Medizin geschichte in Flaschen - Historisches Museum Frankfurt

Medizin­
geschichte in
Flaschen
Die Sammlung Rosak
4. Kabinettstück
des historischen museums frankfurt
Medizin­
geschichte in
Flaschen
Die Sammlung Rosak
Medizin­
geschichte in
Flaschen
Die Sammlung Rosak
2Die Sammlung Rosak
6Vielfalt aus Frankfurt
10Vom Teer zur „Apotheke
der Welt“ – Die chemische
Industrie in Höchst
16Frankfurt und die chemische
Industrie
20Frankfurt und das Insulin
26Typologie der Verpackungen
30Literaturverzeichnis
31Impressum
Antipyrin
Farbwerke Hoechst, 1883
Die Sammlung Rosak
2
3
Die vierte Kabinettausstellung im Saalhof widmet sich Objekten aus einer
Sammlung über Medizingeschichte. Behältnisse wie Glasflaschen, Blechdosen,
Pillenschachteln und vieles mehr aus der Sammlung von Professor Dr. med.
Christoph Rosak beleuchten die Vielzahl von Firmen und Produktionen in
Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Die Schau ergänzt und verlängert die zur gleichen Zeit stattfindende Ausstellung „Arsen und Spitzenforschung. Paul Ehrlich und die Anfänge einer
neuen Medizin“. Aus dem großen Ensemble haben wir die Stücke ausgewählt,
die einen Einblick in die Entwicklung und Vielfalt der Verpackungen der
Arzneimittel im 19. und im frühen 20. Jahrhundert geben. Sie stehen zugleich
für Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet, denn hier waren und sind besonders viele Pharmazie-Unternehmen ansässig. Das alles präsentieren wir in
fünf Kapiteln: Im ersten führen wir die Vielfalt der Dosen und Verpackungen
von Herstellern in und um Frankfurt vor. Dann beschäftigen wir uns mit
Stücken, die im Zusammenhang mit den Farbwerken in Höchst stehen. Wir
beleuchten als drittes die Produkte der führenden Chemieunternehmen
Deutschlands, die sich in Frankfurt zur Interessengemeinschaft I.G. Farben
zusammenschlossen. Ein Kapitel widmen wir dem Insulin und seinem Bezug
zu Frankfurt. Als letztes stellen wir eine kleine Typologie von Behältnissen
und Verpackungen vor.
Schon beim Betreten der Praxis von Christoph Rosak wird seine große Sammelleidenschaft für alle sichtbar: Im Wartezimmer und in den Fluren stehen
Vitrinen, die thematisch geordnet einen Einblick in die Sammlung geben.
Die wichtigsten Stücke stehen immer in Sichtweite im Büro. Und ähnlich wie
im Museum, liegen die meisten Stücke sozusagen im Depot – in der Praxis
nehmen viele Schubladen und Schränke die Stücke auf. Rosak fand seine
Stücke zu Beginn ganz klassisch auf Floh- und Antikmärkten oder in einschlägigen Läden. Mittlerweile nutzt er für die Suche gerne das Internet und ganz
besonders Ebay. Auf dieser Plattform werden heute die meisten Stücke aus der
Medizingeschichte weltweit gehandelt; auch viele Sammler tauschen sich
hier aus.
Eine Sammlung ist nie vollständig; auch die Sammlung Rosak nicht. Der
Sammler erwarb in Hinblick auf die Ausstellung nochmals einige Stücke,
die wir hier zeigen. Besonders freuen wir uns über die Glasröhrchen, die das
Chemotherapeutikum Salvarsan enthalten. Damit schließt sich der Kreis:
das arsenhaltige Syphilisheilmittel hatte der Nobelpreisträger Paul Ehrlich in
Frankfurt entwickelt.
Insulinspritze
um 1950
Die Sammlung und ihr Sammler
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Der Beginn einer Sammlung gestaltet sich oftmals vielfältig – manchmal steht
ein gezieltes Sammelinteresse, ein Nachlass oder der Zufall am Anfang.
Christoph Rosak begann seine etwa 7.500 Stücke umfassende medizinhistorische Sammlung in den 1980er Jahren eher zufällig als geplant. Die ersten
Stücke, eine historische Insulinspritze und dazugehörende Utensilien, stammen
von der Mutter einer Patientin, die ihm die Stücke überreichte. Die Erinnerung an die Mutter, die so stark mit der Krankheit verbunden war, sollte nicht
verlorengehen. Als Internist und Diabetologe hat Rosak natürlich immer den
neuesten Stand der Forschung im Blick. Doch auch der Blick zurück fasziniert
ihn, und somit steht die Insulinspritze für die Passion, die Medizingeschichte
noch auf eine andere Art und Weise kennenzulernen.
