Photovoltaik – und es lohnt sich doch

Betrieb und Markt
Werner Schmid
Photovoltaik – und es lohnt sich doch
Von vielen totgeredet – und dennoch lohnt es sich. Und das in mehrfacher Hinsicht. Photovoltaik ist
weiterhin eine der tragenden Technologien, wenn wir die Energiewende und das von der Politik
oftmals zitierte 2°C-Ziel, d.h. eine Beschränkung der Klimaerwärmung auf 2°C bis ins Jahr 2100,
erreichen wollen. Und, das ist die besser greifbare Botschaft – die Erzeugung und Nutzung von
Photovoltaikstrom im eigenen Betrieb in Landwirtschaft und Gewerbe oder Zuhause ist nahezu
unverändert ökonomisch attraktiv!
Grafik 1
Rendite: Interner Zinssatz 2004 - 2015 (in %)
Anlagengröße 30 kWp
Int. Zinssatz in %
18%
850 kWh
16%
je kWp
14%
© Werner Schmid
13,60%
11,80%
10,20%
9,50%
9,10%
8,60%
12%
9,20%
6,30%
2,50%
6,60%
5,60%
4,30%
10%
7,60%
6,80%
4,90%
0,30%
8%
6%
850 kWh/kWp, Eigenverbrauch 18.000 kWh, Dachanlage
850 kWh/kWp, Eigenverbrauch 10.000 kWh, Dachanlage
850 kWh/kWp, ohne Eigenverbrauch, Dachanlage
850 kWh/kWp, Eigenverbrauch 18.000 kWh, Freiland
4%
2%
0%
18%
950 kWh
16%
11,20%
10,80%
10,40%
je kWp
14%
15,30%
13,70%
12,20%
10,40%
7,60%
4,20%
8,10%
7,10%
5,90%
12%
10%
8,70%
7,60%
6,10%
2,00%
8%
6%
950 kWh/kWp, Eigenverbrauch 18.000 kWh, Dachanlage
950 kWh/kWp, Eigenverbrauch 10.000 kWh, Dachanlage
950 kWh/kWp, ohne Eigenverbrauch, Dachanlage
950 kWh/kWp, Eigenverbrauch 18.000 kWh, Freiland
4%
2%
0%
18%
12,80%
12,50%
12,10%
1050 kWh
16%
je kWp
14%
17,10%
15,40%
14,20%
11,50%
8,90%
5,80%
9,40%
8,60%
7,50%
12%
9,90%
8,40%
7,40%
3,60%
10%
8%
6%
30
3.Quart.2015
1.Quart.2015
3.Quart.2014
1.Quart.2014
3.Quart.2013
1.Quart.2013
3.Quart.2012
1.Quart.2012
3.Quart.2011
1.Quart.2011
3.Quart.2010
1.Quart.2010
3.Quart.2009
1.Quart.2009
3.Quart.2008
1.Quart.2008
3.Quart.2007
1.Quart.2007
3.Quart.2006
1.Quart.2006
Inbetriebnahme
3.Quart.2005
0%
3.Quart.2004
Abbildung 1
Wirtschaftlichkeit von
Photovoltaikanlagen.
1.Quart.2004
2%
1.Quart.2005
1050 kWh/kWp, Eigenverbrauch 18.000 kWh, Dachanlage
1050 kWh/kWp, Eigenverbrauch 10.000 kWh, Dachanlage
1050 kWh/kWp, ohne Eigenverbrauch, Dachanlage
1050 kWh/kWp, Eigenverbrauch 18.000 kWh, Freiland
4%
Landinfo 4 | 2015
Betrieb und Markt
Grafik 2
Herstellungskosten 2004 bis II/2015
© Werner Schmid
in € / kWp (Herstellungskosten einer 30 kWp-Anlage)
Abbildung 2
Entwicklung der
Herstellungskosten für
PV-Anlagen.
