Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Gut ankommen in der Ausbildung Berlin braucht dich! Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Der vorliegende Jahresbericht für 2014 wurde am 1.06.2015 im Koordinierungsgremium des Konsortiums Berlin braucht dich! diskutiert und verabschiedet. Zum Koordinierungsgremium gehören: INancy Boy-Seifert, Der Polizeipräsident in Berlin; ISabine Dopke, Berliner Verkehrsbetriebe; ISabine Drochner, Zuckmayer-Schule; IReinald Fischer, Liebig Schule; ISabine Funk, Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule; IChristian Kahmann, Berliner Wasserbetriebe; ICharlotte Kruhøffer, Vivantes; IAndrea Orhan, Bezirksamt von Neukölln in Berlin; IVirginia Scharkowsky, Berliner Stadtreinigung; IKarl Heinz Wanninger, Senatsverwaltung für Inneres und Sport Gegenstand des Berichts Der Bericht stellt das Vorhaben Berlin braucht dich! sowie seine Weiterentwicklung im Jahr 2014 dar und skizziert die Perspektiven für 2015. Er ist wie folgt gegliedert: 2 Vorbemerkung: Was ist Berlin braucht dich!? 1. Die Zahlen im Jahr 2014 2. Konsolidierung von Berlin braucht dich! in der Metall- und Elektroindustrie 3. Optimierung der Qualifizierten Vierstufigkeit in Betrieben und Schulen von Berlin braucht dich! 4. Grundlage des Berlin braucht dich! Konsortiums: Die Arbeit der Gremien 5. Qualitätssicherung und Wirksamkeit 6. Berlin braucht dich! Öffentlichkeitsarbeit 7. Ausblick auf 2015 8. FAQs von Berlin braucht dich! Vorbemerkung: Was ist Berlin braucht dich!? Im Auftrag der Berliner Integrationsbeauftragten verfolgt BQN Berlin gemeinsam mit Schulen und Betrieben im Rahmen von Berlin braucht dich! das Ziel, qualitativ hochwertige Ausbildung stärker für Jugendliche mit Migrationshintergrund zu öffnen. Die erste Phase von Berlin braucht dich! begann 2006. In einer Kampagne wandten sich die Ausbildungsbehörden des Öffentlichen Dienstes an die Jugendlichen mit der Botschaft: „Ihr werdet gebraucht! Bewerbt euch! Wir wollen euch!“. Berlin braucht dich! In der Folge schlossen sich immer mehr Berliner Schulen, Behörden und Ausbildungsbetriebe mit Landesbeteiligung der Initiative an. Gemeinsam wurde ein Konzept der schrittweisen Heranführung Jugendlicher an die Arbeitswelt entwickelt und umgesetzt. Der Erfolg war bald sichtbar: Ein rascher und deutlicher Anstieg des Anteils von Auszubildenden mit Migrationshintergrund. Und Berlin braucht dich! ging den nächsten Schritt: Seit 2013 ist auch die Privatwirtschaft mit der Metall- und Elektroindustrie dabei. Inzwischen haben in Berlin fast 20% der neuen Auszubildenden im Öffentlichen Sektor einen Migrationshintergrund (Ausbildungsjahrgang 2014/2015). Dies ist auch ein Ergebnis der gemeinsamen Arbeit von Schulen und Betrieben unter dem Dach von Berlin braucht dich!. Dieser Anteil von Auszubildenden mit Migrationshintergrund muss langfristig gesichert und weiter erhöht werden. Das Ziel, die Vielfalt in der Berliner Bevölkerung in der Ausbildung widerzuspiegeln, ist noch längst nicht erreicht. Denn: In Berlin kommen über 43 % aller Jugendlichen unter 21 Jahren aus Familien mit Einwanderungsgeschichte. Trotz der Erfolge von Berlin braucht dich! besteht weiterhin Verbesserungsbedarf. Und zwar überall dort, wo die Übergänge in berufliche Ausbildung nicht zufriedenstellend sind. Wo ist das der Fall? Viele Integrierte Sekundarschulen Berlins, die einen hohen Anteil an Schüler/innen mit Migrationshintergrund aufweisen, teilen sich ein Problem: Nur sehr wenige ihrer Schulabgänger/innen entscheiden sich nach der 10. Klasse für eine berufliche Ausbildung bzw. waren bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz erfolgreich. Ein wichtiger Grund hierfür: Die gegenseitige Distanz zwischen Jugendlichen und Arbeitswelt. Genau hier setzt Berlin braucht dich! an. Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Die Qualifizierte Vierstufigkeit: Das Fundament von Berlin braucht dich! Die Qualifizierte Vierstufigkeit ist ein „System von Betriebsbegegnungen“, das von den Betrieben angeboten wird und in seiner Vorbereitung und Nachbereitung in den schulischen Alltag der Berufsorientierung verankert ist. Das System beruht auf dem Konzept des schrittweisen Aufbaus der Berufswahlkompetenz der Schüler/innen bis hin zur selbstbestimmten Entscheidungsfähigkeit hinsichtlich der eigenen beruflichen Interessen und Kompetenzen. Das gemeinsame Ziel des Berlin braucht dich! Konsortiums lässt sich entsprechend wie folgt zusammenfassen: An dualer Ausbildung interessierte Schüler/innen mit Migrationshintergrund sollen befähigt werden, den richtigen Ausbildungsberuf zu finden und den Bewerbungsprozess erfolgreich zu durchlaufen. Die Einmündung in die Ausbildung ist der „Prüfstein“ der schrittweisen Heranführung an die Arbeitswelt. Diesen Weg nennen wir Qualifizierte Vierstufigkeit. Berlin braucht dich! ist somit kein Projekt, sondern der auf Dauer angelegte Aufbau von Strukturen, die es Schüler/innen mit Migrationshintergrund ermöglichen, erfolgreich in Ausbildung anzukommen. Ein „System von Betriebsbegegnungen“ als unverzichtbarer Bestandteil der Berliner Berufs- und Studienorientierung Eine Grundlage zur verbesserten beruflichen Orientierung und Qualifizierung von Migranten/innen stellt das Landeskonzept der Berufs- und Studienorientierung Berlin (LaKo Berlin) dar, das im März 2015 vom Senat verabschiedet wurde. Die Betriebsbegegnungen von Berlin braucht dich! sind in vier Stufen organisiert, die aufeinander aufbauen Berlin braucht dich! Es reflektiert den Ansatz der Qualifizierten Vierstufigkeit, der dort den Status einer nicht verbindlichen Empfehlung besitzt, auf deren konsequenter Umsetzung es nun ankommt. Immerhin können Schulen und Betriebe, die seit 2010 im Rahmen von Berlin braucht dich! an der Entwicklung und Erprobung der Qualifizierten Vierstufigkeit gearbeitet haben, für sich in Anspruch nehmen, dass sie Pionierarbeit geleistet haben, die nun als wegweisend für die Berliner Berufsorientierung gilt. BQN Berlin e.V. und das Team von Berlin braucht dich! BQN Berlin hat die Aufgabe der konzeptionellen Entwicklung und Moderation der Umsetzungsprozesse und der Flankierung der Zusammenarbeit im Konsortium. Zur Umsetzung des Auftrages kam 2014 ein Team aus 17 Mitarbeitern/innen zum Einsatz. Neben dem dreiköpfigen Verwaltungsteam wurde zur inhaltlichen und fachlichen Umsetzung des Projekts über mehrere Jahre ein wissenschaftliches Team mit komplementären Ausbildungen und Expertisen in folgenden Bereichen aufgebaut: Berufspädagogik, Betriebssoziologie, Psychologie, Politikwissenschaften, Berufsorientierung, Integrations- und Migrationsforschung und Diversity. 