Informationen zur AÜG

AÜG-Reform – Beschränkung der Zeitarbeit
und restriktivere Abgrenzung von Dienst- und
Werkverträgen
Am 16. November 2015 hat das Bundesministerium für Arbeit
und Soziales den lange angekündigten Referentenentwurf zur
Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und
verschiedener (Neben-) Gesetze vorgestellt. Schon in dem
Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung war eine
entsprechende AÜG-Reform angekündigt und seit dem mit
Spannung erwartet worden. Diese Spannung weicht nunmehr
einigem Entsetzen, aus verständlichen Gründen:
mehr Wert auf eine schriftliche Dokumentation des
jeweiligen Einsatzendes legen müssen, um rechtssicher
eine entsprechende Anrechnung von Voreinsatzzeiten
auszuschließen.
u
Währenddessen der Gesetzgeber ein „Verleiher-Rondell“
zur Umgehung der 18-Monats-Höchstüberlassung
ausgeschlossen hat, wurde die Möglichkeit eines
„Entleiher-Rondells“ überraschenderweise nicht bedacht.
Anders als bei der sog. Drehtürklausel (§ 8 Abs. 3
AÜG-E) wurde eine Anrechnung von Einsatzzeiten des
jeweiligen Zeitarbeitnehmers bei konzernverbundenen Unternehmen nicht vorgesehen. Ein Zeitarbeitnehmer kann
demnach zukünftig zwischen Schwester- oder Mutter-/
Tochterunternehmen wechseln und jeweils würde die
18-Monats-Frist neu beginnen.
Hauptstoßrichtung: Reform des AÜG
Das Bundesarbeitsministerium zielt mit seinem Referentenentwurf ganz vorrangig auf eine deutlich restriktivere
Ausgestaltung des Rechts der Arbeitnehmerüberlassung. In
wesentlichen Teilen bedeutet dies einen Rückschritt hinter
die seinerzeit unter der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder
umgesetzten Hartz-Reformen.
(Wieder-)Einführung einer
Höchstüberlassungsdauer
u
Anrechnung von Voreinsatzzeiten – Neuberechnung nach
6 Unterbrechungsmonaten
Bei Berechnung der achtzehnmonatigen
Höchstüberlassungsdauer sind vorhergehende
Einsatzzeiten bei dem jeweiligen Kunden anzurechnen
gleichgültig, ob der jeweilige Zeitarbeitnehmer
über denselben Arbeitgeber oder ein anderes
Personaldienstleistungsunternehmen an diesen Kunden
überlassen worden war. Dies gilt nicht, wenn der
Mitarbeiter zwischenzeitlich mindestens sechs Monate
nicht bei diesem Kunden eingesetzt war. Zukünftig
werden daher Personaldienstleister und Kunde deutlich
Kundenseitige Tariföffnungsklausel
Laut seiner Begründung will der Gesetzgeber nicht in bereits
bestehende tarifliche Regelungen zur Begrenzung der
Höchstüberlassungsdauer eingreifen. Daher wurde in den
Referentenentwurf aufgenommen, dass ein für den jeweiligen
Kunden geltender Tarifvertrag eine abweichende – also eine
kürzere oder längere – Höchstüberlassungsdauer vorsehen
kann. Soweit ein kundenseitig geltender Tarifvertrag dies
vorsieht, kann eine solche Modifikation der 18-Monats-Frist
auch im Wege einer Betriebsvereinbarung vorgenommen
werden. Allerdings soll diese Öffnungsmöglichkeit nur für
tarifgebundene Kunden gelten, also solche die Mitglied des
jeweiligen Arbeitgeberverbandes sind. Wenn demnach der
Kunde selbst keinen Tarifvertrag für seine Arbeitnehmer
zur Anwendung bringt, soll er sich nach Maßgabe des
Reformentwurfs auch nicht auf eine tarifliche Verlängerung
der Höchstüberlassungsdauer für Zeitarbeitspersonal
berufen dürfen. Dies kommt einem zulasten des nicht
tarifgebundenen Kunden wirkendem Koalitionszwang
gleich und ist daher verfassungsrechtlich (Art. 9 Abs. 3 GG)
höchst bedenklich.
In der derzeitigen Fassung des AÜG ist bereits vorgesehen,
dass die Überlassung eines Arbeitnehmers nur vorübergehend
erfolgen soll. Die rechtliche Bedeutung und Ausgestaltung
dieses von dem Gesetzgeber seinerzeit als reinem
Programmsatz eingeführten Grundsatzes war zuletzt sehr
umstritten. Dem will der Gesetzgeber unter ausdrücklicher
Berufung auf die hierdurch (angeblich) geschaffene
Rechtssicherheit nunmehr abhelfen, indem zukünftig eine
Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten gelten soll (§ 1 Abs.
1b AÜG-E). Diese Höchstüberlassungsdauer berechnet sich
arbeitnehmerbezogen, nicht arbeitsplatzbezogen. Demnach
kann ein Kunde zwar denselben Arbeitnehmer maximal 18
Monate entleihen. Nach Ablauf dieser Einsatzdauer kann er
den Mitarbeiter jedoch durch einen anderen Zeitarbeitnehmer
ersetzen.
u
Verleiher-Rondell möglich
u
Arbeitsverhältnis mit Kunde und Entzug der AÜ-Erlaubnis
drohen
Auf der Rechtsfolgenseite wird die Höchstüberlassungsdauer zweifach abgesichert. Eine Überschreitung der
18 Monate ist zukünftig gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1d AÜG-E
eine Ordnungswidrigkeit des Personaldienstleisters, die
mit bis zu EUR 30.000 je Einzelfall geahndet werden kann.
