WESTSTEIER SONNTAG, 3. JÄNNER 2016, SEITE 34 Das läuft ja wie geschmiert KOMMENTAR KATHARINA PILLMAYR Sinnvolle Arbeit F ür jeden von uns ist es wichtig, das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden, etwas wert zu sein und einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Das gilt auch für Menschen mit Behinderung, deren erbrachte Leistungen aber oft nicht honoriert oder als Beschäftigungstherapie abgetan werden. In der Seifensiederei der Lebenshilfe in KrottendorfGaisfeld ist das nicht so. Acht Menschen mit Behinderung stellen dort rund 100 verschiedene Seifensorten aus reinen Naturprodukten her. Ihnen obliegt nicht nur das Ernten der Ingredienzen aus dem eigenen Garten und das Verpacken der Seifen. Auch für das richtige Mischverhältnis sind sie zuständig. nd gerade die an sie übertragene Verantwortung wie auch die positiven Rückmeldungen der Kunden (die Seifen sind zu erwerben) drücken Anerkennung aus. U Sie erreichen die Autorin unter [email protected] FÜR SIE DA REGIONALREDAKTION VOITSBERG Dr.-Christian-Niederdorfer-Straße 4, 8570 Voitsberg. Tel.: (03142) 25 550; Fax-DW: 15, [email protected]; Redaktion: Andrea Kratzer (DW 16), Katharina Pillmayr (DW 13), Rainer Brinskelle (DW 18); Sekretariat: Karin Hoißer, Brigitte Wagner (DW 11); Mo. – Do. 8 bis 16 Uhr, Fr. 8 bis 13 Uhr; Werbeberater: Florian Haberl (DW 14); Abo-Service: (0316) 875 3200 Acht Menschen mit Behinderung sind in der Seifensiederei in Krottendorf-Gaisfeld beschäftigt. Die Arbeit mit Naturprodukten ist eine sinnvolle und verantwortungsvolle Tätigkeit für sie. KATHARINA PILLMAYR elbst gemachte Seifen erleben eine Renaissance. Dabei steht nicht nur der ökologische Aspekt im Vordergrund. Wer seine eigene Seife siedet, weiß auch was drinnen ist. Und dass dies gar nicht so kompliziert ist, zeigen uns die Profis der Lebenshilfe-Seifensiederei in Krottendorf-Gaisfeld. Das Grundrezept ist einfach: 600 Gramm Kokosöl, 100 Gramm Kakaobutter, 1800 Gramm Olivenöl, 100 Gramm Rizinusöl, 700 Gramm destilliertes Wasser und 350 Gramm Natriumhydroxid. „Man kann alle Öle nehmen, die man mag. Ich rate jedem zu hochwertigen Ölen, damit er eine Freude mit der Seife hat“, sagt Susanne Binder. Sie muss es wissen, macht die Sozialpädagogin doch seit zwanzig Jahren Seife für sich und ihre Familie selbst. Mit zwei Kolleginnen betreut sie in der Seifensiederei acht Menschen mit Behinderung, die großen Anteil an der Produktion S Kreativität, Präzision und Fingerspitzengefühl: Das Team der Lebenshilfe beherrscht die Kunst des Seifensiedens. Fast alle Beigaben wie etwa Rosenblüten (rechts) für die 100 verschiedenen Sorten wachsen im eigenen Garten SEIFENSIEDEREI Pro Woche fertigt das Team der Lebenshilfe-Seifensiederei in Krottendorf-Gaisfeld 100 Stück. 100 verschiedene Sorten gibt es – von traditionell (Lavendel) bis außergewöhnlich (Prosecco). Zu erwerben sind die handgemachten Seifen in den sogenannten Lebensläden, in manchen Apotheken sowie im Kaufhaus Hubmann in Stainz. haben. Vom Ernten übers Abmessen bis hin zum Verpacken – jeder hat seine Aufgabe und ist für deren Erledigung verantwortlich. 