Das erste Stück bekam einen prominenten Platz in seinem Arbeitszimmer
im Universitätsklinikum. Der Auslöser, eine Sammlung anzulegen, war die
positive Reaktion seiner Patienten auf die Stücke. Die Patienten fühlten sich
dadurch angeregt, über die eigene (Krankheits-)Geschichte und den Umgang damit zu sprechen. Und manche Patienten ließen sich dazu verleiten, ihm
weitere Stücke zu geben – die Sammlerleidenschaft war damit geweckt. Aus
einer kleinen Spezialsammlung zur Geschichte der Zuckerkrankheit wurde
im Laufe der Zeit eine medizinhistorische Sammlung, zu der Medizinbehältnisse in Flaschen, Blech- oder Bakelitdosen, Zinngefäße, Pappschachteln,
Porzellantiegel (mit und ohne Vignetten), Artikel zur Pharmazie-Herstellung
wie Mörser und Waage, Haus- und Reiseapotheken gehören – um nur einige
der Stücke zu nennen. Die Sammlung erstreckt sich auf die Zeit von ca. 1850
bis 1950. Nicht die „klassischen“ Glas- und Keramikgefäße der mittelalter­
lichen Apotheken stehen im Mittelpunkt, sondern der Übergang von den Arzneimitteln aus Naturprodukten oder der Pflanzenheilkunde zu industriell
hergestellten Pharmaka und deren Verpackungen. Die Sammlung zeigt auch
die Karriere auf, den das Abfallprodukt Teer über die Teerfarben hin zu Medikamenten genommen hat – das bietet sich allein deshalb an, da einer der
führenden Protagonisten, die Farbwerke in Höchst, in unmittelbarer Nähe
liegt.
Rosak erwirbt nicht nur prominente Stücke für die Sammlung, sondern
freut sich darüber hinaus auch über kleine Funde wie etwa eine seltene
Dose der Mullgipsbinde aus Stettin, die nur überlebt hat, weil sie zwischenzeitlich als Behältnis für Zimt benutzt wurde, was die eingravierte Schrift
im Deckel verrät.
Frank Berger und Nina Gorgus
Arsen in Kristallform
Smith, Edinburgh, um 1910
Salvarsan
Farbwerke Hoechst, 1910
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Flasche
Goethe-Apotheke, um 1900
Flasche
Weißfrauenapotheke Frankfurt,
um 1910
Balsam Acht
Much Bad Soden, um 1935
Periphyllin
Chemiewerk Homburg, um 1940
Vielfalt aus Frankfurt
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Bis ins 15. Jahrhundert hinein gehörten in Frankfurt die Apotheken, der Gewürz- und Delikatesshandel und die sogenannten Materialisten (auch Drogisten genannt) zusammen. In diesen Läden, die oft auch Zuckerwaren führten,
erfolgte zum Teil auch die eigene Herstellung von Arzneimitteln. Dies machte
die schon im 13. Jahrhundert unter dem Stauferkaiser Friedrich II. erfolgte
Trennung von Arzt (Heilkunde) und Apotheker (Heilmittel) möglich. Die
Anzahl und den Verkauf selbst regelten sogenannte Medizinalordnungen,
eine Auflistung von den Mitteln und den Preisen, die die jeweiligen Obrigkeiten festlegten. Die Frankfurter Taxe von 1582 galt in vielen anderen Städten
als Vorbild.
Im Laufe des 17. Jahrhundert wurden die einzelnen Sparten voneinander
getrennt. Zuckerbäcker durften keine Arzneimittel mehr verkaufen; Materialisten nur noch in größeren Mengen. In Frankfurt eine Apotheke zu besitzen,
lohnte sich, denn hier konnten hohe Einnahmen erzielt werden. In der Altstadt teilten sich fünf Apotheken den Markt: Die Schwanen-Apotheke an der
Neuen Kräme, die Kopf-Apotheke am Alten Markt, die Engel-Apotheke an
der großen Sandgasse, die Einhorn-Apotheke in der Schnurgasse und schließlich die Hirsch-Apotheke in der Höllgasse beim Pfarrturm, die 1463 erstmals erwähnt wurde.
Die meisten Apotheker stellten Arzneimittel selbst zusammen und verwendeten dafür eigene Verpackungen. Hier spielte nicht so sehr wie heute der
Name des Medikaments eine Rolle, sondern die Dose oder Schachtel zeigte
ganz prominent den Namen der Apotheke.
Mit Einführung der Gewerbefreiheit 1864 vergrößerte sich auch die Zahl
der Apotheken. 1894 gab es bereits 15 Apotheken in Frankfurt und zwei in
Bockenheim, das damals noch nicht eingemeindet war. Daneben konnten sich
71 Firmen für chemische, medizinische, pharmazeutische und photographische Präparate und Produkte etablieren.
Treupel’sche Tabletten
Chemiewerk Bad Homburg, um 1940
Recto-Serol
Merz Frankfurt, um 1930
Filmaron
Engelhard Frankfurt, um 1910
Zinkpasta
Taunus-Apotheke-Frankfurt, um 1930
Terpinol-Pastillen
Hirsch-Apotheke Dr. Fresenius
Frankfurt, um 1910
Von kleinen Apotheken
zu Unternehmen in Weltformat
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Aus Apotheken mit eigenen Offizinen entstanden oft auch größere Produktionsorte, die zum Teil bis in die Gegenwart noch tätig sind. Ein Beispiel dafür
ist die Hirsch-Apotheke, die nach unzähligen Besitzer- und Standortwechseln heute noch in der Innenstadt zu finden ist. Im 20. Jahrhundert erweiterte
der damalige Inhaber Eduard Fresenius 1912 sein Labor zu einem kleinen
Produktionsbetrieb. Seine Besonderheit war ein automobiler Lieferservice –
damals eine große Innovation. Aus dieser Apotheke entstanden später die
Großkonzerne Fresenius SE & Co. KGaA und Fresenius Medical Care.
