Noch liegt er weit darunter.
Von 1991 bis 2012 ist dieser Wert um 43 Prozent zurückgegangen. Er nähert
sich damit zunehmend dem bei Frauen an. 2012 starben von 100 000
männlichen Einwohnern 217 vor dem 65. Lebensjahr.
Der Anteil soll bis 2015 unter 22 Prozent liegen. Tatsächlich ist der Anteil von 1995 bis
2012 von 28 Prozent auf lediglich 26 Prozent gesunken.
Schienenverkehr
20
1990 1995 2000
Vorzeitige Sterblichkeit bei Männern
(Todesfälle pro 100 000 Einwohner unter 65 Jahren)
Raucherquote von Erwachsenen (ab 15 Jahre)
Ziel
25
Anteile in %
* ohne Lkw-Nahverkehr (bis 50 km), 2011 und 2012 zum Teil vorläufige Daten;
Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
Stickstoffüberschuss
siehe Grafik
Güterbeförderungsleistung*
6
1999
6
Anteil der Binnenschifffahrt an der
Güterbeförderungsleistung
sc
ha
ftu
ng
Die Nachhaltigkeit des Güterverkehrs misst die Bundesregierung an
der Beförderungsleistung von Straßen-, Schienen- , Luft- und Schiffsverkehr in Relation zum BIP. Weil
Bahn und Schiff die Umwelt weniger belasten als die übrigen Verkehrsträger, will die Bundesregierung ihren Anteil am Gesamtverkehr steigern. In beiden Bereichen
wird sie ihr selbst gestecktes Ziel für
2015 allerdings verfehlen.
Ziel war es, den Ausstoß von Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, Ammoniak und
flüchtigen organischen Verbindungen ohne Methan bis zum Jahr 2010 um 70 Prozent
gegenüber 1990 zu senken. 2012 wurden 59,6 Prozent erreicht.
vereint der italiee Aurelio Peccei
aftler und Experter Disziplinen
Ländern. Ihr Ziel
sten Zukunftsnschheit zu idenktische Lösungswickeln. Eine
n Aufgaben ist
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ntwicklung und
auch. 1972 erClub of Rome in
e Studie Die
78,4
0
Schadstoffbelastung der Luft
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m nicht mehr verarf, als jeweils
ch regenerieren
er bereitgestellt
Referenzwert
60
BIP je Einwohner
Ziel ist es, die Relation zwischen Tonnenkilometer und preisbereinigtem
BIP bis zum Jahr 2020 um fünf Prozent gegenüber 1999 zu vermindern.
Bis 2012 stieg der Indexwert zwar um acht Prozent, der Energieverbrauch je
Tonnenkilometer sank jedoch im selben Zeitraum um ein Fünftel.
Lebensqualität
Die Wirtschaftskraft eines Landes
hängt entscheidend von den Investitionen der Unternehmen und des
Staates ab. Sie sind nicht nur die
Grundlage für Beschäftigung und
Innovationen, sondern tragen auch
zur Energie- und Ressourceneffizienz bei. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sind diese Investitionen allerdings in den vergangenen fünf Jahren zurückgegangen,
im Schnitt um 1,5 Prozent pro Jahr.
Das Ziel von 40 Prozent bis 2010 wurde erreicht. 2012 betrug die Quote
53,2 Prozent nach OECD-Standard. Im OECD-Durchschnitt lag die
Quote 2011 sogar bei 60 Prozent. Dass Deutschland darunterliegt, ist auf
die hohe Bedeutung des dualen Systems hierzulande zurückzuführen.
che
aftli
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sentliche
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altigkeit
80
Quelle: Destatis, Deutsche Bundesbank, Stand: April 2014
Drei Prozent des BIP sollen in die Forschung investiert werden – dieses für 2020 gesteckte
Ziel wurde bereits 2012 erreicht. Dass Deutschland wieder dahinter zurückfällt, ist
unwahrscheinlich.
Der Anteil Jugendlicher, die weder über Abitur noch Fachhochschulreife
verfügen und sich auch nicht in Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen befinden,
lag 2010 bei 10,4 Prozent – also dicht am Zielwert von zehn Prozent im Jahr 2020.
Maastricht-Schuldenstand in % des BIP
1991 1995 2000 2005
Private und öffentliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung
18- bis 24-Jährige ohne Abschluss
Schuldenstandsquote
4
8
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in %
Ziel (ohne Jahr)
20
5,8
1999
2001
2003
2005
2007
2010
2012
Quelle: Destatis
Darin wird das Konzept der Nachhaltigkeit unter dem Aspekt der
Generationengerechtigkeit formuliert: Es gehe darum, die gegenwärtigen Bedürfnisse der Menschheit so zu befriedigen, dass dadurch künftige Generationen in
ihren Bedürfnissen nicht beschnitten werden.
1992
In der Folge kommt es 1992 in
Rio de Janeiro zur Konferenz der
Vereinten Nationen über Umwelt
und Entwicklung, auch als RioKonferenz oder Earth Summit bekannt. Dort diskutieren fast
20 000 Vertreter staatlicher und
nicht staatlicher Organisationen
sowie der Zivilgesellschaft über
Umweltfragen in einem globalen
Rahmen. Als wichtigste Ergebnisse von Rio gelten die Klimarah-
Anbaufläche des ökologischen Landbaus
menkonvention und die Agenda
21 – ein Aktionsprogramm auf
das sich 172 Staaten auf dem
Gipfel verständigen. Es verpflichtet die Teilnehmer, ihre Gesellschaften durch eine Vielzahl von
Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit umzubauen. In vielen
deutschen Städten und Gemeinden arbeitet eine Lokale Agenda
21 an diesen Zielen.
Der Weltgipfel von Rio
1992 ist die erste
große globale
Umweltkonferenz.
2002
Auf Bundesebene beschließt die
rot-grüne Koalition im Jahr 2002
unter dem Titel Perspektiven für
Deutschland eine Nachhaltigkeitsstrategie. Darin formulierte
sie Ziele und Maßnahmen für die
Felder Generationengerechtigkeit,
Lebensqualität, sozialer Zusammenhalt und internationale Verantwortung.
DOSSIER
14 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
NOVEMBER 2015
Grün ist die
Hoffnung
VON STEPHAN RADOMSKY
N
iemand wird sein Geld gern
in Unternehmen investieren, die den Regenwald abholzen, von Kinderarbeit
profitieren oder Landminen herstellen. Auf eine ordentliche Rendite verzichten will aber auch keiner. In der
Folge suchen Anleger zunehmend
nach Investments, die hohen ökologischen und ethischen Standards gerecht werden. Das Problem: Egal ob
„nachhaltig“, „klimafreundlich“ oder
„ökologisch“ – bei Geldanlagen sind
diese Begriffe nicht klar definiert. Jeder kann sie nutzen. Wer wirklich nach
einwandfreien Standards Geld anlegen
will, muss deshalb tiefer einsteigen.
Grundsätzlich stehen alle Anleger,
egal ob ethisch-ökologisch oder konventionell ausgerichtet, vor einer
Grundsatzentscheidung: Wollen sie
selbst bis ins Detail bestimmen, wo sie
ihr Geld investieren? Oder wollen sie
ihr Kapital mit dem anderer kombinieren und die Auswahl der Einzelpositionen aus der Hand geben?
Der erste Fall bedeutet, selbst in
einzelne Aktien und Wertpapiere zu
investieren, unterstützt höchstens von
einem Anlageberater. Die zweite Alternative spricht für einen oder mehrere
Investmentfonds, etwa aktive Aktienfonds, passive Indexfonds (ETFs) oder
Mischfonds. Solche Lösungen bieten
zwei Vorteile: Zum einen ist das Risiko
bei großen, etablierten Fonds geringer,
schwere Verluste zu erleiden, als beim
Kauf von Einzelwerten. Diese Fonds
sammeln das Kapital vieler Anleger ein
und sind damit in der Lage, es auf
mehr Einzelposten zu verteilen. Das
streut das Risiko.
Zum anderen laufen Privatanleger
sehr viel weniger Gefahr, Geschäftemachern mit grünem Anstrich auf den
Leim zu gehen. Denn diese Firmen
sammeln ihr Geld in der Regel am sogenannten grauen Kapitalmarkt ein,
also außerhalb regulierter Börsenplätze und direkt bei Privatleuten.
Generell verfolgen nachhaltige Investmentfonds bei der Auswahl vier
Strategien: Häufig definieren sie Ausschlusskriterien, nach denen sie bestimmte Branchen grundsätzlich nicht
ins Portfolio nehmen, darunter etwa
Waffenhersteller, Alkohol- und Tabakfirmen oder Stromkonzerne, die mit
Atomenergie und fossilen Brennstoffen arbeiten. Alternativ formulieren
Fonds gezielte Investmentstrategien.
Das Geld der Investoren fließt dann
nur in bestimmte Branchen wie beispielsweise Bildung, ökologische
„
Gar nicht so leicht zu finden: Aktien von nachhaltigen Fonds und Unterne
Ein Teil
der Marge
wird der
Qualität
geopfert
“
Folker Hellmeyer,
Chefanalyst der Bremer Landesbank, über Ökofonds
ANGEBOT NUR FÜR GEWERBETREIBENDE
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(H)=Vertragshändler, (A)=Vertragswerkstatt mit Neuwagenagentur, (V)=Verkaufsstelle
Landwirtschaft oder erneuerbare
Energien.
Nachhaltigkeitsindizes und damit
auch die auf ihnen basierenden ETFs
verfolgen dagegen meist den sogenannten Best-in-Class-Ansatz: Hier
wird versucht, aus allen Branchen die
am nachhaltigsten wirtschaftenden
Unternehmen herauszufiltern. Einige
Fonds engagieren sich zudem gezielt,
um im Dialog und auf Hauptversammlungen die Arbeit „ihrer“ Unternehmen aktiv zu verbessern.
Viele Fonds kombinieren auch zwei
oder drei dieser Strategien, verfolgen
also eine Best-in-Class-Auswahl, geben aber zugleich eine Liste mit gesperrten Branchen vor. Allen gemein
ist, dass sie auf die eine oder andere
Art Risiken bergen – und nie perfekte
Ergebnisse liefern.
Beispiel Best in Class: Als weltweit
meistbeachteter Nachhaltigkeitsindex
gilt der Dow Jones Sustainability Index
(DJSI). Um hier aufgenommen zu werden, muss ein Unternehmen in verschiedenen Disziplinen zu den besten
zehn Prozent seiner Branche gehören.
Entscheidend sind allerdings wirtschaftliche und soziale Faktoren, die
Ökologie spielt nur eine verhältnismäßig geringe Rolle. Ein weiteres Problem: Die Einschätzung der Nachhaltigkeit beruht in weiten Teilen auf
Eigenangaben der Konzerne. Jahrelang zählte so auch Volkswagen zu den
fest im Index gesetzten Unternehmen
– bis im September der Abgasskandal
aufflog. Zu Anfang Oktober wurden
die Wolfsburger daraufhin eilig aus
dem Index verbannt.
Auch wegen solcher Schwierigkeiten hat die Verbraucherzentrale Bremen gemeinsam mit der Stiftung Warentest bereits Mitte 2014 Aktien- und
Rentenfonds untersucht, die sich
selbst als ethisch und ökologisch bezeichnen. Nur einer der untersuchten
Fonds erfüllte die von den Testern vorgegebenen Ausschlusskriterien gänzlich und bot dabei eine sehr hohe
Transparenz für Anleger.
Allerdings kann auch das gezielte
Investieren auf bestimmten Feldern
Risiken bergen. Denn eine dezidierte
Strategie kann zu unerwünschten
Klumpenrisiken im Portfolio des
Fonds führen, etwa wenn überproportional in Unternehmen mit Bezug zu
erneuerbaren Energien investiert wird.
Da dieses Geschäft stark von Subventionen und anderen staatlichen Hilfen
abhängt, bestimmen häufig politische
Entscheidungen über Wohl und Wehe
der Anleger.
Unter dem Strich muss deshalb jeder Sparer selbst genau prüfen, auf
welche Merkmale er bei seiner nachhaltigen Geldanlage besonderen Wert
legt – und an welchen Stellen er vielleicht kompromissbereit ist. Einen guten Überblick für den Einstieg bietet
eine aktuelle, unter Federführung der
Bremer Verbraucherschützer erstellte
Broschüre. Sie liefert Basiswissen zur
grünen Geldanlage, gibt Entscheidungshilfen und erklärt Chancen und
Risiken im Nachhaltigkeitssegment.
Grundsätzlich bedeuten ethisch
und ökologisch einwandfreie Geldanlagen aber „in der Durchschnittsbetrachtung einen Renditeverzicht“, er-
Illustration: Malte Knaack
Geldanlagen nach ethischen Kriterien beruhigen
nicht nur das Gewissen, sie können auch lukrativ
sein – wenn man einige Grundregeln beachtet.
hmen
klärt der Chefanalyst der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer. Die Produkte nachhaltig wirtschaftender
Unternehmen seien in der Regel teurer
in der Herstellung, der Preis könne
aber nur teilweise an die Kunden weitergegeben werden – wie etwa der Vergleich von gentechnisch veränderten
Pflanzen und der Bio-Landwirtschaft
zeige. „Ein Teil der Marge wird hier der
Qualität geopfert“, so Hellmeyer.
Das muss aber nicht bedeuten, dass
nachhaltiges Investieren nicht gutes
Geld einbringen kann: Der Testsieger
unter den Ökofonds legte in den vergangenen fünf Jahren gut 60 Prozent
an Wert zu – trotz der jüngsten Rücksetzer am Aktienmarkt.
Auch deshalb berücksichtigt inzwischen die Mehrheit der großen Investoren in Deutschland Kriterien für eine
gute Geldanlage – allen praktischen
Schwierigkeiten bei der Auswahl zum
Trotz. Das ergab die jüngste Nachhaltigkeitsstudie der Fondsgesellschaft
Union Investment. Getrieben wird die
Entwicklung demnach zugleich von
den Werten und Vorgaben der eigenen
Unternehmen, aber auch von dem
Wunsch nach einem besseren Image
und der Nachfrage vonseiten der Kunden. Den Großteil der nachhaltigen
Anlagen machen dabei allerdings sogenannte Renten aus, also festverzinsliche Wertpapiere wie Staatsanleihen.
Vor allem Versicherer haben hier aufgrund gesetzlicher Vorgaben einen
großen Teil ihres Kapitals investiert.
Daher sieht Analyst Hellmeyer bisher auch keine Gefahr für eine systematische Überbewertung nachhaltiger Wertpapiere. Natürlich bräuchten
Anleger einen „klaren Sinn für Rentabilität“ und dürften sich nicht allein
Da wächst etwas heran
In Nachhaltigkeitsfonds angelegtes Vermögen in
Mrd. €*
710
2010
651
2011
730
716
2012
2013
788
2014
857
2015
Anteil an allen Publikumsfonds des BVI
0,5%
1,1%
1,3%
1,3%
1,4%
1,5%
* von BVI-Mitgliedern verwaltete Fonds; Grafik: BG; Quelle:
Bundesverband Investment und Asset Management (BVI)
vom Versprechen der Nachhaltigkeit
blenden lassen, eine Blase gebe es
aber nicht.
Ohnehin könnten Anleger, so Hellmeyer, zumindest bei einem durchschnittlichen Konjunkturverlauf mit
einer vergleichsweise stabilen Wertentwicklung
ethisch-ökologischer
Wertpapiere rechnen. Nachhaltig
heißt eben auch langfristig. „Bei extremen Konjunktureinbrüchen sind die
Einbußen hier aber größer“, warnt
Hellmeyer – gerade wenn es um konsumgetriebene Investments gehe. Die
Verbraucher kauften in schlechten
Zeiten schlicht billiger ein, oft zulasten
von Öko-Unternehmen.
DOSSIER
NOVEMBER 2015
DIE WIRTSCHAFT NR. 13
I 15
Dreckige Windeln,
Tierkadaver, gammliger
Schinken: Warum
werfen Menschen so
etwas in Altkleidercontainer?
Eine Spurensuche.
VON SABRINA WENDT
M
it Schwung wirft Johann
Bosma einen Sack voller
Altkleider in die Garage
auf dem Gelände des
Deutschen Roten Kreuzes (DRK) an
der Schützenhofstraße in Oldenburg.
„Frühsport“, nennt er das. Dreimal die
Woche leert der 64 Jahre alte Hausmeister die zehn Altkleidercontainer
des DRK im Umkreis. Drei Stunden ist
er im Schnitt dafür unterwegs.
Was er dabei zutage fördert, ist erstaunlich: Fast drei Tonnen Kleidung
haben sich binnen 14 Tagen angesammelt – und fast drei Kubikmeter Müll.
