Sachverhalt Fall 5

Tutorat im HaWi FS 16
Fall 5: Immaterialgü terrecht
Sachverhalt 1
Der bekannte Kunstmaler Arturo Pintura verkaufte letzten Herbst eines seiner besonders
gelungenen, neuen Bilder an die interessierte Käuferin Kira Köpare (von Beruf Ärztin) für
rund 1 Mio. CHF. Nun hat Pintura aber erfahren, dass Köpare gedenkt, sein 2014
erstandenes Werk für einen Betrag von rund 2 Mio. CHF an einen befreundeten
Kunstliebhaber Damiano Cultore zu verkaufen. Pintura ist darüber nicht erfreut. Er möchte
den Kauf verhindern oder wenigstens am Gewinn beteiligt werden. Er findet es unfair, dass
er als Maler, dem das Bild ja zu verdanken ist, nicht von dessen offensichtlicher
Wertsteigerung profitieren kann. Gehen Sie davon aus, dass Pinturas Bild die Anforderungen
von Art. 2 URG erfüllt und daher ein Werk im Sinne des Urheberrechts und das URG
anwendbar ist. Beide Verkäufe werden in der Schweiz getätigt.
Pintura kommt zu Ihnen und möchte wissen:
1) Welche Rechte ihm aus dem Urheberrecht am Bild erwachsen? Welche vorliegend
tangiert sein könnten?
2) Ob er aufgrund dieser Rechte Ansprüche an den Verkaufserlös stellen oder Kira
Köpare den Kauf verbieten darf?
Variante 1:
Kira Köpare versichert Damiano Cultore glaubhaft, dass das Bild aus einer frühen
Schaffensphase von Arturo Pintura stamme. Aus dieser Zeit gibt es sehr wenige Bilder auf
dem Markt. In Wahrheit ist das Bild aber, wie im SV ersichtlich, neu. Cultore ist wegen des
Seltenheitswerts des Bildes bereit die 2 Mio. CHF in das Bild zu investieren.
3) Handelt Kira Köpare unlauter im Sinne des UWG?
Variante 2:
Gehen Sie in Abweichung vom ersten Sachverhaltsabschnitt davon aus, dass Maler Arturo
Pintura das Bild in Spanien erschaffen hat. Kira Köpare ist schweizerisch-schwedische
Doppelbürgerin. Sie lebt in Schweden, wo sie das Bild anlässlich einer Ausstellung von
Pintura selber erworben hat. Köpare möchte das Bild nun dem in der Schweiz wohnhaften
Cultore verkaufen. Der Verkauf soll in der Schweiz stattfinden und daher dem OR unterstellt
sein. Pintura fragt sich, wie im obigen Sachverhaltsabschnitt, ob er den Kauf verbieten oder
am zusätzlichen Erlös beteiligt werden kann. Er bringt vor, einem Verkauf in die Schweiz so
nie zugestimmt zu haben.
4) Kann Pintura gegen den Verkauf vorgehen? Es sind nur allfällige Ansprüche aus dem
URG zu prüfen.
Fall 5: Immaterialgüterrecht
Angelika Murer
Tutorat im HaWi FS 16
Sachverhalt 2
Arturo Pintura ist unter die Erfinder gegangen. Er hat eine neuartige Staffelei entwickelt, die
sich besonders klein zusammenklappen und dadurch leicht transportieren lässt. Diese
Erfindung meldet er beim EPA an. Das Patent wird mit Wirkung für alle Vertragsstaaten der
EPÜ gewährt. Zur Kommerzialisierung seines Produktes gründet er die Utensilio AG, der er
sämtliche nach dem SV gewährten Patente überträgt. Die Utensilio AG lässt die Staffelei in
Spanien herstellen. Um den dortigen Vertrieb sicherzustellen, schliesst die Utensilio AG
einen Vertrag mit Patricia Santo, welche den Vertrieb in ganz Spanien übernimmt. In der
Schweiz hingegen übernimmt die Peinture CH, eine 100%-ige Tochtergesellschaft der
Utensilio AG, den Vertrieb. Auf dem für die Peinture CH relevanten Markt, der sich regional
auf die Schweiz beschränkt, machen die Staffeleien der Utensilio AG 70% aller verkauften
Staffeleien aus. Die anderen 30% verteilen sich auf zwei weitere Hersteller mit 10% und 20%
Marktanteil. Die Staffeleien der zwei Konkurrenten können aber qualitativ nicht mit
denjenigen der Utensilio AG mithalten, da es sich um ältere, weniger praktikable
Entwicklungen handelt. Die Peinture CH ist der einzige Vertriebskanal für die Staffeleien der
Utensilio AG in der Schweiz. Händler Beat Meier aus der Schweiz wird auf diesen Umstand
per Zufall in einem Spanienurlaub aufmerksam. Er gelangt daher an Patricia Santo und bittet
um eine Offerte. Weil ihn der Import von Spanien viel billiger kommt, bezieht er die Ware in
der Folge direkt von dort.
5) Kann die Utensilio AG den Import aufgrund des Patentrechts verbieten?
6) Kann die Utensilio AG Patricia Santo und weiteren europäischen Händlern
rechtmässig vertraglich untersagen in die Schweiz zu liefern? Beantworten Sie die
Frage alleine aufgrund der Bestimmungen des KGs. Gehen Sie davon aus, dass der
Geltungsbereich des KGs ansonsten eröffnet ist und es sich bei einem allfälligen
Vertrag zwischen den Parteien um eine Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 4 Abs.
1 KG handeln würde. Setzten Sie Ihre Prüfung also sodann bei der Frage des
Verhältnisses zwischen den beteiligten Wettbewerbern fort. Klären Sie ob eine
Vermutung für die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs vorliegen könnte und ob
diese Vermutung vorliegend allenfalls wiederlegt werden könnte.
Variante:
Die Utensilio AG lässt die Staffelei ausserhalb vom EWR herstellen. Es gibt keine Vertreiber in
der Schweiz oder einem EWR-Staat.
7) Ändert sich Ihre Antwort zu Frage 5?
Fall 5: Immaterialgüterrecht
Angelika Murer