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
3.Quart.2015
1.Quart.2015
3.Quart.2014
1.Quart.2014
3.Quart.2013
1.Quart.2013
3.Quart.2012
1.Quart.2012
3.Quart.2011
1.Quart.2011
3.Quart.2010
1.Quart.2010
3.Quart.2009
1.Quart.2009
3.Quart.2008
1.Quart.2008
3.Quart.2007
1.Quart.2007
3.Quart.2006
1.Quart.2006
3.Quart.2005
1.Quart.2005
3.Quart.2004
0
1.Quart.2004
1.000
Quelle: Thomas Braun, MBR Schwäbisch Hall
R
ichtig ist, dass mit den Nachregelungen im
Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), die
seit 1. August 2014 in Kraft sind, die Einspeisung
von Photovoltaikstrom ins öffentliche Stromnetz
deutlich an Attraktivität verloren hat. So lohnt sich
die Einspeisung aus Anlagen mit schwächerem
Ertragspotential, z.B. 850 Kilowattstunden pro
Kilowattpeak (kWh/kWp) im Jahr, praktisch nicht
mehr (Abb. 1). Denn die Rendite für neue Anlagen
mit dem ausschließlichen Ziel, den PV-Strom einzuspeisen, ist stark gesunken. Dies gilt auch für
aktuelle Neuanlagen mit höherem Ertragspotential (950 bzw. 1.050 kWh/kWp), wenngleich bei
guten Solarerträgen hier noch eine gewisse Rendite zu erzielen ist. So lässt sich bei einem durchschnittlichen Jahresertrag von 1.050 kWh/kWp
mit einer PV-Anlage, die im Juni 2015 in Betrieb
ging, auch bei Volleinspeisung noch eine Rendite
von rund 3,6% erzielen.
Historisch betrachtet war der Bau von PV-Anlagen zur ausschließlichen Stromeinspeisung in einigen Zeiträumen sehr attraktiv, da sich aus der Mischung von günstigen Baukosten (Abb. 2) und
Mindestvergütungssätzen (Abb. 3) fallweise eine
sehr gute Rendite (interne Verzinsung) errechnete.
So beispielsweise Anfang 2004 zum Start des
grundlegend überarbeiteten EEG, als die Herstellungskosten einer 30 Kilowatt-Peak (kWp)-Anlage
bei rund 4.000 Euro/kWp lagen und eine Mindestvergütung von 57,4 Cent/Kilowattstunde
(Cent/kWh) garantiert war. Ein starker Rückgang
der Herstellungskosten in 2009, bedingt durch eine sinkende Investitionsbereitschaft in die Photovoltaik aufgrund schwächerer Renditen bei gleichzeitig starkem Marktwachstum auf Seiten der
Landinfo 4 | 2015
Hersteller, brachte ebenso wie 2011/12 weitere
Renditespitzen hervor. Vor diesem Hintergrund
passte die Politik das EEG in 2012 an. Zum
1. April 2012 sanken die Vergütungssätze deutlich,
die Rendite für Anlagen, welche ausschließlich auf
Stromeinspeisung ausgelegt waren, brach drastisch um rund die Hälfte ein. Seit diesem Zeitpunkt befinden sich die Renditen für reine Einspeiseanlagen kontinuierlich im Sinkflug. Dies ist
vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Luft
für weitere Kostensenkungen auf Seiten der Hersteller inzwischen begrenzt ist, nachdem die Herstellungskosten ein Niveau von nur noch knapp
über Eintausend Euro pro Kilowattpeak erreicht
haben.
Die Rendite von Anlagen,
die den erzeugten Strom
ausschließlich einspeisen
ist stark gesunken.
In Summe, das haben die letzten Änderungen des
EEG gezeigt, setzt die Politik auf das Thema Eigenverbrauch vor Ort sowie die Direktvermarktung von regenerativem Strom. Gleichzeitig wird
das Ziel verfolgt, das starke Wachstum, d.h. den
jährlichen Zubau, zu begrenzen.
Aber gerade für Betriebe in Landwirtschaft und
Gewerbe eröffnet sich hier eine neue Chance.
Photovoltaikanlagen, die so ausgelegt werden,
dass sie einen großen Anteil des betrieblichen
Stromverbrauchs decken können, sind nahezu
noch genauso wirtschaftlich wie in den Vorjahren.
Auch wenn die Einspeisevergütungen, die inzwischen auf ein Niveau um 12 Cent/KWh gesunken
sind, noch weiter sinken. Denn Ziel ist es nicht,
den größten Teil des Stroms für 12 Cent zu verkaufen, sondern Ziel ist es, zugekauften Strom,
welcher zwischenzeitlich um die 20 Cent/kWh
kostet, konsequent durch PV-Eigenstrom zu ersetzten. Unter den aktuellen Gegebenheiten kann
Die Deckung des
betrieblichen
Stromverbrauchs durch
eigene Erzeugung ist
immer noch sehr
attraktiv.
31
Betrieb und Markt
Grafik 3
Einspeisevergütungssätze nach EEG (ab 2000)
© Werner Schmid
Abbildung 3
Entwicklung der EinspeiseVergütungen für
Photovoltaikstrom
2000-2015.
