JFSG – Juli 2015

Volume 10 | Juli 2015
Band 2, Ausgabe 1
Just For Swing Gazette
Swing is the Thing! - Mitteilungsblatt für Freunde swingender Musik in und um Leipzig
THEMEN
 Dixieland Festival Dresden 2015
von Gerd Mucke
 Music
Festival
Sacramento 2015
von Detlef A. Ott
 At The Jazz Band Ball oder
Der Fingerbiß im Paradies
Die Jenaer Jazzszene der wilden 1950er und 1960er
von Klaus Schneider mit einer Einleitung von Klaus Kirst
 Leipziger Jazzgeschichte(n) Teil 4
von Peter Colev
 Mein Leben im Schatten von Satchmo
Sharon Folta-Preston über ihren Vater Louis Armstrong
 Jazznotes from abroad
Graeme Bell in Prag 1947
 Swing hält jung
Gitarrist Eberhard Birkigt wird 80
 In alten Zeitschriften geblättert
 Personalia
 Schallplattenfunde
© D. Ott
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ittlerweile sind wir bei
Nummer 10 unseres Mitteilungsblattes angelangt. Wie
angekündigt, setzen wir die
von Klaus Kirst initiierte Serie über Erinnerungen an die Jazzszene in und um Jena
fort, in der er Freunde und Weggefährten
zu Wort kommen lässt, die in den 1960er
Jahren der Tristesse des DDR Alltags
swingende Klänge gegenüberstellten. Der
Klarinettist der Jenaer Oldtimers Klaus
Schneider schreibt in höchst origineller
Weise über diese Zeit. Seine inhaltsreichen
Memoiren zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, immer mal wieder einen Blick
zurückzuwerfen. Auch Peter „BoogiePete“ Colev hat wieder lebendige Erinnerungsarbeit geleistet und setzt mit dem
vierten Teil seine kultigen „Leipziger Jazzgeschichte(n)“ fort, die eine Ära aufleben
lassen, in der fernab von modernen und
uns überfordernden Kommunikationsmedien swingende Musik ein nicht unbedeutender Bestandteil des Alltags war. Im
Frühjahr erblühen nicht nur die Blumen
sondern auch wieder zahlreiche Jazzaktivitäten zu neuem Leben. Zwei Jazz Festivals
stellen wir gegenüber. Zwar geografisch
weit entfernt, haben sie viel gemeinsam.
Gegründet wurden sie in den 1970er Jahren. Das Sacramento Music Festival fand
1974, das Dresdner Dixieland Festival
1971 das erste Mal statt. Musikalisch haben beide den gleichen Schwerpunkt. Traditioneller Jazz und Swing sollen Zuhörer
begeistern und Freude verbreiten. 1983 gelang es sogar den Berliner Dixieland All
Stars aus Berlin als erste und einzige DDR
Formation in Sacramento aufzutreten.
Mittlerweile hat sich der Anteil der ausländischen Bands da stark reduziert. Die einzige Band „from abroad“ kam in diesem
Jahr aus Poznan in Polen. Kurioserweise
trat sie eine Woche zuvor auch in Dresden
mit der aus Sacramento stammenden Sängerin Diane Davidson auf. Gerd Mucke
und Eberhard Birkigt besuchten das Dresdner Festival und haben in Wort und Bild
ihre Eindrücke festgehalten. Eberhard Birkigt, der zuvor seinen 80. Geburtstag feierte, gratulieren wir mit einem kleinen Beitrag, in dem er über seine frühe und späte
Liebe zum Jazz spricht. Über ihre unerfüllte Liebe zu ihrem Vater, dem legendären
Louis „Satchmo“ Armstrong, habe ich mit
dessen Tochter Sharon gesprochen. Sie
ging mit dem am besten gehüteten Geheimnis Satchmos, von dem man bisher
annahm, er hätte keine Kinder, vor einiger
Zeit erst an die Öffentlichkeit. Ich hatte die
Möglichkeit, exklusiv mit ihr über ihr
Buch und die Hintergründe zu sprechen.
Sie stellte Bildmaterial für unsere Zeitschrift zur Verfügung. Ich erfuhr von
Sharon Folta-Preston durch den sehr
informativen Newsletter des Jazzinstituts Darmstadt. Diesen kann man auf
www.jazzinstitut.de abonnieren.
Wir freuen uns über neue Interessenten, die das Blatt beziehen möchten.
Auch das Hamburger Jazz-Magazin
„Swinging Hamburg Journal“ stellte in
der Ausgabe Nr. 54 des 14. Jahrgangs
unsere „kleine, aber feine deutschsprachige Jazz-Zeitschrift“ ihren Lesern
vor. www.swinginghamburg.de
Dass sich auch englischsprachige Texte in unserer Ausgabe finden, ist der
Tatsache geschuldet, dass unsere Musik keine Grenzen kennt. Diesmal drucken wir einen Beitrag über die Aufnahmesession Graeme Bells in Prag ab.