3 Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Beim Aufbau des Teams standen die Kompetenzen und die Interdisziplinarität im Vordergrund, die für die großen Herausforderungen der Handlungsfelder erforderlich sind. Von den Teammitgliedern hatten 2014 elf (65%) einen Migrationshintergrund mit neun verschiedenen Herkünften. Zusätzlich zu ihren fachlichen Kompetenzen bieten diese Teammitglieder durch ihre vielfältigen (familiären) Einwanderungsbiografien eine breite Identifikationsfläche für die Schüler/innen und senden indirekt wichtige Signale nach außen. Das Geschlechterverhältnis w/m ist 9:8 (55%:47%). Das Team wurde von zwei Praktikantinnen unterstützt und durch den Experten Dr. Wilfried Kruse wissenschaftlich begleitet und beraten. 1. Die Zahlen im Jahr 2014 Entwicklung im Öffentlichen Dienst und in den Betrieben mit Landesbeteiligung Die Anzahl der Betriebsbegegnungsplätze im Öffentlichen Dienst hat sich 2014 weiter erhöht. Dabei wurden in allen vier Begegnungsarten Betrieblicher Erstkontakt, Schnupperpraktikum, Betriebspraktikum und Bewerbertage insgesamt 777 (Vorjahr 531) Plätze angeboten, die sich wie folgt verteilen: 4 • • • • Betrieblicher Erstkontakt: 387 Plätze Schnupperpraktikum: 49 Plätze Betriebspraktikum: 167 Plätze Bewerbertage: 174 Plätze. Entwicklung in der Metall- und Elektroindustrie In der Metall- und Elektroindustrie wurden 173 Plätze angeboten, die sich wie folgt verteilen: • • • • Berlin braucht dich! Betrieblicher Erstkontakt: 110 Plätze Schnupperpraktikum:16 Plätze Betriebspraktikum: 10 Plätze Bewerbertage: 37 Plätze. Alle drei Sektoren boten im Jahr 2014 den 25 aktiven Schulen von Berlin braucht dich! insgesamt 950 Betriebsbegegnungen für Schüler/innen von Klasse 7 bis 10 an. Das Angebot des VME-Infomobil In Kooperation mit dem Verband der Metall- und Elektroindustrie (VME) kam im Jahr 2014 das VMEInfomobil zu 9 verschiedenen Terminen an ausgewählten Schul- bzw. Betriebsstandorten zum Einsatz. Bei der Aktion wurden rund 400 Plätze den Schüler/innen der 7., 8., 9. und 10. Jahrgangsstufe aus 14 Berlin braucht dich! Schulen zur Verfügung gestellt. Die Schüler/innen hatten im Rahmen eines zweistündigen Programms die Möglichkeit, zunächst spielerisch Tätigkeiten aus Berufen der Metall- und Elektroindustrie kennen zu lernen und im Anschluss einen Ausbildungsbetrieb hautnah von innen zu erleben. Das Angebot der betrieblichen Direktansprache in Schulen Unter dem Motto „Ausbildung macht Schule! Du hast Fragen? Azubis helfen Dir!“ fanden im Rahmen der Direktansprache berufsorientierende Workshops von Betrieben statt: An der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule mit über 80 Schülern/innen und an der Liebig Schule mit 150 Schüler/innen. Des Weiteren wurde in Kooperation mit dem Team der Berufsberatung der Arbeitsagentur für Arbeit eine betriebliche Direktansprache in der Integrierten Sekundarschule Graefestraße mit 120 Schülern/innen durchgeführt, an der neben Berlin braucht dich! Betrieben auch Betriebe des ArbeitgeberService teilnahmen. Insgesamt konnten die Betriebe 350 Schüler/innen des 9. Jahrgangs in den Berlin braucht dich! Schulen erreichen und über unterschiedliche Ausbildungen und Berufe aus allen Berufsfeldgruppen informieren und für Ausbildung motivieren. Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Tabelle: Erreichte Schülerinnen und Schüler durch Berlin braucht dich! Anm.: Von den 2.528 erreichten Schülerinnen und Schüler waren insgesamt 1217 weiblich. Ausweitung durch neue Betriebe In 45 Akquisegesprächen konnten 13 neue Partnerbetriebe sowie Verwaltungsbereiche von sechs Bezirksämtern hinzugewonnen werden, die für das Schuljahr 2014/15 mit Angeboten für Betriebsbegegnungen von der 7. bis 10. Klasse in das Konsortium aktiv eingestiegen sind: • Amtsgericht Neukölln • Berliner Tourismus und Kongress GmbH / visit Berlin • Bundespolizeidirektion Berlin • Bundeswehr • Charité Facility Management GmbH (CFM) • IT-Dienstleistungszentrum Berlin AöR • Kammergericht Berlin • KISS FM • Nachbarschaftsheim Schöneberg • Sozialstiftung Köpenick • Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg • Zentral- und Landesbibliothek Berlin In den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Neukölln, SteglitzZehlendorf sowie Tempelhof-Schöneberg konnten neue Bereiche, wie beispielsweise Bibliothek und Garten- und Landschaftsbau, erschlossen werden. Berlin braucht dich! Ausweitung durch Ausbau der qualifizierten Vierstufigkeit Besonderes Augenmerk galt der Entwicklung von Plätzen für das Schnupperpraktikum, das in wesentlich geringerer Anzahl angeboten wird als andere Betriebsbegegnungstypen. Als Alternativmodell zum Schnupperpraktikum wurde die „Schnuppertournee“ als kooperatives Angebot mehrerer Betriebe entwickelt. Zu jeder der vier Neigungsgruppen von Berlin braucht dich! (gewerblich/technisch, Gesundheit, Schutz/Sicherheit und Büro/Verwaltung) sind Schnuppertourneen geplant und erfolgreich durchgeführt. Der Einsatz des Formates eignet sich besonders bei Betrieben oder in betrieblichen Bereichen, wo eine einwöchige Betreuung an einem Ort sonst nicht in Frage käme. Auf diese Weise ergeben sich für Berlin braucht dich! Möglichkeiten, weitere sonst schwer zugängliche berufliche Bereiche für Betriebsbegegnungen zu erschließen. 