EEG 2000
EEG 2004
2000 bis 2004
Ct /
kWh
--
0 bis 30 kWp
30 bis 100 kWp
100 bis 1.000 kWp
über 1 MWp
--
Freiland
0 bis 10 kWp
10 bis 40 kWp
40 bis 1.000 kWp */**
1 MWp bis 10 MWp */**
Freiland */**
ab 08/2014 gilt:
* bis max. 500 kWp
ab 01/2016 gilt:
** bis max. 100 kWp
60
alle Anlagentypen
EEG
2014
EEG 2012
Dachanlagen
50
Freiland
40
30
(*)
(**)
20
2015
2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
10
Quellen: Bundesnetzagentur; EEG (div. Fassungen ab 2000)
Aktuelle Vergütungssätze - feste Einspeisevergütungen
(Angaben in
Cent/kWh)
ab Juni 2015
ab Juli 2015
ab August 2015
ab September 2015
1)
Das angenommene
Ertragspotential von
950 kWh/kWp wird im
Süden teilweise deutlich
übertroffen, wodurch sich
erheblich höhere Renditen
erzielen lassen.
Dachanlagen
0 bis 10 kWp
12,40
12,37
12,34
12,31
10 bis 40 kWp
12,06
12,03
12,00
11,97
(bis max. 500 kWp)
40 bis 500 kWp
10,79
10,76
10,73
10,71
0 bis 500 kWp
8,59
8,57
8,55
8,53
Freilandanlagen und Dachanlagen auf Nichtwohngebäuden
eine 30 kWp-Anlage mit einem Ertragspotential
von 950 kWh/kWp eine Rendite (interne Verzinsung) von rund 8,7% erwirtschaften, wenn der
Betrieb von den durchschnittlich gut 27.000 erzeugten Kilowattstunden rund 18.000 Kilowattstunden selbst verbraucht (ca. 65%) und nur der
Rest eingespeist wird. Die Praxis zeigt, dass sich
zumindest im Süden auch deutlich höhere Solarerträge ernten lassen, wodurch die Rendite erheblich höher ausfallen kann.
Zunächst erscheint eine Rendite von 8,7% im Vergleich zu früheren Werten in 2004, 2009 und 2011
als eher schwach. Lassen Sie sich aber nicht täuschen! Da die überwiegende Zahl der Anlagen mit
hohem Fremdkapitalanteil finanziert wird, muss
man bei der Bewertung der „Nettorendite“ den
„Zinsüberschuß“, d.h. die Differenz zwischen Internem Zinsatz abzgl. Zins für die Fremdfinanzierung betrachten (Abb. 4).
32
Freiland 1)
(bis max. 500 kWp)
Und genau hier liegt die Chance. Das Zinsniveau
für längerfristiges Baugeld oder die Zinssätze der
Landwirtschaftlichen Rentenbank bzw. der KfWBank für Erneuerbare Energien sind seit 2011 um
rund 2,5% gesunken und schwanken derzeit um
1,2 bis 1,4%. Damit verbleibt auch bei einer etwas
niedrigeren „Bruttorendite“ unterm Strich ein
„Zinsüberschuss“, welcher durchaus attraktiv ist.
Wie Abbildung 4 zeigt stehen wir heute mit einer
30 kWp-Anlage, die konsequent auf hohen Eigenverbrauch ausgerichtet ist, in Sachen „Zinsüberschuss“ noch weitgehend so gut da wie in den
Vorjahren. Mit Ausnahme der Sondersituation
Ende 2011/Anfang 2012, als sehr günstige Herstellungskosten und gleichzeitig gute Mindestvergütungssätze Spitzenrenditen ermöglichten. Und
Hand aufs Herz: Welche Anlageform bietet vergleichbare Renditechancen bei einem durchaus
überschaubaren Risiko? Zumal dieses Risiko
Landinfo 4 | 2015
Betrieb und Markt
Grafik 4
Renditebetrachtung ("Zinsüberschuss")
Interner Zinssatz abzüglich Baugeldzinssatz (10 Jahre fest)
950 kWh
15,30%
je kWp
950 kWh/kWp, Eigenverbrauch 18.000 kWh
Baugeldzinssatz (10 Jahre fest)
14%
11,30%
10,20%
12,04%
10%
8,70%
6%
3,26%
4%
durch sorgfältige Planung, soliden Bau und gewissenhafte Wartung und Pflege der Anlage in der
Praxis sehr gering gehalten werden kann.
