Pensionäre sollen Lücken füllen

LANDKREIS HALL
Donnerstag, 10. Dezember 2015
21
Wo Schafe
und Ziegen
im Winter hausen
Gäste haben am Sonntag die
Gelegenheit, ein Winterquartier von Schafen und Ziegen anzuschauen. Der Landschaftserhaltungsverband lädt ein.
Schwäbisch Hall. Der Landschaftserhaltungsverband für den Landkreis Schwäbisch Hall veranstaltet
eine Besichtigung eines Landschaftspflegehofs. Am Sonntag, 13.
Dezember, öffnet Bernhard Habelt
seinen Stall in Schwäbisch Hall-Erlach. Treffpunkt ist um 13 Uhr.
Der dort neu errichtete Stall von
Landschaftspfleger Habelt dient als
Winterquartier für über 160 Mutterschafe und -ziegen samt Lämmern.
Beim Nachmittag der offenen Stalltüre können die Besucher verschiedenste Rassen wie beispielsweise
die kleinen Skudden oder gehörnte
Zackelschafe sehen. Besondere
Lieblinge der Kinder seien die
Zwergziegen, die sich manchmal
durch die Gitter zwängen und dann
an den Schnürsenkeln knabbern.
„Bei Punsch, Kaffee und Gebäck bietet sich so ein gemütlicher Nachmittag für die ganze Familie“, kündigt
der Landschaftserhaltungsverband
an.
Info Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Das Ende ist für 17 Uhr vorgesehen. Der Weg wird ab der Dorfmitte Erlach ausgeschildert sein.
Gäste sollen die ausgeschriebenen
Parkplätze nutzen. Die Zufahrt zum
Hof muss freigehalten werden.
www.lrasha.de/landschaftserhaltungsverband
Ulrike Seitz aus Hall ist pensionierte Lehrerin. Im Lukas-Gemeindezentrum unterrichtet sie die Flüchtlingskinder Jinda, Rashyd, Mohamed und Aria in Deutsch. Foto: Ufuk Arslan
Pensionäre sollen Lücken füllen
Unterricht für Flüchtlinge: Kultusministerium sucht dringend mehr Pädagogen
Zwei- bis dreihundert schulpflichtige Kinder und Jugendliche dürften unter den bisher
1500 Flüchtlingen im Kreis Hall
sein. Dafür gibt es nicht genug
Lehrer. Jetzt sollen pensionierte
Kollegen einspringen.
SIGRID BAUER
Landkreis. „In meinem Bekanntenkreis haben viele diesen Brief bekommen“, berichtet Ulrike Seitz,
die früher an der Grundschule Steinbach unterrichtet hat und jetzt im
Ruhestand ist. Auch bei ihr hat das
Regierungspräsidium
Stuttgart
schriftlich nachgefragt. „Es geht um
Deutschunterricht für schulpflichtige Flüchtlinge, vor allem in Vorbereitungsklassen an den allgemeinbildenden Schulen und an den Berufsschulen“, erklärt sie. „Auch als
ganz normale Vertretungslehrer
werden die Ruheständler gesucht“,
weiß die Lehrerin.
Seitz hat sich schon vor der Pensionierung bereit erklärt, als Vertretungslehrerin in ihrer alten Schule
zu helfen. Zu mehr will sie sich
nicht verpflichten, zumal sie ehrenamtlich den Deutschunterricht für
einen Teil der Flüchtlinge in Hall organisiert und übernimmt.
An rund 30 000 pensionierte Lehrer hat Kultusminister Andreas
Stoch (SPD) die Bitte gerichtet, wieder Unterricht zu geben. Besonders
gesucht seien Deutschlehrer, am
besten für Deutsch als Fremd- oder
Zweitsprache, so die Information
aus dem Kultusministerium. Allein
mit neuen Lehramtsbewerbern
könne der Bedarf sicher nicht gedeckt werden, schreibt Ministerialrat Professor Michael Hermann.