Der Beitrag erschien im VJ Magazine
des australischen Jazzarchivs in Melbourne und wurde uns freundlicherweise zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug druckte VJ 66 im
Mai 2015 den Artikel über Coco Schumann aus der JFSG April 2014 ab. Deren interessantes Mitteilungsblatt kann
man ebenso im Internet komplett herunterladen: www.ajm.org.au
Wie immer wünsche ich viel Vergnügen mit der Lektüre - keep swingin‘
Detlef A. Ott
Redaktion: Detlef A. Ott (Herausgeber)
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Peter M. Colev, Klaus
Schneider, Klaus Kirst, Gerd Mucke, Eberhard Birkigt,
Marion Kranz, Kerstin Ott, Ken Simpson-Bull (AUS),
Sharon Preston-Folta (USA), Gary Bookout (USA)
Leipzig, den 06. Juli 2015
Das Titelbild zeigt das Es-Saxophon
welches der Belgier Adolphe (Antoine
Joseph) Sax ca. 1855 baute und in der
Musikalienabteilung des Metropolitan
Museums in New York zu sehen ist.
Foto: D. Ott
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Klaus Kirst
D i e w i l d e n 19 5 0 e r u n d 1 9 6 0 e r J a h re
D i e J e na e r J a zz S z e n e
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en Titel hat sich Wolfgang Drilltzsch von den Dixieland Stompers ausgedacht, Klaus Schneider wirkte auch mit.
Detlef Ott bat mich darum, Erlebnisse aus dieser Zeit für die Gazette aufzuschreiben, nachdem ich ihm davon erzählt hatte. Anfang der 1960er Jahre war Jena neben Halle, Dresden und Berlin eine der Hochburgen des traditionellen Jazz in der DDR. Es gab gleichzeitig vier komplette Bands, jede originell und mit eigenem Profil. Wir Musiker kannten uns alle, besuchten gegenseitig Proben und Auftritte, tauschten uns musikalisch und menschlich miteinander aus.
Das ging natürlich sehr gut in diesem gemütlichen Jena mit dem Flair einer Kleinstadt. Ich möchte kurz über meine Sicht auf
die Jenaer Jazzszene berichten und lasse dann Vertreter der einzelnen Bands mit persönlichen Beiträgen zu Wort kommen.
Wie ich selbst zum Jazz kam, ist in Heft 9/2015 nachzulesen. Ich war Medizinstudent in Jena, Jazzfan und wollte auch aktiv
sein. Mein musikalischer Werdegang begann 1958 mit dem Banjospiel. Etwa 1960 lernte ich an der Ostsee zufällig Rolf
Wachowius aus Berlin kennen. Er war Oberschüler und mit mehreren Jazzbegeisterten aus seiner Schule in einem Ferienlager
in Nonnevitz (auf Rügen) und spielte
schon sehr gut Banjo. Sein Vater war
Jazzfan und sein Onkel spielte Kornett
und später Tuba bei den „Salty Dogs“
in Westberlin. Er versorgte mich mit
Harmonien und Texten und zeigte mir,
wie man sich akkordlich auf dem Banjo
bewegen kann. Unsere kleine Band mit
2 Banjos, zwei Gitarren, selbst gebautem Bass und Waschbrett nannte sich
„The Nonnevitz Skiffle Kids“. Unser
Hit war „Dr. Jazz Stomp“. Wir trafen
uns in jeden Sommerferien von 196063. Einmal stieß Alexander Konrad
Müller von den Dresdener „Elb
Meadow Ramblers“ mit seinem zeknautschten Kornett zu uns. Er hatte
sich das geschredderte Instrument vom
Schrott geholt und mit Lötzinn und
Knete aus drei Teilen wieder zusammengefügt und sehr gut spielbar gemacht. Überdies führte er in der großen
Tasche seines Bademantels eine kleine
F-Blockflöte (aus schwarzem Duroplast)
mit sich, auf der er vorzüglich den damals sehr populären „Wild Cat Blues“
darbieten
konnte.
Ich übte viel, nutzte jede Gelegenheit,
Jazz zu hören – im Radio und original.
Der Wunsch, in einer eigenen Band zu
musizieren wurde immer stärker, obwohl in Jena bereits drei komplette und
spielfreudige Bands existierten. Das
hielt uns, Peter Ohl, Klaus Emil Scheffel und mich, alle Medizinstudenten im
gleichen Studienjahr, nicht davon ab,
eine vierte Band auf die Beine zu stellen. Allerdings musste ich dann den
Posaunenpart übernehmen, da partout
kein Posaunist zu finden war.