Desweiteren soll die Zuverlässigkeitsüberprüfung des
Employment & Pensions
Inhabers einer AÜ-Erlaubnis zukünftig auch aus-drücklich
anhand des Kriteriums der Einhaltung dieser 18-MonatsFrist erfolgen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG-E). Es drohen demnach
der Entzug der unbefristeten bzw. die Nichtverlängerung
der befristeten AÜ-Erlaubnis.
Zugleich ordnet § 9 Nr. 1b AÜG-E an, dass das
Arbeitsverhältnis
zwischen
Zeitarbeitnehmer
und
Personaldienstleister unwirksam sein soll, was wiederum
nach § 10 Abs. 1 AÜG-E zur Folge haben wird, dass der
jeweilige Mitarbeiter in ein Arbeitsverhältnis mit dem
Kunden einrückt. Hierdurch wird der Kunde zugleich
Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge, die für bei
dem Kunden länger als 18 Monate eingesetzten Mitarbeiter
für den Zeitraum nach Überschreitung dieser zulässigen
Einsatzlänge zu zahlen sind (§ 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IVE). Die Nichtabführung dieser Sozialversicherungsbeiträge
stellt eine Straftat dar (vgl. § 266a StGB) und hierin liegt
die eigentliche Risikoverlagerung zulasten des Kunden.
Allerdings bekommt der ggf. überlassene Mitarbeiter das
Recht, binnen eines Monats nach Überschreitung der
18-Monats-Frist dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses
auf den Kunden schriftlich zu widersprechen. Laut
Gesetzesbegründung
soll
hierdurch
insbesondere
verhindert werden, dass der Mitarbeiter von einem liquiden
Auftragnehmer zu einem zahlungsunfähigen Entleiher
„verschoben“ wird. In dieser Regelung liegt eine Möglichkeit,
die ansonsten absolute Höchstüberlassungsdauer zu
durchbrechen, indem der betroffene Mitarbeiter auf den
Übergang zum Kunden verzichtet. Wie früh im Laufe
des Kundeneinsatzes ein solcher Verzicht wirksam
vorgenommen werden kann, wird in den nächsten Monaten
die Fachliteratur und in den nächsten Jahren sicherlich
intensiv die Arbeitsgerichte beschäftigen. Ob sich ein
solcher Verzicht auf den Übergang des Arbeitsverhältnisses
zum Kunden zudem auf den Bußgeldtatbestand und die
Zuverlässigkeitsprü-fung auswirkt, ist dem Gesetzentwurf
nicht zu entnehmen.
u
Rechtsfolgen erst ab 1. Juli 2018
Das Reformpaket bietet nur einen tröstlichen Aspekt:
Gemäß § 19 Abs. 2 AÜG-E sollen für die Berechnung
der
achtzehnmonatigen
Höchstüberlassungsdauer
nur die ab dem 1. Januar 2017 zurückgelegten
Einsatzzeiten heranzuziehen sein. Damit wird diese
Gesetzesreform in diesem wichtigen Punkt erst am
1. Juli 2018 scharf gestellt. Angesichts des massiven
Eingriffs, den die Höchstüberlassungsdauer für die
Personaldienstleistungsbranche wie ihre Kunden bedeutet,
ein sehr schwacher Trost.
Equal pay spätestens nach 12 Monaten
Einsatzdauer
Bereits seit dem Koalitionsvertrag ist bekannt, dass der
Gesetzgeber die 18-monatige Höchstüberlassungsdauer
nur als absoluten Endtermin für den Einsatz eines
Zeitarbeitnehmers versteht. Daneben plant der Gesetzgeber
jedoch, die längerfristige Überlassung von Zeitarbeitnehmern
bereits nach 9 bzw. 12 Monaten massiv einzuschränken. Das
hierzu vorgesehene Mittel ist die an den Personaldienstleister
gerichtete
Verpflichtung,
einen
Zeitarbeitnehmer
grundsätzlich nach neun Monaten des Einsatzes bei
demselben Kunden ein „equal pay“ zahlen zu müssen. Damit
kann von dem sog. Gleichstellungsgrundsatz, der nunmehr
in § 8 AÜG-E einheitlich normiert sein soll, in Bezug auf
das Arbeitsentgelt nur für neun Monate durch Anwendung
eines Tarifvertrages abgewichen werden. Nach Ablauf dieses
Einsatzzeitraums muss der jeweilige Zeitarbeitnehmer in allen
Vergütungsbelangen so gestellt werden, wie ein vergleichbarer
Arbeitnehmer des jeweiligen Kunden vergütet wird,
mindestens hat der jeweilige Zeitarbeitnehmer jedoch den
Mindestlohn der Zeitarbeitsbranche zu erhalten. Gesetzlich
ist nunmehr sogar vorgesehen, dass für im Kundenbetrieb
gewährte Sachbezüge (bspw. vergünstigtes Kantinenessen)
ein Wertausgleich in Geld zu erfolgen hat.