Auch die Rosen-Apotheke im Nordend hatte klein angefangen, bis 1872
daraus die Firma Engelhard Arzneimittel entstand. Der Apotheker Karl Philipp
Engelhard war ein Schüler des Chemikers Justus von Liebig. Engelhards
Spezialität war das Fertigarzneimittel „Isländisch Moos Pasta“ gegen Husten
und Heiserkeit. Das Unternehmen ist heute noch in Familienbesitz und betreibt eine Produktion in Niederdorfelden.
Der Apotheker Friedrich Merz gründete 1908 eine pharmazeutische Fabrikation. Sie befindet sich ebenfalls in Familienbesitz und hat nie den Hauptsitz
an der Eckenheimer Landstraße gewechselt. Merz entwickelte 1911 das erste
Verhütungsmittel Patentex. Schon früh entstanden weitere Niederlassungen
in Wien, Zürich, London und Newark/USA. Schönheitsmittel und Psychopharmaka bestimmen heute die Produktpalette.
Die 1716 gegründete Hof-Apotheke in Homburg machte ab 1889 ihr Geld
mit Mineral-Pillen. Der damalige Apotheker Dr. Rüdiger entwickelte auch
Produkte wie „Kamillosan“ und die „Treupel’schen Tabletten“ – diese Tabletten
gegen Fieber und Schmerzen entwickelte der Arzt Gustav Treupel vom HeiligGeist-Hospital in Frankfurt. Unter dem Namen „Chemiewerk Homburg“
siedelte die dann von der Apotheke ausgelagerte Firma 1927 nach Frankfurt
über, die dann später von Degussa übernommen wurde.
Medikamentendose
Einhorn-Apotheke Frankfurt, um 1910
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Dialon
Engelhard Frankfurt,
um 1910
Aether und
Anästhesie-Maske
ca. 1930
Diphterie-Heilmittel No. 2
nach Behring-Ehrlich,
Farbwerke Hoechst, um 1910
Vom Teer zur „Apotheke der Welt“
– Die chemische Industrie in Höchst
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Es verwundert nicht, in einer medizingeschichtlichen Sammlung viele frühe
Stücke aus Frankfurt-Höchst zu finden: Ein Teil deutscher PharmazieGeschichte wurde schließlich in und um Frankfurt geschrieben.
Da in Frankfurt selbst wegen der starren Bestimmungen chemische Produktionen nicht möglich waren, kam es außerhalb der Stadt zu Firmengründungen – in Höchst, Griesheim oder Fechenheim.
Die Hoechst AG war seit der Gründung als „Theerfarbenfabrik Meister
Lucius & Co“ 1863 ein erfolgreiches Unternehmen, das mit synthetischen Farbstoffen und Medizin weltweit agierte und bis heute, übernommen vom
französischen Unternehmen Sanofi, insbesondere pharmazeutische Produkte
herstellt. Der Standort beherbergt als Industriepark Höchst über 90 Firmen.
Das erste Chemotherapeutikum Salvarsan und Schmerzmittel wie Antipyrin
wurden hier erfunden und in die ganze Welt exportiert. Für Hoechst arbeiteten Nobelpreisträger wie Robert Koch, Paul Ehrlich und Emil von Behring.
Am Anfang stand der Teer, ein Nebenprodukt aus den Kokereien, die
Koks für die Stahlgewinnung im Hochofen vorbereiteten. Aus dem Teer wiederum konnte unter anderem Anilinöl gewonnen werden – der Ausgangsstoff für viele Teerfarben war gefunden. Die Teerfarbenchemie erlebte Mitte
des 19. Jahrhunderts in ganz Europa einen großen Boom. Beginnend von
England breiteten sich die neuen Entwicklungen auch in Deutschland aus.
Farben wurden bis dahin aus pflanzlichen, mineralischen oder tierischen
Stoffen aufwendig hergestellt. Die ersten synthetischen Farben waren deshalb
eine Sensation – vor allem die Textilindustrie profitierte davon. Die Teer­
farben standen auch am Anfang der Pharmaindustrie.
Panflavin
Farbwerke Hoechst und
Leopold Casella, um 1935
Valyl-Perlen
Farbwerke Hoechst, um 1890
Süsstoff
Farbwerke Hoechst, um 1900
Neosalvarsan
Farbwerke Hoechst, um 1912
Die Rotfabrik
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Die „Theerfarbenfabrik Meister Lucius & Co.“ entstand 1863 in der Stadt
Höchst, die damals noch zum benachbarten Herzogtum Nassau gehörte und
im Gegensatz zur Freien Stadt Frankfurt zu der Zeit die Industrieansiedlung förderte. Gründerväter waren Carl Friedrich Wilhelm Meister, Eugen
Lucius und Ludwig August Müller, der 1865 ausschied. Ihm folgte der bis
dahin Technische Direktor Adolf von Brüning nach. Das Unternehmen firmierte zu der Zeit unter den Namen „Farbwerke Meister Lucius und Brüning“,
später unter „Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brüning“. Seit 1877 gilt der
nassauische Löwe als Firmenzeichen. Anilin, Fuchsin und ab 1869 Aldehydgrün waren die ersten synthetischen Farbstoffe, die (nicht nur) in Höchst
hergestellt wurden.
