P. Matthias Altrichter SJ Loyola High School Pashan Road Pune 411008, Indien [email protected] Advent 2015 Meine Lieben, liebe Freunde, aus einem Brief des 2. Weltkriegs: „Hörst Du mich, Gott? Noch nie im Leben sprach ich mit Dir... Doch heute, heut will ich Dich begrüßen. Du weißt, von Kindestagen an sagte man mir, Dich gebe es nicht, und ich, ich glaubte es, Narr, der ich war. Die Schönheit Deiner Schöpfung ging mir niemals auf. Doch heute Nacht nahm ich ihn wahr, vom Grund des aufgerissenen Bombenkraters, den Sternenhimmel über mir. Und ich verstand staunend - sein Gefunkel... Ich weiß nicht, Herr, ob Du mir die Hand reichst, doch will ich es Dir sagen, und Du wirst mich verstehen: dies Wunder, daß mitten in der schauerlichen Hölle das Herz mir leicht wurde und ich Dich erkannte. Sonst weiß ich Dir nichts zu sagen, nur, daß ich so froh wurde, als ich Dich erkannte. Mir war so wohl bei Dir.“ (Gebet eines russischen Soldaten, das ein deutscher Sanitäter in der Tasche des Gefallenen fand.) Du fängst aber ernst an, heute, Pater, dürfte mancher von Euch fragen. Ich konnte nicht umhin, beim Lesen, sofort an meinen Bruder Josef zu denken, dem genau durch einen solchen Bombenkrater sein Leben (24 Jahre) ausgelöscht wurde: am 30. Jan. 1945, in Breslau. Man hat nur noch wenige sterbliche Überreste von ihm gefunden. Nur einer von vielen, vielen Millionen dieses wahnsinnigen Krieges. Ja, und dann... Ich gehe selber auf die 82 zu, und so kann der Abschied von der Bühne dieser Welt nicht mehr allzu weit weg sein. Und dann… was kommt danach? So können wir doch fast alle fragen. Glücklich, wer so frohen Herzens 'hinübergehen' kann wie dieser, im gottlosen Kommunismus aufgewachsene, russische Soldat. Zum gleichen Thema: Bücher über sog. „Nah-Tod-Erfahrungen“, die gibt es schon seit gut 40 Jahren. Darüber habe ich viel gelesen und von Mitbrüdern gehört. Nur ein Beispiel: Ein mir gut bekannter Geistlicher der Diözese Bombay wurde von einer Hindufamilie ins Haus gerufen. Ihre jungverheiratete Tochter hatte Krebs im letzten Stadium und wurde als unheilbar vom Krankenhaus entlassen. Die Angehörigen hatten sich eine wunderbare Heilung erhofft. Der Pater legt ihr die Hand auf, spricht ein Gebet und geht. Zwei Tage später wird er wieder gerufen. Die Tochter strahlt sobald sie ihn sieht, aber - seltsam - fleht ihn an, ja nicht mehr um eine Heilung zu beten. Warum nicht? „Nach Ihrer Handauflegung bin ich in einen Tiefschlaf gesunken und dort bin ich dem Jesus der Christen begegnet, ganze 4 Stunden lang. Es war unglaublich. Seine Erscheinung und sein Erbarmen mit mir war so himmlisch, dass es mir von da an unmöglich erschien, noch um eine Heilung zu bitten. Ich wollte sofort und für immer bei ihm bleiben. Jesus aber bestand darauf, dass ich in meinen sterbenden Körper zurückzukehre, nur um Ihnen und meinen Lieben zu sagen: 'seid bitte, bitte nicht mehr traurig, ich bin der glücklichste Mensch der Welt.'“ 3 Tage später war sie tot, um für immer bei ihrem Herrn zu sein. Hat nicht dieser Herr dem Schächer am Kreuz versichert: „Heute noch wirst Du mit mir im Paradies sein“ (Lukas 23,43)? Tod..? Wer will schon daran denken? Und hier wieder Lukas „Gott ist nicht ein Gott der Toten..., für ihn sind alle lebendig“ (20, 38). Obwohl ich 2014 erst meinen Heimaturlaub hatte, habe ich mich auch in diesem Jahr entschieden, einen kurzen Besuch im 'Musterländle' zu machen. Das ging so: als kleine Buben in unserer alten Heimat, Smilau, haben Wenzel und ich immer alles gemeinsam gemacht. Also habe ich ihm geschrieben, „Deinen 80er, nur ein gutes Jahr hinter meinem, darf ich Dich nicht alleine feiern lassen. Ich komm auch...