Für die Praxis ergeben sich daraus folgende
Überlegungen.
Eine möglichst hohe Eigenverbrauchsquote (über
50%) ist das Ziel. Dazu sollten Anlagengröße und
Gesamtstromverbrauch zusammen passen. Nutzen Sie an dieser Stelle die Beratung, die mit Hilfe
einer Lastganganalyse zu dem Thema Hinweise
geben kann. Pauschale Aussagen lassen sich hier
leider nicht treffen, da die Lastgänge und Stromverbräuche in den Betrieben/Betriebstypen zu
unterschiedlich sind. Legen Sie Lasten, mit welchen Sie beispielsweise bislang günstige NT-Tarife
genutzt haben, z.B. die Futterbereitung mit
Schrotmühlen, auf den Tag, um damit den Solarstrom nutzen zu können. Bei Neu- und Ersatzinvestitionen ist es durchaus auch überlegenswert
Technologien anzuschaffen, die eine PV-Eigenstromnutzung ermöglichen. Ein Beispiel dafür
wäre die Eiswasserkühlung in der Milchviehhaltung. Wird Prozesswasser oder Heißwasser elektrisch bereitet, sollte dieser Strombedarf ebenfalls
zu großen Teilen in die Zeit verlegt werden, in der
die PV-Anlage Leistung bereitstellt. Hier gibt es
zwischenzeitlich Technologien, die in der Lage
sind, für die Warmwasserbereitung ausschließlich
den PV-Überschussstrom, der nach dem Eigenverbrauch noch als Überschuss ins Netz gedrückt
würde, konsequent zur Warmwasserbereitung zu
Landinfo 4 | 2015
3.Quart.2013
1.Quart.2013
3.Quart.2012
1.Quart.2012
3.Quart.2011
1.Quart.2011
3.Quart.2010
1.Quart.2010
3.Quart.2009
1.Quart.2009
0%
1,88%
3,55%
2%
1.Quart.2014
7,75%
8,32%
8%
7,45%
12%
Abbildung 4
Nettorendite der
PV-Stromerzeugung.
1,25%
3.Quart.2015
16%
Differenz: Interner Zinssatz - Baugeldzins
1.Quart.2015
18%
3.Quart.2014
© Werner Schmid
nutzen. Mit solchen Maßnahmen lässt sich mit
Hilfe der Warmwasserbereitung über längere Zeiträume eine praktisch 100%-prozentige Eigenstromnutzung erreichen.
Einhergehend mit den Überlegungen zur Erhöhung des Stromeigenverbrauchs drängt sich natürlich auch die Frage auf, ob der Eigenverbrauch
nicht noch dadurch gesteigert werden kann, indem man ein Batteriesystem einbaut und nutzt.
Klar ist: Technisch lässt sich das heute problemlos
realisieren, lediglich die Auslegung der Batteriekapazität wäre dabei zu bedenken. Allerdings: Unter
wirtschaftlichen Aspekten ist der Einsatz von
Stromspeichern leider noch nicht darstellbar. Solide Berechnungen verschiedener Akteure in dieser Thematik ergeben immer dasselbe Ergebnis.
Derzeit kostet die Speicherung einer Kilowattstunde zwischen 20 bis 25 Cent/kWh, berücksichtigt man Systemkosten von 800 bis 1.000 Euro pro
Kilowattstunde nutzbarer Speicherkapazität
(Bleibatteriesysteme) und bringt zusätzlich rund 2
bis 5.000 Vollzyklen sowie einen ca. 85%igen Systemwirkungsgrad in Ansatz. Ähnliche Werte weisen auch Lithiumbatteriesysteme auf, da diese
zwar eine deutlich höhere Anzahl von Vollzyklen
leisten können, aber dafür auch entsprechend höhere Herstellungskosten verursachen. Dann sind
da noch die Herstellungskosten des zu speichernden Stroms zu berücksichtigen. Auf rund 12
Cent/Kilowattstunde belaufen sich die Vollkosten, legt man die in dieser Veröffentlichung genutzten Berechnungsgrundlagen für das 3. Quar-
Niedrige Zinsen für
Baugeld tragen dazu bei,
dass Solaranlagen
rentabel bleiben.
Je höher die
Eigenverbrauchsquote
desto größer die Rendite.
Lasten und Stromverbräuche sollten
möglichst auf den Tag
gelegt werden, um
Solarenergie optimal
zu nutzen.
