Plus-Minus Ensemble Montag, 14. März Haus der Berliner Festspiele 19:30 Uhr Joanna Bailie 20:30 Uhr Matthew Shlomowitz 22:00 Uhr Løffler, Kreidler, Diels, Schubert Joanna Bailie „Es waren wohl zwei Faktoren, die zu meinen ersten Aufnahmen führten. Erstens verwendete ich um das Jahr 2007 herum elektronische Elemente in meinen Arbeiten und hatte kein Tonmaterial mehr, das ich manipulieren konnte (ich verwendete dafür häufig meine eigenen, stark verfremdeten Arbeiten sowie computergenerierte Klänge wie Rauschen und Sinustöne). Ein Freund erzählte mir von einem tragbaren Aufnahmegerät, das er angeschafft hatte; also kaufte ich auch eines, ohne genau zu wissen, was ich damit anfangen wollte. Dann wurde ich natürlich geradezu süchtig danach, Dinge aufzunehmen (es ist wirklich ein tolles Gefühl, wenn man weiß, dass man gerade etwas Großartiges eingefangen hat) und ich war selbst zuerst überrascht, wie häufig ich jetzt mit Aufnahmen arbeitete und in was für einer relativ rohen Form. Der zweite, nicht ganz so direkte, aber ästhetisch relevante Faktor lag in meiner allmählichen Bekehrung zu einer Art Cage- und Duchamp’schen Glaubens an die Kraft des „Einrahmens“, des Akts der Transformation alltäglicher Nicht-Kunst dadurch, dass man sie in einen künstlerischen Kontext stellt, oder dass man sie einfach auf andere Weise sieht oder hört. Wenn man solch ein Einrahmen einmal erlebt hat, öffnen sich Türen zu vielen weiteren solcher Erfahrungen.“ “I guess there were two things that led me to start making recordings. Firstly, I’d been using electronics in some of the pieces I was making around 2007 and was running out of sound sources to manipulate — music recordings (often of my own work, heavily manipulated), and computer generated sound such as noise and sine tones. A friend told me about a portable recording device he’d bought, and so I bought one too with very little idea of what I’d do with it. In the end of course I became somewhat addicted to making recordings (it is certainly a bit of a high when you know you’ve captured something great) and I’ve surprised myself in using them so extensively and in such a relatively raw form. The other less direct, but aesthetically pertinent factor was a gradual conversion to a kind of Cageian/Duchampian belief in the power of ‘framing’, the act of transforming real-life non-art into art through placing it in an artistic context or by just seeing or hearing it in a different way. Once a framing experience happens for the first time it opens the door to many more framing experiences.” Joanna Bailie in einem Interview mit James Saunders / Joanna Bailie in an interview lead by James Saunders http://www.james-saunders.com/2012/04/06/interview-with-joanna-bailie/ Montag, 14. März, 19:30 Uhr Haus der Berliner Festspiele, Bühne Joanna Bailie Artificial Environment No. 8 für Klavier und Tonband (2012 / 2013) Artificial Environments Nos. 1 to 5 für elektronisch verstärktes Instrumentalensemble und Tonband (2011 / 2014) Plus-Minus Ensemble In Koproduktion mit Berliner Künstlerprogramm 3 Ilze Ikse Flöte Vicky Wright Klarinette Maarten Stragier Gitarre Mark Knoop Klavier Aisha Orazbayeva Violine Alice Purton Violoncello 4 Matthew Shlomowitz Wir bilden hier ein Experiment des deutschen Psychologen Max Meyer nach, das dieser 1903 durchgeführt hat. Sie haben gerade dreimal hintereinander dasselbe schreckliche Musikstück gehört. Beim ersten Hören sollten Sie es verabscheut haben. Aber, den Ergebnissen des ursprünglichen Experiments zufolge, sollten Sie mit jeder weiteren Aufführung zunehmend Gefallen an dieser Musik gefunden und im Gegenzug Ihre Meinung über das Stück allmählich zum Positiven geändert haben. In der Psychologie ist dieses Phänomen – das Phänomen, dass man zuerst etwas ablehnt, dann aber durch wiederholte Erfahrung dazu kommt es zu mögen – als der „exposure effect“ bekannt. Können wir wirklich sagen, ein Musikstück ist von Natur aus schlecht oder sind solche Urteile rein subjektiv? Historisch betrachtet wurde diese Frage im Kontext der Diskussion um Schönheit formuliert. Eine der großen Fragen der philosophischen Ästhetik ist: Kann etwas an sich schön sein? Die klassischen Philosophen glaubten an die objektive Schönheit. Sie dachten, eine Sache sei dann schön, wenn die Teile so angeordnet sind, dass sie ein in sich stimmiges Ganzes bilden und, wenn sie, bestimmten ästhetischen Kategorien folgend, Proportion, Harmonie und Symmetrie beachten. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass Schönheit zuverlässig erreicht werden kann, wenn man diesen ästhetischen Kategorien folgt. Diese Vorstellung von objektiver Schönheit wurde dann im 18. Jahrhundert in Misskredit gebracht. We are recreating an experiment the German psychologist Max Meyer conducted in 1903. You have now heard the same terrible piece of music three times. You should have hated it the first time you heard it. But, according to the results of the original experiment, you should have felt increasingly pleasure with each successive performance and, in turn, gradually revised your opinion of the piece in a positive direction. In psychology, this phe nomenon — the phenomenon of first hating something, but then coming to like it through repeat experiences — is known as the ‘exposure effect’. Can we say a piece of music is inherently bad, or are such judgements purely subjective? Historically, this question has been framed in terms of beauty. One of the big questions within the philosophical field of aesthetics is: can something be inherently beautiful? The classical philosophers believed in objective beauty. They believed a thing will be beautiful if the parts are organized to form a coherent whole and according to certain values regarding proportion, harmony and symmetry. The inference is, that if you make something that adheres to these values, then beauty can reliably be achieved. The notion of objective beauty was discredited during the eighteenth century. Montag, 14. März, 20:30 Uhr Haus der Berliner Festspiele, Bühne Matthew Shlomowitz Lecture about Bad Music für Ensemble und Sprecher (2015) Plus-Minus Ensemble Matthew Shlomowitz Sprecher 5 Im Anschluss im Oberen Foyer Joanna Bailie und Matthew Shlomowitz im Gespräch mit Lydia Rilling (in englischer Sprache) 6 Montag, 14. März, 22:00 Uhr Haus der Berliner Festspiele, Bühne Johannes Kreidler Charts Music Instrumentalversion von Mark Knoop (2009 / 2016) Simon Løffler b für 3 Performer (2012) Natacha Diels Second Nightmare, for KIKU für Violoncella und zwei Assistenten (2013) Alexander Schubert Sensate Focus Plus-Minus Ensemble Alexander Schubert Live-Elektronik Mitschnitt Deutschlandradio Kultur, Sendung in zwei Teilen 14. April, ab 00:05 Uhr 21. April, ab 00:05 Uhr 7 für E-Gitarre, Bass-Klarinette, Perkussion, Live-Elektronik und Licht (2014) 8 Biografien Plus-Minus Joanna Bailie Die Komponistin und Tonkünstlerin Joanna Bailie wurde 1973 in London geboren. Sie studierte bei Richard Barrett Komposition und elektronische Musik am Koninklijk Conservatorium in den Niederlanden. Ihr jüngstes Schaffen umfasst Kammermusikwerke und Installationen, und zeichnet sich durch den Gebrauch von Field Recordings zusammen mit akustischen Instrumenten aus. Sie interessiert sich auch für das Wechselspiel zwischen Klang und Bild, so in ihren Werken für Camera Obscura wie die Installation „The place you can see and hear“ und das Musiktheaterwerk „Analogue“. Zusammen mit dem Komponisten Matthew Shlomowitz ist sie Mitbegrün derin und künstlerische Leiterin des Ensembles Plus-Minus. 2016 wird sie Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD sein. Zurzeit arbeitet sie an einem Kompositionsauftrag des SWR Vokalensembles, der bei den Donaueschinger Musiktagen 2016 uraufgeführt werden wird. Joanna Bailie was born in London in 1973. She studied composition with Richard Barrett and electronic music at the Koninklijk Conservatorium in Holland. Her recent work includes chamber music and installation, and is characterized by the use of field recordings together with acoustic instruments. She is also interested in the interplay between the audio and visual as evidenced by her works for camera obscura which include the installation “The place you can see and hear” and the musictheatre piece “Analogue”. Together with composer Matthew Shlomowitz, Joanna is the founder and artistic director of Ensemble Plus-Minus. In 2016 she will be a guest of the DAAD Artists-in-Berlinprogram. Upcoming works include a commission for the SWR Vocal ensemble that will be premiered at the 2016 edition of the Donaueschinger Musiktage. www.joannabailie.com 9 Plus-Minus, ein in London arbeitendes Kollektiv, führt vor allem neue Kompositionen auf, die am Rande des modernen Repertoires liegen. 