Vier Wände für Familien – was Banken fordern, wenn sie fördern

8 WIRTSCHAFT
GRAFIK: MICHA WERNLI
QUELLE: MONEYPARK
NORDWESTSCHWEIZ
MONTAG, 12. OKTOBER 2015
ABLEHNUNGSRATE
ALTER BEI NEUABSCHLUSS
VERMÖGEN DER NEUKUNDEN
Grossfamilien haben es schwer
Wer jünger ist, kau eher ein Haus
Mehr Kinder = weniger auf der hohen Kante
40%
50 Jahre
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✒ Millionenklage
Es könnte teuer werden
für Viktor Vekselberg.
Im Juli hatte die italienische Polizei den Ex-Finanzchef seiner Industrieholding Renova Igor
Akhmerov verhaftet.
Die von ihm geführte und Vekselberg
gehörende Schweizer Energiefirma Avelar soll chinesische Solarpanels als EUProduktionen ausgegeben und so staatliche Fördergelder erschlichen haben.
Wie die «SonntagsZeitung» schreibt,
drohen nun Millionen-Klagen ehemaliger Avelar-Kunden. Die börsenkotierte
norwegische EAM Solar, deren Kurs
nach Bekanntwerden des Skandals 70
Prozent einbrach, bereitet eine Klage im
Umfang von 200 Millionen Euro vor.
✒ Swisscom ohne Schlüssel
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✒ Aufgeschnappt
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Vier Wände für Familien – was
Banken fordern, wenn sie fördern
Familienhypotheken Schlägt das Herz der Banken für Familienbande oder Kundenbindung?
Mehr als zwei Jahre nach den Enthüllungen von Edward Snowden, dass Geheimdienste wie die amerikanische
NSA massenhaft Nutzerdaten von Internet-Konzernen lesen, sind E-Mails von
Bluewin-Konten noch immer nicht ausreichend geschützt. Dies, obwohl der
Ex-Monopolist Swisscom als Provider
seine E-Mails als sicher bewirbt. Die
Swisscom hat es verpasst, die eigenen
Server auf den entsprechenden Verschlüsselungsstandard TLS aufzurüsten. Bereits im Oktober 2014 versprach
sie, dies nachzuholen. Swisscom macht
als Grund verzögerte Lieferungen einer
Testumgebung geltend. Auf Nachfrage
der «NZZ am Sonntag» präzisiert ein
Sprecher aber, Grund seien fehlende
interne Ressourcen. (TM)
NACHRICHTEN
ONLINE-DIENSTE
VON TOMMASO MANZIN
Eigentlich sind Familien die idealen
Kreditnehmer. So sind sie etwa vergleichsweise bescheiden: Wer Kinder
hat, braucht Platz. Dennoch haben Familien mit mehr als zwei Kindern keine
teureren Eigenheime als kinderlose,
wie eine Studie von Money-Park zeigt.
Familien sind zudem geduldig: Sie leisten sich ihr Eigenheim im Schnitt drei
bis fünf Jahre später (siehe Grafik
oben). Bei der Finanzierung gehen sie
vorsichtig vor. Jeder dritte kinderlose
Kunde wählt eine variable Hypothek
und geht damit ein Zinsänderungsrisiko ein. Familien mit Kindern dagegen
wählen zu rund 75 Prozent eine Festhypothek und setzen damit auf Sicherheit
und Planbarkeit.
Antrag abgelehnt
Banken und Versicherungen belehnen Liegenschaften in der Regel bis zu
80 Prozent des Objektwerts. Den Rest
muss der Schuldner selbst beisteuern.
Eine weitere Vorsichtsmassnahme ist
die Tragbarkeit. Gemäss einer Faustregel soll dabei nicht mehr als ein Drittel
des Brutto-Haushaltseinkommens für
Hypothekarkosten aufgewendet werden müssen – und zwar wird hierbei
nicht der aktuelle Marktzins herangezogen, sondern ein rechnerischer Satz
von 5 Prozent. In diese Kosten eingerechnet werden zudem Unterhalts- und
Nebenkosten sowie die Amortisation.