1869 war es den Chemikern Carl Graebe und Carl Liebermann dann gelungen, mit Alizarin den ersten Farbstoff synthetisch zu gewinnen und somit
den Bestandteil aus einer Pflanzenwurzel zu ersetzen. Mit dem „türkischrot“
traten die synthetischen Farbstoffe ihren Siegeszug in den europäischen Teerfabriken an, auch in Höchst. Da der Verbrauch von Anilinöl stetig stieg, begann Hoechst eine eigene Produktion und begründete damit den bis heute
aktuellen Standort in Höchst. Die in großen Chargen hergestellten roten Farbstoffe führten dann auch zum Namen „Rotfabrik“: Bei der Produktion
färbte sich der Main wohl immer wieder rot und die Arbeiter wiesen häufig
rote Hände auf.
Hoechst produzierte viele der Farben in Lizenz. Das Aldehydgrün war
das erste Patent direkt aus Höchst: die synthetische Farbe entfaltete anscheinend besonders im Gaslicht einen schönen Glanz und verhalf Höchst zur
weltweiten Bekanntheit. Noch heute zeugen die charakteristischen Glasfläschchen mit Farbpulvern von dieser Ära.
Pyramidon
Flasche, um 1900
Pyramidon
Farbwerke Hoechst, ca. 1889–1960
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Thiogenazurin II R
Farbwerke Hoechst, um 1890
Diazanilscharlach 6
Farbwerke Hoechst, um 1900
Wie kam die Farbe zur Medizin?
Pyramidon
Farbwerke Hoechst, um 1890
Alizarin III für Rotdruck
Farbwerke Hoechst, um 1869
Brilliant orange
Farbwerke Hoechst, um 1900
14
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Die drei großen marktführenden Unternehmen BASF, Bayer und Hoechst
waren ständig auf der Suche nach Innovationen der Herstellungsverfahren,
nach neuen Farben und Anwendungsgebieten. Es gab engen Kontakt und
Austausch zwischen Industrie, Forschung und Universitäten. Es lag nahe, die
Erkenntnisse, die mit den Teerfarben gemacht wurden, auch für die Herstellung von Arzneimitteln, die auch bislang aus pflanzlichen Bestandteilen gewonnen wurden, einzusetzen.
Das erste Arzneimittel der Farbwerke Hoechst war 1884 das Medikament
Antipyrin, das schmerzstillend und fiebersenkend wirkte. Es ersetzte das
bislang verwendete Chinin aus der Rinde des Chinarindenbaums aus dem
Hochwald der Anden. Der Chemiker Ludwig Knorr hatte den Wirkstoff
entdeckt und die Farbwerke hatten das Patent übernommen. Hoechst entwickelte das Medikament weiter. Das dreimal so starke Pyramidon kam 1897
auf den Markt und hielt sich 80 Jahre lang. Die unterschiedlichen Verpackungen im Laufe der Zeit spiegeln die grafischen Veränderungen von Logo und
Schrift wider.
Für die Farbwerke arbeiteten eine Reihe von Forschern und Laboren:
Hoechst führte die Forschung des Mikrobiologen, Immunforschers und späteren Nobelpreisträgers Robert Koch gegen die Tuberkulose weiter und konnte
ein eigenes Präparat auf den Markt bringen. Diphterie war eine weitere Volkskrankheit, gegen die die Farbwerke tatkräftig mit Emil von Behring ins Feld
zogen. Das Serum gegen Diphterie aus Höchst war 1901 die Grundlage für
den ersten Nobelpreis für Medizin.
Ein weiterer Nobelpreisträger trat zu Beginn das 20. Jahrhundert in die
Dienste der Farbwerke: Paul Ehrlich. Er hatte sich schon ganz früh im Rahmen
seiner Dissertation mit der Farbanwendung in der Medizin beschäftigt –
dafür auch Farben aus Höchst verwendet – und für seine Methode der Erkennung von Wirksamkeit von Impfseren 1908 den Nobelpreis bekommen. In
Frankfurt widmete er sich dann den Forschungen an Substanzen gegen die
Geschlechtskrankheit Syphilis.
Nach vielen (Tier-)Versuchen fand Ehrlich mit seinem Mitarbeiter
Sahatschiro Hata das Präparat 606, das sich wirksam gegen die Erreger von
Syphilis zeigte. Mit diesem Präparat begannen die klinischen Studien, die
dann zum Medikament Salvarsan führten. Das erste Salvarsan wurde in Glas­
ampullen abgefüllt, da der Stoff mit Sauerstoff giftig reagierte. Sie sind heute
in Sammlerkreisen eine echte Seltenheit. Das „Heilende Arsen“ stellt den
Beginn der Chemotherapie dar. Die arsenhaltige Arznei galt als eine sehr große
Errungenschaft in der Medizingeschichte, war aber aufgrund der Nebenwirkungen nicht unumstritten. Das Medikament wurde als „Neo-Salvarsan“
noch eine Weile weiterentwickelt. Das machen die vielen unterschiedlichen
Verpackungen deutlich.
In den 1970er Jahren war die Pharma-Industrie in Höchst weltweit so
präsent, dass der Spitzname „Apotheke der Welt“ entstand. Die vielen Produkte, die damit verbunden sind, kann freilich ein einzelner Sammler gar
nicht alle erwerben.
Wollrot
BASF Ludwigshafen, um 1870
Curare
Merck Darmstadt, um 1900
Frankfurt und
die chemische Industrie
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In Frankfurt konzentrierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die deutsche
Farbstoffindustrie.