u
Geringfügig größerer Spielraum bei Anwendung eines
Branchenzuschlags-Tarifvertrages
Die Zeitarbeitsbranche hat in den letzten Monaten alle
politischen Hebel in Bewegung gesetzt, damit wenigstens
in den Kundenbetrieben, für die ein BranchenzuschlagsTarifvertrag der Zeitarbeit gilt, dieses „equal pay“Prinzip nach 9-monatiger Einsatzdauer nicht gilt. Das
Bundesarbeitsministerium hat diese Bemühungen in
seinem Entwurf nahezu ignoriert. Die Anwendbarkeit
eines solchen Branchenzuschlags soll die 9-MonatsFrist lediglich auf 12 Monate verlängern, sodass ein
in einem Betrieb der Metall- und Elektroindustrie
eingesetzter
Zeitarbeitnehmer
nach
9-monatiger
Einsatzdauer einen 50%-igen Branchenzuschlag und
nach 12-monatiger Einsatzdauer im Hinblick auf sämtliche
Vergütungsaspekte „equal pay“ erhalten würde. Damit
greift der Referentenentwurf massiv in die Tarifautonomie
der Zeitarbeitsverbände ein, indem das mit den für die
Zeitarbeit zu-ständigen Gewerkschaften vereinbarte, sich
stufenweise erhöhende Entgeltsystem bereits nach 12
Monaten der Einsatzdauer gesetzlich überlagert wird. Hier
wird zu prüfen sein, inwieweit dieser gesetzgeberische
Eingriff verfassungsrechtlich zulässig ist und auch mit
Blick auf die Europäische Zeitarbeitsrichtlinie ist durchaus
fraglich, ob die Dienstleistungsfreiheit ausländischer
Personaldienstleister
hier
nicht
ungerechtfertigt
eingeschränkt wird.
Employment & Pensions
u
Neuberechnung erst nach sechsmonatiger
Unterbrechung
Für die Berechnung der 9- bzw. 12-Monats-Frist gelten die
vorstehend dargelegten Grundsätze für die Berechnung
der Höchstüberlassungsdauer entsprechend. Nach einer
6-monatigen Einsatzunterbrechung wird die „equal pay“Frist neu berechnet. Bei kürzeren Unterbrechungen
werden die Voreinsatzzeiten angerechnet. Auch hier
sind „Verleiher-Rondelle“ nicht möglich, da auch die Voreinsatzzeiten über einen anderen Personaldienstleister
anzurechnen sind. Auf Entleiher-Seite ist demgegenüber
auch hier keine Konzernerstreckung vorgesehen,
sodass der Zeitarbeitnehmer zwischen verschiedenen
Unternehmen desselben Konzerns wechseln kann und die
„equal pay“-Frist jeweils neu berechnet wird.
u
Rechtsfolgen bereits ab 1. Januar 2017
Als sicherlich gravierendsten Eingriff des
Referentenentwurfs ist der Umstand zu werten, dass
für die Berechnung der „equal pay“-Frist – anders
als für die Höchstüberlassungsdauer – keine Übergangsregelung geschaffen ist. Wenn der vorliegende
Gesetzentwurf demnach am 01. Januar 2017 in Kraft
tritt, gilt für Zeitarbeitnehmer, die in diesem Zeitpunkt
bereits seit 9 bzw. 12 Monaten bei demselben
Kunden im Einsatz sind, unmittelbar das „equal pay“Prinzip. § 19 Abs. 2 AÜG-E sieht ausdrücklich nur
für die Berechnung der Höchstüberlassungsdauer
vor, dass insoweit nur Zeiten nach dem 01. Januar
2017 zu berücksichtigen sind. Hieraus ergibt sich im
Umkehrschluss, dass für die Berechnung der „equal
pay“-Frist auch vorhergehend bereits zurückgelegte
Einsatzzeiten anzurechnen sind. Dies hat gravierende
Folgen insbesondere für Rahmenverträge für den
Einsatz von Zeitarbeitspersonal, da insoweit für den
Zeitraum ab 01. Januar 2017 entsprechende Anpassungen der Stundenverrechnungssätze vorgesehen
sein sollten, sofern eine mehr als 9- bzw. 12-monatige
Überlassungsdauer für den Kunden dann überhaupt noch
tragfähig erscheint.
Bezeichnungs- und Konkretisierungspflicht
Um sog. Vorrats- oder Absicherungs-AÜ-Erlaubnisse
auszuhebeln, sieht der Referentenentwurf vor, dass zukünftig
ein wirksamer Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nur dann
vorliegt, wenn die Überlassung von Arbeitnehmern in den
Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Kunden ausdrücklich
als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet wird. Fehlt es an der
konkreten Bezeichnung dieser Dienstleistung, soll der Vertrag
mit dem Kunden gemäß § 9 Nr. 1a AÜG-E unwirksam sein, mit
der Folge, dass zwischen dem Kunden und dem überlassenen
Arbeitnehmer unmittelbar ein Arbeitsverhältnis entsteht (Vgl.
§ 10 Abs. 1 AÜG-E). Diese gesetzliche Regelung zielt darauf,
den Vertragsparteien die Umdeutung eines Scheinwerk- bzw.
Scheindienstvertrages in eine Arbeitnehmerüberlassung
unter gleichzeitiger Berufung auf eine dem Auftragnehmer
(vorsorglich) erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung
unmöglich zu machen. Auf eine rechtmäßige, da von einer
AÜ-Erlaubnis gedeckte Arbeitnehmerüberlassung, sollen sich
die Vertragsparteien nur dann berufen können, wenn sie den
Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung deklariert
haben.