Die Studie zeigt: Im Durchschnitt erfüllen die Familien mit zwei Kindern die
Belehnungs– und Tragbarkeitsvorgaben
genauso gut wie andere Haushalte. Familien sind also auch solide.
Trotzdem fällt es Paaren mit Kindern
schwerer, sich ihren Traum der eigenen
vier Wände zu verwirklichen. Ganz besonders gilt dies bei Grossfamilien. Im
Schnitt aller Kunden wurde zwischen
2013 und 2015 jedes vierte Finanzierungsgesuch abgelehnt. Bei Grossfamilien mit mehr als zwei Kindern wurden
aber 36 Prozent der Finanzierungsanträge abgelehnt. Und dies, obschon sie
im Schnitt bei Belehnung und Tragbarkeit nur unwesentlich schlechter abschneiden. Sogar unter den abgelehnten Kunden erfüllen zwei Drittel die
Vorgaben von Tragbarkeit und Belehnung.
Die feinen Unterschiede
Ganz ohne Grund ist die «Diskriminierung» indes nicht: Obschon auch Familien nicht mehr als ein Drittel des
Bruttoeinkommens ausgeben und so-
mit die Tragbarkeit erfüllen, ist die
Quote bei kinderlosen Haushalten noch
etwas besser. Wegen der tieferen laufenden Kosten müssen sie nur 26 Prozent des Bruttohaushaltseinkommens
dafür ausgeben. Zudem belehnen zwar
auch Familien ihr Eigentum nicht mit
mehr als 80 Prozent. Ohne Kinder beträgt der Wert aber 70 Prozent. Mit
knapp 600 000 Franken Vermögen
verfügen kinderlose Hypothekarnehmer auch über ein dickeres finanzielles
Polster. Kinder sind teuer, weshalb
Grossfamilien mit 400 000 Franken
am wenigsten auf der hohen Kante haben. Sie müssen länger sparen, bis sie
die nötigen Eigenmittel von 20 Prozent
des Kaufpreises zusammen haben.
Freundschaft-Zins?
Die Unterschiede sind nicht gross,
summieren sich aber. Umso erstaunlicher, dass Grossfamilien zwar möglicherweise mehr Offerten einholen
müssen, bei den effektiven Zinsen aber
nicht schlechter wegkommen. So zahlten sie 2014 zwar 0,17 Prozentpunkte
mehr, werden 2015 aber mit einem
Zinsabschlag von 0,1 Prozentpunkten
belohnt. Zinsseitig gibt es also keine Benachteiligung – im Gegenteil: Familien
sind eine wichtige Zielgruppe, die mit
Zinsermässigungen umworben werden.
Schlechtes Gewissen wegen der hohen
Ablehnungsrate oder Marketing-Gag?
Money-Park kommt zum Schluss,
dass die Angebote nur selten halten,
was sie versprechen. So gelte die Vergünstigung häufig nur über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren. Zudem
gebe es den Zinsabschlag je nach Anbieter nur auf die ersten 100 000 bis
300 000 Franken Kredit. Im Vergleich
zu den billigsten Angeboten der mit
Money-Park zusammenarbeitenden Finanzierer waren die untersuchten Familien-Hypotheken sogar teurer.
Fazit: Die Studie legt nahe, dass Familien mit den «Spezialangeboten» im
Durchschnitt nicht besser fahren als
mit «normalen» Hypotheken. Im Einzelfall mag das anders sein. Sicher ist,
dass Banken im Gegenzug für den Rabatt damit rechnen, dass man sich an
ihre Grosszügigkeit erinnert, wenn es
um andere Geschäfte geht. Etwa um
die Sparkonten der Kinder. Und wer
weiss, vielleicht auch einmal um deren
Hypothek. Die Familienförderer erwarten also zumindest so etwas wie
Freundschaft, am liebsten über Generationen. Die Kosten für die Kundenbindung in Form tiefere Zinsmargen
dürften im Werbebudget verbucht sein.