In der Nachfolge von „Klaus Steckels
New Orleans Jazzband Jena“ (19541957) war nach der Flucht des Pianisten
und Bandleaders Steckel die Leitung
vom Klarinettisten Klaus Schneider
übernommen worden. Aus dieser Band
und der 1958er Schneiderschen Gründung der „Rodaer Waschbrett Kapelle“ (Anregung: „Zschockelts Waschbrett Sechs“ Halle) gingen dann die
„Jenaer Oldtimers“ hervor. Unter dem
Dach des „Max-Reimann-Ensemble der
Friedrich-Schiller-Universität
Jena“
wurde 1962 die „Old Time Memory
Jazzband“ gegründet. Dann formierten
sich Anfang 1963 die „Dixieland
Stompers“ und schließlich erblickten
1963 die „JAZZ babies“ das Licht
der Welt, die Band, von der ich schon
lange träumte. Wir nannten uns so, weil
wir uns den anderen gegenüber wirklich
klein vorkamen. Es gelang uns allerdings bald, Anerkennung zu gewinnen
und mit mehreren Veranstaltungen alle
Jenaer Jazzbands zusammenzuführen.
Wir nannten sie „Jazz-Meetings“ und
sie fanden im Klubhaus der Universität
in der Wagnergasse und einmal in der
Mensa der Uni statt. Bei einem dieser
Meetings war der Musikstudent Uli
Gumpert aus Weimar unser Gast, er
spielte damals ein gutes Ragtime-Piano.
Die Bekanntschaft mit Klaus Schneider
brachte ihn dann nach Berlin, wo seine
Karriere im modernen Jazz begann.
Ich bin sehr dankbar, dass Detlef Ott mir
und den Autoren der speziellen Beiträge
zu den Bands die Möglichkeit gibt, etwas über diese aufregende, ereignisreiche und glückliche Zeit zu erzählen. Ich
möchte besonders hervorheben, dass wir
damals keinerlei Reglementierung von
offizieller Seite ausgesetzt waren und
unsere Musik wirklich frei ausüben durften. Finanzielle Probleme gab es übrigens auch nicht, da wir aus Freude spielten und glücklich waren, wenn ein Veranstalter mal einen Kasten Bier spendierte. Für mich und einige von den
„JAZZ babies“ endete leider unser JenaAufenthalt 1965 nach dem Examen. Wir
trafen uns 1973 wieder und die Aktivisten von damals, Peter Ohl, Klaus Emil
Scheffel und ich konnten es nicht lassen
und gründeten in Meerane die noch immer aktive „hot & blue jazz band“.
Soviel als Einleitung für die persönlichen Berichte von Mitgliedern der einzelnen Bands.
Den Anfang macht Klaus Schneider, da
seine Erfahrungen am weitesten zurück
reichen. Zur Person: (frei nach Jürgen
Wölfer „Das Lexikon Jazz in Deutschland“) Schneider wurde am 18.03.1936
in Unterloquitz geboren, studierte in
Jena Musikpädagogik und war danach
Musiklehrer in Stadtroda, ab 1961 Musikredakteur beim Rundfunk, zunächst in
Gera und Weimar, ab 1973 Chefredakteur Musik beim Rundfunk in Berlin.
Seine musikalische Geschichte erzählt er
in den folgenden Beiträgen (ab Seite 10).
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Music Festival Sacramento 2015
wi ll jun ges Pub likum an zi eh en ohn e ä lt eres zu verli eren
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um 42. Mal fand
Kontakte scheint es Bands aus
am Memorial Day
dem Ausland mittlerweile nur
Weekend in Sacranoch zu gelingen, die begehrten
mento, Kalifornien
Einladungen zum Festival zu ertraditionell das Sacramento
halten und hier auftreten zu
Music Festival statt, welches
können. Die Ansprüche sind
in den 1970er Jahren als Disehr hoch. Das Publikum möchxieland Jubilee (später umbete unterhalten werden, wozu
nannt in Jazzfestival) beeben auch eine Portion Showbiz
gann, jährlich tausende Jazzgehört. Die International All
freunde anzulocken. In Old
Stars beherrschten das mit ihSacramento, wo die Archirem Mammutprogramm (9 Kontektur an die Pionierzeit des
zerte an 4 Tagen) auf höchstem
alten Westens erinnert, lieNiveau. In der Besetzung mit
Leidenschaft gepaart mit hohem technischen Niveau: Bob Draga
gen die unterschiedlichsten
dem Italiener Paulo Aldrighi am
und sehr originellen Spielstätten ver- und somit diesen die Freude an frühen Piano, dem Posaunisten Bill Allred
streut. In rustikalen Bars, einfachen Stilrichtungen des Jazz zu vermitteln. (USA), den beiden Saxophonisten PieZelten, auf Freilichtbühnen, in an Dies gelingt auf hervorragende Art und ter Meijers (Niederlande) und Antti
New Orleans erinnernden Gärten Weise nicht nur bei großen auf der Sarpila (Finnland), der Bassistin Nicki
von Restaurants, auf dem Schaufel- Straßenparade präsenten Bands diverser Parrott (Australien), dem Trompeter
raddampfer „Delta Queen“, in tief- Schulen, sondern auch in kleineren an- Greg Varlotta (USA) und dem Schlaggekühlten Ballrooms diverser Hotels spruchsvollen Gruppen, wie man u.a. zeuger Danny Coots (USA) sind sie
und Straßen der Altstadt traten von bei einer jungen Band namens eine Art Supergroup des swingenden
morgens 9.00 Uhr bis spät in die „Diversely Dixie“ aus Denver, deren Jazz. Man muss allerdings erwähnen,
Nacht an vier Tagen hunderte Musi- Musiker alle im Highschool Alter sind, dass alle Musiker in den USA leben.