In der deutschen Teerfarbenindustrie gab es seit 1904 Bestrebungen zur
Bildung von Kooperationen, um die eigenen Interessen gegenüber der weltweiten Konkurrenz besser vertreten zu können und um den Markt aufzu­
teilen. Im Rhein-Main-Gebiet verbanden sich die Hoechster Farbwerke mit
der Leopold Cassella & Co, damals unter der Leitung von Leo Gans und den
Brüdern Weinberg, zum sogenannten Zweibund. Als dritte im Bunde kam 1906
die Chemische Fabrik Kalle AG in Biebrich (Wiesbaden) hinzu. Auch die
anderen chemischen Unternehmen bildeten solche Interessengemeinschaften:
Die Badische Anilin und Soda Fabrik (BASF) in Ludwigshafen schloss sich
1904 mit der Rummelsburger Firma Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrication (Agfa) und der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. zusammen.
1916 schlossen sich die Frankfurter mit BASF, Agfa und Bayer zur sogenannten „kleinen I.G. Farben“ zusammen. Die Unternehmen blieben weiterhin
rechtlich selbständig.
1925 erfolgte die Gründung der großen Interessengemeinschaft Farben als
Zusammenschluss der großen Chemiefirmen in Deutschland. Neben der
bereits genannten sechs Chemiefirmen kamen noch die Chemische Fabrik
Griesheim-Elektron (Frankfurt-Griesheim) sowie Chemische Fabriken
Weilerter Meer (Uerdingen) hinzu. Die I.G. Farben wirkte wie ein Kartell: Alle
Firmenvermögen wurden auf die BASF übertragen. Die Aktionäre erhielten
Maltina
Merck Darmstadt, um 1910
Beta-Naphtol
Merck Darmstadt, 1930
Aspirin
Bayer Elberfeld / Leverkusen,
ca. 1900–1970
Fanalviolett
I.G. Farben, um 1930
18
dafür BASF-Aktien zum gleichen Nennwert. Danach änderte die BASF ihren
Firmennamen in „I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft“. Jedes Einzel­
unternehmen wurde fortan als „Werk“ der I.G. Farben geführt. I.G. Farben
konzentrierte sich auf die Herstellung von Farbstoffen, Arzneimitteln,
Sprengstoffen und Fasern, auf Treibstoffe und Chemikalien.
Diese Bezeichnung lässt sich heute auch noch auf den Vignetten erkennen,
die die Produkte aus dieser Zeit trugen. Hierauf ist unschwer das Logo der
BASF, das Pferd und der Löwe, zu erkennen. Darunter steht: I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft. Als Orte werden genannt: Frankfurt a.M., Höchst
a.M., Leverkusen b. Köln a.Rh, Ludwigshafen.
Sitz des seinerzeit größten Chemieunternehmens der Welt war Frankfurt.
Die dort 1931 fertiggestellte Unternehmenszentrale des Architekten Hans
Poelzig – heute Sitz der Frankfurter Universität – war das größte Bürogebäude
Europas. Die Belegschaft umfasste 1926 94.000 Personen.
Den Nationalsozialisten war dieser Konzern wegen seiner angeblich jüdisch-kapitalistischen Struktur suspekt. Doch 1933 standen die I.G. Farben
bereits an der Seite Hitlers und wurden durch Arisierung von Firmen und
Übernahme von Werken in besetzten Gebieten zum größten und wichtigsten
Konzern der deutschen Kriegswirtschaft. I.G. Farben produzierte hauptsächlich für die Rüstung und setzte im hohen Masse Zwangsarbeiter ein. Auch
das Zyklon B, das Schädlingsbekämpfungsmittel, mit dem in den Konzentrationslagern Millionen von Menschen ermordet wurden, lässt sich mit
I.G. Farben verbinden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich der Konzern im Rahmen der
Nürnberger Prozesse seiner Verantwortung stellen. Die Alliierten leiteten
eine Aufspaltung und Ausgliederung des Konzerns ein, die 1951 vollzogen
wurde. Sogenannte „Farbennachfolger“ waren unter anderem Agfa, BASF,
Huels, Bayer, Farbwerke Hoechst, Kalle und Cassella Farbwerke.
Säure Cyanin
Bayer Elberfeld, um 1880
Jodothyrin
F. Bayer Elberfeld, um 1910
Holzkohle gekörnt
Merck Darmstadt, um 1920
Benzoformgelb
Bayer Elberfeld, um 1880
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Patientenbuch
von Carl von Noorden, 1929
Harnzuckerpolarimeter
Frankfurt, um 1930
Frankfurt und das Insulin
21
An der Erforschung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und der Entwicklung eines Medikaments haben sich viele Wissenschaftler aus aller Welt
beteiligt. Doch kaum jemand weiß, wie sehr der frühe Einsatz des Medikaments Insulin mit Frankfurt verknüpft ist. Wie kam Frankfurt zum Insulin?
Meilensteine in der Entwicklung einer wirksamen Medizin stellten die
Forschungen des Arztes Georg Ludwig Zülzer in Berlin 1906 dar. Er gewann
aus Kälberpankreata einen Extrakt, der den Blutzuckerspiegel bei Tierver­
suchen sinken ließ. Als Substanz „Acomatol“ (Firma Schering, Berlin) kam
das Mittel auf den Markt, wurde aber wegen starker Nebenwirkungen, wahrscheinlich Unterzuckerungen, wieder verboten.
Knapp 10 Jahre später, um 1914, begann Nicolae Paulescu, Professor für
Physiologie an der Universität Bukarest, ebenfalls aus Tierpankreata einen
Extrakt herzustellen, der bei zuckerkranken Hunden den Blutzucker senkte.