2003 wurde es von Joanna Bailie und Matthew Shlomowitz gegründet. Es zeichnet sich vor allem durch seine Vorliebe für avantgardistische, konzeptuelle Werke aus und bevorzugt Stücke, die in ihrer Instrumentation offen sind so wie z.B. Stockhausens Klassiker von 1963, von dem es auch seinen Namen hat. Das Ensemble arbeitet mit Komponisten wie Peter Ablinger oder Bernhard Lang sowie mit Kompositionsstudent*innen und gibt Workshops und Konzerte an verschiedenen Universitäten. Plus-Minus is a London-based collective committed to presenting new work alongside landmark modern repertoire. Formed in 2003 by Joanna Bailie and Matthew Shlomowitz, Plus-Minus is distinguished by its interest in avant-garde, conceptual, and experimental open instrumentation pieces such as Stockhausen’s 1963 classic, from which the group takes its name. The group not only works with composers such as Peter Ablinger or Bernhard Lang but also with student composers and has given workshops and concerts at several universities. www.plusminusensemble.com 10 Matthew Shlomowitz Matthew Shlomowitz komponiert Konzertmusik und Perfomances-Stücke. In Australien aufgewachsen, lebt er heute in London. Er ist Dozent für Komposition an der Universität von South ampton und zusammen mit Joanna Bailie leitet er das Plus-Minus Ensemble. Zurzeit beschäftigt er sich mit drei Projekten: „Popular Contexts“, eine Reihe von Werken, in denen Aufnahmen von erkennbar der realen Welt entstammenden Klängen mit instrumentaler Musik kombiniert werden; „Letter Pieces“, die körperliche Aktion und Musik zusammenbringen; und „Public Lec tures about Music“, eine Reihe von VortragsStücken, die sich mit Fragen nach ästhetischen Urteil und der emotionaler Reaktion auf Musik beschäftigen. Matthew Shlomowitz is a composer of concert music and performance pieces. Raised in Australia, he now lives in London. He is Associate Professor in Composition at University of Southampton, and co-directs Plus-Minus Ensemble with Joanna Bailie. He has three ongoing projects: “Popular Contexts”, a series combining recordings of recognizable real world sound with instrumental music; “Letter Pieces”, which combine physical actions and music; and “Public Lectures about Music”, a series of lecture-pieces addressing ideas such as aesthetic judgement and emotional responses to music. www.shlom.com Simon Løffler Geboren in Kopenhagen; derzeitiger Wohnort ebenfalls Kopenhagen. Kompositionsstudien in Kopenhagen, Berlin und Aarhus. Ein Jahr künstlerische Forschung bei a.pass in Brüssel. Er versucht auf viele verschiedene Arten Musik zu machen mit vielen unterschiedlichen Menschen. Born in Copenhagen and living there currently. Composition studies in Copenhagen, Berlin and Aarhus. One artistic research year in a.pass, Brussels. Trying to make music in many different ways and with many different people. www.simonloeffler.dk Johannes Kreidler Johannes Kreidler (1980) studierte von 2000 bis 2006 an der Musikhochschule Freiburg und am Konservatorium Den Haag Komposition, Elektronische Musik und Musiktheorie. Seit 2006 unterrichtet er als Lehrbeauftragter Komposition, Musiktheorie, Gehörbildung und Elektronische Musik an verschiedenen Musikhochschulen. 2008 erregte er größeres Aufsehen durch eine Kunstaktion, bei der er für die Anmeldung eines 33sekündigen elektronischen Stückes mit 70.200 Fremdanteilen bei der GEMA mit 70.200 Formularen in einem Laster vorfuhr. Johannes Kreidler (1980) studied from 2000 to 2006 composition, electronic music and music theory at the Musikhochschule in Freiburg and the conservatory Den Haag. Since 2006 he has taught music theory, ear training, and electronic music at several conservatories. In 2008 he received broad attention for an art performance action in which he delivered 70.200 forms by truck to the GEMA head office (the German performance rights authority) in order to officially register his recent 33-second electronic piece comprised of 70.200 samples of other artists’ work. www.kreidler-net.de Natacha Diels Alexander Schubert Alexander Schubert, geboren 1979 in Bremen, studierte in Leipzig Informatik und Kognitionswissenschaften. Parallel dazu war er als Musiker und Komponist in verschiedenen Kontexten tätig. Nachdem er ein Jahr am ZKM in Karlsruhe am Institut für Musik und Akustik gearbeitet hatte, studierte er bis 2010 bei Georg Hajdu und Manfred Stahnke Multimediale Komposition an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Seitdem ist er Doktorand im Themenfeld sensorgestützter elektroakustischer Performance, unterrichtet an der Musikhochschule Lübeck und ist als freischaffender Komponist tätig. Grundsätzlich beschäftigt er sich genreübergreifend mit der Schnittstelle akustischer und elektronischer Musik. Besonders charakteristisch für sein Werk ist die Kombination von verschiedenen musikalischen Stilen (wie