5 Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 In der zweiten Hälfte des Jahres wurden zwei Schnuppertourneen und die dazu gehörigen Vorbereitungstermine durchgeführt: An der ersten Schnuppertournee beteiligten sich Vivantes (Krankenpflege), die Sozialstiftung Köpenick (Altenpflege) und die Freie Universität Berlin (Tierklinik-Tierpflege). An der zweiten Schnuppertournee waren die Betriebe Freie Universität Berlin (Gärtnerei, Zierpflanzen, Techniker/in), Charité Facility Management GmbH (Anlagenmechaniker/in, Tischler, Bodenleger/in, Maler/in, Lackierer/in), Bezirksamt Neukölln (Gärtner/in) und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Vermessungstechniker/in) beteiligt. Gewinnung und Aktivierung von neuen Schulen Das Berlin braucht dich! Konsortium wurde um Schulen erweitert, die neu in das Netzwerk hinzugekommen sind: Barnim-Gymnasium, Quinoa-Schule und RudolfVirchow-Oberschule. Darüber hinaus konnten die bereits bestehenden Partnerschulen Schule am Schloss, die Ferdinand-Freiligrath-Schule sowie die GustavLangenscheidt-Schule in die Betriebsbegegnungen von der 7.bis 10. Klasse aktiv eingebunden werden. 2. Konsolidierung von Berlin braucht dich! in der Metall- und Elektroindustrie (M&E) 6 Schwerpunkt der M&E Betriebe im Jahr 2014 war es, mit den Partnern aus Betrieben und Schulen das Netzwerk zu stärken und zu verankern, die Verbindlichkeit der Zusammenarbeit zwischen den Partnern zu festigen und das Berlin braucht dich! Konzept unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen für die Privatwirtschaft zu modifizieren. Erarbeitung von Standards für Betriebsbegegnungen in der Metall- und Elektroindustrie Angelehnt an die Entwurfsfassung des Handbuchs für Betriebsbegegnungen aus dem Jahr 2011 wurde für das Pilotprojekt im Berichtszeitraum 2014 das Handbuch „Berlin braucht dich! in der Metall- und Elektroindustrie“ erarbeitet. Dieses bildet ab, wie die konzeptionelle Anpassung der Berlin braucht dich! Betriebsbegegnungen sinnvoll unter den Rahmenbedingungen der Metall- und Elektroindustrie umgesetzt wurde, bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Standards für Betriebsbegegnungen. Für die Erarbeitung des Handbuchs wurde eine Redaktionsgruppe aus Arbeitgeberverband, Gewerkschaft, Betrieben, dem Berater BQN Berlin und Mitarbeiter/innen von BQN Berlin eingerichtet. Berlin braucht dich! Annäherung durch Dialog: Die Arbeit des Steuerkreises und der M&E Partnertreffen Die Aufgaben des vierteljährlich tagenden Steuerkreises in der Metall- und Elektroindustrie liegen in der Begleitung und Steuerung der Prozesse beim Aufbau und bei der Umsetzung des Pilotprojektes. Zentrale Themen 2014 waren die Umsetzung der Betriebsbegegnungen, die nächsten Schritte zur Ausweitung, weitere mögliche Betriebsformate und die Entwicklung des Landeskonzeptes Berufs- und Studienorientierung. Zahlreiche Partnertreffen von Berlin braucht dich! in der Metall- und Elektroindustrie dienten der Planung der Aktivitäten für das Schuljahr 2014/15 und der Verstärkung und Konsolidierung einer gemeinsamen Akquise-Strategie zwischen Schulen und Betrieben. Erstmalig nahmen auch Betriebsrätinnen und Betriebsräte der Partnerbetriebe an dem Partnertreffen teil. Eine interne Klausur mit VME, IG Metall und BQN Berlin beschäftigte sich mit der Ausweitung der Angebote im Schuljahr 2015/2016 und der Einbindung neuer Betriebe. Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 3. Optimierung der Qualifizierten Vierstufigkeit in Betrieben und Schulen Qualitätsstandards und Steigerung der Attraktivität Einführung eines elektronischen Matchingtools Die neuen Partner wurden umfassend mit der Arbeit von Berlin braucht dich! vertraut gemacht, insbesondere hinsichtlich der vom Konsortium entwickelten Qualitätsstandards, die von Beginn an bei der weiteren Planung und Umsetzung von Aktivitäten zu berücksichtigen sind. Für Berlin braucht dich! Schulen ist die Ausweitung des Angebotsspektrums von Betriebsbegegnungen mit einer weiter steigenden Attraktivität des Konsortiums verbunden – Schüler/innen haben so noch mehr Wahlmöglichkeiten, im Rahmen der Berufsorientierungsprozesse „ihren“ Platz zu finden. Zu Beginn des Schuljahres 2014/15 kam erstmals ein elektronisches Tool zum Einsatz, das die komplexen Prozesse der Abstimmung von Angebot und Nachfrage für die beteiligten Schulen und Betriebe direkt und transparent nachvollziehbar machte. Bezogen auf die Implementierung des Tools kann für die Betriebsseite festgehalten werden, dass der Einsatz des Tools als große Unterstützung empfunden wurde und die frühe Verbindlichkeit für ein gesamtes Halbjahr als Unterstützung der betrieblichen Prozesse und Zusammenhänge wahrgenommen wurde. Hinsichtlich der Nutzung des Tools in Schulen und Betrieben hat sich gezeigt, dass es seitens der Nutzer/innen eine große Bereitschaft gab, sich aktiv mit dieser neuen technischen Lösung auseinanderzusetzen und auch die notwendigen Optimierungen aktiv zu unterstützen. Die Implementierung des Matchingtools kennzeichnete einen wesentlichen Schritt, die direkte Kommunikation zwischen Schulen und Betrieben zu intensivieren und damit die Annäherung der beiden Systeme am Übergang Schule-Betrieb effektiv zu unterstützen. Zur technischen Unterstützung dieses Abstimmungsprozesses wurde speziell für Berlin braucht dich! ein elektronisches Matchingtool entwickelt Berlin braucht dich! Vernetzung in Schulen Durch innerschulische Netzwerkbildung konnte Berlin braucht dich! erweitert bzw. wesentlich konsolidiert werden. Die Aktivitäten von Berlin braucht dich! werden nicht mehr über einzelne Schulakteure/innen, sondern bestenfalls von der ganzen Schule wahrgenommen und getragen. Der Ansatz von Berlin braucht dich! und die Angebote im Rahmen der Qualifizierten Vierstufigkeit werden nicht mehr als add-ons, sondern als strukturierende Elemente im Rahmen der Berufsorientierungsaktivitäten der Schulen wahrgenommen. 