ker unterschiedlichster Formationen hören konnte und die durch ihr profes- Jeder Einzelne glänzt durch individuund Stilrichtungen auf und machten sionelles und mit viel Verve geprägtes elle Beiträge, kein Konzert glich dem
es dem Besucher schwer, nicht den Auftreten manch alte Haudegen in den anderen. Besonders der Schlagzeuger
Überblick zu verlieren. Über die Schatten stellen könnten. Auch betagte- Danny Coots war mit unterschiedJahre sind die hier präsentierten Stil- re Musiker wie der hervorragende lichsten anderen Formationen zu hörichtungen vielfältiger geworden Swing - Klarinettist Bob Draga widmen ren. Man hatte den Eindruck, er würde
und nicht nur Bands des traditionel- sich der Förderung junger Talente und den ganzen Tag trommeln und wirkte
len Jazz zu hören, welche besonders weihen sie in die Geheimnisse des er- dabei so frisch, als wäre jedes Konzert
im Westen der USA vom Stil des folgreichen Showgeschäftes und einer sein erstes. Als ein an allen vier Tagen
Posaunisten Turk Murphys und des gelungenen Performance ein. Im über- umhereilender Besucher, der an so viel
Trompeters Lu Watters (den Prota- vollen Ballroom des Hotels „Holiday wie möglichen Konzerten teilhaben
gonisten des Jazz Revival) geprägt Inn“ begegneten sich drei Generationen wollte, kam man irgendwann an seine
sind und die immer noch wie die leidenschaftlicher Jazzmusiker. Die Di- Grenzen. Am Ende bleibt ein Festival
beim Publikum hochgeschätzte High va des traditionellen West Coast Jazz, in Erinnerung, dass viel Freude verSierra Jazz Band aus dem südkali- die über 80jährige temperamentvolle sprühte, die Mannigfaltigkeit von mufornischen Three Rivers Massen an- Sängerin Pat Yankee trat mit Bob Dra- sikalischen Ausdrucksmöglichkeiten
ziehen. Von Ragtime bis Soul, Funk, ga und seinem Trio auf, der im Laufe und ihrer historischen Entwicklung im
Zydeco, Rock, Blues, Swing, Count- des Konzerts einen jungen Klarinettis- Jazz zur Schau stellte und dabei ganz
ry & Western, Swing, traditionellem ten auf die Bühne holte, von dem man nebenbei die Gemeinsamkeit von MuJazz reicht die musikalische Palette. annehmen musste, er wäre die Inkarna- sikern und Publikum zelebrierte ohne
Die Veranstalter möchten junges tion Benny Goodmans. Dass die ökono- Zugeständnisse an die Qualität der
Publikum gewinnen, um es mit der mischen Zwänge eines Festivals dieser musikalischen Beiträge zu machen.
Vielfalt des Jazz vertraut zu machen, Größenordnung ihre Auswirkungen haText: Detlef A. Ott
ohne dabei älteres zu verlieren. Aus ben, kann man daran erkennen, dass als
diesem Grund ist auch ein bedeuten- einzige internationale Gruppe die Dixie
Fotos: Kerstin Ott
der Teil der Konzerte jungen Musi- Company aus Poznan in Polen mit der
kern unter dem Motto „Next Gene- aus Sacramento stammenden Sängerin Mehr Informationen:
ration Jazz“ vorbehalten. Traditio- Daniela Davidson auftrat. Ihr Pronelle Jazzclubs haben es sich zur gramm bestand aus oft gehörten Stan- http://sacmusicfest.com/
Aufgabe gemacht, junge Musiker dards, was beim Publikum nur höfliche
und Bands finanziell zu unterstützen Reaktionen hervorruft. Durch private
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High Sierra Jazz Band
Stephani Trick& Paulo Alderighi
Hinter jeder guten Band steht eine hervorragende
Rhythmusgruppe und hinter jedem Musiker eine
gute Ehefrau mit einem festen Gehalt.