Er nannte diese Substanz Pancrein. Seine Forschertätigkeit wurde während
des Ersten Weltkriegs unterbrochen. Erst 1922 konnte er seine Ergebnisse veröffentlichen. Gleich danach erhielt er am 10. April 1922 das Patent für das
Herstellungsverfahren von Pancrein von dem Ministerium für Industrie und
Handel in Rumänien – sozusagen das erste Insulin.
Der weltweite Durchbruch des Insulins geschah nahezu zeitgleich aber in
Kanada: Forscher der Universität Toronto entwickelten 1921 ein Extrak­
tionsverfahren, das dann auch mit dem Nobelpreis belohnt wurde. Frederik
G. Banting und Charles Best und waren maßgeblich daran beteiligt, aus
Pankreasextrakten von Hunden bzw. fetalen Kälberbauchspeicheldrüsen
einen Blutzucker senkenden Extrakt herzustellen, der nach einem reinigenden Verfahren, das der Biochemiker James Collip entwickelte, auch am
Menschen angewendet werden konnte. Das Medikament wurde 1922 erstmalig erfolgreich bei einem Patienten angewendet.
Insulin
Lilly Indianapolis, ca. 1923
Urinprobengefäß
Brüssel, um 1925
Insulin
Farbwerke Hoechst, um 1970
22
Die Universität Toronto, die im Besitz des Patentes zur Insulinherstellung war,
übertrug dieses der Firma Eli Lilly in Indianapolis, USA. Die Firma erhielt
exklusiv die Genehmigung zur groß-industriellen Produktion. Die Chargen
wurden von einem neugegründeten Insulinkomitee der Universität ständig
auf Wirksamkeit und Qualität geprüft. Banting und Best gaben ihrem Präparat den Namen „Isletin“, der dann später in Insulin geändert wurde. In den
ersten Präparationen durch Lilly wurden beide Namen Isletin und Insulin
parallel verwendet.
In der „Vor-Insulin-Ära“, in welcher es noch kein Medikament für die
Behandlung eines erhöhten Blutzuckerspiegels gab, war der einzige Behandlungsansatz, durch Diät – also durch die Vermeidung von Zucker – in den
Zuckerstoffwechsel einzugreifen. Die diätetischen Vorgaben waren komplexer
und strikter als heute. Bei dem sogenannten Typ 1 Diabetes sind aufgrund
autoimmunologischer Vorgänge bei den Betroffenen die Insulin produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Somit kann kein körper­
eigenes Insulin entstehen. Dieser Mangel konnte durch kein Mittel ausgeglichen
werden. Mithilfe von Hungerkuren versuchte man, jeglichen nahrungs­
bedingten Blutzuckeranstieg zu vermeiden. Letztlich konnte die Krankheit
jedoch nicht behandelt werden und die Typ 1 Diabetes-Patienten verstarben
bald nach der Diagnosestellung.
Aus diesem Grund war die Gewinnung der Substanz Insulin aus tierischen
Bauchspeicheldrüsen sowohl für die betroffenen Patienten als auch für ihre
behandelnden Ärzte eine Sensation. Im Oktober 1923 berichten die Farbwerke
Hoechst von der Einführung des Medikaments Insulin aus eigener Produktion. Diese war komplex und anspruchsvoll: der Extrakt der Bauchspeicheldrüsen musste auf den Schlachthöfen gewonnen, eine funktionierende Kühl­
kette musste etabliert und qualifiziertes Fachpersonal erst gefunden werden.
Vor jedem Einsatz überprüfte und bewertete das Insulinkomitee aus Berlin
unter Vorsitz des Mediziners Oskar Minkowski die Chargen. Auch die anderen
großen deutschen Unternehmen wie Bayer, Merck, Kahlbaum und Schering
begannen Insuline für den deutschen Markt herzustellen.
Insulin
Farbwerke Hoechst, 1959
Insulin
Lilly Indianapolis, 1950
Insulin
Farbwerke Hoechst, 1953
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Blutlanzette und Pipetten
um 1950
Der „erste“ Insulinpatient in Frankfurt
Harnzucker-Testbesteck
USA, um 1940
Insulin
Lilly Indianapolis, um 1940
Insulinspritze
Lilly Indianapolis, um 1940
Sterilisationsgefäß
um 1940
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25
Schon 1895 gründete der damals weltbekannte Internist, Diabetologe und
Stoffwechselforscher Carl von Noorden gemeinsam mit dem Sanitätsrat
Eduard Lampe die „Privatklinik für Zuckerkranke und diätetische Kuren“
in der Schifferstr. 86 im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen.
Carl von Noorden hatte in seiner Klinik im Krankenhaus Sachsenhausen
die erste Anwendung und den Einsatz der frühen Insuline übernommen,
wissenschaftlich begleitet und ausgewertet.
Seine Publikation „Allgemeine Erfahrungen über 50 mit Insulin behandelte Diabetesfälle“, in der er den Krankheitsverlauf bei Patienten beschreibt,
die er in den Jahren 1923–1925 im Krankenhaus Sachsenhausen mit Insulin
behandelte, gehört zu den Klassikern der frühen Fachliteratur. Hier berichtete
der Arzt über die klinische Wirkung und die Anwendung von Insulin sowie
die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Behandlung und Betreuung
der Patienten. Darin heißt es: „Bei Kranken, die früher die größten Schwierigkeiten boten, Zucker und Acetonausscheidung auf ein erträgliches Maß
herabzusetzen, konnte in kurzer Zeit hohe Toleranz und völlige Aceton­
freiheit mit ihrer so überaus günstigen Rückwirkung auf Ernährungs- und
Kräftezustand erzielt werden“.