33
Betrieb und Markt
Grafik 5
Abbildung 5
Höhere Ertragsleistung zu
Tagesbeginn und -ende durch
OST/WEST-Dächer.
© Werner Schmid
PV-Solarertrag: SÜD versus OST/WEST
SÜD: 30 kWp
OST / WEST: 2 x 15 kWp (Junitag)
30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
SÜD
Leistungs-PLUS
OST / WEST
Morgen/Abend
OST+WEST
OST
WEST
5.000
00:00
01:00
02:00
03:00
04:00
05:00
06:00
07:00
08:00
09:00
10:00
11:00
12:00
13:00
14:00
15:00
16:00
17:00
18:00
19:00
20:00
21:00
22:00
23:00
0
tal 2015 zugrunde. Bei der Berechnung wurde
bereits die seit 01. August 2014 fällige EEG-Umlage für eigen verbrauchten Strom (ca. 2,36 Cent/
Kilowattstunde) berücksichtigt. Unterm Strich
kostet so die Kilowattstunde, die man aus dem
Batterieblock entnimmt, rund (30 bis) 40 Cent.
Unter bestimmten
Voraussetzungen können
auch OST/WEST-Dächer
für Solarnutzung
interessant sein.
34
Voraussetzung für die Installation von PV-Eigenstromanlagen ist natürlich die Verfügbarkeit von
freien Dachflächen. Die Berechnungen zeigen,
dass bei hohem Eigenverbrauchsanteil auch wieder für reine Einspeiseanlagen unattraktive Flächen interessant sein können. So können beispielsweise OST/WEST-Dächer, die gegenüber
SÜD-Dächern ein deutlich geringeres Ertragspotential aufweisen (minus 10 bis 15% Solarertrag),
im Einzelfall deshalb attraktiv sein, da sie die Möglichkeit bieten, Elektroverbraucher, die am Morgen oder am Abend ihren Strombedarf haben,
besser zu bedienen (Abb. 5).
Vergleicht man in Grafik 1 die Variante 850 kWh/
kWp mit 18.000 kWh Eigenverbrauch (OST/
WEST-Dach) mit der Variante 950 kWh/kWp mit
10.000 kWh Eigenverbrauch, so ist die OST/
WEST-Dach-Variante im Vorteil. Für die OST/
WEST-Dach-Variante errechnet sich im III.
Quartal 2015 eine Rendite von 7,6%, während die
SÜD-Dach-Variante mit geringerem Eigenverbrauchsanteil nur auf 6,1% kommt. Sicherlich ist
der dargestellt Vergleich extrem, aber grundsätzlich können OST/WEST-Dachvarianten mit geringerem Ertragspotential bei hohen Eigenverbrauchsanteilen weiterhin punkten. Zumindest
eine ernsthafte und solide Kalkulation lohnt sich,
wenn im Betrieb Stromverbraucher vorhanden
sind, die zu Tagesbeginn oder -ende laufen müssen. Ähnliches gilt für Dächer, die aufgrund der
Bestimmungen des EEG nur Anspruch auf Freiland-Vergütungssätze haben. Darunter fallen beispielsweise Maschinenhallen im Außenbereich.
Abbildung 5 zeigt modellhaft, dass 2 Anlagen mit
15 kWp, installiert auf einem OST und einem
WEST-Dach (10-15° DN), gegenüber einer
30 kWp-Anlage auf dem SÜD-Dach (25-35° DN)
in den frühen Morgenstunden sowie den späten
Abendstunden über einen Zeitraum von jeweils
2 bis 3 Stunden deutlich mehr Leistung (Leistungs-PLUS) zur Verfügung stellen können. Dies
ermöglicht es, den Eigenverbrauchsanteil bei gleicher Gesamt-Anlagengröße merklich zu steigern.
Wenn bei der Kalkulation von Anlagen auf Dächern dieser Kategorie der Schwerpunkt ebenfalls
auf der Eigenstromnutzung liegt, ergeben sich
durchaus interessante Renditen. Denn die schwächere Einspeisevergütung hat kaum Einfluss auf
die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, da ja nur wenig Strom eingespeist wird (Abb. 1). So lässt sich
mit einer im 3. Quartal 2015 installierten 30 kWpAnlage auf einer Maschinenhalle (nur „Freilandvergütungsanspruch“) mit einem Ertragspotential
Landinfo 4 | 2015
Betrieb und Markt
Photovoltaik
So haben wir gerechnet
© Werner Schmid
So haben wir gerechnet...