(Bryan Shaw, Trompeter der High Sierra Jazz Band)
Tom Rigney & Flambeau
The International All Stars: Pieter Meijers (cl), Paulo Aldrighi (p), Antti Sarpila (sax), Nicki Parrott (b), Greg Varlotta (tp), Bill Allred (tb), Danny Coots (dr), John Cocuzzi (vib)
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Fotoimpressionen vom Dixieland Festival in Dresden 2015
Jan Jankeje Trio mit Kate Daniels aus New Orleans
Dixie Company (Polen) mit Diane Davidson (USA)
Brassappeal (Berlin)
Bas van Gestels Dutch Dixieland All Stars (NL)
Lutz Rethberg (p) von der Blue Wonder Jazz
Band, dessen Sohn Matthias Rethberg - ebenfalls
ein begnadeter Pianist - mit seiner Band "Blue
Honky Tonk", in der seine Frau Elisa Weiß
singt, unterwegs und nicht nur in Dresden bekannt ist.
Blue Wonder Jazz Band - hat in Dresden immer ein Heimspiel /v.l.n.r.: Jockel Eulitz (bj), Manfred Böhling (tp)
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..... und wieder war Dixieland Festival in Dresden
I
n diesem Jahr traf man sich
in Dresden vom 10. bis 17.
Mai zum 45. Dixieland Festival. Motto: „Unser Mississippi heißt Elbe“. Unser BläserMultitalent Harry Thurm war mit
den
„Leipziger
JazzEnthusiasten“ auf dem Dampfer
aktiv, und Eberhard Birkigt (git)
sowie meine Wenigkeit (dr) fassten spontan den Entschluss, am
Sonnabend, den 16.Mai, auf der
Jazzmeile Prager Straße mal Atmosphäre zu schnuppern. Per
Bahn ab Leipzig, versteht
sich, denn Jazz und Bier gehören zusammen wie Louis
Armstrong und seine Trompete. Schon auf dem Wiener
Platz gegenüber dem Hauptbahnhof empfängt uns das
„Druckluftorchester“, eine
Art
pneumatisches Orchestrion, dessen komplizierte
Technik sichtbar von nur einem
Mann bedient wird. Nun ja, unterhaltsam.
Weiter geht’s durch jazzbegeisterte Menschenmassen zur Bühne
am Hotel Königstein, wo
„Herman´s Dixie Express“ zu
erleben ist, eine lebendige junge
Truppe, die auch von der witzigen Moderation ihres Chefs am
Schlagzeug profitiert. Hier hören
wir erstmalig an diesem Tag den
„Tiger Rag“, der sich später noch
gefühlte 125 Mal in unsere Gehörgänge meißeln wird. Von der
Bühne am Hotel Lilienstein erhaschen wir im Vorübergehen ein
paar Klänge der „Old Beertown
Jazzband“, bevor wir im Dixiegarten auf dem Dr.-Külz-Ring
beim „Jan Jankeje Trio“ aus
Weinsberg mit seiner ebenso
stimmgewaltigen wie fülligen
amerikanischen Sängerin Kate
Daniels Station machen. Die Herren mit ihren komischen roten
Hütchen beschränken sich auf
Banjo, Saxophon und Bass. Den
Rest besorgt Kate, die ihre Gospel- und Blueswurzeln nicht verleugnet.
Zwischendurch fließt gelegentlich
ein Bier durch unsere Kehlen. Die
schon erwähnte Bühne am Hotel
Königstein wird schließlich unser
Hauptquartier. Hier erleben wir
Frisch gestärkt, erleben wir dann
unser musikalisches Highlight:
die Dresdner „Blue Wonder
Jazzband“. Dass die Musikanten
seit 40 Jahren in der gleichen Besetzung spielen, hört und sieht
man: eine unbändige Musizierfreude hält die Truppe zusammen,
da sitzt jeder Chorus, da wirft
man sich musikalisch gegenseitig
die Bälle zu, dass es einfach Spaß
macht, da stimmen Einsätze und
Rhythmus. Wenn eine Band die
Bezeichnung „All Stars“ verdient,
dann die Jungs der BWJB.
Kunststück: 40 Jahre ...
Jedenfalls vergehen die eineinhalb Stunden ihres Konzerts buchstäblich wie im
Fluge. Zum letzten Mal an
diesem Tag hören wir den
„Tiger Rag“. Inzwischen
ist es Abend geworden, wir
bewegen uns durch die quirlige
Menge zum Bahnhof und fahren
mit lange nachklingenden Eindrücken nach Hause. Good bye,
Dresden. Aber nach dem Festival
ist immer auch vor dem Festival.
Wir kommen wieder.
Nach dem Festival ist immer auch vor dem Festival.
Wir kommen wieder.
die technisch brillanten und kräftig für Stimmung sorgenden „Bas
van Gestel´s Dutch Dixieland
All Stars“. Danach die vier Damen von „BrassAppeal“ aus
Berlin in der Besetzung Tuba, Posaune, Saxophon und kleine
Trommel, die mit viel weiblichem
Charme die Herzen gewinnen und Gerd Mucke
u.a. ein erzkomisches Duett auf www.dixielandfestival-dresden.com
bunten Plastik-Blockflöten abliefern. Natürlich darf der „Tiger
Rag“ nicht fehlen ...