Laptoptaschen,
Sitzkissen
oder
Duschmatten zählen noch zu den
harmloseren Funden. „Vor einigen
Jahren hat jemand einen großen
Schinken in einen unserer Altkleidercontainer geworfen. Der Gestank war
fürchterlich. Als wir den Schinken
rausgeholt haben, waren schon Maden drin, die Kleidung mussten wir
wegschmeißen und den Container
gründlich reinigen“, sagt Bosma. Aber
auch volle Windeln und ungewaschene Unterhosen fänden sich regelmäßig
in den Containern.
Um dem Müllproblem entgegenzuwirken, wurden die Container an der
Schützenhofstraße bereits auf den Hof
verlagert. „Damit sie nicht mehr direkt
am Straßenrand stehen“, sagt Bosma
Das habe aber nur zum Teil geholfen.
Einen Container habe man sogar ganz
abgebaut, weil dort nur Müll reingeschmissen wurde.
Die Erfahrungen beim Diakonischen Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche Oldenburg sind nicht
ganz so extrem. „Es kommt ab und zu
vor, dass Unbekannte Müll oder unbrauchbare Kleidung vor den Kleiderannahmestellen ablegen. Das sind
aber eher Einzelfälle“, sagt Frerk Hinrichs, Pressesprecher der Diakonie im
Oldenburger Land.
Doch was treibt Menschen dazu,
Müll in Altkleidercontainer zu werfen?
Die Kölner Diplom-Psychologin Claudia Viganske sieht unterschiedliche
Motive. „Dinge, an denen das Herz gehangen hat, definiert man nicht zwingend als Müll“, sagt sie. Auch, wenn
auf den Containern stehe, dass nur gewaschene Kleidung hereingeworfen
werden dürfe, seien manche sicher der
Meinung, dass auch eine Bratpfanne
oder aussortierte Bettwäsche noch zu
gebrauchen seien. Zudem hätten die
Container einen „Aufforderungscharakter, irgendetwas hineinzuschmeißen“, erklärt die Psychologin. Vergammelter Schinken oder Kadaver seien
natürlich Extrembeispiele. Das Motiv
sei in solchen Fällen vor allem die sogenannte unbewusste Provokation.
Derweil verlädt Johann Bosma die
letzten Säcke mit Müll im Sprinter.
„Die bringe ich gleich zur Deponie“,
sagt er. Immer montags holt ein Spediteur die Altkleiderspenden an der
Schützenhofstraße ab. Spenden an die
DRK-Kleiderkammer würden an Obdachlose verteilt, erklärt Bosma.
„In vielen Fällen weiß man nicht,
wo die Spenden hingehen“, sagt Tho-
Sabrina Wendt
Nur das Gewissen bleibt sauber
mas Ahlmann, Sprecher des Kleiderspendendachverbands FairWertung.
Generell würden sie an gewerbliche
Sortierbetriebe verkauft. Wegen der
hohen Spendenbereitschaft gebe es oft
Überschüsse. Die Erlöse könnten für
soziale Zwecke wie Suppenküchen
oder für den Kauf neuer Bekleidung
verwendet werden. „Zurzeit wird
meist Sommerkleidung abgegeben,
aber Winterkleidung benötigt“, sagt
Ahlmann.
Mehr als 80 Prozent der Altkleider
würden per Container erfasst. Nach
Schätzungen des Dachverbandes gibt
Die Spendenbereitschaft ist groß, der
Sammelcontainer gut
gefüllt. Johann Bosma,
Hausmeister des DRK,
fischt allerdings auch
einigen Müll heraus –
wieder einmal.
es bundesweit rund 120 000 Altkleidercontainer, in denen jedes Jahr rund
eine Million Tonnen Altkleider abgegeben werden. Aufgestellt werden die
Container von Unternehmen, gemeinnützigen Einrichtungen und Kommunen. Jeder zehnte Container ist laut
Schätzungen allerdings illegal – sie stehen ohne Genehmigung an Straßen
und Parkplätzen.
Die Frage, ob durch Kleiderspenden
die Textilindustrie in den Importländern leidet, ist umstritten. Dass dem
so sei, hatte eine Studie des SüdwindInstituts aus den 90er Jahren besagt.
„Die Annahme, geringere Gebrauchtkleiderimporte oder gar ihr Stopp würde automatisch einen Aufbau der heimischen Textilproduktion in den
Importländern bewirken oder
ihn begünstigen, trifft nicht
zu“, sagt Ahlmann. Vielmehr würde die heimische Produktion durch
mangelhaften Zugang zu
Kapital und Know-how sowie
ungünstige Rahmenbedingungen wie häufige Stromausfälle oder
fehlende Ersatzteile gehemmt. Außerdem reiche die Menge an lokal gefertigter Kleidung oft nicht aus, um den
Bedarf der Bevölkerung zu decken. In
Afrika sei es etwa so, dass die heimische Textilindustrie hauptsächlich für
den Export produziere.
„Das Sammeln, Sortieren und Verkaufen von Gebrauchttextilien sichert
weltweit vielen Menschen Arbeit und
Einkommen“, sagt Ahlmann. In den
Importländern biete der SecondhandHandel besonders Frauen und Jugendlichen ohne Berufsabschluss eine Verdienstmöglichkeit. Vielfach hätten
sich Schneider auf das Umarbeiten
von Secondhand-Kleidung oder das
Herstellen neuer Kreationen aus Gebrauchttextilien spezialisiert.
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MEINE MEINUNG
Wir brauchen
ein neues Verständnis
von Wertschöpfung
VON KLAUS FICHTER
W
as es kostet, wenn man sein Vertrauenskapital verspielt, sehen
wir gerade an VW. In atemberaubend kurzer Zeit verliert da ein
Unternehmen Ansehen und Kundenvertrauen, das über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Ja,
kriminelle Energie gibt es überall und ja, es ist
gut, dass sie bestraft wird. Der Abgasskandal
steht aber nicht allein für ein Einzelunternehmen und auch nicht nur für Kundentäuschung und den unverantwortlichen Umgang
mit Abgasvorschriften einer ganzen Branche,
aus dem Fall VW lässt sich etwas Generelles
über die Voraussetzungen erfolgreichen Wirtschaftens im 21. Jahrhundert lernen. Der für
Niedersachsen so wichtige Global Player liefert vier grundlegende Einsichten dazu:
1. Wertschöpfung basiert nicht
auf Wert-Orientierung, sondern
auf Werte-Orientierung
Die der klassischen ökonomischen Theorie
zugrunde liegende Annahme, dass zwischen
der Verfolgung individueller privatwirtschaftlicher Ziele und den Zielen der gesamten Gesellschaft eine durch die „unsichtbare Hand“
des Marktes geschaffene Harmonie besteht,
wurde in den vergangenen Jahrzehnten unter
anderem mit der Ausweisung sogenannter
externer Kosten widerlegt. Unter den Prämissen einer solchen Metaphysik des Marktes erschien das bedingungslose Streben nach Gewinnmaximierung nicht nur als legitimes
Recht, sondern geradezu als moralische
Pflicht des Unternehmers im Interesse des
Gemeinwohls. Milton Friedman, Fackelträger
des Monetarismus und 1976 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet, brachte die
auch von ihm vertretene theoretische Fehlannahme auf den bekannten Satz: „The business of business is business!“ Was er damit
gemeint hat war: Das Geschäft von Unternehmen ist Profitmaximierung.
Der Glaubenssatz von Friedman war auch
schon damals falsch, gilt aber leider für viele
Wirtschaftslenker und Manager bis heute als
Orientierungsmaßstab. Wie auch VW zeigt,
wird dabei übersehen, dass Unternehmen
real vielfältigen Anforderungen unterschiedlicher Anspruchsgruppen wie Kapitaleigner,
Gesetzgeber, Steuerbehörden, Mitarbeiter,
Kunden, Nachbarn, Verbände usw. gegenüberstehen und daher heute in modernen
betriebswirtschaftlichen Theorien als „multifunktionale Wertschöpfungseinheiten“ charakterisiert werden. Der Wert dessen, was ein
Unternehmen leistet, besteht eben nicht
mehr allein darin, Gewinne zu erwirtschaften, sondern es muss dies bei gleichzeitiger
Nutzengenerierung für Anspruchsgruppen
und Gesellschaft tun. Wertschöpfung kann
NWZ-Impulse 2015
sich daher nicht allein auf „Wert“ (Gewinn)
beschränken, sondern muss „Werte“ schaffen. Konsequenz: Wir brauchen ein erweitertes, werteorientiertes Verständnis von Wertschöpfung.
2. Erfolgreiches Unternehmertum
benötigt ein
umfassendes Kapitalverständnis
Wer heute erfolgreich am Markt agieren
möchte, benötigt aber auch ein umfassendes
Qualitäts- und Kapitalverständnis. Wer nur in
Finanz- und Kostenkategorien denkt, verliert.
Ohne Sozialkapital wie gut ausgebildete und
motivierte Mitarbeiter, können Unternehmen
keine Qualität liefern und keine Innovationen
hervorbringen. Und wer als Unternehmen
nachlässig mit Energie und Umweltressourcen umgeht, schöpft aus dem ihm zur Verfügung stehenden Umweltkapital keinen ausreichenden Wert und ist daher nicht nachhaltig. Die Maxime des Erfinders der Nachhaltigkeit, Hans Carl von Carlowitz, war schon vor
300 Jahren: Lebe nicht von der Substanz, sondern vom Ertrag! Wertschöpfung bei Kapitalerhalt, das macht erfolgreiches Wirtschaften
im 21. Jahrhundert aus.
3. Es geht nicht um Wachstum,
sondern um Lösungen für
die Herausforderungen der Zeit
„ Wir wollen und wir werden in den kommenden Jahren weiter wachsen“, sagte der mittlerweile geschasste VW-Vorstandschef Martin
Winterkorn noch vor Kurzem. Wachstum ist
in manchen Unternehmensphasen und bestimmten Märkten wichtig, ist aber kein
Selbstzweck. Wer sein unternehmerisches
Dasein allein über Markterfolge und Marktanteile definiert, ist ökonomisch nicht nachhaltig und gefährdet irgendwann seine „license to operate“. Das Mantra des Wachstums wird in der Wirtschaft gern gesungen,
VW gab gar das Ziel aus, der größte Autobauer
der Welt zu werden. Wachsen ohne Sinn hat
aber keinen Zweck! Im Mittelpunkt von Strategie und Wertschöpfung müssen die Fragen
stehen, wie ein Unternehmen Kundenwünsche befriedigt und wie es dazu beiträgt, zentrale gesellschaftliche Herausforderungen zu
lösen.
Überzeugende Antworten auf die Herausforderungen der Zeit zu geben, das ist Führungsqualität. Wie dies gelingen kann, zeigen
viele der rund 50 000 Unternehmen in der
Metropolregion Nordwest. Mehr als 15 Prozent von ihnen liefern marktgerechte umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen und sind in den Zukunftsmärkten der
„Green Economy“ erfolgreich, wie etwa erneuerbare Energien, Energieeffizienz, BioLand- und Ernährungswirtschaft oder Kreislaufwirtschaft. Ein Großteil dieser zukunfts-
NOVEMBER 2015
Der Abgasskandal um VW zeigt, dass
Unternehmen mehr sein müssen als auf
Effizienz getrimmte Gewinnmaschinen:
Sie brauchen einen gesellschaftlichen Sinn.
Ein Gastbeitrag von Klaus Fichter,
Professor für Nachhaltigkeit in Oldenburg.
trächtigen Betriebe sind noch jung, so wie die
Firma Energy & Meteo Systems: Sie wurde
2004 als Spin-off der Universität Oldenburg
gegründet und unterstützt mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Software für
Wind- und Sonnenstromleistungsvorhersagen den Ausbau erneuerbarer Energien. Damit schafft sie Mehrwert für viele – unter anderem für die über 60 Mitarbeiter, die dort beschäftigt sind.
4. Unternehmen sind
keine Effizienzmaschinen,
sondern Sinnwerkstätten
Natürlich war und bleibt Effizienz ein wichtiges betriebswirtschaftliches Prinzip. Das gilt
übrigens bei sich verknappenden Umweltressourcen und in Zeiten des Klimawandels umso mehr und bedeutet in der Praxis, die Energie- und Materialeffizienz massiv zu verbessern. Die Effizienzsteigerung muss sich auf
den eigenen Betrieb, vor allem aber auf die
gesamte Wertschöpfungskette bzw. den ganzen stofflichen Produktlebensweg beziehen,
von der Gewinnung nachhaltiger Rohstoffe
über effiziente Produktions- und Logistikprozesse, die Produktnutzungsintensivierung zum Beispiel durch
Sharing- und Contracting-Modelle
bis zum Recycling. Effizienz ist
also eine wichtige, aber sicher
keine hinreichende Bedingung für wirtschaftlichen
Erfolg. Wer glaubt, man
könne Unternehmen wie
Effizienzmaschinen
behandeln, wird im Innovationswettbewerb scheitern
und Mitarbeitern keine
hinreichende Motivation
geben können, wofür
das eigene Unternehmen steht und wofür es
sich einzusetzen lohnt.
Eine
zukunftsfähige
Unternehmensführung
sollte Betriebe als „Sinnwerkstätten“ betrachten.
Niemand möchte in
einem Unternehmen tätig sein, das als böser Bube
Klaus Fichter ist Professor für
Innovationsmanagement und
Nachhaltigkeit an der
Universität Oldenburg.
Der 52-Jährige ist federführend verantwortlich für den
Studienschwerpunkt EcoEntrepreneurship.
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7
gilt oder bei dem man nicht weiß, wofür es
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gut sein soll. Führungspersonen müssen in
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auch im 21. Jahrhundert noch eine Philosophie, die Grundlage für nachhaltigen Erfolg
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16 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
2016
01.03.16 | Anitra Eggler – Digitalität & Datenflut
12.04.16 | Werner Tiki Küstenmacher – Glücksgefühl
10.05.16 | Priv.-Doz. Dr. med. habil. Volker Busch – Konzentration
14.06.16 | Chin Meyer – Wohlstand
06.09.16 | Paul Johannes Baumgartner – Begeisterungsfähigkeit
18.10.16 | Frank Mantek – Willenskraft & Erfolg
22.11.16 | Norman Alexander – Menschenkenntnis & Beobachtungsgabe
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17 I STRATEGIEN
Braucht man das?
Für wen sich der
Wechsel in eine private
Krankenversicherung
lohnt.
DIE WIRTSCHAFT NR. 13 // NOVEMBER 2015
SEITE 24
Was tun Firmengründer, wenn sie ein gutes
Produkt haben, aber
der Markterfolg
ausbleibt? Sie stellen
ihr Start-up neu auf.
Die Technologieperle
Superlab aus Oldenburg
hat es vorgemacht.
VON RÜDIGER ZU KLAMPEN
W
ill man sich das Entwicklungslabor von Frédéric
Laager und der Firma
Superlab im Oldenburger
Technologie- und Gründerzentrum
(TGO) anschauen, führt einen der
Unternehmer hinunter in den Keller.
Er schließt einen Raum ohne Fenster
auf, darin eine nochmals verschließbare Kammer. „Lichteinfall wäre tödlich für die Sensoren“, sagt der Biophysiker.
In der Dunkelkammer steht ein
Scanner, der den inneren Zustand von
natürlichen Nahrungsmitteln – wie etwa Kartoffeln – ermitteln kann, ohne
dass diese geschält oder zerkleinert
werden müssen. Das gilt als ideal für
weite Bereiche der Lebensmittelwirtschaft. Die Eigenschaften, die der
Scanner aus dem Inneren einer Kartoffel ermittelt, werden mit vordefinierten Zielwerten aus einer Datenbank
abgeglichen – dann weiß man, ob etwa
die Kartoffel gewünschten Kriterien
entspricht, ob sie in gutem Zustand ist
oder ob sich Pilze, Parasiten, Krankheitserreger oder Pestizidrückstände
darin befinden.
Mit dieser Produktinnovation hatte
Superlab um den Jungunternehmer
Laager (33) in der Oldenburger Gründerszene großes Aufsehen erregt.
Aber: Der Durchbruch am Markt ließ
trotz Anfangserfolgen auf sich warten.
Laager und seine drei Partner Laurent
Guyard, Nils Raning und Boris Matti
machten eine Erfahrung, die nach Ansicht von Gründerexperten nicht zu
unterschätzen ist: Der an sich aussichtsreiche Markt ist blockiert durch
Platzhirsche, durch langjährige Lieferbeziehungen.
Zähigkeit zahlt sich aus
Und wie geht Frédéric Laager damit
um? Er sitzt in der Kantine des TGO, es
duftet nach leckerem Mittagessen,
und er sagt: „Wir machen gerade einen
Neustart.“ Das Produkt werde „neu
aufgesetzt“. Superlab sieht einen
scheinbar unschlagbaren Vorteil auf
seiner Seite: die Kosten. Sei der Scanner erst einmal installiert, fielen im
Betrieb praktisch nur noch Stromkosten an – im Gegensatz zu vielen anderen Testverfahren im Labor.