Im Krankenhaus lag auch ein in Saffianleder gebundenes Patientenbuch
aus, in das sich Patienten und Angehörige eintragen konnten. Aus einem französischsprachigen Eintrag erfahren wir, dass sich 1922/23 ein Patient aus
Konstantinopel in der stationären Behandlung von Carl von Noorden befand.
Es handelte sich um Isaac Aboaf, der sich 1922/23 für 15 Monate im Krankenhaus aufhielt und hier seinen Dank für die erfahrene Behandlung ausdrückt.
Dem Eintrag im Gästebuch sind zwei Fotografien beigefügt, die einen
jungen Mann zeigen.
Aboaf selbst schreibt dazu: „Wie Sie auf dem Foto Nr. 1 sehen, bin ich im
Dezember 1922 in einem sehr schlechten Zustand angekommen (…) ich wog
nur 54 Kilo. Dank Prof. C. von Norden, dem ich mein Leben verdanke, geht
es mir sehr viel besser und ich wiege nun 72 Kilo, wie Sie auf Foto Nr. 2 sehen
können“ (Vergl. S. 20).
Auf dem ersten Foto sieht man einen stark abgemagerten jungen Mann. Es
ist zu vermuten, dass er am Beginn einer Typ 1 Diabetes Erkrankung stand.
Das zweite Foto zeigt einen deutlich erholten jungen Mann. Man kann davon
auszugehen, dass Isaac Aboaf in dieser Zeit Insulin erhalten hat. Isaac Aboaf
wäre somit der erste personifizierte und fotografisch dokumentierte Insulinpatient vom Beginn der Insulinanwendung in Deutschland.
Laudanumflasche
Türkei, um 1930
Morphiumflasche
Böhmen, um 1900
Typologie der Verpackungen
26
27
Medizinische Objekte lösen stets Respekt, zuweilen sogar Angst aus. Der
Inhalt eines Gefäßes konnte von Schmerz befreien, heilen – aber auch einfach
nicht wirken, also die Krankheit verschlechtern oder gar den Tod herbeiführen. Deswegen ist die Verpackung eines Medikaments auch von höchster
Wichtigkeit. Vor allem in früheren Zeiten ging es darum, das Medikament
vor Verunreinigungen zu schützen und zugleich das kostbare Mittel zu bewahren. Heilmittel und Medikamente waren Abfüll- oder Packgut. Die
Tätigkeit des klassischen Apothekers bestand im Dosieren von Heilmitteln,
teils auch Giften, die er en gros eingekauft oder auch selbst hergestellt hatte.
Die Verpackung diente dem Schutz der Medikamente vor Verlust und Verunreinigung. Daraus entstand die Verkaufsverpackung, die die Apotheken
selbst herstellten und die neben Bezeichnung, Herkunft und Bestimmung auch
individuelle Hinweise zur Dosierung enthielt. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts
kam das Verfallsdatum hinzu.
Die Herstellung von Arzneien war aufwendig und deshalb teuer. Die
Pflanzen dafür mussten gesammelt oder angebaut, geerntet und bearbeitet
werden. Manche Pflanzen oder Bestandteile kamen aus anderen Ländern
und Erdteilen und über lange Handelswege nach Europa. Deshalb galt es, dafür
sichere Transportbehältnisse zu entwickeln. Auch die in Umlauf gebrachten
Medikamente benötigten dann eine adäquate Verpackung.
Glasflasche
wohl aus römischer Zeit
Spalt-Tabletten
Aluminium / Bakelit,
Much Bad Soden, ca. 1940–1960
Strichnin
Lilly Indianapolis, um 1930
Muminicum
Mumienextrakt, um 1880
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Eine sehr frühe Verpackung stellen die schon in der römischen Antike verwendeten Glasfläschchen dar, die Salben und Öle bargen. Andere Gefäße
dieser Zeit bestanden aus Holz oder Metall, vornehmlich Zinn. Die Gefäße
der frühneuzeitlichen Apotheken bestanden aus Keramik, Glas oder Holz,
seltener aus Metall. Der Name des Heilmittels war oft in der Keramik
eingebrannt.
Braunes, dunkelblaues oder schwarzes Apothekerglas schützte vor Oxi­
dation durch Licht. Schimmel konnte durch Span- oder Pappschachteln vermieden werden. Schutz vor Feuchtigkeit boten Dosen aus Blech. Darüber
hinaus gehörte ein Originalverschluss durch eine sogenannte Tektur über den
Korken oder den Glasstöpsel zur Grundausstattung. Die Tektur bestand
zumeist aus Papier; ein Bindfaden verschloss unterhalb der Randlippe das
jeweilige Glas- oder Porzellangefäß. Im 19. Jahrhundert kam oft noch eine
Bleiversiegelung hinzu, die das entsprechende Firmen- oder Apothekensiegel
trug. Die unverletzte Tektur und das nicht gebrochene Siegel bewiesen die
Unversehrtheit des Inhalts.