Fotos auf der Seite gegenüber:
Eberhard Birkigt, Gerd Mucke
Während wir im nahegelegenen
Café einen alkoholfreien Muntermacher zu uns nehmen, erreichen
uns die musikalischen Grüße der
polnischen „Dixie Company“
mit ihrer Sängerin Diane Davidson aus den USA, die in der gleichen Besetzung nur ein paar Wochen später beim Sacramento
Music Festival auftreten werden.
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Satchmos Geheimnis
S a t c h m o ’s b e s t k e p t s e c re t
“I am Louis Armstrong’s daughter. sie dessen Wunsch ihr Leben lang re- starb, wurde der Mutter und dem einziHis only child. I have waited my entire spektierte und darauf bestand, dass gen Kind Armstrongs die Teilnahme
lifetime to say that publicly.” („Ich bin ihre Tochter dies ebenfalls tat. Dies am Begräbnis verwehrt. „My father reLouis Armstrongs Tochter. Sein ging sogar soweit, dass Sharon in der jected my love while he was living, and
einziges Kind. Ich habe mein ganzes Schule behaupten musste, ihr Vater again when he died.” Erst viele Jahre
Leben bisher darauf gewartet, dies sei verstorben, was zumindest auf später brachte sie den Mut auf, ihre
öffentlich zu sagen.“) Damit beginnt die den ersten Mann ihrer Mutter, Lu- Geschichte und die Schmerzen, die ihr
heute 60jährige Sharon Preszugeführt wurden, öffenton-Folta ihre ganz persönlizu machen. Eine
Let's categorize the human race, you have tlich
"
che
Aufarbeitung
einer
gute Freundin Eydie
Tochter-Vater Beziehung, die black, white, yellow, red - all shades. Then Palmieri, die Tochter des
- wie so viele ähnliche Latin Piyou have Catholic, Jewish, Protestants. weltberühmten
einen
gebrochenen
Leanisten Eddie Palmieri,
And then you have musicians."
benslauf hinterlassen hat und
bestärkte sie in diesem
erklärt zu Beginn des Buches
Schritt um ihrer Frieden
(Eydie Palmieri - daughter of world-famous Pianist Eddie Palmieri) und ihrer Nachkommen
ausführlich, warum sie dies
erst jetzt tut. Nur handelt es
willen, die das Recht
sich bei ihrem Vater um einen der ther „Slim“ Preston, zutraf. Dieser darauf hätten, zu wissen, welche Leangesehensten Musiker, der als trat mit Sharons Mutter als „Slim & benslinien sie weiterführten. Als sie
Botschafter des Jazz die Welt bereiste Sweets“ als Tanzpaar auf und 1989 ihren zukünftigen Mann, den
und von dem man bisher annahm, dass verstarb auf tragische Weise 1950.
Schlagzeuger Howard Folta, kennener keine Kinder hinterlassen hätte. Nun Sie beschreibt sehr eindrucksvoll und lernte, erzählte sie ihm diese Geschichgeht seine einzige Tochter mit ihrer
te, was ihn wie einen Schlag traf. In
Geschichte an die Öffentlichkeit und
diesem Buch berichtet sie weiterhin
hat in einem schmalen Band von 112
über ihren eigenen Lebensweg als MutSeiten ihren Gefühlen freien Lauf gelaster, Großmutter und Urgroßmutter, stelsen. In acht Kapiteln, welche die
lvertretend für viele Kinder, die ihren
Namen häufig von Satchmo gespielter
leibliche nähern Vater nie kennenJazzstandards tragen, sowie einem Epilernten.
log, in dem sie einen Brief an ihren verAm Ende fordert sie in einem posthustorbenen Vater formuliert, arbeitet sie
men Brief an ihren Vater das Recht ein,
schmerzhafte Gefühle, immer zu wisdie Wahrheit über ihre Herkunft zu lesen, wessen Blut in ihr fließt und nicht
galisieren und als Tochter anerkannt zu
darüber sprechen zu dürfen, auf. Ihre
sein. Dieser klingt auch nach so vielen
Mutter, die wie Armstrongs vierte Frau
Jahren verbittert und gekränkt.
den Namen Lucille trägt und 1921 geboren wurde, war Tänzerin in Harlem
Das Buch, welches mit Hilfe einer
und über viele Jahre die Geliebte ArmBestseller Autorin geschrieben wurde,
strongs. Sie glaubte anfänglich, dass
hinterlässt gemischte Gefühle über das
Satchmo sich von Lucille scheiden laswohl am besten gehütete Geheimnis
sen würde, um mit ihr zu leben. 1955
Louis Armstrongs, der mit seiner Mukam ihre Tochter Sharon Louise (nach
sik so vielen Menschen Freude brachte,
Louis) zur Welt, in dem Augenblick als
sich wie kein anderer um die AnerkenArmstrong gerade in Australien tourte.