Was Superlab nach jahrelangem
Warten auf Markterfolge von vielen
anderen Gründungen unterscheidet:
Man gab nicht auf. „Wir sind immer
noch zu viert“, beschreibt Laager das
stabile Gründerteam von einst um ihn
herum. Und die Oldenburger gingen
in die Offensive, weiteten den Geschäftszweck auf Basis des vorhandenen Test- und Technologiewissens
einfach aus: Es wurden weitere Produkte entwickelt – und die laufen gut
an. Darunter ist eine App für Tierärzte.
Damit ist Superlab seit einem Jahr online.
Laager breitet ein paar Gegenstände auf dem Tisch aus: Smartphone,
Scanner, ein etikettiertes Röhrchen für
eine Blutprobe speziell für Rinder, vor
Ort auf der Weide oder im Stall. Die
Zeiten mit quasi „blutverschmierten
Formularen“, Papierkram und Verwechslungsgefahr bei abzureißenden
und aufzuklebenden Etiketten beim
Bearbeiten der Proben sei nun vorbei.
Das läuft nun elektronisch über einen
Server, mit viel größeren Stückzahlen
pro Veterinär und Tag, sagt Laager.
Man habe schon zahlreiche Sets verkauft, die Vorzüge machten unter Veterinären die Runde. Und ernste Konkurrenz scheint es in dieser Nische
nicht zu geben. Ende des Jahres will
man nachlegen: Dann kommt eine
weitere App: ein Impfkalender für Veterinäre.
Dass Superlab sich ausgerechnet
von Oldenburg aus anschickt, spezielle Märkte aufzurollen, ist reiner Zufall.
Die Partnerin von Frédéric Laager,
eine aus Österreich stammende Meereswissenschaftlerin, fand an der Universität Oldenburg eine passende Stelle – und der Mann zog im Jahr 2010
mit.
Es hätte leicht auch anders kommen können: Laager, in der Schweiz
geboren, saugte als Jugendlicher Wissen über Biologie nur so auf und studierte nach dem Abitur seine Vorliebe
am Biozentrum in Basel. Nach dem
Bachelor in Molekularbiologie verschlug es ihn für den Master nach
Seoul. In Korea fand er ideale, noch
sehr selbst gestaltbare Bedingungen
für sein seltenes Lieblingsgebiet vor –
die Ermittlung spezieller biochemischer Reaktionen rund um Photonen
und ihre Analyse. Das hätten damals
nur wenige gemacht. Superlab mache
es noch heute, nämlich in praktischen,
wirtschaftlich nutzbaren Anwendungen.
„Ich habe viel Eigeninitiative“, beschreibt der Unternehmer Laager sich
selbst – und verweist auch gern auf
seine Publikationen zu den Forschungsprojekten, auf erste Erfahrungen in einem auf Tests im Tierbereich
spezialisierten Unternehmen. So sei er
zum Veterinärsektor gekommen. Doch
Laager, heute laut Visitenkarte CEO,
wollte noch mehr: Das Wissen aus den
Experimenten, mit denen er Erfahrung
angesammelt hatte, selbst praktisch
umsetzen, selbst Unternehmer werden. Das erfolgte dann in Oldenburg.
Die Stadt gefalle ihm sehr gut. Sie habe
eine „angenehme Größe“, sagt er verschmitzt. Beim Blick aus dem Oldenburger TGO-Fenster ist er in Gedanken
wohl gerade in der Mega-Metropole
Seoul.
Oldenburg passt genau in das Lieblingsschema von Gründungsstrategen
und Wirtschaftsförderern: technologieorientiert,
in
Hochschulnähe,
potenziell gut für hochwertige Arbeitsplätze.
Umgekehrt lobt Laager die Verhältnisse im Oldenburger Gründerzentrum TGO, einen Steinwurf von der
Universität entfernt: Das sei eine „Topeinrichtung“. Neben der üblichen Infrastruktur mit kleiner Miete, Hausmeister- , Verwaltungs- und Telefonservice betont Jungunternehmer Laager das Wissen um Fördermitttel und
Rüdoger zu Klampen; 123rf (2), Montage: Malte Knaack
Blick in das
Innere
der Kartoffel
Das Herz der Firma: Frédéric Laager an der Dunkelkammer von
Superlab. Hier steht der Lebensmittelscanncer des Start-ups.
die Kontakte, die hier zustande kommen, auch aktiv initiiert durch den
langjährig
engagierten
TGO-Geschäftsführer Jürgen Bath.
Dass Superlab die schwierige Startphase überstand, hängt wohl auch mit
den speziellen Verhältnissen dieses
noch jungen Gründungsprojekts zusammen: Ein klassisches Unternehmen mit entsprechenden festen
Strukturen sucht man vergebens. Vielmehr kooperieren hier mehrere formal unabhängige Spezialisten, geografisch weit verstreut, mit Kern im
Oldenburger TGO. Den Nahrungsmittelscanner, das erste Produkt, entwickelte Laager mit Nils Raning, den er
schon von der Schule in der Schweiz
kannte. „Alles online“, beschreibt er
die Arbeitsweise über eine gemeinsame Plattform.
Laager kümmerte sich mehr um
Hardware und Experimente, Raning
um die Software. Und die anderen im
vierköpfigen Superlab-Team (Boris
Matti/Software und Laurent Guyard/
Verträge und Kapital) haben auch ihre
jeweiligen Aufgaben in dem Verbund.
Alle haben jenseits von Superlab
auch noch ihre eigenen zusätzlichen
Standbeine. Frédéric Laager etwa gibt
Wissen und Erfahrung rund um Tests,
Labore und Tiere auch als Berater weiter. Er ist ein Multi-Unternehmer.
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STRATEGIEN
18 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
NOVEMBER 2015
Das kleine ABC
der Integration
Hunderttausende Flüchtlinge kommen allein in diesem Jahr nach Deutschland. Viele
der Zuwanderer suchen nach einer Beschäftigung – und viele Unternehmen in der
Region würden ihnen gern Jobs anbieten. Doch damit beide Seiten zusammenfinden,
sind einige Hürden zu überwinden. Ein Ratgeber von A bis Z.
VON JÖRG SCHÜRMEYER
te) Blaue Karte EU, die (unbefristete)
Niederlassungserlaubnis und die (unbefristete) Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU. Nicht den Rechtscharakter eines Aufenthaltstitels erfüllen dagegen die ->Aufenthaltsgestattung sowie die ->Duldung.
D
ie beste Integration sind
Sprache, Ausbildung und
Arbeit, hat kürzlich Bundeswirtschaftsminister Sigmar
Gabriel gesagt. Doch wer als Flüchtling
heute nach Deutschland kommt und
arbeiten will, muss sich häufig erst
einmal mit Begriffen beschäftigen, die
man in einem gewöhnlichen Sprachkurs eher nicht hört – von Vorrangprüfung über Wartefrist bis Residenzpflicht.
In einem Glossar von A wie Aufenthaltserlaubnis bis Z wie Zustimmung
der Arbeitsagentur erläutert DIE
WIRTSCHAFT die wichtigsten Begriffe:
A
Auf|ent|halts|er|laub|nis {f} Die Aufenthaltserlaubnis ist ein zeitlich befristeter ->Aufenthaltstitel mit einer
Dauer von in der Regel einem bis drei
Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung bzw. dem Übergang in einen
Daueraufenthalt. Mögliche Aufenthaltszwecke sind unter anderem die
Aufnahme aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen.
Anerkannte Asylbewerber, die vom
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen positiven Bescheid erhalten haben, dürfen grundsätzlich uneingeschränkt arbeiten.
Auf|ent|halts|ge|stat|tung {f} Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren
befinden, erhalten vom Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
eine Aufenthaltsgestattung. Diese berechtigt sie, bis zur Entscheidung über
ihren Asylantrag in Deutschland zu leben und unter bestimmten Bedingungen nach einer ->Drei-Monats-Wartefrist zu arbeiten. Bevor sie eine Arbeit
aufnehmen, sind aber noch eine Genehmigung durch die Ausländerbehörde und die Zustimmung der örtlichen Arbeitsagentur erforderlich.
Auf|ent|halts|ti|tel {m} Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland grundsätzlich
eines Aufenthaltstitels. Das Aufenthaltsgesetz sieht insgesamt fünf verschiedene Aufenthaltstitel vor: das
(befristete) Visum, die (befristete)
->Aufenthaltserlaubnis, die (befriste-
in ausgewählten Branchen in
Deutschland, Anteil in %*
an allen Beschäftigten
an hier beschäftigten
Flüchtlingen**
verarbeitendes Gewerbe
20
8
Gesundheit
14
8
Hotel- und Gastgewerbe
4
25
Baugewerbe
5
2
* Stand: März 2015,
** aus Kriegs- und Krisenländern;
Grafik: BG; Quelle: IAB
Asylbewerber
Anträge in Deutschland
in tsd.
400
438
300
303
200
100
0
90
2000
15*
* Januar–September;
Grafik: BG; Quelle: Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge
F
Be|rufs|aus|bil|dung {f} Für asylsuchende Ausländer gilt die ->Drei-Monats-Wartefrist für die Aufnahme einer
Beschäftigung auch im Falle der Aufnahme einer Berufsausbildung. Für
Geduldete gilt hingegen keine Wartefrist, wenn sie eine Ausbildung starten.
Für die Aufnahme einer Berufsausbildung ist keine Zustimmung der Arbeitsagentur erforderlich.
Flücht|ling {m} Laut Genfer Flüchtlingskonvention ist ein Flüchtling eine
Person, die „aus der begründeten
Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmte sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes
befindet, dessen Staatsangehörigkeit
sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann
oder wegen dieser Befürchtungen
nicht in Anspruch nehmen will“. Ob
eine solche Verfolgung vorliegt, wird in
einem Asylverfahren festgestellt.
D
G
B
Beschäftigte
grund, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Drei-Mo|nats-Wa|rte|frist {f} Personen mit einer ->Aufenthaltsgestattung
und Personen mit einem Status der
->Duldung können nach drei Monaten
die ->Genehmigung zur Ausübung
einer Beschäftigung erhalten. Die Frist
beginnt dabei am Tag der Meldung des
Asylgesuchs und der Ausstellung der
Aufenthaltsgestattung. Es gilt allerdings das ->Vorrangsprinzip.
Dul|dung {f} Ausländer, die einen negativen Asylbescheid erhalten haben,
deren Abschiebung aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, erhalten von der Ausländerbehörde eine „Bescheinigung für
die Aussetzung einer Abschiebung“,
die sogenannte ->Duldung. Ähnlich
wie bei Personen mit einer ->Aufenthaltsgestattung dürfen sie unter bestimmten Bedingungen nach einer
->Drei-Monats-Wartefrist arbeiten.
E
ESF-BAMF-Pro|gramm {n} Beim ESFBAMF-Programm handelt es sich um
berufsbezogene
Deutschförderung,
die Deutschunterricht, berufliche
Qualifizierung und Praktikum miteinander verbinden soll. Die Kurse werden vom Europäischen Sozialfonds
(ESF) gefördert und vom Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
organisiert. Das Programm richtet sich
an alle Personen mit Migrationshinter-
Ge|mein|nüt|zi|ge Ar|beit {f} Unabhängig vom Arbeitsverbot in den ersten drei Monaten können Asylbewerber gemeinnützige Arbeiten übernehmen. Diese sind möglich bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern. Für die gemeinnützige
Arbeit, die 20 Wochenstunden nicht
überschreiten darf, wird eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro
pro Stunde gezahlt.
kräfte) von mindestens 37 752 Euro haben. Flüchtlingen, die sich im Asylverfahren befinden, steht dieser Weg bislang nicht offen – trotz verschiedentlicher Forderungen aus der Politik und
von der Bundesagentur für Arbeit. Bei
Asylsuchenden, die die Kriterien für
die Blaue Karte erfüllen, entfällt die
->Vorrangprüfung aber bereits nach
drei Monaten.
I
In|te|gra|ti|ons|leis|tung {f} Mit der
Aufnahme einer Arbeit oder ->Berufsausbildung erlangen Personen mit
einer ->Aufenthaltsgestattung kein gesondertes Aufenthaltsrecht. Die Integrationsleistung des Einzelnen spielt
also bei der Prüfung des Asylantrags
keine Rolle. Bei Personen mit ->Duldung werden hingegen Integrationsleistungen etwa bei der Verlängerung
der Duldung oder der Erteilung eines
->Aufenthaltstitels berücksichtigt.
J
Ge|neh|mi|gung zur Aus|ü|bung
ei|ner Be|schäf|ti|gung {f} Bevor Personen mit einer ->Duldung oder einer
->Aufenthaltsgestattung eine Arbeit
aufnehmen können, müssen sie sich
von ihrer Ausländerbehörde eine Genehmigung einholen. Zudem ist in
den meisten Fällen die Zustimmung
der Arbeitsagentur vor Ort erforderlich. Nach vierjährigem Aufenthalt in
Deutschland ist diese Zustimmung
dann nicht mehr notwendig.
Ju|gend|mi|gra|ti|ons|dienst {m} Der
vom Bundesfamilienministerium geförderte
Jugendmigrationsdienst
(JMD) unterstützt an 430 Standorten
bundesweit junge Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von
zwölf bis 27 Jahren mit verschiedenen
Angeboten bei ihrem Integrationsprozess. War der JMD bislang nur für junge Migranten mit Bleibeperspektive
zuständig, richtet sich das am 2. September an 24 Standorten (u. a. Bremen
und Hannover) gestartete Modellprojekt „jmd2start“ ausdrücklich an junge
Flüchtlinge, die sich im Asylverfahren
befinden oder eine ->Duldung haben.
Ihnen soll bei der Integration in Gesellschaft, ->Berufsausbildung und
Arbeitsmarkt geholfen werden.
H
K
Hoch|qua|li|fi|zier|te {f} Fachkräfte
aus Nicht-EU-Staaten können den
->Aufenthaltstitel der Blauen Karte
(„Blue Card“) beantragen, wenn sie
einen anerkannten Hochschulabschluss und einen Arbeitsvertrag mit
einem Bruttojahresgehalt von mindestens 48 400 Euro bzw. in Mangelberufen (u. a. Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte, IT-Fach-
Kö|nig|stei|ner Schlüs|sel {m} Der Anteil der Asylbewerber, den jedes Bundesland aufnehmen muss, wird mittels des sogenannten Königsteiner
Schlüssels festgelegt. Er wird für jedes
Jahr entsprechend der Bevölkerungszahl und den Steuereinnahmen der
Länder ermittelt. Für Niedersachsen
liegt die Verteilungsquote 2015 bei
9,35696 Prozent.
Passgenaue Lösungen für Ihr Gewerbe.
Stahlbau und Stahlhallenbau
Systemhallen · Normhallen
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„
STRATEGIEN
NOVEMBER 2015
DIE WIRTSCHAFT NR. 13
Die meisten
Flüchtlinge sind
jung, gut ausgebildet und hoch
motiviert. Solche
Leute suchen wir
“
„
Dieter Zetsche,
Daimler-Chef
Der syrische
Arzt ist nicht
der Normallfall
123rf; dpa; Montage: Malte Knaack
“
L
Leih|ar|beit {f} Bislang war Zeitarbeit
bzw. eine Beschäftigung als Leiharbeitnehmer für Menschen mit einer
->Aufenthaltsgestattung oder einem
Status der ->Duldung erst nach vierjährigem Aufenthalt möglich. Mit den
kürzlich von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Änderungen im
Asylrecht entfällt das Leiharbeitsverbot für Asylbewerber und Geduldete
allerdings nach drei Monaten.
M
Min|dest|lohn {m} Der gesetzliche
Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro gilt
auch für Flüchtlinge. Forderungen
nach Abweichungen vom Mindestlohn
hatten Vertreter der Bundesregierung
zuletzt immer wieder eine Absage erteilt.
N
Ne|ben|be|stim|mung {f} Jede ->Aufenthaltsgestattung oder ->Duldung
muss erkennen lassen, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt
ist. Diese Aussage zur Erwerbstätigkeit
erfolgt durch eine sogenannte Nebenbestimmung und ist in dem entsprechenden Aufenthalts- oder Duldungsdokument vermerkt.
P
Po|si|tiv|lis|te {f} Die Bundesagentur
für Arbeit führt halbjährlich eine Fachkräfteengpassanalyse durch. Diese bildet die fachliche Grundlage für die sogenannte Positivliste, in der Mangelberufe in Deutschland aufgeführt
sind. Besitzt eine Person mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung einen
deutschen oder als gleichwertig anerkannten ausländischen Ausbildungsabschluss in solch einem Mangelberuf entfällt ebenso wie bei Hochqualifizierten die ->Vorrangprüfung.