Auch die sich um 1850 aus den Apotheken entwickelnden pharmazeutischen Fabriken boten ihre Produkte in Verkaufsverpackungen an. Ein Wandel
der Medikamentenverpackung vollzog sich mit der industriellen Produktion
im späteren 19. Jahrhundert.
Während in früheren Zeiten die Beschriftungen auf Emaille oder Papiervignetten recht einfach waren, nahm deren Bedeutung im späten 19. und
frühen 20. Jahrhundert zu. Sie unterlagen auch gesetzlichen Vorgaben in ihrer
Ausführung; hinzu kamen dann die oftmals individuell gehaltenen Hinweise
auf Anwendung, Dosierung und Wirkung der Inhaltsstoffe. Gestaltung und
Beschriftung spiegelten den Zeitgeschmack wider. Form und Gestaltung
von Vignette und Schrift sind bei einigen frühen Verpackungen ästhetisch so
gelungen, dass sie heute auf uns wie Kunstwerke wirken. Zugleich wird das
bedruckte Papier zum wichtigen Werbeträger. Dafür sorgen die Aufkleber mit
Angaben von Namen, Zweck und dem Hersteller der Medizin. Auf diese
Weise ist das Produkt stets schnell zu erkennen.
Viele Firmen wie Hoechst, Bayer oder Merck entwickelten darüber hinaus
ein eigenes Logo, das scheinbar stets gleich blieb, aber sich über die Jahre
doch veränderte. Anhand des Logos auf der Verpackung lässt sich die Herstellung des Arzneimittels zeitlich bestimmen.
Holzflasche
China, 19. Jahrhundert
Glasflasche mit Pottasche
Neapel, um 1890
Waldglasflasche
ca. 1870–1910
29
Literatur
Impressum
150 Jahre Industriestandort Höchst. Einblicke in die Geschichte
der Farbwerke, der Hoechst AG und des Industrieparks Höchst.
Hrsg. von Infraserv 2013. Texte von Mathias Stühler. Höchst 2013.
Ausstellung
Medizingeschichte in Flaschen.
Die Sammlung Rosak
Bayer AG (Hg.): Meilensteine. 125 Jahre Bayer 1863 –1988.
Leverkusen 1988.
Vierte Kabinettausstellung im Saalhof
des historischen museums frankfurt
29. Oktober 2015 bis 3. April 2016
Ernst Bäumler: Ein Jahrhundert Chemie. Düsseldorf 1963.
Gesamtleitung
Jan Gerchow
Ernst Bäumler: Paul Ehrlich. Forscher für das Leben.
Frankfurt am Main 1980.
Konzeption
Christoph Rosak, Frank Berger, Nina Gorgus
Elisabeth Bennion: Alte Medizinische Instrumente. Stuttgart 1979.
Joseph Borkin: Die unheilige Allianz der IG Farben:
eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich. Frankfurt 1979.
Leihverkehr
Beate Dannhorn
Alexander Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte, Band 4.
Frankfurt 1925.
Ausstellungsgestaltung
Vitrinen: gillmann + schnegg, Basel
Prof. Ursula Gillmann, Matthias Schnegg
Fritz Ebner: Johann Heinrich Merck (1741–1791). Ein Leben für
Freiheit und Toleranz. Darmstadt 1991.
Broschüre
Medizingeschichte in Flaschen.
Die Sammlung Rosak
Viertes Kabinettstück des historischen museums frankfurt
Farbwerke Hoechst (Hg.): Forschung in Hoechst. Jubiläumsjahr 1963.
Weinheim 1963.
Farbwerke Hoechst (Hg.): Praktische Hinweise zur
Diabetes-Behandlung. Frankfurt 1967.
Herausgeber
Jan Gerchow
Werner Gaude: Die alte Apotheke. Stuttgart 1979.
Elisabeth Hughes, Breakthrough: The Discovery of Insulin and
the Making of a medical Miracle. New York 2010.
Texte
Christoph Rosak, Frank Berger, Nina Gorgus
I.G. Farbenindustrie AG (Hg.): Erzeugnisse unserer Arbeit.
Frankfurt 1938.
Abbildungen
historisches museum frankfurt, Uwe Dettmar
Volker Koesling / Florian Schülke: Pillen und Pipetten Facetten einer
Schlüsselindustrie. Berlin 2010.
Gestaltung, Satz und Reinzeichnung
Surface Gesellschaft für Gestaltung mbH, Frankfurt am Main
John Thomas Mahoney: Vom Heftpflaster bis zum Antihistamin.
Bilder aus der Geschichte der pharmazeutischen Industrie.
Düsseldorf 1961.
Druck und Verarbeitung
Henrich Druck + Medien GmbH, Frankfurt am Main
Carl von Noorden: Allgemeine Erfahrungen über 50 mit Insulin
behandelte Diabetesfälle. In: Klinische Wochenschrift 2, 1923,
S. 1968 –1970.
Dank
Wir danken den PraktikantInnen
Alexander M. Dappa, Jana Müller und Hannah Mages
W. Rhein: Arzneiverpackungen vergangener Jahrhunderte.
Kolwitz-Eichow, 2006.
Förderer
Wir danken Evonik Industries für die Unterstützung der Ausstellung
Walter Ried: Zur Insulingeschichte in Deutschland. Med. Diss.
Frankfurt am Main 1986
30
Günther Wolff: Zucker, Zuckerkrankheit und Insulin.
Remscheid-Lennep 1955.
31
ISBN 978-3-89282-057-4
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4. Kabinettstück
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