Diese Regelung hat insbesondere für solche Konstellationen
erhebliche Bedeutung, in denen Per-sonal eines
Dienstleisters in die Betriebsabläufe des Kunden stark
integriert sind, ohne dass die Vertragsparteien dies bislang
als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert haben bzw. als
solche qualifizieren wollten. Vielfach verfügen IT-Dienstleister,
renommierte
Unternehmensberatungen,
Engi-neeringUnternehmen, Caterer oder Promotion-Agenturen über eine
AÜ-Erlaubnis lediglich für den Fall, dass eine zwischen ihnen
und ihrem jeweiligen Kunden praktizierte Vertragsbeziehung
zu einer Arbeitnehmerüberlassung umgedeutet wird. Für einen
solchen Fall war der Kunde bislang durch diese AÜ-Erlaubnis
vor etwaigen ihn treffenden Rechtsfolgen geschützt. Dies
wird durch das Bezeichnungsgebot gemäß § 1 Abs. 1 Satz 5
AÜG-E nunmehr ausgehebelt.
u
Widerspruchsrecht des Mitarbeiters
Allerdings bekommt der ggf. überlassene Mitarbeiter das
Recht, binnen eines Monats nach dem zwischen Kunde
und Auftragnehmer „für den Beginn der Überlassung
vorgesehenen Zeitpunkt“ dem Übergang seines
Arbeitsverhältnisses auf den Kunden schriftlich zu
widersprechen. Diese Öffnung dürfte insbesondere dort
von großer Bedeutung sein, wo der Kundenmitarbeiter als
spezialisierter Berater zeitweise den Kunden unterstützen
will, ohne jedoch sein eigentliches Bera-tungsunternehmen
verlassen zu wollen. Problematisch an dieser Regelung
ist indes, dass die Mo-natsfrist kenntnisunabhängig
bereits dann zu laufen beginnt, wenn der Einsatz des
Mitarbeiters bei dem Kunden beginnt. Für Fälle einer von
Beginn an unentdeckten oder einer sich erst schleichend
einstellenden Arbeitnehmerüberlassung bleibt unklar, wie
die Monatsfrist zu berechnen sein soll. Im Ergebnis wird
man daher vorsorglich bei jedem Vertrag mit einem auch nur
geringen AÜ-Risiko eine entsprechende Verzichtserklärung
des eingesetzten Mitarbeiters einholen müssen. Falsch
aufgesetzt birgt eine solche Gestaltung indes das Risiko,
dass die Prüfbehörden nachfolgend von einer vorsätzlichen
Umgehung der AÜG-Regularien ausgehen.
Employment & Pensions
Pflicht zur namentlichen Bezeichnung des
eingesetzten Mitarbeiters
Zur Missbrauchsvermeidung sichert der Referentenentwurf
dieses Bezeichnungsgebot noch weitergehend ab. So ist zum
einen vorgesehen, dass die konkrete Person des überlassenen
Arbeitnehmers vor (!) der jeweiligen Überlassung konkret
zu bezeichnen ist. Damit können zwar Rahmenverträge
über entsprechende Personaldienstleistungen weiterhin
personenabstrakt geschlossen werden. Vor Beginn des
Einsatzes des jeweiligen Arbeitnehmers bedarf es jedoch
der personenspezifischen Konkretisierung. Hier wird
insbesondere die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der
erlaubnisrelevanten Betriebsprüfung erhöhtes Augenmerk
drauf richten, sodass auf eine schriftliche Dokumentation
dieser personenspezifischen Konkretisierung der Überlassung
zukünftig großer Wert gelegt werden sollte. Ohnehin dürfte
die Konkretisierung jedoch dem Schriftformgebot des § 12
Abs. 1 AÜG unterfallen.
uInformationspflicht
Ebenso großer Wert sollte darauf gelegt werden, den
jeweils überlassenen Arbeitnehmer - ebenfalls vor (!) jeder
Überlassung – zukünftig darüber zu informieren, „dass
er als Leiharbeitnehmer tätig wird“ (Anm.: gesetzlicher
Wortlaut). Eine entsprechende Verpflichtung soll zukünftig
gemäß § 11 Abs. 2 AÜG-E gelten. Ein Verstoß hiergegen
soll mit einem Bußgeld in Höhe von 1.000,00 € je Einzelfall
geahndet werden (Vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 AÜG-E).
Diese Informationspflicht hat nicht nur Bedeutung für
umgedeutete Werk- oder Dienstverträge. Auch für die
Überlassung hoch-qualifizierten Personals, bei der bislang
im Rahmen der Vertragsgestaltung usw. zumeist darauf
geachtet wurde, dass der jeweilige Mitarbeiter sich nicht als
„Leiharbeitnehmer“ fühlt, wird man die bisherige Vertragsund Informationspraxis nicht fortführen können. Insoweit
ist insbesondere darauf zu achten, dass bereits mit einigem
Vorlauf vor Inkrafttreten der AÜG-Reform am 01. Januar
2017 die Vertragsdokumentation usw. umgestellt werden
sollte, damit man nicht Anfang 2017 die Mitarbeiter ganz
isoliert nur über diese Eigenschaft als „Leiharbeitnehmer“
informieren muss.
Ausdrückliches Verbot der Kettenüberlassung
Überraschend ist das in dem Referentenentwurf ausdrücklich
zur gesetzlichen Normierung vorgesehene Verbot der
Kettenüberlassung. Seit jeher war es die Rechtsauffassung
der Bundesagentur für Arbeit, dass ein Weiterverleih von
Arbeitnehmern unzulässig sei. Eine gesetzliche Regelung
fand sich hierzu jedoch nicht, sodass die Bundesagentur
Verstöße gegen eine Kettenüberlassung auch nahezu
nicht sanktionieren konnte. Nunmehr ist in § 1 Abs. 1 Satz
3 AÜG-E ausdrücklich vorgesehen, dass die Überlassung
von Arbeitnehmern zukünftig nur dann zulässig sein soll,
wenn zwischen dem überlassenen Unternehmen und dem
jeweiligen Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Ein
Verstoß gegen dieses Verbot des Kettenverleihs soll zukünftig
gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1b AÜG-E mit einem Bußgeld in Höhe
von 30.000,00 € je Einzelfall bedroht sein.