Andrea Nahles,
Bundesarbeitsministerin
I 19
V
Vor|rang|prin|zip {n} Asylbewerber
und Geduldete dürfen nach drei Monaten arbeiten. Allerdings besteht für
sie nur ein nachrangiger Arbeitsmarktzugang. Das heißt, dass die Agentur für
Arbeit nach dem Vorrangprinzip zunächst prüft, ob die Stelle auch mit
arbeitsuchend gemeldeten Personen
besetzt werden kann, deren Arbeitszugang nicht beschränkt ist – also etwa
alle deutschen Arbeitnehmer, EU-Bürger oder Ausländer mit einer ->Aufenthaltserlaubnis. Nach 15-monatigem
Aufenthalt in Deutschland entfällt die
Vorrangprüfung. Für ->Hochqualifizierte oder für die Engpassberufe, die
auf der ->Positivliste stehen, ist dies
schon nach drei Monaten der Fall.
W
Wohn|sitz|auf|lage {f} Personen, die
Sozialleistungen beziehen, dürfen
ihren Wohnsitz nicht frei wählen.
Grundsätzlich steht diese Wohnsitzauflage einer Arbeitsaufnahme aber
nicht entgegen. Ob ein Wohnsitzwechsel möglich ist, prüft die Ausländerbehörde jeweils im Einzelfall.
Z
Zu|stim|mung der Ar|beits|a|gen|tur
{f} Für eine ->Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung benötigen
Personen mit einer ->Aufenthaltsgestattung oder mit einer ->Duldung
auch die Zustimmung der Arbeitsagentur. Diese stützt sich auf zwei Kriterien: erstens die Prüfung des ->Vorrangprinzips und zweitens die Arbeitsmarktprüfung. Letztere bezieht sich
auf die Arbeitsbedingungen der konkreten Stelle. Mit der Prüfung soll sichergestellt werden, dass die Bedingungen, etwa in Bezug auf Verdienst
und Arbeitszeiten, nicht ungünstiger
sind als für inländische Arbeitnehmer.
Nach vierjährigem Aufenthalt ist die
Zustimmung der Arbeitsagentur nicht
mehr erforderlich.
Prak|ti|kum {n} In der Regel ab dem
vierten Aufenthaltsmonat können
Asylbewerber und geduldete Personen
Praktika absolvieren. Durch eine am
1.August 2015 in Kraft getretene Änderung der Beschäftigungsverordnung
ist für bestimmte Praktika keine Zustimmung der Arbeitsagentur mehr
erforderlich. Dies gilt für Pflichtpraktika aufgrund eine Ausbildung, Praktika
bis zu drei Monaten zur Berufsorientierung auf Ausbildung oder Studium
sowie ausbildungsbegleitende Praktika von bis zu drei Monaten.
Q
Qua|li|fi|ka|ti|ons|a|na|ly|se
{f}
Flüchtlingen fehlen häufig die Unterlagen, um ihre Berufsqualifikationen
in Deutschland anerkennen zu lassen.
Über eine Qualifikationsanalyse, etwa
in Form von Arbeitsproben oder Fachgesprächen, besteht die Möglichkeit,
die beruflichen Kompetenzen festzustellen. Allerdings werden solche Analysen längst noch nicht flächendeckend angeboten.
R
Re|si|denz|pflicht {f} Bis Ende 2014
galt für Flüchtlinge eine räumliche
Aufenthaltsbeschränkung. Diese erlaubte es Asylsuchenden lediglich,
sich im Bezirk der zuständigen Aufenthaltsbehörde aufzuhalten und dort
einer Beschäftigung nachzugehen. Am
1. Januar 2015 wurde diese Residenzpflicht gelockert. Seitdem dürfen sich
Flüchtlinge in der Regel nach drei Monaten frei im Bundesgebiet bewegen.
S
Selbst|stän|dig|keit {f} Flüchtlinge
oder Asylbewerber dürfen sich nicht
selbstständig machen oder ein Unternehmen gründen. Dies ist erst möglich, wenn sie einen ->Aufenthaltstitel
besitzen.
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EinzigartigEs
industriEarEal in
norddEutschland
stEht zum VErkauf
die region bremen gehört zu den dynamischsten Logistik- und Industriestandorten deutschlands. durch den
kontinuierlichen Aus- und neubau der maritimen Infrastruktur gilt die Logistikbranche als wichtiger Wachstumstreiber im norden der republik. diese positive entwicklung hat in den vergangenen monaten dazu geführt,
dass die nachfrage der Industrie nach Logistikimmobilien
das Angebot deutlich übersteigt. nun bietet sich nördlich
der Hansestadt für Investoren die Chance, von diesem
Wachstum mit dem kauf eines einmaligen Industrieareals zu profitieren.
Mit international ausgerichteten Unternehmen wie Abeking und Rasmussen, ArcelorMittal, BLG, Lürssen Werft,
Mercedes Benz, Siemens Windpower und diversen Zulieferern hat sich die Nordwestmetropole in den vergangenen
Jahren zum fünftgrößten Industriestandort der Bundesrepublik entwickelt. Über 41.000 Beschäftigte im Bereich der
Logistik unterstreichen die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs für die Region. Doch auch der Immobiliensektor
profitiert von dieser Entwicklung: Durch Leerstandsquoten
unterhalb der zwei Prozentmarke und Renditen von bis zu
zwölf Prozent können Immobilieninvestoren an diesem Erfolg teilhaben.
In diesem attraktiven Umfeld, in der unmittelbar an der
Weser gelegenen Gemeinde Lemwerder, bietet die Robert
C. Spies Gewerbe und Investment GmbH & Co. KG im Rahmen einer Alleinvermarktung jetzt ein Industriegebiet zum
Verkauf an. Ein Areal, das mit einer teilbaren Gesamtfläche
von 1,3 Millionen Quadratmetern einmalig in der gesamten
Metropolregion Bremen ist, wie Martin Zunken, Mitglied
des Logistik- und Light-Industrial-Investmentteams von
Robert C. Spies erläutert: „Für dieses Zusammenspiel aus
Größe, direkter Wasserlage, einer umfassenden Ausstattung und einer hohen Gebäudesubstanz gibt es kein Konkurrenzprodukt.“
GroSSe AuSbAupotentiAle
Der ehemalige Werksflughafen von Airbus bietet neben
170.000 Quadratmetern bebauter Industrieflächen vor
allem deutliche Ausbaureserven. Denn zu den bereits vorhandenen 550.000 Quadratmetern Bauland kommen noch
einmal 750.000 Quadratmeter Perspektivflächen hinzu.
„Die ehemalige Landebahn wird vom derzeitigen Mieter als
großzügige Lagerfläche genutzt“, erklärt Zunken. „Durch
die enormen Flächenpotentiale bietet das Areal eine hohe
Drittverwendungsfähigkeit und stellt damit für Investoren
eine zukunftssichere Anlage dar. Großzügige Expansionen
oder Neuansiedlungen sind hier kein Problem.“ Zudem ermöglichen die bestehenden 36.000 Quadratmeter großen
Hallenflächen mit diversen Kranbahnanlagen für die Industrie vielfältige Nutzungsszenarien.
optimAle lAGe im Herzen norddeutScHlAndS
Derzeitiger Mieter des Industrieareals ist die Carbon Rotec
GmbH & Co. KG, Europas führender build-to-print Hersteller von Rotorblättern für Windkraftanlagen. Neben den
bereits angeführten Merkmalen profitiert das Unternehmen in Lemwerder von einer verkehrsgünstigen Lage. Das
GVZ-Bremen kann aufgrund der in der Nähe gelegenen
Autobahnanschlüsse binnen dreizehn Kilometern angedient werden. Diese Situation wird sich durch den bereits
beschlossenen Ringschluss der A281 zukünftig deutlich verbessern. Aufgrund des direkten Zugangs zu einer Kaianlage und dem Ochtumhafen verfügt das Grundstück zudem
über einen Wasserweg von nur fünfzig Kilometern bis zur
Nordsee. „Die Lage lässt keine Wünsche offen“, betont deshalb auch Björn Sundermann, Leiter Projektentwicklung
der Bremer Immobilienberatung. „Durch die Vielseitigkeit
des Objektes sind für die Nutzungsoptionen so gut wie keine Grenzen gesetzt.
AlleinVertrieb:
Dipl.-Ingenieur
Björn Sundermann
T 0421 l 173 93-49
Dipl.-Wirtschaftsingenieur
Martin Zunken
T 0421 l 173 93-62
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20 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
Spiegel der Persönlich
Personaler achten längst nicht mehr nur auf Bewerbungsmappen,
sondern auch auf Profile in Netzwerken wie Facebook.
Wie Bewerber sich dort gut präsentieren – und wie
Recruiter Aufschneidern auf die Schliche kommen.
VON EVA TENZER
P
arty-Schnappschüsse, Bikinifotos, anzügliche Mail-Adressen – auf all das sollte besser
verzichten, wer in sozialen
Netzwerken einen guten Eindruck hinterlassen will. Denn wie im realen Leben gilt auch hier: Es gibt keine zweite
Chance für den ersten Eindruck. Immer stärker schaut nicht nur der eigene Freundes- und Bekanntenkreis auf
Onlineprofile. Auch Personalchefs und
Recruiter interessieren sich für das
Bild, das Bewerber und Mitarbeiter in
der virtuellen Welt abgeben.
„Es gibt kaum noch ein Unternehmen, das das nicht tut“, sagt Sebastian
Neumann, Initiator und Gründer von
#SoMe, einem Verband für Social Media und Social Business. „Es ist eine relativ simple Prüfung, die nicht viel kostet. Ohne großen Aufwand kann ein
Unternehmen checken, ob ein Bewerber wirklich passt.“ Das sei letztlich
auch ein Stück Eigenschutz der Unternehmen, erklärt Neumann, der als Social-Intranet-Berater für den ITDienstleister Agentbase in Paderborn
arbeitet und in Oldenburg den SoMeStammtisch zu aktuellen Entwicklungen der sozialen Medien organisiert.
Neumann hat beobachtet, dass gerade junge Menschen sich nicht bewusst sind, wie wichtig ihr Auftritt in
Onlineprofilen ist. Wer mit den sozialen Medien aufgewachsen ist, habe oft
wenig Hemmung, auch Privates preiszugeben, das nicht in die Öffentlichkeit gehört. Im ungünstigsten Fall könne es passieren, dass später eine Bewerbung in der Personalabteilung auf
Interesse stößt, eine Querprüfung in
sozialen Medien aber ergibt, dass das
Bild dort stark abweicht. „Bei widersprüchlichen Eindrücken wird ein Bewerber dann nicht mehr berücksichtigt.“ Sprich, die beste Bewerbung
nutzt am Ende nichts, wenn man den
guten Eindruck auf seinem Onlineprofil zunichtemacht.
Beim Oldenburger IT-Beratungsunternehmen BTC sieht man die Sache pragmatisch. Prinzipiell begrüßt
man es, wenn Mitarbeiter und Bewerber in sozialen Medien aktiv sind – so
wie das Unternehmen übrigens auch
selbst. Marketingchefin Karin Tanger
weiß allerdings, dass viele unsicher
sind, wie sie sich präsentieren und mit
anderen kommunizieren sollen: „Mein
Rat ist immer: Postet nur, was ihr im
Zweifelsfall auch auf einer öffentlichen
Plakatwand am Haus gegenüber sehen
wolltet oder was ihr auch auf eine
Postkarte schreiben würdet“, erklärt
Tanger.
Sie empfiehlt, sich in den sozialen
Medien stets so zu verhalten und zu
präsentieren wie im richtigen Leben
auch. Und das heißt vor allem: positiv
und wertschätzend anderen gegenüber. Peinliche Partyfotos und aggressive Kommentare sind tabu.
Ein systematisches Bewerberscreening gibt es bei BTC nicht –
wenn aber ein Spezialist zum Beispiel zu einem onlinenahen Thema gesucht wird, schauen Führungskräfte schon mal, ob oder
wie sich Bewerber im Netz positionieren. Und man sieht es natürlich gern, wenn Mitarbeiter
auch zu beruflichen Themen aktiv sind.
Anbieter wie Facebook, LinkedIn, Xing, Google Plus, Twitter
und Instagram haben weltweit
bereits rund zwei Milliarden
Nutzer. Um sich einen ersten
Eindruck von einer Person zu
verschaffen, rufen Kollegen,
Freunde und zunehmend auch
Personalchefs diese Profilseiten
auf. Folglich wird es immer wichtiger, dass diese Seiten entsprechend gepflegt sind.
„Der erste Eindruck vollzieht
sich automatisch, schnell und anhand minimaler Informationen“, erklärt Mitja Back, Professor für Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
„Er ist die Basis für unsere sozialen
Entscheidungen, dafür, wie wir auf andere reagieren, mit wem wir kurz- oder
langfristige Beziehungen eingehen.“
Gemeinsam mit Kollegen hat sich
Back erste Eindrücke in sozialen Medien genauer angeschaut. Sie wollten
herausfinden, wie Personen wahrgenommen werden und wie Profile gezielt für ein Impression-Management
genutzt werden. Zusammen mit Psychologen der University of Texas und
der Washington University klopfte seine Arbeitsgruppe Facebook- und Studi-VZ-Profile daraufhin ab, wie ehrlich
die Nutzer bei der Eigendarstellung
sind. Die Psychologen erfassten die
tatsächlichen
Persönlichkeitseigenschaften ebenso wie die idealisierten
Selbstbilder, also Vorstellungen der
Profilbesitzer darüber, wie sie gern wären.
Dabei ging es um die sogenannten
Big Five der Persönlichkeit: Offenheit,
Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit Extraversion und Neurotizismus. Fremde
Beurteiler schätzten anschließend die
Persönlichkeiten der Nutzer auf Basis
der Profile ein.
Das Ergebnis überraschte die Psychologen: Die spontanen Eindrücke
stimmten mit den tatsächlichen
Eigenschaften der Profilbesitzer auffällig gut überein und wurden nicht
durch Versuche der Selbstidealisierung verfälscht: „Sie spiegeln die tatsächliche Persönlichkeit wider. Und
fremde Beurteiler konnten das erstaunlich genau einschätzen“, berichtet Juliane Stopfer, eine der Leiterinnen der Studie. In Onlineprofilen wird
also keineswegs überwiegend ein unrealistisches Ideal der eigenen Person
präsentiert.
Eine solche Inszenierung bringe
ohnehin nichts, ist Neumann überzeugt. Denn das falle früher oder
später auf. „Im Social Web lässt sich
nicht nur vorzüglich Eigenmarketing
betreiben, sondern die eigene Reputation auch ganz leicht beschädigen“,
stellt er fest. „Viele Menschen versuchen, über Social-Media-Kanäle ansprechbar, offen und transparent zu
„Wir sollten uns daran gewöhnen, dass wir öffentliche Menschen sind“, meint
Sebastian Neumann, der in
Oldenburg einen Social-MediaStammtisch organisiert.
STRATEGIEN
NOVEMBER 2015
hkeit
sein. Wir sollten uns daran gewöhnen,
dass wir öffentliche Menschen sind.“
Trotzdem sei nicht jeder willens und in
der Lage, sich in der Öffentlichkeit
wirklich gut zu präsentieren.
Was also ist wichtig, um einen überzeugenden ersten Eindruck zu hinterlassen? Entscheidend sind die Attraktivität des Profilbilds, Art und Anzahl
der Gruppen, denen man angehört,
Interessen und Pinnwandeinträge. Das Foto und die Anzahl der
Freunde etwa dienen zur Einschätzung der Extraversion, die
angegebenen Interessen zur
Beurteilung der Offenheit für
Erfahrungen.
Und auch unsere Freunde
färben letztlich auf uns ab:
Wer nämlich Freunde hat,
die ihre Einträge salopp
und formlos verfassen,
wird selbst auch als wenig
gewissenhaft
eingeschätzt. Allerdings hängt
der Eindruck immer
auch vom Kontext ab:
Privat nämlich fällt er vor
allem positiv aus, wenn
eine Person authentisch
ist. Im beruflichen Kontext dagegen sollte man
möglichst gewissenhaft
und verträglich rüberkommen. Es ist also sinvoll, sich klarzumachen,
wofür man ein Netzwerk
nutzen möchte, und entsprechend
bestimmte
Eigenschaften zu betonen.
Das klingt durchaus vertraut aus dem realen Leben, und
tatsächlich gibt es kaum Unterschiede zwischen dem virtuellen
und dem reellen ersten Eindruck, wie
Max Weisbuch von der Tufts Univer-
sity in einem Experiment gezeigt hat:
Menschen, die von reellen Sozialpartnern gemocht werden, kommen auch
mit ihren Facebook-Seiten gut an.
Sebastian Neumann sieht hier eine
gute Möglichkeit, die eigene Marke
aufzubauen. Dabei solle man aber weder Trends bedienen noch tun, was alle anderen tun, sondern „verkörpern,
was man wirklich ist, ohne Maskerade, und glaubwürdig bleiben.“ Allerdings eben, ohne allzu viel Privates
preiszugeben. Es ist eine Gratwanderung.
Wie gut aber schätzen wir den Eindruck ein, den wir auf andere machen?
Dieser Frage ging Back gemeinsam mit
Kollegen in einem weiteren Experiment nach: einem Speed-Dating mit
400 Singles. Das massenhafte Flirten
deckte auf, wer wie gut darin ist, den
Eindruck einzuschätzen, den er auf
andere macht – für den Erfolg bei
der Partnerwahl enorm wichtig.