Hardcore, Free Jazz, populäre elektronische Musik, Techno) mit zeitgenössischen klassischen Konzepten. Alexander Schubert was born in 1979 in Bremen and studied computer science and cognitive sciences in Leipzig. During his studies he has worked as a musician and composer in a variety of different environments. In addition, Schubert worked at the ZKM (Centre for Art and Media) in Karlsruhe for one year. Then he studied Multimedia Composition with Georg Hajdu and Manfred Stahnke in Hamburg. Since 2011 he’s a PhD student in Hamburg and teaches live-electronics at the conservatory in Lübeck. Schubert focuses on sensor-based gestural composition in both his writing and research activities. Schubert’s interest explores cross-genre interfaces between acoustic and electronic music. The most characteristic feature of his work is the combination of different musical styles (like hardcore, free jazz, popular electronic music, techno) with contemporary classical concepts. www.alexanderschubert.net 11 Natacha Diels’ Arbeit kombiniert Riten, Impro visation, traditionelle Instrumentalpraxis und zynisches Spiel und erschafft so Welten der Neugier und des Unbehagens. Der einzigartige musikalische Ansatz dieser in Komposition und Auftritt gleichermaßen versierten Künstlerin trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung des neuen amerikanischen Experimentalismus bei. Sie studierte die Fächer Querflöte und Integrierte Digitalmedien und promoviert zurzeit an der Columbia University. Natasha Diels gründete zudem das experimentell ausgerichtete MusikKollektiv Pamplemousse sowie das PerformanceDuo On Structure. Natacha Diels’ work combines ritual, improvisation, traditional instrumental practice, and cynical play to create worlds of curiosity and unease. An accomplished composer and performer, Natacha’s unique musical approach contributes to the ongoing development of new American experimentalism. She holds degrees in flute performance, integrated digital media, and is currently completing a DMA in music composition from Columbia University. In addition Natacha founded the experimental music collective Ensemble Pamplemous and the performance duo On Structure. www.natachadiels.com Die Berliner Festspiele werden gefördert durch Medienpartner Impressum / Imprint Veranstalter / Organized by: Berliner Festspiele Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen des Bundes GmbH / A division of Kulturveranstaltungen des Bundes Berlin GmbH Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien / Funded by the Federal Government Commissioner for Culture Intendant / Director: Dr. Thomas Oberender Kaufmännische Geschäftsführung / Commercial Director: Charlotte Sieben MaerzMusik – Festival für Zeitfragen Künstlerische Leitung / Artistic Director Berno Odo Polzer Organisationsleitung / Head of Organisation: Ilse Müller Technische Leitung / Technical director: Matthias Schäfer, Andreas Weidmann Produktion / Production: Ina Steffan, Magdalena Ritter, Nadin Deventer, Hélène Philippot Produktionsdramaturgie / Production dramaturgy: Karsten Neßler Mitarbeit / Assistant: Thalia Hertel, Albert Mena Spielstättenleitung & Künstlerbetreuung / Venue Management and Artists’s Assistants: Katalin Trabant, Laila Kühle, Linda Sepp Presse / Press: Patricia Hofmann Technik / Technicians: Bühne / Stage: Matthias Schäfer, Thomas Burkhard, Harald „Dutsch“ Adams, Lotte Genz, Fred Langkau, Martin Zimmermann , Mirko Neugart, Marcus “Marceese” Trabus, Manuel Solms, Birte Dördelmann, Pierre Joël Becker, Maria Deiana, Ivan Jovanovic, Ricardo Lashley, Christoph Reinhardt, Rene Schaeffges, Sven Rheinisch, Karin Hornemann Licht / Light: Carsten Meyer, Petra Dorn, Kathrin Kausche, Robert Wolf, Boris Bauer, Günhan Bardak, Mathilda Kruschel, Sachiko Zimmermann, Imke Linde, Lydia Schönfeld Ton / Sound: Manfred Tiessler, Axel Kriegel, Martin Trümper, Stefan Höhne, Tilo Lips, Jörn Groß, Klaus Tabert, Torsten Schwarzbach, Felix Podzwadowski, Dennis Roemer Redaktion / Editorial: Dr. Barbara Barthelmes Übersetzungen / Translations: Elena Krüskemper, Lucy Renner Jones Grafik / Graphic: Christine Berkenhoff Berliner Festspiele, Schaperstraße 24, 10719 Berlin Tel. + 49 30 254 89 0 www.berlinerfestspiele.de [email protected] Abonnieren Sie den Newsletter der Berliner Festspiele / You can subscribe to our free newsletter under www.berlinerfestspiele.de Besuchen Sie den Berliner Festspiele Blog / Visit the Berliner Festspiele Blog blog.berlinerfestspiele.de/
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