Verbot des Einsatzes von Streikbrechern
Bislang hat das AÜG einem Zeitarbeitnehmer lediglich das
Recht gegeben, im Falle eines Streiks in seinem Einsatzbetrieb
seine Arbeitsleistung zu verweigern. Der Zeitarbeitnehmer
sollte nicht als Streikbrecher fungieren müssen, gleichwohl
sollte er diese Möglichkeit behalten. Bereits im Zuge der letzten
Tarifrunde der Zeitarbeitsbranche hatten die Gewerkschaften
eine Verschärfung dieses Streikbrecher-Verbots im Wege
einer tariflichen Regelung durchgesetzt. Danach war es
solchen Zeitarbeitsunternehmen, die den iGZ- oder BAPTarifvertrag zur Anwendung brachten, tariflich un-tersagt,
diejenigen Zeitarbeitnehmer, für die diese Tarifverträge galten,
im Falle eines Streiks im Kundenbetrieb einzusetzen. Soweit
mit einem Zeitarbeitnehmer jedoch vereinbart wurde, dass auf
sein Arbeitsverhältnis (zeitweise) kein Zeitarbeits-Tarifvertrag
anwendbar sein sollte, sondern das gesetzliche Prinzip des
„equal treatments“, gilt weiterhin die bisherige gesetzliche
Regelung eines bloßen Leistungsverweigerungsrechts zu
Gunsten des Zeitarbeitnehmers. Diese Lücke war insbesondere im Einzelhandel zuletzt – völlig rechtmäßigerweise –
genutzt worden. Der Referentenent-wurf will dem zukünftig
vorbauen, indem es dem Kunden verboten sein soll, einen
Zeitarbeitnehmer tätig werden zu lassen, soweit (!) sein
Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist.
Durch das „soweit“-Element kommt dabei zum Ausdruck,
dass lediglich streikbetroffene Be-triebsabteilung des Kunden
dem Streikbrecher-Verbot unterfallen dürften.
Zukünftig richtet sich das Streikbrecher-Verbot
demnach erstmals an den Kunden und nicht mehr
an den Personaldienstleister. Es ist zudem zukünftig
sodann unerheblich, ob der jeweilige Zeitarbeitnehmer
einem Tarifvertrag der Zeitarbeitsbranche oder dem
„equal treatment“-Prinzip unterfällt. Für jeden Verstoß
gegen das Streikbrecher-Verbot soll zukünftig ein
Ordnungswidrigkeiten-Bußgeld je Einzelfall in Höhe
von 500.000,00 € zu zahlen sein (Vgl. § 16 Abs. 1 Nr.
8a AÜG-E). Schon allein aufgrund dieser empfindlichen
Bußgeldandrohung dürften entsprechende StreikbrecherEinsätze zukünftig unterbunden sein.
Employment & Pensions
Einbeziehung von Zeitarbeitspersonal im
Rahmen der Unternehmensmitbestimmung
Zuletzt hat die Arbeitsgerichtsbarkeit den vormals im
Rahmen der Betriebs- und Unternehmensmitbestimmung
auf Kundenseite geltenden Grundsatz „Zeitarbeitnehmer
wählen zwar, zählen jedoch nicht“ bereits schrittweise
aufgegeben (zuletzt BAG, Beschluss vom 4. November
2015 – Az.: 7 ABR 42/13). Nunmehr stellt auch der
Referentenentwurf in dem zukünftigen vorgesehenen
§ 14 Abs. 2 AÜG-E klar, dass für die Berechnung etwaiger
Maßzahlen im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes,
bspw. für die Berechnung der Betriebsratsgröße, ebenso
wie im Rahmen des Mitbestimmungsrechts, bspw. für
die Frage, ob ein auch mit Arbeitnehmer-Vertretern
besetzter Aufsichtsrat zu wählen ist, auch die in dem
jeweiligen Kundenbetrieb bzw. –unternehmen eingesetzten
Zeitarbeitnehmer zu berücksichtigen sind. Dies ist zukünftig
vorgesehen, ohne dass es auf eine Mindesteinsatzdauer des
jeweiligen Zeitarbeitnehmers ankommen soll. Die vormals
jedenfalls im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes
geltende 3-monatige Mindesteinsatzdauer wäre damit
obsolet. Dies wird erhebliche Rechtsunsicherheiten nach
sich ziehen, schon allein für die Frage, auf welchen Zeitpunkt
jeweils abzustellen ist.