Das Ergebnis hier: Frauen,
die hohe Werte in der Persönlichkeitsdimension „Verträglichkeit“ erzielen, also freundlicher und hilfsbereiter sind,
und Männer, die „soziosexuell
unrestriktiver“, also flüchtigen sexuellen Kontakten
gegenüber aufgeschlossener sind, punkten besonders. Sie können gut
einschätzen, wie sie
bei anderen ankommen.
Frauen dagegen
mit einer weniger
stark ausgeprägten Verträglichkeit (missmutig,
aggressiv) und soziosexuell restriktivere Männer („kein
Sex ohne Liebe“) vertun sich mit der
Einschätzung ihrer Wirkung auf Fremde deutlich häufiger.
Allerdings kann bei Menschen, die
einen besonders guten ersten Eindruck hinterlassen, laut einer weiteren
Studie der Münsteraner Forscher
durchaus Vorsicht geboten sein. Denn
möglicherweise handelt es sich bei ihnen um Narzissten. Back fand nämlich
heraus, dass es vor allem diesen Persönlichkeitstypen leicht fällt, Eindruck
bei anderen zu schinden. Ob mit Kleidung, Körperhaltung, Gesichtsausdruck oder Wortwahl, diese Typen wickeln andere leicht um den Finger. Ist
dann allerdings der erste faszinierende
und attraktive Lack ab, schaffen es gerade Narzissten nur selten, Beziehungen auch langfristig positiv zu gestalten.
Also:
Trau,
schau,
wem – das gilt im realen
Leben ebenso wie online!
Illustration: Malte Knaack; Sandra Wiederhold; BTC
Wer bin ich? Selbstwahrnehmung und reale Erscheinung
können auseinanderfallen –
auch beim Auftritt im
Netz.
„Postet nur, was ihr
auch auf eine Postkarte schreiben würdet“,
rät Karin Tanger,
Marketingchefin
von BTC.
DER NEUE JAGUAR XF
NO BUSINESS
AS USUAL.
KLEINER KNIGGE FÜRS NETZ
Gut die Hälfte aller Personalverantwortlichen in Deutschland informiert
sich laut einer Studie des IT-Branchenverbands Bitkom in sozialen Netzen
über Bewerber. 15 Prozent sagen, sie hätten schon Kandidaten abgelehnt, die ihnen dort negativ aufgefallen seien. Wer sich seine Jobchancen nicht durch einen verfehlten Onlineauftritt ruinieren möchte, sollte daher einige Tipps beachten:
Klarnamen verwenden: Wer sich hinter einem Pseudonym versteckt,
könnte etwas zu verbergen haben.
Persönliches und Privates trennen: Nicht jeder Besucher eines Profils
muss alles lesen können. Private Inhalte sollten nur denjenigen zugänglich gemacht werden, die sie etwas angehen.
Authentisch bleiben: Glaubwürdigkeit ist ein entscheidendes Kriterium
für Personaler.
Netzwerk sorgsam auswählen: Die Freunde, mit denen man sich im Netz
präsentiert, prägen den eigenen Eindruck mit.
Postings ansprechend formulieren: Geschäftspartner, Auftraggeber oder
Personalchefs könnten an saloppen Einträgen Anstoß nehmen.
Nicht übertreiben: Ein herausragend positives Profil erweckt leicht den
Eindruck einer narzisstischen Persönlichkeit.
Nüchtern bleiben: Unter Alkoholeinfluss ist schon so manches Posting
schiefgelaufen. Darum: Don’t drink and tweet!
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22 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
STRATEGIEN
NOVEMBER 2015
Es braucht schon etwas
mehr als einen
Pappaufsteller, um einen
Chefsessel neu zu besetzen.
VON YORK SCHAEFER
J
Karriere-ganzoben.de
Man sollte sich keinen Illusionen hingeben: Der Nordwesten steht bei
Hochqualifizierten aus anderen Teilen
der Republik nicht unbedingt auf Platz
eins der begehrtesten Regionen zum
Arbeiten und Leben. Viele zieht es in
die Metropolen, wo Großkonzerne mit
attraktiven Karrierechancen locken.
Arbeitgeber auf dem Land dagegen
müssen einiges bieten, um gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. Hier
setzt das im Sommer gegründete Portal
Karriere-ganzoben.de an, das mit der
Nordwest-Zeitung kooperiert.
„Der Ingenieur, der in Darmstadt
studiert hat, weiß nichts über den
Nordwesten“, sagt Geschäftsführer
Norbert Drogies. Ziel des Portals ist es,
das zu ändern – indem es die Lebensqualität des Nordwestens mit seinen
Kultur-, Sport- und Bildungsangeboten
sowie sowie natürlich den Arbeitgebern der Region darstellt. Karriereganzoben.de versteht sich dabei als
Unterstützer der Unternehmen. Unter
dem Menüpunkt „Arbeiten“ präsentieren namhafte Mittelständler ihre Stellenangebote. Vertreten sind etwa der
Autozulieferer Vierol, der Chemiespezialist Büfa und das Offis-Institut.
Einen Mausklick weiter folgen Firmenporträts, unter anderem mit Testimonials von Angestellten und Führungskräften in Videoform. „Wir wollen die
Unternehmen in kurzer, knackiger
Form für die Bewerber vorstellen“, sagt
Drogies, der in diesen individuellen
Porträts den Unterschied zu Jobbörsen
wie Stepstone oder Monster sieht.
Bundesagentur für Arbeit
Bei der erschlagenden Anzahl an Jobbörsen im Internet könnte man das gute alte Arbeitsamt glatt übersehen. Dabei sitzt in Bonn eine Einheit, die sich
auf die Suche nach Führungskräften in
den Bereichen Industrie, Dienstleistungen und Handel spezialisiert hat.
Angegliedert an die Zentrale Auslandsund Fachvermittlung (ZAV) vermittelt
sie Manager vom Abteilungsleiter aufwärts mit einem Jahresgehalt ab 70 000
Euro. Entsprechend hoch sind die Aufnahmekriterien: „Wir vermitteln Menschen mit langjähriger Berufserfahrung und fachlichen Führungsqualitäten, die überregional mobil sind“, sagt
Berater Harald Seitz. 450 bis 500 Stellen
123rf; Montage: Malte Knaack
e besser eine Führungskraft zur
Unternehmenskultur passt, zur
Firmenphilosophie und zum
Marktumfeld, desto erfolgreicher
kann sie arbeiten. Entsprechend
schwer sind solche Manager zu finden.
Fünf Instrumente, die bei der Suche
helfen:
Wo ist hier der Boss?
„
Das Finden guter Führungskräfte gehört zu den wichtigsten Aufgaben von Unternehmen. Wir
stellen fünf Instrumente dafür vor – vom Portal Karriere-ganzoben.de bis zur Arbeitsagentur.
sind derzeit ausgeschrieben, denen
momentan etwa 1800 aktiv suchende
Führungskräfte gegenüberstehen. Vorteil der Vermittlung über die Arbeitsagentur im Vergleich zum Personalberater: Es entstehen keine Kosten. „Die
sind für die Arbeitgeber ja bereits über
die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bezahlt“, erklärt Berater Seitz.
Businessnetzwerke
„An Xing und LinkedIn kommt man
heute nicht mehr vorbei“, sagt der
bundesweit tätige Recruiting-Coach
Henrik Zaborowski aus Bergisch-Gladbach. Aktuell 9,2 Millionen Xing-Nutzer in Deutschland, Österreich und der
Schweiz sprechen eine deutliche Sprache; bei LinkedIn waren es zu Jahresbeginn sechs Millionen. Dementsprechend interessant sind die Netzwerke
für Arbeitgeber. Laut einer Analyse des
Fachmagazins „PC-Welt“ finden sie bei
LinkedIn vor allem potenzielle Mitarbeiter aus höher qualifiziertem und
auch internationalem Umfeld. Das
Einstellen einer kostenpflichtigen Jobanzeige, die regional eingegrenzt werden kann, gilt als vergleichsweise
leicht. Auch bei Xing erreicht man mit
einer Stellenanzeige vor allem Mitglieder des Netzwerks, und auch hier lässt
sich eine Auffindbarkeit der Anzeige
bei Google einbinden. „Zudem kann
man eine spezifische Bewerbersuche
nach Region, Berufserfahrung und Gehaltsvorstellungen einstellen“, erklärt
Henrik Zaborowski. Personalblogger
kritisierten allerdings jüngst, dass man
bei Xing zu sehr auf Quantität der Stellenanzeigen statt auf Qualität setze
und das sogenannte Matching verbesserungswürdig sei, also den passenden
Bewerber für die richtige Stelle zu finden. So hatte Xing beispielsweise Führungskräften mit 20 Jahren Berufserfahrung Praktikantenstellen vorgeschlagen. Vorteil beider Netzwerke ist,
dass sich der Arbeitgeber direkt einen
eigenen Eindruck vom Bewerber und
seinem Profil machen kann. Für Recruiting-Coach Zaborowski sind Xing,
LinkedIn oder auch Google Plus allerdings nur die Key-Player. Mittlerweile
habe fast jede Branche ihr eigenes Jobportal, wie zum Beispiel Stackoverflow.com, eine Community für IT-Experten.
Jobbörsen
Monster und Stepstone sind die bekanntesten Jobportale mit insgesamt
gut einer halben Millionen aktiver Profile. Beide Unternehmen bieten einen
internationalen Bewerberpool, eine
persönliche Beratung und die Möglichkeit für Arbeitgeber, Firmeninserate zu
schalten. Die Platzierung von Stellen-
Sie möchten mehr über unsere Zeitung wissen?
Dann können Sie mich gerne kontaktieren!
Lars Mensching
NWZ-Projektleiter
Die Wirtschaft und
neue Geschäftsfelder
Telefon: 04 41 / 99 88 46 13
Handy: 01 51 / 44 87 97 62
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Die nächste Ausgabe erscheint am
17.Dezember 2015
Anzeigenschluss ist der 27. November 2015
Wir stellen
Unternehmen in
kurzer,
knackiger
Form für
Bewerber
vor
“
Norbert Drogies,
Geschäftsführer von
Karriere-ganzoben.de
anzeigen ist natürlich kostenpflichtig.
Das Karriereportal Experteer wirbt mit
mehr als 80 000 manuell vorselektierten Spitzenpositionen ab 60 000 Euro
Jahresgehalt und einem Netzwerk von
20 000 verifizierten Headhuntern. Das
Recruiting von hochqualifizierten
Fachkräften steht hier klar im Vordergrund. Für Unternehmen und Personalberatungen ist die Registrierung
kostenlos, Jobsuchende zahlen eine
Monatsgebühr.
Persönliche Netzwerke
Aus Sicht von Recruitingexperte Zaborowski bieten Empfehlungen von Mitarbeitern aus dem eigenen Unternehmen die beste Chance für eine erfolgreiche Vermittlung. „Wer jemanden
empfiehlt, kann in der Regel ganz gut
einschätzen, ob er oder sie passt.“ Man
könne davon ausgehen, dass sich der
potenzielle Bewerber mit dem Empfehlenden bereits über das Unternehmen, die Kultur dort und den Job ausgetauscht hat. Kein Arbeitnehmer
empfehle guten Gewissens einen Bekannten, wenn er die erforderlichen
Voraussetzungen nicht erfülle. Laut
einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden rund 25 Prozent aller Stellen hierzulande über persönliche Kontakte
vermittelt.
Regional. StaRk.
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Homematic IP System ganz einfach konfigurieren und
intuitiv steuern können. Zukünftig wird Homematic IP zu
einem voll umfassenden Smart Home-System ausgebaut
und durch viele weitere Produkte ergänzt.
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Erkennt das Öffnen und Schließen
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Einfaches Ein- und Ausschalten von
Verbrauchern (z. B. Elektroheizungen)
Manuelles Ein- und Ausschalten auch
am Gerät möglich
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99
99
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Installation
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Konfiguration
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24 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
GELD
NOVEMBER 2015
Mit Risiken gepflastert
Private Krankenversicherer ködern junge Gutverdiener mit attraktiven Tarifen. Doch ein Wechsel will wohlüberlegt sein.
VON PETER RINGEL
s
123rf (2); Montage: Malte Knaack
P
rompter
Facharzttermin,
Chefarztbehandlung im Einzelzimmer und nur die Hälfte
dafür zahlen: Ein Wechsel in
die private Krankenversicherung ist
verlockend für junge Gutverdiener. Jeden Monat können sie 100 bis 200
Euro an Beiträgen sparen, Selbstständige oft sogar mehr als 300. Klingt
nach einem traumhaften Angebot.
Doch wenn beruflich oder privat nicht
alles so glatt läuft wie geplant, kann
dieser Traum zum Albtraum werden.
„Ständig haben wir Anrufe von Älteren, die verzweifelt versuchen, aus der
PKV rauszukommen“, berichtet der
Oldenburger
Versicherungsberater
Hans-Hermann Lüschen. Denn die Tarife für junge Alleinstehende sind zwar
niedrig – im Alter steigen sie jedoch.
Lüschen ist überzeugt: Die attraktiven
Einstiegstarife der privaten Versicherer spiegeln nicht die tatsächlichen
Kosten, sondern sollen junge, gesunde
Kunden locken.
Von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die private Krankenversicherung (PKV) kann nur wechseln, wer Beamter, selbstständig oder
gut verdienender Arbeitnehmer ist.
Um sich als Angestellter privat zu versichern, muss das Gehalt mindestens
ein Jahr lang die sogenannte Jahresarbeitsentgeltgrenze
überschreiten,
die aktuell bei 54 900 Euro liegt. Die
Höhe der Beiträge richtet sich neben
dem Alter vor allem nach den Vorerkrankungen. Während die Tarife in
der GKV vom Bruttoeinkommen abhängig sind, kann der zu Beginn meist
günstige Beitrag in der PKV unabhängig von den Einkünften steigen – in
den vergangenen zehn Jahren waren
es im Schnitt rund fünf Prozent pro
Jahr. Das Risiko: Nach oben gibt es keine Deckelung.
Der Wechsel in die private Versicherung ist für den genannten Personenkreis leicht. Umgekehrt ist es weit
schwieriger. Wer älter ist als 55, hat wenig Chancen, aus der PKV herauszukommen. Lüschen kennt viele Beispiele von Selbstständigen, die
von der Beitragslast geradezu
erdrückt werden: Der Taxifahrer, dessen Einkommen beständig sinkt, dessen Beiträge für die Familie aber unverändert hoch sind. Der
Tankstellenbetreiber, der im
Alter seine Tankstelle für etwas
über 1000 Euro verpachtet hat,
aber 900 Euro für die Krankenversicherung von ihm und seiner Frau
zahlt. Und dann gibt es noch
die Schicksale der Versicherten, die wegen oberflächlicher Angaben zum Gesundheitszustand aus der
Versicherung fliegen und in
keiner Krankenkasse mehr
aufgenommen werden.
„Wer sich privat krankenversichert, profitiert unstrittig von sehr guten Leistungen“, sagt Lüschen, „kaufmännisch ist ein Wechsel aber äußerst
unklug.“ Wer objektiv die Risiken abwäge, sei in der GKV besser aufgehoben. Neben der kaum zu kalkulierenden Beitragsentwicklung gelte es vor
einem Wechsel zum privaten Versicherer ein weiteres Risiko zu beachten,
mahnt der erfahrene Berater und Gerichtsgutachter: Während es bei der
GKV einen festen Hilfsmittelkatalog
gebe, seien bei der PKV nicht immer
Nur vom Feinsten:
Die Leistungen privater
Krankenversicherer
sind gut. Doch für
manche werden sie
im Alter zu teuer.
alle Leistungen bis ins Detail aufgelistet. Nicht selten endeten Streitereien
um den Leistungsumfang vor Gericht.
Hinzu kommt der Verwaltungsaufwand, weil Privatversicherte für die
medizinischen Leistungen zunächst
selbst zahlen und die Arztrechnungen
später erstattet bekommen.
Andere unabhängige Versicherungsberater aus der Region blicken
weniger kritisch auf die PKV. Als
Vorteil gilt, dass die Versicherten über die Tarifwahl den
Umfang ihres Schutzes zum
Teil nach ihren Bedürfnissen
gestalten können und einen
lebenslangen Anspruch auf
die vereinbarten Leistungen
haben. Zum genauen Abwägen
des Risikos wird dennoch geraten. Laut Verbraucherschützern
und Versicherungsberatern ist
nur individuell zu klären, ob
sich ein Wechsel in die PKV
lohnt, in der Regel sei dies
aber – abgesehen von
Beamten – nur bei einem
eng begrenzten Personenkreis der Fall: bei jungen Gutverdienern, die in Zukunft
ebenfalls mit einem hohen Einkommen rechnen und schon früh wissen, dass sie auch später keinen Nachwuchs wollen – denn für Kinder müssen in der PKV eigene Verträge abgeschlossen werden. Empfohlen wird bei
einem Wechsel, die gegenüber der
GKV eingesparten Prämien aus den
ersten Versicherungsjahren für höhere
Beiträge im Alter anzulegen.