Amazon will künftig
Lebensmittel liefern
Frische Lebensmittel neben Büchern
und Kleidung: Das Internetversandhaus Amazon will nach den USA künftig auch in Deutschland seinen Lieferservice «fresh» anbieten. Einen konkreten Termin für den Start ist noch
nicht bekannt. Von den Amazon-Verteilzentren in Deutschland aus werden
auch die Kunden in der Schweiz beliefert. (SDA)
IWF-JAHRESTAGUNG
SNB sieht geringes Risiko
für negative Preisspirale
Obwohl die Teuerungsrate derzeit unter null liegt, gebe es in der Schweiz
nur ein geringes Risiko für eine negative Preis- und Lohnspirale, erklärte
der Präsident der Schweizerischen
Nationalbank (SNB) Homas Jordan an
der IWF-Jahrestagung am Samstag in
Lima. Sollte der Franken nicht weiter
aufwerten und der Ölpreis nicht weiter
sinken, könne die Schweiz Anfang
2017 zu einer Null-Inflation zurückkehren. (SDA)
DETAILHANDEL
Landi will mit Agrola
weitere Standorte bauen
«Kinder signalisieren stabile Verhältnisse»
Familienhypotheken Immobilien-Experten von UBS und Neuer Aargauer Bank sehen kein Finanzierungsproblem für Familien
mit Kindern ist im Durchschnitt nicht tiefer
als das kinderloser Ehepaare. Abgesehen
vom höheren Platzbedarf sehe ich kein Familienproblem.
Belci: Wir sehen keine grundsätzliche Erschwernis für Familien. Entscheidend ist
die Tragbarkeit des Kredits.
VON TOMMASO MANZIN
Eigenheime sind teurer geworden,
aber die tiefen Zinsen machen sie erschwinglich. Wie gefährlich ist dieser
Anreiz, besonders für Familien?
Matthias Holzhey: Kaufen ist in ländlichen Gebieten oft günstiger als Mieten. Gefährlich wird das aber erst bei einem abrupten Zinsanstieg oder einer Scheidung.
Bei konservativer Finanzierung ist die Gefahr aber begrenzt, auch für Familien.
Roberto Belci: Wir rechnen weiter mit
5 Prozent kalkulatorischem Zins, um eine
solide Tragbarkeit sicherzustellen. Sie ist
die Basis langfristig zufriedener Kunden.
Haben es Familien schwerer, ein Eigenheim zu kaufen als kinderlose Kunden?
Holzhey: Das Einkommen von Familien
Matthias Holzhey, UBS.
Roberto Belci, NAB.
Gibt es Unterschiede in der Finanzierungsform? Tendieren Familien dazu,
«alles zu geben» für ein Eigenheim, etwa, weil Mieten teurer ist?
Holzhey: Familien sind typische Erstkäufer eines Eigenheims. Sie kaufen noch verhältnismässig jung und sind damit bei der
Finanzierung stärker auf die Einbeziehung
der Pensionskasse angewiesen als ältere
Hauskäufer.
Belci: Rund drei Viertel unserer Kunden
bevorzugen die Festhypothek. Wir stel-
len hier keine Unterschiede nach Lebensform fest.
Familien haben höhere Kosten und weniger Ersparnisse. Sie sind für Banken
riskanter. Warum gewähren sie Familien teilweise einen Zinsabschlag?
Holzhey: Bei Familien, die erstmals ein Eigenheim erwerben, dürfte das Risiko kaum
höher sein als bei kinderlosen Kunden.
Zinsabschläge erhalten hauptsächlich Erstkäufer. Auch sind Kinder ein Signal für stabile Verhältnisse. Zudem dürften Einkommen und Vermögen junger Familien im
Laufe der Zeit steigen. Es lohnt sich somit,
in die Kundenbindung zu investieren.
Belci: Wir sehen kein höheres Risiko bei
Familien. Entscheidend ist ein realistisches
Budget, bei dem auch Spielraum für Unvorhergesehenes besteht.
Der Detailhändler Landi und die ebenfalls zur Bauern-Genossenschaft Fenaco gehörende Tankstellenkette Agrola wollen weiter expandieren. Bis
2020 sollen mindestens 80 gemeinsame «Marktplätze» betrieben werden.
Derzeit seien es 65, sagte eine Fenaco-Sprecherin auf Anfrage. (SDA)
INSERAT