Übergangszeitraum – scheinbar großzügig
Wie vorstehend bereits an verschiedenen Stellen erläutert, sieht
das Gesetz einen scheinbar großzügigen Übergangszeitraum
vor. Es soll zum einen gemäß Art. 7 des Referentenentwurfs
erst am 01. Januar 2017 in Kraft treten. Es sollen zum anderen
zur Berechnung der Höchstüberlassungsdauer von 18
Monaten nur solche Zeiten zu berücksichtigen sein, die nach
dem Inkrafttreten zurückgelegt werden. Jedenfalls in der
Personaldienstleistungsbranche besteht jedoch weitgehende
Einigkeit, dass bereits die 9- bzw. 12-monatige „equal pay“-Frist
in weiten Teilen einer faktischen Höchstüberlassungsdauer
gleich kommen wird. Vielfach werden Kunden weder bereit
sein, den erheblichen Verwaltungsaufwand zur Ermittlung
der vergleichbaren Arbeitsentgelte zu leisten, noch die
sich aus dem „equal pay“-Prinzip ergebenden deutlich
höheren Stundenverrechnungssätze zu zahlen. Es sei davor
gewarnt, die jeweiligen Höchstsätze der BranchenzuschlagsTarifverträge mit einem „equal pay“, wie es nunmehr der
Referentenentwurf vorsieht, gleichzusetzen. Während sich die
Branchenzuschläge, insbesondere im Rahmen der DeckelungsSystematik ausschließlich auf das regelmäßige Arbeitsentgelt
beziehen und insoweit eine Angleichung vorsehen, erfasst
das „equal pay“-Prinzip sämtliche Arbeitsentgelt-Bestandteile
und sogar Sachbezüge. Hierdurch geraten bei dem Kunden
geltende Zuschlagssysteme ebenso wie höhere Urlaubsoder Weihnachtsgeld-Zahlungen, Leistungsprämien und
Zuschüsse zur betrieblichen Altersversorgung in den Blick,
die im Rahmen der Branchenzuschlags-Tarifverträge
bislang völlig unberücksichtigt geblieben sind. In zahlreichen
Einsatzbereichen dürfte das „equal pay“-Prinzip daher
zu einer erheblichen Verteuerung des Faktors Zeitarbeit
führen. insbesondere im Rahmen der Deckelungs-Systematik
ausschließlich auf das regelmäßige Arbeitsentgelt beziehen
und insoweit eine Angleichung vorsehen, erfasst das „equal
pay“-Prinzip sämtliche Arbeitsentgelt-Bestandteile und
sogar Sachbezüge. Hierdurch geraten bei dem Kunden
geltende Zuschlagssysteme ebenso wie höhere Urlaubsoder Weihnachtsgeld-Zahlungen, Leistungsprämien und
Zuschüsse zur betrieblichen Altersversorgung in den Blick,
die im Rahmen der Branchenzuschlags-Tarifverträge
bislang völlig unberücksichtigt geblieben sind. In zahlreichen
Einsatzbereichen dürfte das „equal pay“-Prinzip daher zu
einer erheblichen Verteuerung des Faktors Zeitarbeit führen.
Restriktivere Abgrenzung von Dienst- und Werkverträgen
Die Auswirkungen der geplanten Neuregelungen gehen
deutlich über die Zeitarbeitsbranche hinaus. So ist
vorgesehen, dass Werk- oder Dienstverträge einerseits und
Arbeitnehmerüberlassungs-Einsätze andererseits zukünftig
leichter voneinander zu differenzieren sein sollen. Dem
Hauptzollamt soll es so möglich sein , Scheinwerk- oder
Scheindienstverträge leichter zu identifizieren. Zudem werden
den Betriebsräten deutlich erweiterte Informationsrechte
eingeräumt. Jeder Einsatz von Arbeitnehmern auf Grundlage
von Dienst- oder Werkverträgen bei einem Auftraggeber
vor Ort kann daher zukünftig sowohl für den Auftraggeber,
als auch für den Auftragnehmer ungewollte rechtliche
Konsequenzen nach sich ziehen.
Kriterienkatalog zur Abgrenzung
IIm Rahmen der Bemühungen des Gesetzgebers, die
Umgehung der Vorschriften zur Arbeitnehmerüberlassung
zu erschweren, sollen insbesondere die Abgrenzungskriterien
zwischen der
Arbeitnehmerüberlassung und Dienstoder Werkverträgen konkretisiert werden. Es soll dabei
(weiterhin) maßgeblich darauf ankommen, ob die
eingesetzte Person in eine fremde Arbeitsorganisation
eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Hierzu soll –
wie auch schon nach derzeitiger Rechtsprechung eine
wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen sein mit
folgenden Kriterien:fremde Arbeitsorganisation eingegliedert
ist und Weisungen unterliegt. Hierzu soll – wie auch
schon nach derzeitiger Rechtsprechung eine wertende
Gesamtbetrachtung vorzunehmen sein mit folgenden
Kriterien:
Employment & Pensions
Kriterienkatalog zur Abgrenzung
> Für eine Arbeitnehmerüberlassung soll es sprechen, wenn der Auftragnehmer nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die
geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen. Durch die „oder“-Verknüpfung soll hier offenbar bereits ein
Negativkriterium ausreichen. Wie dabei indes die Anforderung, die geschuldete Leistung frei gestalten zu dürfen, umsetzbar sein soll,
ist gänzlich unverständlich. Schließlich schuldet jeder Auftragnehmer eine im Vorhinein mit seinem Kunden vertraglich vereinbarte
und insoweit nie frei gestaltbare Leistung. Gemeint sein kann daher nur, dass der Auftragnehmer eine gewisse Freiheit bei der
organisatorisch-fachlichen Ausgestaltung seiner Leistungserbringung haben muss.
> Ein weiteres Negativkriterium soll vorliegen, wenn die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbracht wird. Dies
trifft klassische Dienstleistungen, wie beispielsweise das Bewachungs- oder Reinigungsgewerbe, Hausmeisterdienstleistungen, aber
auch bestimmte IT-Services bis ins Mark.
> Gegen einen Werk- oder Dienstvertrag soll es sprechen, wenn der Auftragnehmer zur Erbringung der geschuldeten Leistung
regelmäßig Mittel eines anderen nutzt. Hier werden insbesondere Industriedienstleistungen in den nächsten Monaten auf dem Prüfstand
stehen, die es oftmals erforderlich machen, Anlagen und/oder Gerätschaften des Kunden einzusetzen.
> Wie auch bereits nach bisheriger Rechtsprechung soll es für die Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft und damit eine
Arbeitnehmerüberlassung sprechen, wenn die geschuldete Leistung arbeitsteilig, d.h. in Zusammenarbeit mit Personen erbracht wird,
die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind. Dies umfasst sowohl die arbeitsteilige Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des
Kunden als auch eine solche mit Dritten, bspw. anderen Freelancern.