Lüschen rät dringend, vor einem
Wechsel in die PKV bei der Klärung
von Vorerkrankungen die Krankenakte
vom Hausarzt beizulegen. Damit si-
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chere man sich dagegen ab, dass die
private Versicherung wegen „vorvertraglicher Anzeigenpflichtverletzung“
vom Vertrag zurücktritt. Bei oberflächlichen oder falschen Angaben zum Gesundheitszustand passiere das nicht
selten, berichtet der Versicherungsberater. Auch wenn Hausärzte ihre Dokumentation nicht immer gern herausrücken – sie sind dazu verpflichtet: In ihrer Berufsordnung ist unter
Paragraf zehn festgeschrieben, dass
den Patienten in die sie betreffende
Dokumentation Einsicht zu gewähren
ist, „soweit der Einsichtnahme nicht
erhebliche therapeutische Gründe
oder erhebliche Rechte der Ärztin, des
Arztes oder Dritter entgegenstehen.
Auf Verlangen sind der Patientin oder
dem Patienten Kopien der Unterlagen
gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.“
Vor einem Wechsel ist auch zu
überlegen, ob zusätzliche Leistungen
der Privaten überhaupt in Anspruch
genommen werden. Gibt man dem
Schulmediziner immer den Vorzug vor
dem Heilpraktiker oder hält man die
Chefarztbehandlung für ein verzichtbares Statussymbol, dann könnte man
in der GKV besser aufgehoben sein.
Der Versicherungsberater Lüschen
empfiehlt als Alternative zu einem
Wechsel in die PKV: In der GKV bleiben und sich bestimmte Leistungen
wie die freie Arztwahl oder das Einzelzimmer mit einer privaten Zusatzpolice versichern lassen. Das bieten zahlreiche private Versicherer an, in der
Region unter anderem auch die Alte
Oldenburger aus Vechta. Dazu gehören etwa Zusatzleistungen wie Krankentagegeld oder für die zahnärztliche
Behandlung.
25 I LEBEN
Der Letzte
seiner Zunft
DIE WIRTSCHAFT NR. 13 // NOVEMBER 2015
Frank Simme ist Oldenburgs
einziger Maßschuhmacher.
Porträt eines
Überzeugungstäters.
SEITE 31
Entdeckung der Laufkundschaft
Warum verletzen sich Freizeitjogger so oft? Weil sie falsch
laufen. Sportexperten aus den Nordwesten bieten deshalb
professionelle Bewegungsanalysen an. Und machen damit,
Manager fit, die auch im Sport auf Leistung gepolt sind.
VON CAROLA FELCHNER
dpa; Torsten von Reeken
S
chmerzen in der Achillessehne,
Stechen im Knie, Entzündung im
Schienbein – Lutz Molitor hatte
die klassischen Läuferverletzungen alle. Der 58-jährige Sportladenbesitzer aus Osnabrück läuft seit seiner Jugend, noch immer nimmt er pro Jahr an
ein, zwei Wettkämpfen teil. Er hat sowohl
die Euphorie beim Überqueren der Ziellinie erlebt als auch den Frust, wenn ihn
eine Verletzung zum Pausieren zwang.
Das ist ein Problem, das auch viele
Führungskräfte und Unternehmer kennen. Gerade sie suchen oft im Sport einen
Ausgleich zum Stress im Büro. Gerade sie
sind aber auch häufig von Verletzungen
geplagt – weil sie es übertreiben. „Manager können nicht einfach nur vor sich hin
joggen“, glaubt Thomas Frankenbach,
Gesundheitswissenschaftler und Autor
des Buchs „Warum Läufer beharrlich sind
und Surfer das Leben genießen“. Denn
wer im Job auf Leistung gepolt sei, lege im
Sport nicht einfach den Schalter um.
Vertreter dieser Gruppe erfolgsorientierter Freizeitjogger waren es denn auch,
die vor Jahren professionelle Accessoires
auf Trimm-dich-Pfade und Joggingstrecken einführten. Schuhe, Hose, Shirts –
alles musste auf dem Stand der Technik
sein. Inzwischen gehen manche Hobbyjogger noch einen Schritt weiter: Sie lassen ihren Laufstil von Profis analysieren –
um mögliche Verletzungen durch einen
falschen Bewegungsablauf zu vermeiden.
Und damit landen sie dann bei Experten wie Lutz Molitor. „Vor 20 Jahren gab
es bei Laufverletzungen die Möglichkeit,
zum Arzt zu gehen oder sie auszusitzen“,
sagt der Osnabrücker. Doch wenn sich
ein gestresster Manager schon die Zeit
zum Trainieren nehme, dann wolle er
nicht alle paar Wochen aussetzen, um danach wieder bei null anzufangen. „Er will
Fortschritte sehen“, sagt Molitor.
Kuriere man jedoch nur die Symptome, nicht die Ursache des Laufproblems,
sei die nächste Zwangspause programmiert. Ein genauer Blick auf die Physis
des Läufers könne diesen Zyklus durchbrechen.
Mediziner um Craig Richards von der
australischen Universität Newcastle
schrieben 2008, dass sich 37 bis 56 Prozent der Hobbyläufer mindestens einmal
im Jahr eine Verletzung zuziehen. Laut
Studien niederländischer Ärzte sind es
sogar mehr als 90 Prozent.
Als Molitors Bruder Dirk, OrthopädieSchuhmachermeister und ebenfalls passionierter Läufer, in einem Magazin
einen Bericht über Bewegungsanalyse
las, war für die beiden klar, dass solch ein
Angebot ein echter Mehrwert für die Kunden ihres Schuh- und Sportgeschäfts am
Rande von Osnabrück sein könnte. Sie
kauften ein Laufband und tüftelten lange
an der fachkundigen Betrachtung und
Auswertung von Bewegungsabläufen.
Zunächst stieß das Angebot, den Athleten erst auf die Beine zu schauen und
ihnen dann Schuhe zu verkaufen, auf wenig Euphorie. Inzwischen aber hat sich
das geändert. „Die Kunden wollen nicht
mehr nur einen Laufschuh kaufen, sie erwarten mehr“, sagt Lutz Molitor.
Und dieses Mehr heißt Bewegungsanalyse. Sie hat sich in den vergangenen
Jahren zu einem kleinen Trend unter
Hobbysportlern entwickelt. Zwei Drittel
derjenigen, die sich bei „Schuhe und
Sport Molitor“ aufs Laufband stellen,
wollen durch den Sport den Kopf freioder ein paar Kilos von den Hüften bekommen – ohne Schmerzen. Hier setzt
die Bewegungsanalyse an. Es werden
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Fehlstellungen und -belastungen beim
Laufen ermittelt und entsprechende
Maßnahmen in Form passender Sportschuhe, Einlagen oder Kräftigungs- und
Lauftechnikübungen ergriffen.
„95 Prozent der Sportler, die zu uns
kommen, haben orthopädische Probleme“, berichtet Dörthe Krumsieg vom
Zentrum für Orthopädie und Bewegungsanalyse Jörg Meyer in Bremen. Seit fünf
Jahren bietet sie Laufanalysen an, mittlerweile führt die Sportwissenschaftlerin
sechs bis acht rund zweistündige Beratungen pro Woche durch.
„Die Akzeptanz für Analysen seitens
der Hobby- und Gesundheitssportler
wächst“, bestätigt Matthias Marquardt.
Der Arzt und Autor des Standardwerks
„Die Laufbibel“ gibt Seminare in ganz
Deutschland und hat schon Hunderte
Athleten analysiert. Als er vor Jahren seinen Kollegen während eines Praktikums
von Bewegungsanalysen erzählte, war
deren Reaktion: „Und damit willst du
Menschen gesund machen?“ Bei Problemen wurde damals standardmäßig eine
Einlage verschrieben – und wenn die
nicht half, sollte man das Laufen eben
aufgeben. Heute sei dagegen vielen klar,
dass die Biomechanik ausschlaggebend
ist, um auf Dauer verletzungsfrei zu bleiben.
Um die Biomechanik richtig beurteilen und die entsprechenden Schlüsse für
den Läufer daraus ziehen zu können, bedarf es allerdings einigen Wissens. „Die
Laufbewegung ist komplex. Man darf sich
deshalb nicht nur den Fuß anschauen,
sondern muss auch Knie, Beinachse und
Hüfte in der Bewegung betrachten“, erklärt Lutz Molitor. Knieschmerzen zum
Beispiel können sowohl von einer Fehlstellung oder Fehlbewegung des Fußes
als auch von einer Instabilität des Beckens ausgelöst werden, Achillessehnenprobleme sowohl von einer Fehlbewegung des Fußes als auch von einer
schlechten Lauftechnik. In Molitors
Sportladen führen solche Analysen deshalb nur Physiotherapeuten durch, da sie
genaue Anatomiekenntnisse mitbringen.
Die wachsende Bereitschaft, Geld in
schmerzfreies Laufen zu investieren (eine
Analyse kostet im Schnitt um die 120
Euro), ist jedoch nicht nur eine Chance
auf unbeschwerte Laufkilometer. Sie
stellt auch eine interessante Möglichkeit
für Sportgeschäftsbetreiber, Physiotherapeuten und Sportwissenschaftler dar,
neue Kundschaft zu gewinnen.
„Es gibt kein Protokoll für Analysen, jeder macht es anders“, sagt Mirko Brandes
vom Institut für Sportwissenschaften an
der Uni Oldenburg. Er lehrt und forscht
unter anderem im Bereich Bewegungswissenschaft und führt Leistungstests mit
Sportlern durch. Da der Titel „Bewegungsanalytiker“ weder geschützt ist
noch durch eine bestimmte Ausbildung
definiert, ist es umso wichtiger, sich als
Anbieter mit gleichbleibender Qualität
aus der Masse hervorzuheben.
Doch auch eine professionelle Bewegungsanalyse sei kein Allheilmittel, wiegelt Marquardt ab. Man müsse die Erwartungen realistisch halten. Ein passender
Schuh und ein sauberer Laufstil bedeuteten nämlich nicht zwangsläufig, dass
man so viel laufen kann, wie man möchte. Die Leistungsgrenzen sind individuell
und immer eine Kombination aus Training, Material, Technik und Veranlagung.
„Eine Laufanalyse ist lediglich der Startschuss“, erklärt Dörthe Krumsieg.
Der Startschuss zu einem besseren
Läuferleben – denn ohne Zwangspause
kommt das Höher, Schneller, Weiter irgendwann von ganz allein.
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LEBEN
26 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
NOVEMBER 2015
„Ich entscheide nie aus
dem Bauch heraus“,
sagt Hermann Schüller.
Den wichtigsten
Schritt für den Erfolg
von Semcoglas hat er
denn auch lange
vorbereitet. Sein Antrieb:
Ehrgeiz – und eine
gute Portion
Widerspruchsgeist.
Ein glasklarer Plan
Wie Hermann Schüller aus einem kleinen Glasereibetrieb in Westerstede einen
Branchenchampion mit einem Jahresumsatz von 200 Millionen Euro geformt hat.
NEUE SERIE
Die einen folgen dem
Strom. Die anderen
gehen ihren eigenen
Weg und bauen etwas
Großes auf. In unserer
neuen Serie „Die beste
Entscheidung meiner
Karriere“ zeichnen wir
die zentralen
Momente in der
Laufbahn regionaler
Unternehmer nach.
VON VOLKER KÜHN
Schüller, 63, offener Hemdkragen,
braun gebrannt vom Golfspiel im
jüngsten Mallorca-Urlaub, lehnt sich
bei der Frage zurück und blickt durch
die Fensterfront seines Büros in Westerstede. Dann erzählt er vom Glasgeschäft in Europa kurz nach dem Mauerfall.
Vier Unternehmen beherrschten
damals die Branche, erinnert sich
Schüller, zusammen kamen sie auf
einen Marktanteil von rund 90 Prozent: Guardian Industries aus den
USA, Saint-Gobain aus Frankreich, Pilkington aus Großbritannien und die
Belgier von Glaverbel, die inzwischen
im Konzern AGC Glass Europe aufgegangen sind.
Verglichen mit diesem dominanten
Quartett war die Schüller Qualitätsglas GmbH ein Niemand. „Das war
praktisch ein Oligopol, wir dagegen
waren eine ganz kleine Nummer“,
sagt Schüller und stützt die Ellenbogen auf die Glasplatte seines Besprechungstischs.
J
ede gute Geschichte braucht
einen Anfang. Die von Hermann
Schüller hat gleich zwei – einen
Mitte der Neunzigerjahre und
einen deutlich früheren, er spielt
Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger.
Beginnen wir mit dem späteren,
denn das ist der, den Schüller selbst
nennt, wenn man ihn fragt, wann das
eigentlich losging mit seinem Erfolg
als Unternehmer. Wann er den Dingen
den nötigen Schwung verlieh und sie
in die richtige Richtung lenkte. Wann
er die Weichen dafür stellte, dass aus
einer kleinen Glasfirma im Ammerland jenes Branchenschwergewicht
werden konnte, das heute 1400 Mitarbeiter an 18 Standorten beschäftigt,
das 200 Millionen Euro im Jahr erlöst
und seine Produkte bis nach Vietnam
liefert.
Kurz: wann er die beste Entscheidung seiner Karriere traf.
Die Großen diktierten aber nicht
nur die Regeln auf dem Markt – sie
entschieden auch, wer überhaupt mitspielen durfte. Denn um Glas veredeln
zu können, um daraus also Isolierglas
herzustellen, Spiegel oder die meisten
anderen Glasprodukte, benötigt man
ein Ausgangsmaterial: Floatglas.
Eine eigene Floatglasproduktion
konnten sich in den Neunzigern allerdings nur die Großen der Branche leisten – Schüller nicht. Er war darauf angewiesen, dass ihm die mächtige Konkurrenz stets genügend Material verkaufen würde.
Für den ehrgeizigen Unternehmer
war das eine Situation, mit der er sich
nicht abfinden wollte. Und so entwarf
er einen Plan: Binnen zehn Jahren
würde er über seine eigene Floatglasproduktion verfügen, um aus der Abhängigkeit von den Lieferanten herauszukommen. Für eine Firma seiner
Größe war das ein ungewöhnlich ambitioniertes Ziel – vergleichbar vielleicht mit einer Provinzsparkasse, die
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beschließt, in zehn Jahren in einer Liga
mit der Deutschen Bank zu spielen.
Allein, war sich Schüller klar, würde
er dieses Ziel kaum erreichen. Seinen
Umsatz und das Mengenvolumen in
der Produktion würde er dafür glatt
verdoppeln müssen. Erst wenn er ein
Floatglaswerk mindestens zu 50 Prozent auslasten könnte, wäre das wirtschaftliche Risiko tragbar.
Also schmiedete er einen zweiten
Plan: Er würde einen Partner finden,
um die nötige Größe zu erreichen.
Das ist der Punkt, an dem der Zufall
seinen Auftritt in Schüllers Geschichte
hat. Denn just zu dieser Zeit trug sich
der Chef eines ganz ähnlich aufgestellten Glasherstellers aus Norddeutschland mit dem Gedanken, sein Geschäft
aufzugeben. Rolf Sawatzki, damals Ende 50, verhandelte mit Interessenten
über den Verkauf seiner Unternehmensgruppe Isoglas mit Sitz in Nordhorn.
Obwohl beide in der gleichen Branche tätig sind und ihre Firmenzentra-
2. Norddeutscher Kongress für
0%
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MITARBEITER
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DER PERSONALKONGRESS FÜR DEN MITTELSTAND:
D:
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LEBEN
NOVEMBER 2015
I 27
Serientäter: Zeitweise
hat Semcoglas fast im
Jahrestakt neue
Standorte zugekauft.
Das Foto zeigt Schüller
im Hauptwerk in
Westerstede.
Erreicht hat sein Vater damit allerdings genau das Gegenteil: Er stachelte den Widerspruchsgeist seines Sohns
an. Er weckte in ihm den Willen, seinem Vater zu beweisen, dass er es auf
seine eigene Art schaffen würde.
Und deshalb heuerte Hermann
Schüller selbst dann nicht im väterlichen Betrieb an, als er das Diplom in
Betriebswirtschaftslehre in der Tasche
hatte und die Zeit als Basketballprofi
hinter ihm lag. Stattdessen erhielt er
nur die Glassparte von seinem Vater,
zusammen mit einem Startdarlehen.
Im Gegenzug unterschrieb er einen
Erbverzichtsvertrag.