Deshalb kommt jetzt der Aufruf
an die pensionierten Lehrer, ihre
Hilfe im landesweiten Vertretungspool anzubieten. Das Ganze läuft
aber erst an. Deshalb könne noch
niemand sagen, wie viele Ruhe-
ständler sich melden, heißt es aus
dem Stuttgarter Regierungspräsidium (RP). Außerdem beschäftige
das Land bereits Menschen, die
nicht die vorgeschriebene Ausbildung für Lehrer haben, aber trotzdem geeignet sind, schreibt Michael Hermann.
Wie viele Lehrer im Kreis Hall fehlen, lässt sich nicht exakt sagen. Es
hängt von der Zahl der Flüchtlinge
ab, die noch kommen. „Wir reagieren auf die Entwicklungen“, so Nadine Hilber aus der Presseabteilung
des RP.
Punktuell verschärfe sich die
Lage durch die Flüchtlinge im Schulamtsbezirk Künzelsau, zu dem
auch der Kreis Hall gehört, aber:
„Wir haben in den Vorbereitungsklassen für ausländische Kinder
und in den Sprachförderklassen
noch Plätze frei“, teilt Schulamtsdirektorin Ursula Jordan mit. Vorhersehbar war der Lehrermangel wegen besonders vieler Pensionierungen nicht. Allerdings haben die
Grund- und Realschulen zum
neuen Schuljahr mehr Lehrer bekommen, die jetzt fehlen. Die Lehrerreserve sei voll im Einsatz.
Die Schulen versuchen auch, Teilzeitlehrer zum Aufstocken zu bewegen. In der Praxis ist das aber kaum
erfolgreich: „Die meisten Lehrer stocken wenig auf, da sie das Teildeputat aus bestimmten Gründen wie Familie gewählt haben“, stellt Jordan
fest.
Pensionierte Lehrer konnten bisher nur bis zu sieben Stunden wöchentlich arbeiten, ohne ihre Pension zu gefährden. Das soll sich ändern, damit sie ohne Auswirkung
auf ihr Ruhestandsgeld mehr arbeiten können, so die Auskunft aus
dem Kultusministerium.
600 zusätzliche Stellen
Aufruf Bis zum Jahresende 2015 rechnen
die Behörden mit rund 30 000 schulpflichtigen Flüchtlingskindern in Baden-Württemberg. Dafür sind noch in diesem Jahr 600
zusätzliche Lehrerstellen vorgesehen. Studienabgänger können voraussichtlich nur einen kleinen Teil des Bedarfs decken. Deshalb hat das Kultusministerium 30 000 pensionierte Lehrer angeschrieben, um sie wieder in den Schuldienst zu nehmen.
siba
Finanzausschuss
berät über den
Haushalt 2016
Aufgaben zwischen den Akteuren verzahnen
Mit dem Etat 2016, der Breitbandversorgung und dem Bau
von Wohngebäuden für Flüchtlinge beschäftigt sich der Finanzausschuss des Kreistags.
Vertreter aus den Bereichen Bildung und Wirtschaft informieren sich über Chancen für Migranten im Schulsystem und auf
dem Arbeitsmarkt. Vier Referenten teilen ihre Erfahrungen mit
und regen zur Diskussion an.
Schwäbisch Hall. Die nächste Sitzung des Kreistags-Ausschusses für
Verwaltung und Finanzen beginnt
am Dienstag, 15. Dezember, um
14.30 Uhr im Sitzungssaal des Landratsamtes.
Auf der Tagesordnung steht unter
anderem die Vorberatung für den
Haushaltsplanentwurf 2016. Der
Ausschuss diskutiert zudem über
die Breitbandinfrastruktur im Landkreis Schwäbisch Hall. Ein weiteres
Thema ist eine Anfrage der CDUFraktion: Personalentwicklung in
den technischen Ämtern.
Auch die Asylpolitik wird die
Kreistags-Mitglieder beschäftigen.
Konkret geht es um den Bau von
Wohngebäuden für Flüchtlinge.
Das Gremium spricht außerdem
über das Modellprojekt der Kulturstiftung des Bundes: Transformation von Kultureinrichtungen in
strukturschwachen Regionen.
Die Tagesordnung umfasst auch
eine Änderung der Hauptsatzung
des Landkreises Schwäbisch Hall.
Zudem soll die Gemeinde- und
Kreisgrenze zwischen der Gemeinde Michelfeld und der Stadt
Waldenburg wegen einer Flurbereinigung geändert werden.