> Das in der sozialversicherungsrechtlichen Statusprüfung ausschließlich zur Identifikation eines wirtschaftlich abhängigen
Selbständigen heranzuziehende sog. 5/6tel-Prinzip, d.h. der Umstand dass der Auftragnehmer ausschließlich oder überwiegend für
einen anderen tätig ist, soll zukünftig als Kriterium dienen, um Werk-/Dienstverträge von einer Arbeitnehmerüberlassung abzugrenzen.
Nur hat die Frage, in welchem anteiligen Umfang eine Leistung erbracht wird, überhaupt keinen Bezug zu der inhaltlichen Qualifizierung
dieser Leistung als Werkvertrag usw. Hier wird offenbar, dass das Bundesarbeitsministerium das Ziel, mögliche Gestaltungen zur
Umsetzung einer Tarifflucht auszuhebeln, einer rechtssystematisch nachvollziehbaren Reform offenbar den Vorrang gegeben hat.
> Gleichermaßen gegen einen Werk- oder Dienstvertrag soll es sprechen, wenn der Auftragnehmer keine eigene betriebliche
Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen. Dieses Kriterium dürfte insbesondere Freelancer oder Interim
Manager, die als Know-how-Kräfte quasi ausschließlich ihre Erfahrung und ihre fachlichen Kenntnisse einsetzen, treffen.
> Werkverträge sollen zukünftig – völlig systemwidrig – in Bezug auf die Abgrenzung zu einer (ggf. unerlaubten)
Arbeitnehmerüberlassung gegenüber Dienstverträgen bevorteilt sein, denn es soll zukünftig gegen eine Arbeitnehmerüberlassung
sprechen, wenn der Auftragnehmer Leistungen erbringt, die auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses
oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind. Dies ist aber in klassischen Dienstleistungssektoren, bspw. der Bewachung oder
bestimmter IT-Services naturgemäß nicht der Fall.
> Noch am ehesten zu greifen sein wird das letzte im Entwurf vorgesehen Kriterium, wonach eher eine Arbeitnehmerüberlassung
vorliegen soll, wenn der Auftragnehmer für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewährleistung übernimmt. Lediglich durch den im
Wortlaut der Regelung erneut abgebildeten Ergebnisbezug stellen sich erneut weitreichende Folgefragen in Bezug auf dienstvertraglich
ausgestaltete Kundenbeziehungen, für die rechtssystematisch gar keine Ergebnishaftung übernommen werden kann.
Gesetzessystematisch sollen diese Abgrenzungskriterien über einen neuen § 611a BGB-E mit dem Titel „Vertragstypische
Pflichten beim Arbeitsvertrag“ eingeführt werden. Das Bundesministerium gibt also vor, durch diese Anforderungen die
Abgrenzung zwischen einer Arbeitnehmerüberlassung einerseits und Dienst- oder Werkverträgen andererseits regeln zu
wollen. Tatsächlich zielt die gesetzliche Regelung jedoch auf eine deutliche Begrenzung des Einsatzes von Freelancern,
Selbständigen oder Interim Managern, ohne dass dies in der Gesetzesbegründung hinreichend Anklang finden würde.
Das Verhältnis dieser Kriterien untereinander ist gesetzgeberisch nicht geklärt worden. Diese Kriterien sollen demnach
nebeneinander stehen, ohne dass bestimmt wäre, in welchem Umfang diese Kriterien für die eine oder die andere
Vertragsart sprechen müssen, um eine rechtsverbindliche Einordnung vornehmen zu können. Auch die lange Zeit
diskutierte Vermutungssystematik, nach der die Erfüllung einer bestimmten Anzahl dieser Kriterien für oder gegen
eine bestimmte Vertragsart sprechen sollte, ist nicht aufgenommen worden. Im Ergebnis ist dieser Versuch, einen
Kriterienkatalog zu normieren, daher kein wirklicher Gewinn. Die Kriterien sind aus der Rechtsprechung zum Teil
hinreichend bekannt oder aber für die Abgrenzungsfrage untauglich.
Employment & Pensions
Vermutungswirkung zugunsten
einer sozialversicherungsrechtlichen
Statusfeststellung
Demgegenüber
sieht
der
Referentenentwurf
zugunsten der Deutschen Rentenversicherung eine
letztendlich sogar verfassungsrechtlich höchst problematische
Vermutungswirkung
vor.
Deren
sozialversicherungsrechtliche Einschätzung, ob eine Person
als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter oder als
Selbständiger zu qualifizieren sein soll, soll danach auf
die arbeitsrechtliche Einordnung durchschlagen. Auf
diese Weise soll also dem Hauptzollamt eine einfachere
Prüf- und Nachweispraxis eröffnet werden. Statt
selbständig Kriterien prüfen zu müssen, kann über die
Deutsche Rentenversicherung und ein entsprechendes
Statusverfahren eine Einordnung als Selbständiger oder
Arbeitnehmer veranlasst werden.
Dies ist gleich aus mehreren Gründen aberwitzig. Zum einen
wird hier eine Institution (= der Sozialversicherungsträger),
die ein erhebliches Eigeninteresse an dem Ausgang der
Statusprüfung (= eigene Sozialversicherungsbeiträge)
hat, zur vermeintlich objektiven Prüfinstanz erhoben.