Anlagengröße in kWp (Dachanlage/Freilandanlage)
30 kWp
Solarertrag
850 / 950 / 1050 kWh/kWp
Herstellungskosten
AFA
Reparatur
Versicherung
Sonstiges (Steuerberatung, etc.)
Ø HK im Inbetriebnahmezeitraum
20 Jahre
660 Euro
150 Euro
190 Euro
Wert der Eigenstromverwendung (netto)
jährliche Strompreisteuerung
EEG-Umlage für Eigenstrom (ab 08/2014)
von 950 kWh/kWp eine durchaus ansehnliche
Rendite von 7,6% erwirtschaften, wenn von dem
produzierten Strom rund 18.000 Kilowattstunden
selbst verbraucht werden.
Fazit
Wer noch keine Eigenverbrauchsanlage besitzt
oder in Sachen Eigenverbrauch noch Potential
sieht, gleichzeitig im Betrieb aber viel Strom verbraucht, sollte gerade jetzt bei dem außergewöhnlich niedrigen Zinsniveau für Fremdkapital darüber nachdenken, ob nicht die Investition in eine an
den betrieblichen Stromverbrauch und die Lastgänge angepasste Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage sinnvoll wäre. Dadurch, dass bei hohen
Eigenverbrauchsanteilen die Wirtschaftlichkeit
sehr stark durch den Preis des ersetzten Zukaufstroms geprägt wird, werden auch Dächer wieder
interessant, die unter dem Aspekt der Volleinspeisung komplett aus den Überlegungen gefallen
sind. Bevor Sie das Thema Photovoltaik abschreiben lohnt es sich Überlegungen und Berechnungen anzustellen. Denn eines ist gewiss. Die nächste Strompreiserhöhung kommt bestimmt.
So haben wir gerechnet
Für die Kalkulationen wurde der PV-Rechner der
LEL Schwäbisch Gmünd genutzt. Einzige Anlagenvariante ist eine 30 Kilowattpeak-Dachanlage,
installiert auf Dächern mit und ohne Dachanlagen-Vergütungsanspruch. Verglichen werden drei
Solarertragsvarianten (850 / 950 / 1050 kWh/
kWp) um ein breites Leistungsspektrum, insbeLandinfo 4 | 2015
2009: 18,50 Cent/kWh
2,0 %
2,36 Cent/kWh
sondere auch das Leistungsspektrum von OSTund WEST-Dächern abzubilden. Die Herstellungskosten der Anlagen wurden beginnend ab
2004 quartalsweise vom Maschinenring Schwäbisch Hall zur Verfügung gestellt und fließen entsprechend in die Kalkulation ein. Als Lebensdauer
der Anlage wird 20 Jahre unterstellt. Insgesamt
1.000 Euro jährlich beträgt der Ansatz für Reparatur (660), Versicherung (150) und Sonstige Kosten (190) in allen Varianten. Die Vergütungssätze
entstammen den verschiedenen, jeweils gültigen
Fassungen des EEG. Der Wert des Eigenstroms
wurde im Jahr 2009 mit 18,50 Cent/Kilowattstunde angesetzt, die Teuerungsrate beträgt jährlich
2%. Darüber hinaus wurde bei allen Varianten mit
Inbetriebnahme nach 01. August 2014 die EEGUmlage für den eigen verbrauchten Strom in Höhe von geschätzt 2,36 Cent/kWh berücksichtigt.
Wer viel Strom verbraucht
und noch keine
Eigenverbrauchsanlage
besitzt, sollte jetzt bei
dem außergewöhnlich
niedrigen Zinsniveau über
die Investition in eine
Photovoltaik-Anlage
nachdenken.
Photovoltaik-Kalkulationswerkzeuge
der LEL Schwäbisch Gmünd
Der Autor Werner Schmid stellt über die Homepage der LEL Schwäbisch Gmünd bereits seit
2004 zwei Kalkulationstools, zum einen zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit/Rendite von PVAnlagen (Photovoltaik_Rechner_Vers_7_0_6),
zum anderen zur Berechnung der Kosten/Vollkosten des erzeugten Eigenstroms (Photovoltaik_Eigenstromrechner_Vers_2_1), zur Verfügung.
(www.landwirtschaft-bw.info; Navigation: Landwirtschaft / Erneuerbare Energien / EDV-Fachprogramme / Photovoltaikrechner) 
Werner Schmid
LEL Schwäbisch Gmünd
Tel. 07171/ 917-207
[email protected]
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