100 Seifen stellt das Team pro Woche her, in Stoßzeiten – wie Weihnachten – sind es so viele am Tag. Damit es zu keinen Engpässen kommt, muss jeder Handgriff sitzen, auch wenn es hin und wieder Binders Anleitung bedarf. Und los geht’s: Benjamin und Klara füllen die Öle nacheinander in einen großen Topf und erhitzen die Flüssigkeit auf 38 bis 40 Grad. Währenddessen kühlt die zuvor erhitzte Lauge aus. Das macht Binder selbst, „da sie ätzend ist und man die Dämpfe nicht einatmen soll“. Handschuhe, Brille und Mundschutz sind hierbei wichtig. Nicht ohne „Zauberstab“ Haben die beiden Flüssigkeiten dieselbe Temperatur erreicht, können sie vermengt werden. Einst haben die Seifensieder per Hand gerührt – „das hat Stunden gedauert“, weiß die Autodidak- Für die Herstellung der Seifen werden tin. In der Seifensiederei wird aber ein „Zauberstab“ zu Hilfe genommen. Und schon schnappt sich Ulli den Pürierstab und zerkleinert die mit dem Gemisch beträufelten Rosenblätter. Beim Pürieren entfalten sich die Öle und der Duft. Doch „hudeln darf man dennoch nicht – je langsamer gerührt wird, desto feiner wird die Seife“, erklärt Binder. Klara und Benjamin gehen besonders gerne Blüten zupfen. Die meisten Ingredienzen für die Sortenvielfalt stammen aus dem eigenen Garten. Reichlich „Beute“ bieten angelegte Rosenstöcke, Kräuter- und Blumenbeete sowie Naturprodukte verwendet PILLMAYR (8) Wald und Wiese hinterm Haus. Zu finden sind unter anderem Echinacea, das das Immunsystem stärkt, Efeu, der gut fürs Bindegewebe ist, oder Ringelblume, die für ihre entzündungshemmende Wirkung bekannt ist. Fast wie vor tausend Jahren Das Seifensieden ist eines der ältesten Handwerke. Seit Jahrtausenden benutzen Menschen Seifen. Es gibt unzählige Rezepte, das älteste überlieferte geht auf das Volk der Sumerer, das 3000 Jahre vor Christus in Mesopotamien lebte, zurück. Im 14. Jahrhundert entstanden erste Zünfte in Mitteleuropa. Im Zuge der industriellen Revolution und der damit einhergehenden maschinellen Herstellung von Seife verlor das Handwerk an Bedeutung. „Die Basis unserer Seifen bilden Öle und natürliche Zutaten. Wir geben keine künstlichen Zusätze dazu und parfümieren sie nicht“, erklärt Binder. Daher haben die in verschiedenen Größen und in rund 100 Sorten erhältlichen Seifen auch nur eine zarte Duftnote. „Manche Lebensmittel duften intensiver als andere“, erklärt Binder und meint, man könne das Aroma verstärken, indem man statt des destillierten Was- sers einen starken Teeauszug oder Pürees nimmt. Genauso verhält es sich bei der Farbe, die mittels Karotten, Spinat, Roter Rübe oder Heilerde intensiver wird. Nachdem die puddingartige Masse in Formen abgefüllt wurde, muss sie etwa einen halben Tag „schlafen“. Dann kann sie herausgenommen und geschnitten werden. Nach sechs bis acht Wochen des Abliegens werden die Seifen verpackt. Und sogar einen Tipp für Reste hat Binder: „Ich werfe diese niemals weg, man kann sie sehr gut als Putzseife oder zum Wäschewaschen verwenden.“ Galerie. Schritt für Schritt zur selbst gemachten Seife geht’s auf www.kleinezeitung.at/vo ANZEIGE Tägl . Lift 09-1 betrieb 6 Uh r www.facebook.com/klippitz www.klippitz.at
© Copyright 2025 ExpyDoc