Zum anderen wird die Trennung zwischen Verwaltung und
Rechtsprechung in einer arbeits- und damit letztendlich
zivilrechtlichen Fragestellung aufgehoben. Schließlich
wird mit Blick auf die juristische Qualität entsprechender
Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung deutlich, welcher Zufälligkeit die Frage der
Arbeitnehmereigenschaft zukünftig unterworfen wäre.
Diese Systematik sollte daher schnellstens wieder in der
ministerialen Schublade verschwinden, der sie offenbar ohne
jeglichen Praxisbezug entkommen ist.
Die eigentliche Zielsetzung der Bundesarbeitsministerin,
den Einsatz von Niedriglohn-Werkverträgen einzudämmen,
wird über die Vermutungswirkung zugunsten sozialversicherungsrechtlicher Statusverfahren gänzlich verfehlt.
In solchen Fällen liegt stets eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung vor, sodass die Deutsche Rentenversicherung zur Abgrenzung von Werk-/Dienstverträgen zur
Arbeitnehmerüberlassung nichts beitragen kann.
Erweiterung der Informationsrechte des
Betriebsrats
In mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht sind weitergehende
Forderungen der Gewerkschaften nach einer Erweiterung
des echten Mitbestimmungsrechts bei Beauftragung
von Werk- und Dienstverträgen ungehört geblieben.
Der Referentenentwurf belässt es dabei, die bloßen
Informationsrechte des Betriebsrats (§§ 80 Abs. 2, 92 Abs.
1 BetrVG) zu erweitern. Die personellen Maßnahmen, die der
Arbeitgeber plant und über die er den Betriebsrat vorzeitig
informieren muss, sollen zukünftig auch Personen umfassen,
die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen.
Bezüglich solcher Personen sind dem Betriebsrat sodann
die vorgesehenen Arbeitsaufgaben, der zeitliche Umfang
und der Einsatzort vorab mitzuteilen und die relevanten
Vertragsgrundlagen vorzulegen.
Aufgrund dieser Informationen kann ein Betriebsrat aber
weiterhin lediglich zu der Rechtsauffassung kommen, es
handele sich um eine unmittelbare Arbeitnehmereinstellung
oder eine Arbeitnehmerüberlassung, um sodann über § 99
Abs. 1 BetrVG ein echtes Mitbestimmungsrecht geltend zu
machen. Ob ein Fall des § 99 Abs. 1 BetrVG vorliegt, unterliegt
aber sodann weiterhin der ge-richtlichen Prüfung. Damit
bleibt der Einsatz von Werk- oder Dienstvertragsfirmen an
sich weiterhin mitbestimmungsfrei.
Fazit
Der Gesetzentwurf hat eine erhebliche Unwucht.
Während etablierte und tarifvertragliche abgesicherte
Zeitarbeitseinsätze
massiv
eingeschränkt
werden,
bleiben Werkverträge zum Zweck des Lohndumpings
unverändert möglich und den Hauptzollämtern sind keinerlei
Instrumentarien an die Hand gegeben worden, um hier
Missbrauchsfälle aufzudecken. Dieser Entwurf würde daher
eine deutliche Umverlagerung von Zeitarbeitseinsätzen
hin zu (Schein-)Werkverträgen zur Folge haben. Es bleibt
nur zu fragen, ob der Gesetzgeber dies tatsächlich
beabsichtigt.
Das Team
Wir beraten nationale und internationale Unternehmen sowie Arbeitgeberverbände in allen Fragen des Arbeits- und
Sozialversicherungsrechts, insbesondere bei der Verhandlung und Gestaltung von Tarifverträgen und Konzepten
zur Personal-, Entgelt- und Arbeitszeitflexibilisierung. Unser Team ist dabei spezialisiert auf die vertragliche und
tatsächliche Gestaltung des Einsatzes flexibler Personalreserven (Zeitarbeit, InterimManagement, Freelancer,
Werk-/Dienstverträge) und unterstützt unsere Mandanten bei Um- und Restrukturierungen, der Beauftragung von
Fremdpersonal und einem damit verbundenen Outsourcing von betrieblichen Teilbereichen.
In diesem Themenspektrum beraten wir hochspezialisiert Personaldienstleistungs-, IT/Engineering- und
Logistikunternehmen sowie Krankenhäuser. Hinzu kommt die strategische Beratung von Großunternehmen in
kollektiv-arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen.
Die Practice Area Arbeitsrecht von Taylor Wessing besteht aus rund 100 Rechtsanwälten. In unseren deutschen
Büros sind rund 30 ausgewiesene Spezialisten im Arbeitsrecht tätig.
Ihre Ansprechpartner
Dr. Oliver Bertram
Düsseldorf
+49 (0)211 83 87 0
[email protected]
Dr. Sebastian Buder
Berlin
+49 30 885 636 0
[email protected]
Dr. Kilian Friemel
München
+49 (0)89 210 38 0
[email protected]
Dr. Robert Bauer
Frankfurt
+49 69 97130-0
[email protected]
Johannes Simon
Düsseldorf
+49 (0)211 83 87 0
[email protected]
Dr. Anne Förster
Düsseldorf
+49 (0)211 83 87 0
[email protected]
Europe > Middle East > Asia
taylorwessing.com
© Taylor Wessing LLP 2015
This publication is intended for general public guidance and to highlight issues. It is not intended to apply to specific circumstances or to constitute legal advice. Taylor Wessing’s international offices offer clients integrated
international solutions. Though our offices are established as distinct legal entities and registered as separate law practices, we are able to help our clients succeed by providing clear and precise solutions with high-level
legal and commercial insights. For further information about our offices and the regulatory regimes that apply to them, please refer to taylorwessing.com/regulatory.html and rhtlawtaylorwessing.com.
TW_000XX_0X.15