“ Sofort hat er darauf mit einem lauten „Hurra“ geantwortet. Allerdings gab es da noch einen Haken, und nicht nur eine Nebensache. Knappe 6 Wochen vor der groß geplanten Feier überrumpelte ihn sein Arzt mit der Forderung: „Sie müssen sofort ins Krankenhaus heute noch!“ Die 5-6stündige Herzoperation war am nächsten Morgen. Zu unser aller Erstauen war Wenzel für den 26. Juli wieder fit. 'Unkraut verdirbt nicht'. Es war ein herrlicher Tag am Staufeneck bei Süssen. Und für mich eine tolle Gelegenheit, fast die ganze große Verwandtschaft nach langer Zeit wieder einmal „z'motschgan“ (umarmen, in unserem Heimatdialekt) zu können. Der Rest der knappen 20 Tage meines Aufenthalts ist wie im Nu verflogen. Aber es war wunderbar, ich bin sehr dankbar, besonders meinem Bruderherz und möchte diese Tage nicht vermissen. Während ich vom Urlaub und Feiern rede, müssen wir zuschauen, wie die Welt aus den Fugen gerät. Kriege, fast unübersehbare Massen von Migranten, Flüchtlingen und, vor kaum 14 Tagen, die barbarischen Massaker von Paris. Was kann man da machen, wer kann Abhilfe schaffen...? Können wir da nur hilflos zuschauen? Ist die EU, ist der Westen überfordert? Am PC sehe ich die Bilder davon jeden Tag. Liebe Freunde, eigentlich seid Ihr ja da viel besser informiert, als wir hier - weit weg - in Indien. Eines noch: im Sept. 1945 wurden wir von unserem schönen Hof in Smilau, Tschechien verjagt (wie 3 Millionen andere Deutsche) und Feb. 45 sind wir in Wißgoldingen gelandet, als Flüchtlinge. Das warme, herzliche Willkommen, das uns von der Familie Kuhn, s'Kussa, bereitet wurde, war wie ein Balsam für unsere Seelen. Wißgoldingen wurde unsere zweite Heimat. Und keine Pegida hat dagegen demonstriert. Zweifellos gilt das auch für unzählige andere, die nach dem Krieg aus ihrer Heimat in den östlichen Ländern vertrieben wurden. Man spricht von mehr als 12 Millionen. Wie das total ausgebombte Deutschland mit diesen Massen fertig wurde und sie integrieren konnte, ist mir heute noch ein Rätsel und wird in der Geschichte ein Ruhmesblatt für die Warmherzigkeit der Deutschen sein. So gesehen wird Deutschland wohl lernen, auch mit den Massen, die heute aus dem mittleren Osten kommen und an unsere Türen klopfen, umzugehen und sie allmählich zu integrieren (obwohl - zugegeben die Migranten heute aus einem total verschiedenen Kulturraum kommen)... hoffentlich ein weiteres Ruhmesblatt in unserer Geschichte. Bevor ich zu Ende komme, möchte ich wieder ein ganz, ganz herzliches Dankeschön sagen für die reichen Spenden, die immer noch - seit so vielen Jahren - nach Nürnberg überwiesen werden. Gott vergelte es Ihnen. Weihnachten steht vor der Tür. Mein Wunsch für Sie ist, dass Sie mit dem russischen Soldaten und der sterbenden Frau von Bombay ausrufen können „Ich bin der glücklichste Mensch in der Welt“ - weil es Weihnachten gibt. Gott segne Euch und ein gnadenreiches Weihnachtsfest, Ihr dankbarer Pater Matthias Altrichter Spendenkonto der Jesuitenmission: Liga Bank - IBAN: DE61 7509 0300 0005 115582 Stichwort: X51500 P. Altrichter
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