Arbeitskreis Schule/Wirtschaft des Landkreises trifft sich zu Vortrag in der Agentur für Arbeit
LAURA ALVIZ
Schwäbisch Hall. Trotz der wiederholten Beteuerung, dass andere
Migranten wegen des Flüchtlingsproblems nicht vergessen werden
dürfen, dreht sich der Vortrag des Arbeitskreises Schule/Wirtschaft vor
Kurzem kaum um etwas anderes.
Allgemeiner Konsens besteht darüber, dass das Erlernen der deut-
Sprache ist nicht
der einzige Schritt
zur Integration
schen Sprache den wichtigsten
Schritt der Integration darstellt,
aber auf keinen Fall der einzige sein
darf. Darüber hinaus stimmen alle
Referenten darin überein, dass die
staatlichen und privaten Institutionen miteinander und mit Ehrenamtlichen kooperieren müssen, um
den Flüchtlingen zu helfen.
Der Arbeitskreis Schule/Wirtschaft bringt Lehrer und Vertreter
Thomas Kuhn begrüßt den Arbeitskreis Schule/Wirtschaft. Etwa 30 Vertreter aus
Foto: Laura Alviz
den Bereichen Bildung und Unternehmen sind gekommen.
von Unternehmen aus dem Landkreis an einen Tisch. Sie nehmen gemeinsam an Vorträgen und Podiumsdiskussionen teil und besuchen Firmen. Das aktuelle Jahresthema lautet „Gesellschaft im Wandel: zwischen Migration, Integration und Generation Y. Wie kann
man alle Potentiale entfalten?“.
Thomas Kuhn ist Direktor des Realschulzweigs der Gemeinschaftsschule im Schulzentrum West und
Vorsitzender des Arbeitskreises von
Seiten der Schule. Er findet den Termin in der Agentur für Arbeit wichtig, weil es beim Thema Migration
viele Schnittmengen zwischen den
Bereichen Bildung und Wirtschaft
gibt. Werner Ehret, Personalleiter
der Sparkasse Schwäbisch HallCrailsheim und Vorsitzender des Arbeitskreises von Seiten der Wirtschaft, ist dieses Schuljahr zum ersten Mal dabei. Er löst Klaus Belzner
ab, der ebenfalls von der Sparkasse
kam. Ehret meint, dass junge Menschen davon profitieren, wenn
Schule und Wirtschaft näher zusammenrücken. Unternehmen erführen, welche Anforderungen Schüler
beispielsweise an einen Ausbildungsplatz oder ein Praktikum haben und Angebote könnten darauf
zugeschnitten werden.
Martina Steinecke, Dezernatsleiterin im Landratsamt, referiert über
die Steuerung der Migration in
Schwäbisch Hall, wobei sie hauptsächlich von der Flüchtlingsunterbringung
berichtet.
Marliese
Hanschke, Schulleiterin der SibillaEgen-Schule, erzählt vom Unterricht in den Vabo-Klassen (Vorqualifizierung Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen). Die Schüler dort seien äußerst
lernwillig.
Axel Schmidt, Leiter des KolpingBildungszentrums, stimmt ihr zu.
Er bedauert, dass Migranten nach
dem Abschluss eines Sprachkurses,
der ihnen nur Standardvokabular
aus vertrauten Bereichen vermittelt, keine finanzielle Unterstützung für die Weiterbildung im Deutschen erhalten. Deutsch auf diesem
Niveau reiche nicht für die Ausübung einer höherwertigen beruflichen Tätigkeit oder Ausbildung.
Thekla Schlör, Vorsitzende der Agentur für Arbeit, hält es für essentiell,
die vielfältigen Aufgaben zwischen
den Akteuren zu verzahnen.
Thomas Kuhn zieht ein zuversichtliches Fazit. „An diesem Abend
ist uns bewusst geworden, dass
viele Institutionen etwas gemacht
haben, ohne davor zu wissen, was
die anderen tun. Dem können wir
mit diesen neuen Erkenntnissen
entgegensteuern.“ Werner Ehret
hält die Veranstaltung für einen Erfolg. „Es waren viele Leute da und
sie haben mit zahlreichen Rückfragen ihr Interesse bekundet.“