7 Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 8 Entwicklung von beispielhaften Schulmodellen Anschlussfähige Betriebsmodelle Zur besseren Verankerung von Berlin braucht dich! in den Schulen des Konsortiums entwickelte BQN Berlin e.V. den Modellschulansatz, um am Beispiel von zwei Schulen mit unterschiedlichen Voraussetzungen interkulturell innovative Schulstrukturen zu entwickelt und pilothaft zu erproben. Mit der Theodor-HeussGemeinschaftsschule in Mitte und der ZuckmayerSchule in Neukölln als Modellschulen wurden Kooperationsverträge abgeschlossen. Die Schulleitungen und für Berufsorientierung verantwortlichen Lehrer/ innen entwickelten gemeinsame Schritte zur stärkeren Einbettung von Berlin braucht dich! in die Aktivitäten der Berufsorientierung der Schule. Um die Öffnung der Betriebe auch auf der strukturellen Ebene zu unterstützen und die bereits seit einigen Jahren stattfindenden Diversity-Trainings in den Kontext betrieblicher Öffnungs- oder Diversitystrategien einzubinden, wurde ein Konzept zur interkulturellen Öffnung der Betriebe und Vernetzung des Berlin braucht dich! Ansatzes entwickelt. An beiden Schulstandorten wurden betriebliche Direktansprachen für die Jahrgangstufen 7-10 abgesprochen und Kompetenzentwicklungsworkshops für zentrale Akteure/innen der Berufsorientierung (BO) entwickelt. Mit diesen Workshops sollte eine Gruppe von Schlüsselpersonen an beiden Schulen befähigt werden, die Kompetenzen und Interessen der Schüler/ innen besser zu erkennen und dies bei den vor- und nachbereitenden Arbeiten der Betriebsbegegnungen mit den Schülern/innen einsetzen. Die Schwerpunkte wurden je nach Jahrgangsstufe abgestimmt und Prozessketten in der Vor- und Nachbereitung mit weiteren beteiligten schulischen Akteuren/innen inhaltlich und organisatorisch vereinbart. Schließlich wurden an beiden Modellschulen zum Jahresende Bilanzgespräche durchgeführt, um die bisherige Zusammenarbeit zu bewerten und einen Ausblick auf die Aktivitäten ab Januar 2015 vorzunehmen. Systematische Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit begonnen Im Berichtszeitraum 2014 wurde die Zusammenarbeit mit den Berufsberater/innen der Bundesagentur für Arbeit (BA) in den Schulen aufgenommen. Diskutiert wurden die verschiedenen Modelle der Schulkooperation, die sechs Neigungsgruppen der BA, die gegenseitige Unterstützung bei der Akquise der Betriebe für die betriebliche Direktansprache und welcher Jahrgang mit wie vielen Schüler/innen mit der ersten Umsetzung beginnen sollte. Berlin braucht dich! Zur Orientierung der Arbeit wurden „Betriebsmodelle“ entworfen, die Anforderungen an die Betriebe zur interkulturellen Öffnung auch auf der strukturellen Ebene definierten und die Weiterentwicklung des Konzeptes voranbringen sollten. Dazu bedurfte es einer qualitativen engeren Anbindung und Auswertung der Betriebsbegegnungen im Hinblick auf die unterschiedlichen Betriebsprofile. Als weiteren Schritt galt es, den Aspekt von Managing Diversity in den Betrieben zu implementieren und bei den Abteilungen für Unternehmenskommunikation im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit anzudocken. Die Aufgabe von BQN Berlin e.V. lag darin, den Dialog mit den Betrieben in Richtung Öffnung der Ausbildung für Jugendliche mit Migrationshintergrund zu vertiefen. Darüber hinaus wurde der Bekanntheitsgrad bzw. die Verankerung von Berlin braucht dich! innerhalb der Betriebe durch folgende Angebote verstärkt: • Kooperation zwischen der Öffentlichkeitsarbeit in den Betrieben und BQN Berlin in Kooperation mit den Abteilungen Unternehmenskommunikation und PR. • Entwicklung von Angeboten zur Fort- und Weiterbildung des Ausbildungspersonals im Sinne von Managing Diversity. Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 4. Grundlage des Berlin braucht dich! Konsortiums: Die Arbeit der Gremien Koordinierungs-, Steuerungs- und Lenkungsgremium Das Koordinierungsgremium des Konsortiums als „Leitungskraft“ von Berlin braucht dich! (für den Bereich Öffentlicher Dienst und Landesbetriebe) beschäftigt sich mit operativen und strategischen Kernthemen wie u.a. die Entwicklung von Modellschulen, die Betriebsakquise, das Matching-Tool und die Frage nach einer verbindlicheren Zusammenarbeit zwischen Schulen und Betrieben. Vom Koordinierungsgremium wird der Jahresbericht diskutiert verabschiedet und die strategische Ausrichtung der Weiterarbeit festgelegt. Die Mitglieder sind Repräsentanten/innen aus Schulen und Betrieben des Konsortiums sowie BQN Berlin. Das bei der Berliner Integrationsbeauftragten (IntMig) angesiedelte Steuerungsgremium bildet die Schnittstelle des Projekts zur Politik. Mitglieder sind Vertreter/innen einschlägiger Berliner Senatsverwaltungen. Es hat in 2014 nicht getagt. Es soll neugestaltet und in seiner Wirksamkeit verstärkt werden. Zur Neugestaltung wurde ein Konzept vorgelegt, das mit einer Neubesetzung des Gremiums einhergeht. Das Lenkungsgremium dient dazu, zwischen IntMig und BQN Berlin die strategische Ausrichtung von Berlin braucht dich! festzulegen und die Initiative an der Schnittstelle Bildungs-, Arbeitsmarkts- und Integrationspolitik in Berlin zu positionieren. Transferforen Die Transferforen der Betriebe des Öffentlichen Dienstes, der Betriebe mit Landesbeteiligung und der Partnerschulen fanden zweimal im Berichtszeitraum statt: Beim ersten Treffen im Seminarzentrum der Freien Universität Berlin stand die Weiterentwicklungen im Rahmen der Betriebsbegegnungen von Berlin braucht dich! im Mittelpunkt. Darüber hinaus wurden die Konsortialpartner über die Entwicklungen beim Matchingtool, über den Berlin braucht dich! Workshop „Schnuppertourneen AG 8.Klasse“, die