Man kann auch darin die beste Entscheidung seiner Karriere sehen. Denn
während Schüllers Glasbetrieb zum
Mittelständler Semco heranwuchs, haben kleine Tapeten- und Malerbedarfsgeschäfte heute keine Chance
Und 2006 schließlich ist Schüller
am Ziel: Fast genau zehn Jahre nachdem er beschlossen hat, sein eigenes
Floatglaswerk zu haben, feiert Semco
die Einweihung in Osterweddingen
bei Magdeburg. Er spielt endlich in der
Liga der Großen mit.
Die zweite Version
Das ist die eine Art, die Geschichte von
Schüllers Aufstieg zu erzählen. Die Fusion mit Sawatzkis Isoglas 1997 ist darin die beste Entscheidung seiner Karriere. Und wenn man sieht, wie sich
das Unternehmen seither zu einem
echten Champion in der Glasbranche
entwickelt hat, spricht einiges für diese Sichtweise.
Man kann die Geschichte allerdings
auch viel früher beginnen. Man muss
dann zurückgehen bis in Schüllers
Schulzeit und zu den Gesprächen, die
er mit seinem Vater Herbert Schüller
führte. Der hatte damals einen durchaus respektablen Großhandel für Farben, Tapeten, Bodenbeläge und Glas
mit 20 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 2,5 Millionen D-Mark.
Und sicher hätte er es gern gesehen,
wenn sein Sohn nach der Schule in
den Betrieb eingestiegen wäre.
Doch Hermann Schüller hatte andere Pläne: Er wollte Abitur machen
und studieren. Außerdem stand der
begabte Basketballer damals am Beginn einer Profikarriere bei Bayern
München, die ihn zumindest einige
Jahre tragen sollte.
Herbert Schüller allerdings hielt
nicht viel von einer Unilaufbahn. Wofür sollte das gut sein, wo er doch das
florierende Malerbedarfsgeschäft hatte? „Du kannst das nicht, du brauchst
das nicht, lass das lieber sein!“: Das
war es, was er damals zu hören bekommen habe, erinnert sich Hermann
Schüller.
mehr gegen Baumärkte wie Obi oder
Hornbach. Seinen Erfolg verdankt
Schüller in dieser Sichtweise jener Mischung von Trotz, Ehrgeiz und Aufstiegswillen, die sein Vater in ihm geweckt hat.
Schüllers Geschichte als Unternehmer hat damit zwei Anfänge – ein Ende
ist dagegen nicht in Sicht. Natürlich
könnte sich der 63-Jährige zur Ruhe
setzen. Er könnte daran arbeiten, sein
Golfhandicap von 20,4 zu verbessern
oder öfter in den Urlaub fahren. Doch
das ist seine Sache nicht.
„Unternehmertum hat unglaublich
viel mit Leidenschaft zu tun“, sagt
Schüller. „Es geht dabei nicht in erster
Linie ums Geldverdienen, sondern darum, etwas Bleibendes zu schaffen.“
Wer weiß, vielleicht liegt die beste
Entscheidung seiner Karriere ja sogar
noch vor ihm.
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Torsten von Reeken; Ascan Dieffenbach; EWE Baskets
len nicht mal 150 Kilometer trennen,
kennen sich Schüller und Sawatzki damals nicht persönlich. Erst ein von
Schüller beauftragter Vermittler bringt
sie in Kontakt.
Schüller geht die Sache vorsichtig
an. Er kommt nicht mit einem fertigen
Plan in der Tasche, sondern will sein
Gegenüber erst mal kennenlernen.
„Unternehmer sind ja ein ganz spezieller Menschenschlag“, erklärt er.
„Wir sind Individualisten, vielleicht
auch schwierige Typen. Wir mussten
erst schauen, ob wir überhaupt zueinanderpassen.“
Schnell wird deutlich, dass sich die
Unternehmen zwar ähneln, dass ihre
Chefs aber ganz unterschiedlich ticken. Sawatzki ist technikgetrieben,
ein Produktmensch, der über ein tiefes
Wissen in der Glasverarbeitung verfügt. Schüller dagegen hat seine Stärken vor allem im Vertrieb.
Zudem befinden sie sich in unterschiedlichen
Lebenszyklen:
Hier
Schüller, Mitte 40, ein Mann, der seine
Karriere längst noch nicht auf dem Zenit sieht und von dem Drang getrieben
wird, es den Großen zu zeigen. Da der
deutlich ältere Sawatzki, der sich bereits mit der Zeit nach dem Unternehmertum befasst.
Trotzdem stellen sie nach den ersten Gesprächen fest: Sie können miteinander. Und auch Sawatzki reizt die
Vorstellung, noch einmal anzugreifen.
Damit steht, wenn auch nicht gleich
ausgesprochen, eine Idee im Raum:
Die Unternehmen könnten verschmelzen.
Doch keiner der beiden will die
Dinge überstürzen. „Ich entscheide
nie aus dem Bauch heraus“, erklärt
Schüller. Man heirate ja auch nicht
gleich nach dem ersten Kennenlernen.
Also legen sie einen Zwischenschritt
ein, den sie ihre Verlobung nennen:
Schüller und Sawatzki gründen eine
gemeinsame Marketing- und Vertriebsgesellschaft.
Es ist ein Experiment: Sie wollen
herausfinden, ob sie auch im Alltag
harmonieren, ob es ihnen gelingt, bei
all ihrer Unterschiedlichkeit tragfähige
Strukturen zu entwickeln. Bislang waren sie Alleinherrscher in ihren Königreichen. Jetzt gibt jeder 50 Prozent seines Territoriums ab und gewinnt dafür
50 Prozent vom anderen. Kann das
funktionieren? Der Rollenwechsel ist
anfangs nicht einfach. „Es hat mir in
dieser Phase geholfen, dass ich mal
vier Semester Psychologie studiert habe“, sagt Schüller.
Irgendwann aber ist klar: Es funktioniert. Und so schließen sich beide
1997 zu Semcoglas zusammen. Den
Namen entwickelt Schüller bei einem
Urlaub am Strand von Juist: S wie
Schüller und Sawatzki, E wie Engineering und Einkauf, M wie Marketing
und Co wie Cooperation.
Was folgt, ist eine Phase rasanten
Wachstums mit einer ganzen Serie von
Zukäufen. Im Jahr 2000 übernimmt
Semco einen Standort in Sennfeld, ein
Jahr später drei weitere in Gießen, Fulda und Bad Camberg, 2003 folgen Werke in Aschaffenburg und Kiel.
DIE WIRTSCHAFT NR. 13
Die andere Karriere: Vor seiner Zeit als Unternehmer war
Hermann Schüller als Basketballprofi erfolgreich. In den Siebzigern
ging er als Aufbauspieler für Bayern München auf Korbjagd. Die
Leidenschaft für den Sport hat ihn nicht losgelassen: Er engagiert
sich seit Jahrzehnten für den Basketball in Oldenburg und ist
geschäftsführender Gesellschafter des Bundesligisten EWE
Baskets. Den Klub, hat er einmal gesagt, führe er mit
demselben Einsatz wie einen Standort von Semcoglas.
Anbieter: Daimler AG, Mercedesstraße 137, 70327 Stuttgart, Partner vor Ort:
Autorisierter Mercedes-Benz Verkauf und Service
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LEB
28 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13
VON ROBERT OTTO
Z
wei schnelle Schritte nach vorn, die Schuhe quietschen auf dem Hallenboden, der Federball fällt auf
meinen Schläger – und landet im Netz. 21:23 verloren, schon wieder. „Man sollte für sich immer sagen
können: Ich habe mein Bestes gegeben“, meint Dirk Thole.
„Wenn der andere besser war, ist das völlig in Ordnung.“
Eine gute Stunde vorher schälen sich Thole und Jörg Ritter, die beiden Vorstände des Oldenburger IT-Consultingunternehmens BTC, aus ihren dunklen Anzügen und
schlüpfen in ihr Sportdress. Wir schlagen zu dritt ein paar
lange Bälle über das Netz, zum Warmwerden. Thole poliert
währenddessen seinen abgegriffenen Schläger auf. „Ich
brauche ein neues Griffband“, hat er gesagt. Schließlich habe der Schläger seit der Abizeit nur herumgelegen. „Ich hatte Sport als viertes Prüfungsfach. Da konnte man mit Badminton gut Punkte sammeln.“
Jörg Ritters aktive Zeit auf dem Badminton-Court liegt
„nur“ ein gutes Jahrzehnt zurück. Dass er beim SV Eintracht
Oldenburg in der Bezirksoberliga gespielt hat, wissen zu
diesem Zeitpunkt weder wir noch sein Doppelpartner.
Und deshalb sind wir zuversichtlich, denn der Altersvorteil liegt klar bei uns: Dirk Thole und Jörg Ritter, 46 und 50
Jahre alt, gegen Jörg Schürmeyer und Robert Otto, 38 und 28
Jahre alt, Wirtschafts- bzw. Politikredakteur bei der Nordwest-Zeitung. Zudem haben wir vorsichtshalber geübt –
wenn auch gegeneinander. Unsere Gegner dagegen stehen
zum ersten Mal gemeinsam auf einem Badminton-Court.
Seit 2005 ist Ritter im Vorstand von BTC, Thole stieß Ende 2011 dazu. Seit 2013 führen sie den IT-Dienstleister, eine
Tochter von EWE, zu zweit. Mehr als 1600 Mitarbeiter, acht
Standorte in Deutschland, Niederlassungen in der Schweiz,
Polen, Japan und der Türkei.
Bleibt da noch Zeit für Sport? „Die muss man haben“,
sagt Ritter. „Alles andere ist immer eine Ausrede.“ Thole
sieht das ähnlich: „Wenn einer dauerhaft mehr als 55 Stunden in der Woche arbeitet, dann geht er kaputt“, sagt er. Wer
viel in den Job investiert, sollte auch Zeit für Sport finden.
Alles eine Frage der Einstellung.
Die sah bei ihm selbst vor nicht allzu langer Zeit noch anders aus. 2002 wechselte Thole aus dem EWE-Vorstandsbüro als Geschäftsführer zum Tochterunternehmen EWE Tel.
Bis dahin hatte er Tennis in der Landesliga gespielt. Doch
plötzlich saß er ständig bis spätabends im Büro. „Von einem
auf den anderen Tag habe ich mir eingeredet: Du hast keine
Zeit mehr für Sport!“ Und keine für die Familie. „Am Wochenende habe ich dann Wein getrunken und Chips gegessen. Irgendwann wog ich 95 Kilo – 15 zu viel“, erzählt Thole.
Zwei Ärzte bescheinigten ihm, auf dem besten Wege zu
einer Diabetes-Erkrankung zu sein.
Torsten von Reeken (10); 123rf
Marathontraining im Morgengrauen
Seitdem steht Thole jeden Tag um fünf Uhr auf, setzt eine
Stirnlampe auf und läuft. Erst einen Kilometer, dann zwei.
2014 lief er sieben Marathons, in diesem Jahr vier – ohne
Wettbewerb geht’s nicht. „Das habe ich in mir“, sagt Thole.
Und das bekommen wir jetzt zu spüren. Keine zehn Bälle
hat Thole mit neuem Griffband geschlagen, da sagt er: „Von
mir aus kann’s losgehen.“
Den ersten Aufschlag hat Dirk Thole – und gibt ihn
vorerst nicht mehr her. Erst nach vier Punkten in
Folge für das BTC-Doppel wechselt die Angabe.
Zehn Punkte haben wir am Ende des ersten
Satzes, 21 unsere Gegner.
Verlernt haben beide in den vergangenen
Jahren offensichtlich wenig. Zumindest
reicht es noch, um uns über das Feld zu
scheuchen. Thole und Ritter haben ihre Seite
des Spielfeldes waagerecht geteilt – einer ist
für die kurzen Bälle zuständig, einer für die
langen. Wir beackern jeweils die linke und
die rechte Hälfte unserer Seite – ein Fehler. Vor allem Ritter lässt uns laufen.
Während seine langen Schläge
kurz vor der Linie landen, lässt der
Manager unsere Bälle reihenweise
unberührt ins Aus fallen. Seine
Angaben spielt er gekonnt mit
der Rückhand knapp über das
Netz und mindestens ebenso
genau ins Feld.
Spätestens nach dem ersten
Satz ist klar, warum wir Thole
und Ritter beim Badminton
treffen. „Ich gewinne gern“, sagt
Ritter und lacht. „Deshalb habe
ich etwas ausgesucht, wo das
nicht ganz aussichtslos ist.“
Auch wenn er das aktive Training vor zehn Jahren beendet hat,
fühlt sich Ritter auf dem Court
wohl. Beim SV Eintracht hat er sogar seine Frau kennengelernt. Bis
auf einen dreijährigen Abstecher
ins Saarland hat Ritter immer in
Oldenburg gelebt. Er gehörte zum
ersten Jahrgang, der an der Uni bis
1991 Informatik studiert hat. „Es
gab immer eine große Nähe zu allem, was hier im Informatikumfeld
passierte. Daraus ist dann mehr entstanden. Es gab immer die nächste
Chance, es ging immer weiter.“ Mitte
der 90er Jahre kam Ritter aus dem Saar-
Zu
Due
Sie sind ein eingespieltes Team
führen seit zwei Jahr
Oldenburger IT-Consu
Aber harmonieren si
Vorstandsetage? Um das hera
einem Badminton-Do
Für eine der beiden
schmerzhafte Le
BEN
um
uell!
m: Dirk Thole und Jörg Ritter
ren gemeinsam das
ultingunternehmen BTC.
ie auch außerhalb der
auszufinden, haben wir sie zu
oppel herausgefordert.
Seiten sollte es eine
ektion werden.
NOVEMBER 2015
land zurück nach Oldenburg, um zu promovieren. Heute
nennt er seinen Abstecher nach Saarbrücken seine Zeit im
Ausland. Und irgendwie war seine Rückkehr auch abzusehen: „Die Saarländer haben ein ähnliches Verhalten wie die
Oldenburger. In Saarbrücken gibt’s einen Spruch: Der Saarländer löst sich vom Elternhaus und baut in den Vorgarten.
So ähnlich ist es hier auch.“
Gleichberechtigtes Doppel
Das Unternehmen führen Thole und Ritter gleichberechtigt, aber mit unterschiedlichen Aufgaben. Thole ist vor allem für die Zahlen zuständig, Ritter für die Inhalte. „Wir
wollen vorleben, dass wir ein Team sind“, sagt Thole, „gerade auch bei der Komplexität und Menge an Themen, an
Produkten, an Services, an unterschiedlichen Kunden. Das
kann nicht mehr von einem Kopf allein gesteuert werden.“
Und als Team funktionieren sie auch beim Badminton.
Einer ist für die kurzen Bälle zuständig, einer für die langen.
Und während ich noch vorn am Netz stehe, wo ich den Ball
von Thole mit Mühe erwischt habe, feuert mir Ritter den
Ball direkt am Körper vorbei. Trotz eines guten Starts geben
wir auch Durchgang zwei ab. Nach kurzer Führung heißt es
13:21. „Das macht Spaß“, sagt Thole – ganz ohne Häme.
Auch der 46-Jährige war nur kurz weg: Banklehre in Osnabrück, Studium in Bayreuth. „Oldenburg bietet doch alles“, sagt er. Obwohl er betont, dass er im Gegensatz zum
„Ur-Oldenburger“ Ritter Süd-Oldenburger ist. Aufgewachsen ist Thole in Vechta, heute lebt er in Lohne.
Mit Ritter hat Thole aber nicht nur den Heimatsinn, sondern auch der Ehrgeiz gemeinsam. „Wenn ich mich auf
einen Sport einlasse, muss es auch darum gehen zu gewinnen“, sagt er. Während Ritter vor allem durch Technik und
Übersicht glänzt, hechtet sein Doppelpartner im dritten
Satz hinter einem kurz gespielten Ball her. Obwohl wir besser werden, geht auch Satz drei an unsere Gegner – 16:21.
Doch wir kommen näher.
Nicht nur von sich selbst fordert Thole Ehrgeiz, auch von
seinen Mitarbeitern. „Wenn sich jemand nicht anstrengt
und nicht versucht, seine Höchstleistung zu bringen, dann
ist das verurteilenswert.“ An ihre Mitarbeiter haben beide
hohe Ansprüche. „Wir wollen starke, selbstbewusste Charaktere“, sagt Thole. Bei den Produkten, die BTC anbietet,
wollen die Manager immer unter den top drei in Deutschland sein, egal „ob man ein System weiterentwickeln soll
oder ein Shopsystem einführt“, sagt Thole. Seit der Vorstand 2013 auf zwei Personen halbiert wurde, ist auch für
die Mitarbeiter die Verantwortung gestiegen. „Ich kann
mich als Vorstand nicht um 325 Euro kümmern, das muss
ein Mitarbeiter selbst entscheiden können. Nur so ist ein
Wechsel
von vier zu zwei Vorständen möglich“, sagt
Thole, der sich trotz allem auch als Individualist sieht. „Viele Manager sind mehr
Individuum als Teamplayer. Aber eine
gute Mannschaft kann auch aus mehreren Individualisten bestehen.“
Eigentlich wäre längst Schluss, trotzdem spielen wir einen vierten Satz. Und
jetzt müssen auch unsere Gegner noch
einmal alles geben. Wir kämpfen uns
von 16:20 auf 20:20 heran – vergeblich.