nung des Jazz verdient gemacht hat und
Dies verstärkte die Hoffnung auf ein emotional, wie mit zunehmendem es scheinbar nicht verstand, im privaten
gemeinsames Familienleben, was al- Alter es immer schwieriger wurde, Leben die großen Gefühle, die er auf
lerdings unerfüllt bleiben sollte. In mit diesem Wissen umzugehen. Nur der Bühne zu erzeugen vermochte, eimehreren, im Buch abgedruckten einer wusste um die wahre Geschich- nem kleinen Mädchen, seinem MädBriefen äußert Armstrong sich über die te. Das war der Bassist Aaron Bell. chen, gebührend zum Ausdruck zu
Zukunft mit Lucille und unterschreibt Täglich hörte sie die Musik Arm- bringen.
sogar in einem mit „Your future hus- strongs und musste auf die physische
band“ (Dein zukünftiger Ehemann). Anwesenheit eines Vaters, von weni- Preston-Folta, Sharon
Später wünschte Armstrong, diese Bezi- gen Besuchen abgesehen, verzichten. with Millner, Denene
ehung nicht öffentlich zu machen. Wel- Armstrong finanzierte zwar die Little Satchmo
che Rolle Armstrongs Frau Lucille Schulausbildung Sharons, kümmerte Living in the shadow of my Father
dabei spielte, ist nicht klar. Sharons sich aber nicht weiter um seine leibli- Louis Daniel Armstrong
Mutter liebte Armstrong so sehr, dass che Tochter. Selbst als Satchmo ISBN 9781381228237
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schreibt SFP im Buch genauer, Anm
d. Autors) Ich hatte nie die Unterstützung meiner Familie, dies zu tun.
Meine Mutter forderte mich auf,
dies niemals öffentlich zu machen
Meine Mutter erzählte mir immer, dass
Lucille sich niemals scheiden lassen würde. Ich glaube aber auch, dass sein Manager Joe Glaser ihn davon abbrachte. Mein
Vater hätte niemals etwas gegen den Rat
Joe Glasers getan. In einem seiner Briefe
nannte er ihn SEINEN „Jesus“!
Haben Sie jemals als Teenager versucht,
ohne Wissen Ihrer Mutter mit Ihrem Vater
Kontakt aufzunehmen?
War es somit der Respekt vor Ihrer Mutter, die Geschichte bisher niemals öffentlich zu machen?
Ein Teil war die Achtung meiner Mutter
gegenüber, aber auch eine Reihe von anderen Ereignissen, die mich erst spät an
die Öffentlichkeit gehen ließen. (Dies be-
und niemand konnte ihre Meinung ändern. <…> Erst als ich älter wurde, wurde mir immer mehr bewusst, dass man
derjenige ist, dessen DNA man in sich
trägt. Ich musste einfach Frieden mit den
nicht so angenehmen Dingen des Lebens
schließen.
Wie reagierte die Louis Armstrong Stiftung auf Ihr Buch?
Michael Cogswell, Direktor des Louis
Armstrong Museum kontaktierte mich
nach Erscheinen des Buches sofort und
wollte mit mir und meiner Mutter ein Interview für das Louis Armstrong Museum
und Archiv machen. Wir waren gewillt,
erhielten aber einen Vertrag, in dem ich
alle Rechte an dem Interview an sie abtreten sollte. Das war etwas, dem wir nicht
zustimmen konnten. Seitdem habe ich
nichts mehr von ihm gehört. Zur gleichen
Zeit lernte ich den Archivar Ricky Riccardi vom Louis Armstrong House kennen. Er und Michael luden mich zu einer
ganz privaten Tour im Louis Armstrong
House ein. Das war im August letzten
Jahres und eine sehr bewegende Erfahrung für mich.
Ihr Brief am Ende des Buches ist mit Bitterkeit erfüllt, obwohl Sie oft erwähnen,
wie sehr sie ihren Vater lieben. Welche
Gefühle hegen Sie nach so vielen Jahren
und mit der Distanz des Älterwerdens in
Bezug auf ihre Beziehung zu ihm?
Ich glaube, dass es nur natürlich ist, dass
ich verbittert bin, aber wie in den meisten
Beziehungen auch, gibt es eine Vielzahl
an Gefühlen. Ich liebe meinen Vater und
bin gleichzeitig enttäuscht, wie wenig er
Sie haben das Buch als Book-on-demand
veröffentlicht. Gibt es Pläne für eine erweiterte Buchveröffentlichung?