Kooperation mit der Berufsberatung Berlin Mitte, das Vorhaben zu den Modellschulen, die laufenden Diversity Angebote, das Angebot des BQN-Dialogs sowie den aktuellen Stand der Aktivitäten zur neuer Betriebsakquise informiert. Das zweite Transferforum in der Liebig Schule hatte zum inhaltlichen Schwerpunkt die Auswertung der bisherigen Betriebsbegegnungen sowie die Umsetzung des zu Beginn des Schuljahres 2014/15 neu eingesetzten technischen Matchingprozesses mit Hilfe des Matchingtools. Konsortialtagung Unter dem Titel „Diverse Wege in die Arbeitswelt“ fand am 13.6.2014 die 5. Konsortialtagung von Berlin braucht dich! in der Werkstatt der Kulturen zum 5. Mal statt. Insgesamt 135 Partnerinnen und Partner aus Berlin braucht dich! Schulen und Betrieben des öffentlichen Sektors sowie der Metall-und Elektroindustrie diskutierten zusammen mit externen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu den Schwerpunktthemen Diskriminierung und Diversity im Übergang Schule-Beruf und präsentierten die Ergebnisse der Staatssekretärin für Integration und Frauen, Frau Barbara Loth, und dem Stellvertreter der Integrationsbeauftragten von Berlin, Herrn Andreas Germershausen. Mitarbeit in der Weinheimer Initiative Gemeinsam mit anderen Kommunen wurde das Positionspapier der Weinheimer Initiative zum Thema „Fokus Migration am Übergang SchuleBeruf“ weiterentwickelt, im zweiten Quartal fertiggestellt und beim Jahrestreffen der Weinheimer Initiative im Mai 2014 vorgestellt. Für Berlin braucht dich! konnten hieraus zahlreiche wichtige Anregungen gewonnen werden. Auch andersherum konnte der Ansatz von Berlin braucht dich! auf kommunaler Ebene weiter verbreitet werden. 9 Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 5. Qualitätssicherung und Wirksamkeit Die im Berichtszeitraum stattgefundenen Betriebsbegegnungen wurden durch das BQN-Betriebsteam begleitet und ausgewertet. Die Vorbereitung auf die Betriebsbegegnungen durch die Schulen wurde über das Schulteam von BQN Berlin in Absprache mit dem Betriebsteam unterstützt. Die Ergebnisse dieser Besuche wurden ebenso wie die ausgefüllten Evaluationsbögen der Ausbilder/innen, Lehrer/innen und Schüler/innen ausgewertet. Die Auswertung erfolgte durch Gespräche nach den Betriebsbegegnungen und durch die Auswertung der Betriebsfragebögen sowie der Schüler-Fragebögen. Verbleibserhebungen und Erfolgsgeschichten 10 Im Rahmen der Verbleibserhebungen wurde mit der Datenerhebung zur Einmündung der Auszubildenden, die an Berlin braucht dich! Betriebsbegegnungen teilgenommen haben, begonnen. Mit bereits bekannten Auszubildenden wurden Interviews geführt, um exemplarisch Erfolgsgeschichten von Übergängen zu dokumentieren. Jugendliche, die durch Aktivitäten von Berlin braucht dich! in Ausbildung gekommen sind, wurden im Rahmen des Botschafterprogramms identifiziert und animiert, sich zukünftig als ‚Botschafter/in‘ für Berlin braucht dich! zu engagieren. Info-Workshops für neue Projektpartner/innen Zu Beginn des Jahres 2014 fand ein Informationsworkshop für neu bei Berlin braucht dich! mitarbeitende Kontaktpersonen aus Schulen und Betrieben statt. Schwerpunkte waren die interkulturell sensiblen Qualitätsstandards sowie die Umsetzung und Matchingoptionen der Berlin braucht dich! Betriebsbegegnungen. Durchführung von Diversity Trainings 2014 wurden drei Diversity-Basis-Trainings sowie zwei Diversity-Aufbau-Trainings durchgeführt. Für eine stärkere Verankerung des integrationspolitischen Anliegens von Berlin braucht dich! und der Umsetzung der interkulturellen Öffnung auf einzelbetrieblicher Ebene wurde eine Reihe von Qualifizierungen durchgeführt. Berlin braucht dich! In der ersten Jahreshälfte gab es zwei Workshops mit Betriebsräten/innen, in denen ihre Rolle in der weiteren Entwicklung der Zusammenarbeit geklärt wurde. Mit ihnen wurden Maßnahmen festgelegt, wie die Betriebsräte stärker eingebunden werden. Neues Handbuch für Betriebsbegegnungen und erste Handreichung für die Metall- und Elektrobranche Das Handbuch für Betriebsbegegnungen sowie die Handreichung für die Metall- und Elektrobranche wurden im Verlauf des Berichtzeitraums 2014 termingerecht fertiggestellt. Vertreter/innen des Koordinierungsgremiums waren an der inhaltlichen Abstimmung der Beiträge beteiligt. Darüber hinaus wurden Interviews mit Betriebsvertreter/innen, Schulvertreter/ innen und Schüler/innen geführt, die für die Entwicklung von Leuchtturm-Beispielen und die Aufnahme von Statements bzw. Zitaten aus dem Konsortium dienten. Berlin braucht dich! Statistik In der ersten Jahreshälfte wurden die Ende 2014 eingeholten Rückmeldungen der Betriebe zum Migrationsstatus ihrer Auszubildenden und Studierenden statistisch ausgewertet, mit Kommentaren versehen und für die Pressekonferenz der Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen sowie der Integrationsbeauftragten von Berlin am 25.5. aufbereitet und zur Verfügung gestellt. In der zweiten Jahreshälfte wurden die Vorbereitungen für die jährliche Abfrage zum Migrationsstatus der im Öffentlichen Dienst und in den Betrieben mit Landesbeteiligung neu eingestellten Auszubildenden durchgeführt, erfasst und durchgeführt. Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Die regelmäßig von BQN Berlin vorgenommene Analyse des Berliner Ausbildungsmarktes umfaßt die zahlenmäßige Entwicklung der Schulabgänger/ innen, das Angebot an und die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen, die Anzahl der Bewerbungen und der abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Ein spezielles Augenmerk gilt der Situation von Schulabgänger/innen mit Migrationshintergrund. Ziele der Untersuchung waren erstens eine Bestandsaufnahme integrationspolitischer Probleme und Fortschritte am Übergang Schule-Beruf und zweitens die diesbezügliche Information bzw. Sensibilisierung der Berliner Öffentlichkeit. Politik und Netzwerkarbeit Im Rahmen der Netzwerkarbeit wurden in 2014 mehrere Treffen organisiert und durchgeführt. Das Hauptthema im Rahmen der Netzwerkarbeit von BQN Berlin war in diesem Jahr das Landes-konzept der Berufs- und Studienorientierung (LaKo) für Berlin. Hierzu wurde BQN Berlin von den verschiedensten Akteur/innen beratend hinzugezogen. Ebenso fanden Treffen und Gespräche mit Vertreter/ innen von Migrantenorganisationen statt, um die Bereitschaft der angesprochenen Personen und der vertretenen Organisation hinsichtlich einer Mitarbeit im Berlin braucht dich! Steuerungsgremium zu erörtern und zu klären. 