Am Ende fällt der Federball auf meinen
Schläger – und landet im Netz.
Aber wenn die Gegner besser waren,
ist das vollkommen in Ordnung.
MANAGER GEGEN REPORTER
Die Manager Seit dem Vorstandsumbau
führen Jörg Ritter (50) und Dirk Thole (46)
den IT-Dienstleister BTC gemeinsam. Ritter
ist in Oldenburg geboren und studierte hier
Informatik. Nach einem Abstecher zu IDS
Scheer in Saarbrücken kehrte er 1995 als
wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Informatikinstitut Offis nach Oldenburg zurück. 2000
promovierte er, seit 2005 ist er Teil des BTCVorstands, seit 2013 für das operative Geschäft und die Unternehmensentwicklung verantwortlich. Thole studierte Betriebswirtschaft
in Bayreuth. Nach Stationen bei Pricewaterhouse-Coopers in Oldenburg, im Vorstandsbüro
von EWE und als Geschäftsführer bei EWE Tel
wechselte der Diplom-Kaufmann 2011 in den
BTC-Vorstand. Beide sind verheiratet, Ritter hat
ein Kind, Thole drei.
Das Unternehmen Die BTC Business Technology
Consulting AG bezeichnet sich selbst als eines der
führenden IT-Consultingunternehmen Deutschlands.
Das Unternehmen mit mehr als 1600 Mitarbeitern
und Hauptsitz in Oldenburg erzielte 2014 einen Umsatz von 201,3 Millionen Euro.
Die Serie Sein wahres Ich zeigt der Mensch eher im
Wettkampf als bei einer Tasse Tee. In dieser Serie
fordern wir daher in jeder Ausgabe Entscheider heraus. Ob Tischkicker oder Tennis, Bowling oder Boxen – die Disziplin bestimmt der Interviewpartner.
Unter anderem haben wir gegen Ex-EWE-Chef
Werner Brinker Basketball und gegen Oldenburgs OB Jürgen Krogmann Fußball gespielt.
Die Kontrahenten: Jörg Ritter
(mittleres Bild, vorn links) und
Dirk Thole (hinten links) treten bei
Bahama-Sports in Oldenburg
gegen Robert Otto (vorn rechts)
und Jörg Schürmeyer an.
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STIL
NOVEMBER 2015
DIE WIRTSCHAFT NR. 13
I 31
Frank Simme ist
Oldenburgs einziger
Maßschuhmacher. Er
schafft nur einen einzigen
Schuh pro Woche – aber
das Warten lohnt sich.
VON NIKOLA NORDING
A
m Anfang steht der Leisten.
Daran hat sich seit Jahrhunderten nichts geändert. Wenn
sich Frank Simme einen neuen Schuh nach den genauen Maßen
seines Kunden macht, muss er zunächst das Holz passen. Erst wenn der
Leisten – mit digitaler Hilfe – dem
Kundenfuß gleicht, geht es dem Schuh
zunächst ans Plastik und anschließend
ans Leder.
Frank Simme ist Oldenburgs einziger Maßschuhmacher. Zusammen mit
seinen zwei Angestellten arbeitet er in
seiner Werkstatt am Schlossplatz an
den Wunschschuhen seiner Kunden.
Und das ist weniger speziell, als es vermuten lässt: „Die meisten wollen einfach nur einen Schuh, der richtig
passt“, sagt Simme. Der besondere
Schuh hat weder besondere Materialien, noch ist er für einen speziellen
Anlass. „Meine Kunden sind meist mit
der Standardware in den Schuhläden
nicht mehr zufrieden“, sagt der Schuster. Entweder hätten sie zu große oder
zu breite Füße, oder sie ärgerten sich
über die Kurzlebigkeit manches Lederpaares.
Simme füllt mit seinem Geschäft
eine Lücke, und seine Kunden nehmen dafür weite Wege in Kauf. Selbst
aus Hannover kommen Käufer in seinen Laden und lassen sich beraten.
Viele finden auch über seinen Webshop zu ihm. Der deutlich höhere Preis
gegenüber dem Einzelhandel schreckt
sie dabei nicht. Ein Maßschuhpaar
von Simme kostet zwischen 1200 und
1300 Euro. „Im Laden geht es meist um
modische Aspekte, ich kümmere mich
um die optimale Passform für den
Kunden und somit den höchsten Tragekomfort“, sagt der Schuster.
Simme geht „handwerklich“ an die
Sache heran. Ihm sind das richtige
Material und solide Herstellung wichtig – künstlerische Entfaltung und
schräge Designs sind ohnehin nicht
gefragt. Kein Schnickschnack eben.
Muss es vermutlich auch nicht sein,
denn 90 Prozent seiner Kunden sind
männlich. Und die haben andere Anforderungen an einen Schuh als Frauen, sagt der Experte.
„Bei Frauen wechselt die Mode zu
stark“, sagt der 43-Jährige. Bei Männern habe sich die Form der Schuhe in
den vergangenen Jahrzehnten kaum
verändert. Ob Bundschuh, Blattschnitt
oder der lochgemusterte Budapester –
die Männermode entwickle sich langsam und wiederhole sich stetig. „Ein
Maßschuh hält bis zu zwölf Jahre, da
sollte man keine Experimente wagen“,
sagt Simme. Daher verarbeitet er vor
Torsten von Reeken (5)
Der Letzte
seiner Zunft
allem Kalbsleber. „Ich bin kein Freund
von exotischem Schlagenleder für
Schuhe“, sagt er. Da weigere er sich
auch gern.
Die Qualität seines Materials ist
dem Schuster, der neben der Herstellung auch Schuhe repariert, äußerst
wichtig. „Ich tue mich bei der Beschaffung mit anderen Maßschuhmachern
in Deutschland zusammen“, sagt Simme. Sein Leder kommt aus Italien und
wird in Frankreich gegerbt. „Es gibt
immer weniger Gerbereien, die das Le-
... mit dem
Maserati Ghibli
Ob Auto, Fahrrad oder Draisine: Wir testen
in jeder Ausgabe ein anderes Verkehrsmittel.
VON SABRINA WENDT
E
in kurzer Tritt aufs Gaspedal, der
Motor röhrt, und mein Puls steigt.
Oliver Koke von der Oldenburger
Autogalerie Schlickel erklärt mir
noch schnell die technischen Finessen des
Maserati Ghibli, dann bin ich bereit für eine
Testfahrt. Das ist bestimmt ein Benziner,
denke ich mir bei dem satten V8-Sound, der
aus den vier Auspuffrohren dröhnt. Doch
ich werde eines Besseren belehrt. Unter der
Haube werkelt ein V6-Diesel mit 275 Pferdestärken. Das Schalten übernimmt ein Achtgang-Automatikgetriebe. Wer möchte, kann
über den Knauf auch selbst schalten, optional gibt es Schaltwippen. Optisch besticht
der Wagen durch seine elegante Linie mit
typischen Merkmalen des zur Fiat-Gruppe
gehörenden Autobauers – etwa dem mächtigen Kühlergrill mit Dreizack-Logo und den
Alurädern.
Maserati setzt auf Komfort, der Ghibli ist
eine Limousine, die auch sportlich kann.
Wer den Sportmodus auswählt, wird nicht
nur mit einem satten V8-Sound belohnt, der
Wagen fährt auch mit höherer Drehzahl und
zieht schneller an, verbraucht aber mehr.
Für lange Strecken eignet sich der Komfortmodus. Bequem von A nach B zu kommen,
lautet hier die Devise. Ich entscheide mich
für den Sportmodus. Um den Wagen ken-
nenzulernen, werden ein paar Runden in
Oldenburgs Innenstadt gedreht. Der Ghibli
hat Heckantrieb, die Lenkung ist sehr direkt.
Nun wird es Zeit, den sportlichen Italiener
von der Leine zu lassen. Ein kurzer Zwischenstopp, um das Ziel ins Navi einzugeben: Apen im Ammerland.
Das Cockpit wirkt aufgeräumt, alle wichtigen Funktionen sind einfach erreichbar,
die Bedienung ist meist selbsterklärend. Ein
Gimmick ist die für Maserati obligatorische
analoge Uhr in der Mitte der Armatur. Auch
sonst ist alles an Bord, was man von einer
Limousine der gehobenen Mittelklasse zu
einem Listenpreis ab 65 000 Euro erwartet:
Tempomat, Ledersitze, Bluetooth-Freisprecheinrichtung, Klimaautomatik und ein
schlüsselloses Schließsystem sind nur einige Funktionen. Andere wie Sitzheizung oder
WLAN gibt es gegen Aufpreis.
Auf der Autobahn ist der Ghibli in seinem
Element – kein Tempolimit und freie Strecke. Ich trete kräftig aufs Gaspedal, nach
einer kurzen Anfahrtschwäche legt der V6Motor los. In knapp über sechs Sekunden
beschleunigt der Wagen auf 100 Stundenkilometer, Schluss ist erst bei 250 Sachen. Ich
schalte nun in den Komfortmodus. Prompt
wird der Motor leiser, die Drehzahl sinkt.
Die leistungsstarken Brembo-Bremsen reagieren auch bei hoher Geschwindigkeit zuverlässig. Entspannt komme ich am Zielort
an. Nun heißt es einzuparken – mit der
Rückfahrkamera und dem Parkassistenten
klappt das problemlos. Auf dem Parkplatz
ernte ich neugierige Blicke von Passanten.
Der Spagat zwischen Klassik und Moderne
ist den Italienern mit dem Ghibli gelungen. Etwas wehmütig gebe ich den Wagen nach einigen Stunden wieder ab.
Limousine, die auch sportlich kann:
Mit 275 PS beschleunigt der
Maserati Ghibli in knapp über sechs
Sekunden auf 100 Stundenkilometer.
Der Schuster und sein
Leisten: Frank Simme
arbeitet mit traditionellen Werkzeugen
und Materialien. Für
Schnickschnack wie
Schlangenleder hat er
nichts übrig.
der so bearbeiten, wie wir es brauchen“, erzählt Simme. Mit rund 150
Maßschuhmachern in Deutschland
zählt die Branche auch eher zu den
Winzlingen. Eine besondere Herausforderung sei die Beschaffung von
Pech für den Fadenabschluss. „Es produziert niemand mehr Pech“, sagt er.
Nur in Leipzig seien er und seine Kollegen doch noch fündig geworden.
Wenn er das passende Material für
den Kunden ausgewählt hat und nach
einem langen Gespräch weiß, was für
einen Schuh er sich wünscht, geht es
an die Produktion. Über den Leisten
wird ein Plastikschuh angefertigt, mit
Leder überzogen und gezwickt. Bei der
zweiten Anprobe wird so lang probiert,
bis der Schuh optimal passt. Erst danach kann er weiterverarbeitet werden.
Im Schnitt einen Schuh pro Woche
produziert Simme mit seinen Mitarbeiterinnen Mara Klötzing und Conny Kleene. Vom Leisten bis zum fertigen Schuh kann es bis zu 16 Wochen
dauern. Am Ende wird der Leisten aufgehoben – fürs nächste Mal.
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32 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 13 FROHES SCHAFFEN
NOVEMBER 2015
It’s Bingo-Time!
Worthülsen, Stilblüten, ausgelutschte Phrasen: Was uns von
Kollegen, Chefs und Mitarbeitern täglich um die Ohren
gehauen wird, ist oft kaum zu ertragen.
Machen wir das Beste daraus – beim Bullshit-Bingo!
VON VOLKER KÜHN (TEXT) UND CARSTEN LÜDEMANN (ILLUSTRATION)
„Wir haben uns die
Entscheidung gewiss nicht
leicht gemacht, aber wir
kommen nicht umhin ...“
(... Ihren Arbeitsplatz zu
streichen / ... das Werk in
Nordenham zu schließen
etc.)
„Überprüfen Sie bitte
Ihr Mindset, ob Sie
noch immer das richtige
Wording finden.“
„In einem
herausfordernden
Marktumfeld ist es uns
gelungen, die rückläufigen
Ergebniszuwächse
über das Niveau der
Mitbewerber hinaus
zu steigern.“
„Ich will nicht,
dass Sie von Problemen
reden, ich erwarte,
dass Sie mir
Lösungen präsentieren.“
„Wir müssen die Kunden
(Mitarbeiter /
Geschäftspartner)
da abholen,
wo sie stehen.“
„Sie wissen, dass
die Geschäftsleitung Ihren
Wunsch nach einer
Gehaltserhöhung prinzipiell
vollumfänglich befürwortet.
Leider ...“
„Wer mich kennt,
der weiß, ...
(... dass ich nichts mit
denen gegen mich
erhobenen Vorwürfen ... /
... stets in bester Absicht ...)
„Es gehört bei uns
zum Prinzip gelebter
Transparenz ...“
„... werden Sie es als
Ausdruck besonderer
Wertschätzung verstehen, dass
wir Ihnen anstelle einer
Gehaltszulage den Titel
Deputy Designer of
Cross-Functional Operations
verleihen.“
„Unsere rock solid
Status-quo-Analyse kommt
zu dem Ergebnis,
dass eine zunehmende
Volatilität der
Schwellenlandindizes
auch künftig nicht
ausgeschlossen werden kann.“
„Es gehört zu unserem
Core Business
das Agendasetting
jeder Änderung des
Marktumfelds
asapst anzupassen.“
„Dafür bräuchte
man entschieden
mehr Manpower.“
„Ich begrüße durchaus
Ihre Initiative, aber
Ihr Vorschlag erscheint mir
leider doch etwas
zu akademisch.“
„Am Ende des Tages
ist das Einzige,
was zählt, dass ...“
„Könnten wir das
Meeting für einen kurzen
Bio-Break unterbrechen?
Ich hatte wohl etwas
zu viel Kaffee.“
„Die Broker waren
schon so lange bullish,
dass die jüngste
Correction längst
überfällig war.“
„Ich bin der Letzte,
der Kollegenschelte
betreiben würde. Aber
Herr Schröder aus
der Projektfinanzierung ...“
„Schön, dass Sie
das Projekt bekommen
haben, aber seien wir mal
für einen Moment
ehrlich: Das waren doch
Low-Hanging Fruits.“
„Exzellente Idee!
Arbeiten Sie bitte
trotzdem noch
einen Plan B aus.“
„Sie können nicht erwarten,
dass wir die Targets
erreichen, wenn das Forecast
aus der Unit Marktforschung
regelmäßig dermaßen
ungenau ist.“
„Meine Schwächen?
Ich bin vielleicht
manchmal etwas
zu genau in
meiner Arbeit.“
„Da draußen auf
den Märkten herrscht
Krieg, und wir werden
ihn nur gewinnen, wenn ...“
(... wir alle zwei Stunden
mehr arbeiten / ... das
Werk in Nordenham
schließen.)
„... glauben wir, dass
unser neues Produkt
das Potenzial
zu einem echten
Game-Changer hat.“
„Natürlich wird
Work-Life-Balance
in unserem
Hause großgeschrieben.
Bei Belastungsspitzen
allerdings ...“
„Wenn die Urgency
nicht mit der
Solution matcht,
müssen wir das ganze
Projekt reschedulen.“
DIE SPIELREGELN: FINDEN SIE FÜNF PHRASEN IN EINER REIHE
Jeder Kollege Ihrer Abteilung benötigt einen Spielbogen. Machen Sie Kopien, besser noch: Kaufen Sie diese Ausgabe kiloweise am Kiosk.
Dann geht’s los. Wann immer Ihnen in den folgenden Stunden und Tagen eine der oben genannten Phrasen begegnet,
dürfen Sie das entsprechende Feld durchstreichen.
Zunächst bedeutet das eine gewisse Umstellung: Statt nur höflich zu den Worthülsen Ihrer Vorgesetzten und Kunden zu nicken,
müssen Sie wirklich auf das achten, was sie sagen, Wort für Wort! Das ist hart, aber andernfalls ziehen all die sinnentleerten Floskeln
und Perlen des Business-Talk an Ihnen vorbei. Ein Tipp: Studieren Sie Jahresbilanzen, Ad-hoc-Mitteilungen sowie die Berichte von
Wirtschaftsweisen und Ministerien! Sie werden reiche Beute machen. Lauschen Sie dem Moderator des Börsensenders, lesen Sie das
Editorial Ihres Konzernchefs in der Mitarbeiterzeitung – überall werden Sie fündig!
Haben Sie alle Phrasen in einer Reihe (horizontal, vertikal oder diagonal) angekreuzt, springen Sie auf und rufen: „Bingo!“
Der Erste, der „Bingo“ ruft, hat gewonnen. Zur Belohnung muss der Kollege mit den wenigsten Kreuzen auf seinem
Spielbogen Sie im nächsten Team-Meeting vertreten, Sie dürfen schwänzen.
Und jetzt committen Sie sich mal schön für die kreative Challenge!