6. Berlin braucht dich! Öffentlichkeitsarbeit Relaunch von www.berlin-braucht-dich.de Die Berlin braucht dich! Webseite wurde im Berichtszeitraum 2014 sowohl mit einem neuen Layout als auch mit neuen Inhalten versehen und freigeschaltet. Dazu wurden zu Beginn des Jahres zunächst neue Inhalte erarbeitet: Dies waren vor allem Texte für die Abschnitte ‚Über Berlin braucht dich!‘, ‚Aktivitäten‘ und ‚Erfolgsgeschichten‘. Die schulischen und betrieblichen Partnerinnen und Partner im Konsortium wurden über einen Newsletter, die Jugendlichen über Social Media Kanäle auf den neuen Webauftritt aufmerksam gemacht. Besucher- und Klickzahlen werden seit dem Relaunch über Google Analytics statistisch regelmäßig erfaßt. Berlin braucht dich! Neue Inhalte: • „Erfolgsgeschichten“ mit Lehrer/innen, Ausbilder/innen und Auszubildenden • Berlin braucht dich! Ausbildungsplatzbörse, auf der mehr als 300 offene Stellenanzeigen der Berlin braucht dich! Partnerunternehmen veröffentlicht wurden • neue Berufsprofile der Metall- und Elektroindustrie • Berichte über Aktivitäten oder aktuelle Ereignisse im Zusammenhang mit Berlin braucht dich! • Neue Newsletterausgaben • Fünf neue Berufe-Videos • Neue aktualisierte digitale Version des Berufeordners „Berufsorientierung – interkulturell“ • Berlin braucht dich! Imagefilm Berlin braucht dich! im Radio Es wurden wiederholt Radiobeiträge mit Berlin braucht dich! Botschaftern/innen auf dem Radiosender Kiss FM gesendet. Presse, Medien und Veranstaltungen • 14.5.2014: Pressekonferenz zu den Zahlen der neu eingestellten Auszubildenden mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst und bei den Betrieben mit Landesbeteiligung im Büro der Berliner Integrationsbeauftragten. Die Pressemitteilung wurde auf der Webseite der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen veröffentlicht. • 5. 6.2014: Pressegespräch mit der Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat unter dem Motto „1 Jahr Berlin braucht dich! in der Metall- und Elektroindustrie“ auf dem Betriebsgelände der Berliner Siemens AG. Die Pressemitteilung wurde ebenfalls auf der Webseite der Senatsverwaltung veröffentlicht. • 10.9.2014: Vortrag und Diskussion im Ausschuss für Integration und Migration der Stadt Wolfsburg über das Projekt Berlin braucht dich!. • 15-16.9.2014: Teilnahme von BQN Berlin an der Abschlusskonferenz des Projektes Migrant Inclusion Strategies in European Cities (MiStra) • 7.11.2014: 1. BQN Dialog mit Prof. Dr. Wolf über die deutsche Einwanderungsgesellschaft. 11 Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 7. Ausblick Die Berliner Situation im Übergang Schule-Beruf ist gekennzeichnet durch geringe Übergänge der Schulabgänger/innen aus der allgemeinbildenden Schule in ungeförderte betriebliche Ausbildung. Ein Blick auf die Schullandschaft Berlins zeigt eine starke Konzentration beruflicher Perspektivlosigkeit an Schulen mit den Merkmalen „sehr hoher Anteil von Schülern/ innen nicht-deutscher Herkunftssprache“ und „sehr hoher Anteil an Schülern/innen aus Armutsverhältnissen“, d.h. deren Familien ihre Einkommen aus SGB II bestreiten. An diesen Schulen entscheiden sich nur wenige der Schulabgänger/innen nach der 10. Klasse für eine berufliche Ausbildung (zwischen 5-10%) oder sind bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz erfolgreich. Gleichzeitig können viele Betriebe ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen und sehen in der Nachwuchsgewinnung ein zunehmendes Problem. Die Erfahrungen aus den ersten Jahren des Vorhabens sprachen schon damals eine klare Sprache: Mit einer Werbekampagne waren vor allem gut vorqualifizierte und mobile Jugendliche mit Migrationshintergrund in Ausbildung zu bringen. 12 Das Angebot eines vielfältigen Berufswahlspektrums ist Grundlage von Berlin braucht dich! Berlin braucht dich! Für alle anderen stellte und stellt sich die Situation sehr viel schwieriger dar. Daher sollen Schulen, deren Schulabgänger/innen sich durch geringe Übergänge in Ausbildung und Perspektivlosigkeit auszeichnen ein Bündel von Maßnahmen erhalten, um Türöffner in die Arbeitswelt zu werden. Gleichzeitig werden Betriebe gewonnen und unterstützt, sich für die Zielgruppen Jugendlicher mit Migrationshintergrund zu öffnen. Damit aktivieren sie gesellschaftliche Potenziale, die bislang durch diskriminierende Strukturen blockiert werden. Im Zentrum der Förderung steht die Aktivierung und Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben im Rahmen eines Konsortiums, in welchem qualitativ hochwertige Praktika für die Jahrgangsstufen 7 bis 10 entwickelt und erprobt werden. Hierfür ist der Ausbau einer Infrastruktur zwischen Schulen und Betrieben inklusive der Weiterentwicklung des elektronischen Matchings zwischen Betriebsangeboten und interessierten Schülern/innen weiterhin dringend erforderlich. Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Denn es geht darum, allen Schüler/innen, die an dualer Ausbildung interessiert sind, zu befähigen, nicht nur den richtigen Ausbildungsberuf zu finden, sondern auch den Bewerbungsprozess erfolgreich zu durchlaufen. Die Einmündung in die Ausbildung ist der „Prüfstein“ für Berlin braucht dich! im Jahr 2016. Dafür werden zusätzlich zu den Begegnungen im Betrieb Angebote (wie u.a. die betriebliche Direktansprache in Schulen) ausgebaut, die die Schulen bzw. die Schüler/innen darin unterstützen, die Berufswahlkompetenz bzw. Ausbildungsfähigkeit für den Übergang in die Ausbildung zu erlangen. Im Rahmen interkultureller Trainings werden einerseits Auszubildende sowie Ausbildungsleiter/innen in Betrieben und andererseits Lehrkräfte und Berufsorientierungsträger an der Schule sensibilisiert und für eine effektive Ansprache und Begleitung der Zielgruppe aus der Schule in die Ausbildung qualifiziert. Auszubildende mit Migrationshintergrund werden als Botschafter/innen eingesetzt, um als authentische Vorbilder Schüler/innen für Facharbeit zu interessieren und den Weg dorthin aufzuzeigen. Eine große Anzahl Integrierter Sekundarschulen mit einem hohen Anteil Schüler/innen mit Migrationshintergrund in Kombination mit Lehrmittelbefreiung sind bereits jetzt Partnerschulen im Kooperationsverbund. Diese beschäftigen sich intensiv mit der, für Berufsorientierung und ins-besondere für den realen Einstieg in Ausbildung zu interessierenden Schülergruppen. Es scheint integrationspolitisch, aber auch aus Gründen der Fachkräftesicherung geboten, die Anstrengungen zur Öffnung der Perspektive auf Ausbildung bei dieser Gruppe von Jugendlichen zu verbreitern und noch einmal zu verstärken. Dies wird deshalb der Schwerpunkt der Förderung der beruflichen Orientierung und Qualifizierung von Migranten/innen in den folgenden Jahren sein. 13 Das Berlin braucht dich! Konsortium bringt Schulen und Betriebe zusammen, um gemeinsam Berufsorientierung zu gestalten und die duale Ausbildung für Jugendliche mit Migrationshintergrund zu öffnen. Berlin braucht dich! Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 8. Berlin braucht dich FAQs Zur interkulturellen Öffnung in Schulen und Betrieben von Berlin braucht dich! am Übergang SchuleArbeitswelt werden immer wieder Fragen und Einwände formuliert, die im Folgenden beleuchtet werden. Mit den Antworten soll eine Klärung herbeigeführt werden, um den Prozess der Öffnung der Ausbildung für Schüler/innen mit Einwanderungsgeschichte zu unterstützen. Welche Ziele verfolgt Berlin braucht dich!? Berlin braucht dich! verfolgt das Ziel, mehr Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte in ungeförderte Ausbildung zu bringen. Dazu wurde ein Konsortium zwischen Schulen und Betrieben gebildet, das Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte Zugang zu qualitativ hochwertigen Praktikumsplätzen und anderen Formaten der Berufsorientierung im Öffentlichen Dienst, in Betrieben mit Landesbeteiligung und seit 2013 auch in der Metall- und Elektroindustrie bietet. Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, den gesellschaftlichen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund auch in der Arbeitswelt abzubilden. Die beteiligten Betriebe streben eine interkulturelle Öffnung an, um ihre Auswahlprozesse zu erweitern und die Suche nach Fachkräften zu optimieren. Wie setzt Berlin braucht dich! diese Ziele um? 14 Fünf Ansätze von Berlin braucht dich! sind zentral, um die verbreitete Distanz zur Arbeitswelt abzubauen und Wege in die Arbeitswelt zu bahnen: 1. Die Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte müssen frühzeitig Erfahrungen in der Arbeitswelt machen. 2. Die Erfahrungen in den Betrieben müssen positiv sein, um Motivation und Interesse zu wecken. 3. Das Angebot qualitativ hochwertiger Betriebsbegegnungen muss ein breites Spektrum an Berufsgruppen abdecken, damit die Schüler/innen sich in verschiedenen Bereichen ausprobieren können. 4. Die attraktiven und altersgerechten Betriebsbegegnungen ab Klasse 7 bauen aufeinander auf und sind in die schulische Berufsorientierung eingebettet. 5. Beim Übergang in der Klasse 10 werden alle Schüler/innen, die ein reales Interesse an einer dualen Ausbildung haben, unterstützt die Ausbildungsfähigkeit zu erlangen. Viele Berliner Jugendliche gehören der dritten – gar vierten Einwanderergeneration an. Braucht es da überhaupt noch ein Projekt, wie Berlin braucht dich!, das Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte direkt auf Möglichkeiten der betrieblichen Ausbildung aufmerksam macht? Jugendliche mit eigener oder familiärer Einwanderungsbiografie sind nachweislich von dem Zusammenwirken struktureller Benachteiligungen im Bildungssystem und beim Übergang von der Schule in das Berufsleben betroffen. Dazu gehören Faktoren wie räumliche Segregation, vergleichsweise schlechtere Wohnsituation, Diskriminierung, finanzielle Situation der Eltern sowie der Bildungsstand der Eltern. So ist an vielen integrierten Sekundarschulen Berlins, die einen hohen Anteil an Schüler/innen mit Einwanderungsgeschichte (über 60% Schüler/innen ndH) aufweisen, ein ebenfalls hoher Anteil von Schüler/ innen festzustellen, die von der Zahlung von Lernmitteln befreit sind, d.h. aus Elternhäusern kommen, die Sozialleistungen empfangen. An diesen Schulen entscheiden sich nur sehr wenige der Schulabgänger/innen nach der 10. Klasse für eine berufliche Ausbildung (zwischen 5-10% ) oder waren bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz erfolgreich. Ein wichtiger Grund hierfür ist der verbreitete Trend zur weiterführenden Schulbildung, der eng mit einer großen beidseitigen Distanz zwischen Jugendlichen und Arbeitswelt zusammenhängt. Es ist deshalb (weiterhin) geboten, zur Erhöhung des Ausbildungsanteils von Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte den Übergang von der Schule in die Ausbildung durch gute Instrumente und Strategien an der Schnittstelle Berufsorientierung und Interkulturellen Öffnung zu unterstützen. Berlin braucht dich! Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Warum konzentriert sich Berlin braucht dich! auf Schüler/innen, die sich in ihrer Mehrzahl tendenziell nicht für eine duale Ausbildung interessieren? Statistiken zufolge konzentrieren sich Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte auf wenige, gering qualifizierte Ausbildungsberufe. Erklärt wird dieser Umstand mit dem fehlenden Wissen (der Eltern) über die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten, fehlenden persönlichen Netzwerken und mit Diskriminierung seitens der Ausbildungsbetriebe. Berlin braucht dich! gibt den Jugendlichen deshalb die Möglichkeit, die Option Berufsausbildung im Verlauf ihrer Schulzeit ernsthaft zu prüfen. Sie können sich in verschiedenen Betrieben ausprobieren und erfahren dabei, was ihnen Spaß macht, was ihnen gut liegt, aber auch was ihnen nicht so gut liegt. Letztendlich treffen sie selbst die Entscheidungen zu ihrer Berufslaufbahn. Die Kompetenz hierzu wird ihnen durch Berlin braucht dich! vermittelt. Warum arbeiten weiterhin Betriebe aus dem öffentlichen Sektor zentral bei Berlin braucht dich! mit? Öffentliche Betriebe setzten mit Berlin braucht dich! ein Zeichen für gesellschaftliche Teilhabe auch mit dem Ziel, dass sich die Gesellschaft bei dem größten Arbeitgeber in Berlin widerspiegelt. Mit einer an Vielfalt orientierten Haltung nehmen öffentliche Betriebe zudem eine Vorreiterrolle für die Privatwirtschaft ein. Gleichzeitig reagieren sie auf den demografischen Wandel und tragen aktiv zur Fachkräftesicherung bei. Nicht zuletzt wegen der wachsenden Konkurrenz zu privaten Arbeitgebern bei der Gewinnung von Nachwuchskräften hat Berlin braucht dich! für öffentliche Betriebe für ihre Personalentwicklung eine besondere Bedeutung. Ist in den öffentlichen Betrieben die interkulturelle Öffnung nicht bereits vollzogen? Wir haben doch das Partizipationsgesetz! Obwohl Berlin als erstes Bundesland seit 2010 ein Partizipations- und Integrationsgesetz (Part InG) vorweist, sind bekanntermaßen Gesetze erst dann umgesetzt, wenn sich die Alltagsrealität entsprechend ändert. Zur Umsetzung neuer Strategien braucht es eine positive Haltung, Zeit und Veränderungsmanagement. Da reicht eine Gesetzesvorgabe nicht aus. Wie unter § 1 im PartInG beschrieben, ist die Teilhabe in unserer Gesellschaft ein „gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung aller Bürgerinnen und Bürger abhängt“. Dieses Gesetz gibt lediglich den Rahmen und die allgemeinen Ziele vor – insbesondere im Hinblick auf die Spiegelung der gesellschaftlichen Vielfalt in der Beschäftigtenstruktur der staatlichen Institutionen. Wie der Übergang von der schulischen zu der qualifizierten, betrieblichen Ausbildung im Konkreten für Jugendliche chancengerecht gestaltet werden kann, liegt in erster Linie im Handlungsbereich der Schulen und Betriebe. Berlin braucht dich! steht an dieser Stelle für die konti-nuierliche Prozesssteuerung und Begleitung im Sinne des Partizipations- und Integrationsgesetzes von Berlin. Wir behandeln alle gleich. Warum aber fokussiert Berlin braucht dich! nur Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte? Ist dies nicht auch eine Art der Diskriminierung? Auch Berlin braucht dich! setzt sich für die Forderung der Gleichbehandlung ein, wenn damit gemeint ist, dass Menschen aufgrund einer Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe individuell und strukturell nicht diskriminiert werden. Es gibt jedoch auch ein Verständnis von Gleichbehandlung, das mit einer verdeckten Botschaft wie „Jeder ist seines Glückes Schmied!“ verbunden ist. Diese Denkweise blendet jedoch ungleiche Lebensbedingungen, Zugänge (z.B. zur Berufsausbildung), gesamtgesellschaftliche (Macht-)Verhältnisse und bestehende Nachteile für bestimmte gesellschaftliche Gruppen aus. So hätte eine „Gleichbehandlung“ im letzteren Sinne eine Fortsetzung von ungleichen Lebensverhältnissen und letztendlich Diskriminierung zur Folge. Berlin braucht dich! 15 Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 Wie ist ein gleichberechtigter Zugang zur Ausbildung für alle möglich, ohne dabei Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte zu ethnisieren? Berlin braucht dich! lehnt es ab, (junge) Menschen auf nur bestimmte Persönlichkeitsaspekte zu reduzieren. Es geht um die Verhinderung von strukturellen Ausschlüssen und der Vergrößerung der beruflichen Teilhabe von Jugendlichen. Allerdings darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass Menschen mit eigener oder familiärer Migrationserfahrung, Personen nicht-deutscher Staatsangehörigkeit und diejenigen Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe, vermuteten Religionszugehörigkeit und/oder ihres Namens als „nicht-deutsch“ wahrgenommen werden, auf dem Arbeitsmarkt strukturell benachteiligt sind. Im direkten Kontakt mit den Schüler/innen ist aber darauf zu achten, dass sie nicht als Gruppe, sondern als Individuen angesprochen werden. Die Berufevideos von Berlin braucht dich! beispielsweise zeichnen sich dadurch aus, dass junge Auszubildende selbst die Protagonist/innen sind, die allein von ihrer persönlichen Motivation berichten, den jeweiligen Ausbildungsberuf ausgewählt zu haben und einen kleinen Ausschnitt an Ausbildungsinhalten zeigen. Sie werden nicht zu ihrer eigenen oder familiären Einwanderungsbiografie gefragt, bieten aber (durch ihr Aussehen und/oder ihren Namen) dennoch eine breite Identifikationsfläche gerade für junge Menschen in unserer vielfältigen Stadt Berlin. 16 Berlin braucht dich! Jahresbericht Berlin braucht dich! 2014 17 II Herausgeber BQN Berlin e.V. Alte Jakobstr. 85-86 10179 Berlin Telefon 030/275 90 87 0 Fax 030/275 90 87 22 E-Mail: [email protected] Internet: www.bqn-berlin.de www.berlin-braucht-dich.de II Fotografien Judith Affolter Copyright BQN Berlin 2015 Das Projekt „Berufliche Qualifizierung junger Migrantinnen und Migranten - Berlin braucht dich!“ wird gefördert aus Mitteln der Europäischen Union (Europäischer Sozialfonds) und der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen.
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