Ich musste es selbst veröffentlichen, weil
ich keinen Buchvertrag bekommen konnte. Gern würde ich eine Aktualisierung
mit Fotos und mehr Details über die Liebesgeschichte zwischen Pops und Sweets
veröffentlichen. Mein Agent präsentierte
die Geschichte verschiedenen Verlagen in
New York. Ich wäre über jeden Hinweis
dankbar, der zu einer erweiterten Buchveröffentlichung führen würde.
Foto: Gary Bookout at the Suncoast Jazz Classic in Clearwater, FL.
Nein, ohne Erlaubnis meiner Mutter hätte
ich das nie getan. Meine Mutter hat meinen Vater immer in Schutz genommen
und ich hatte immer Angst über ihre Reaktion, hätte sie das herausgefunden. Für
meine Mutter gab es nur sie und mich.
Sie hat mich nie ermutigt, eine Beziehung
zu meinem Vater zu entwickeln, wie es
die meisten Mütter tun würden. Als ich14
Jahre war, war meine Vater sehr krank.
Während dieser Zeit habe ich meine Mutter oft über meinen Vater befragt. Sie antwortete nur, er sei krank und beendete jede Unterhaltung.
darum gekämpft hat, eine festere Beziehung zu mir zu haben. Ich glaube, dass
meine Mutter und er sich sehr geliebt haben aber auch, dass es für sein Leben, seinen Ruhm und sein Status in der Welt
einfach unbequem war. Ich denke, dass er
dachte, er sei ein guter Vater und dass er
sich genug kümmert.
Das Beste was mir passiert ist, seitdem
ich diese Geschichte bekannt gemacht habe, dass viele Menschen die Bedeutung,
die mein Vater für sie hatte, mit mir teilen. Ich sah sehr deutlich seine Größe und
wie er die Menschen mit seiner Musik berührte. Es bestätigt, dass es richtig war,
meine Geschichte öffentlich zu machen.
Ich hätte sonst niemals die Möglichkeit
dazu gehabt. Es half mir zu verstehen,
wie kompliziert unser Leben sein kann.
<…>
In einem Interview habe ich mit
Sharon Folta-Preston über ihr Buch
gesprochen.
In einem Brief an Ihre Mutter unterschreibt Louis mit “Dein zukünftiger Ehemann“. Haben Sie eine Ahnung, warum er
sich von Lucille nicht scheiden ließ, obwohl es oft im Gespräch war?
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Fotos: mit freundlicher Genehmigung von
Sharon Preston-Folta
Louis versah seine Tonbänder mit Collagen. Auf dieser ist
Sharons Mutter und ihr Cousin zu sehen. Dass er sich mit der
Familie Sharons verbunden fühlte, zeigt, dass er das Band mit
„Family Portrait“ beschriftete. Das Tonband beinhaltet ein
Audio Botschaft an Sharons Mutter, die Louis nach den Aufnahmen der Single „Uncle Satchmo’s Lullaby“ in Hamburg an sie
verschickte. Darin grüßt er auch „my little girl“ Sharon.
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G a z e t t e
Klaus Schneider
At Th e Ja zz B a n d B all o d e r D er Fin g erb iß i m P a rad ies
| Bericht Teil 1 - 1954-1957 |
S
chneidersche Klaus, Jhg. 36,
wächst wie Weinhardts
Klaus, Jhg. 35, im selben
thüringischen Dorf auf. Er als
„Wirtser“, denn er war des Gastwirts
Sohn, dank Vater im Besitz eines Klaviers wie eines Grammophons, beide
stationiert auf dem Dorf-Saal. Letzterem wie auch alljährlich stattfindenden Kirmes-und Feuerwehrbällen waren uns als 15,16-jährigen bereits
Dobs Boogie, Der schwarze Panther,
Kötzschenbroda-Express, Caprifischer und Rennsteiglied bekannt.
Noch nicht Hanns Eislers vieldeutige
Meinung im Interview mit meinem
späteren Radiokollegen Klaus Kleinschmidt (Berliner Zeitung v. 18.4.56)
Vor dieser Wahl, 1954 als stud. phil.
mus. am Institut für Musikerziehung
der alma mater jenensis im
„Volkshaus“ immatrikuliert, stand ich
nicht, zumal ich übrigens bis zu Studiums-Ende an dieser immerhin Musiklehrer ausbildenden hohen Schule weder was von Hanns Eisler
(Nationalhymne ausgenommen) noch
von Jazz und vom Rennsteiglied
(außer pfui) hören sollte. Alles dafür
von Schein, Scheidt und Schütz, d.h.
vom 16./17.Jhdt.
So waren also 3 Lexika und ein Buch
Grundlage meiner Kenntnisse bzw.
Nichtkenntnisse vom kulturpolitisch
arg beäugten Phänomen Jazz: nicht
nur, aber besonders wohl in der noch
blutjungen DDR, woran übrigens der
Leipziger Reginald Rudorf und sein
Gegenspieler Dr. Georg Uzkureit im
Ministerium für Kultur (M.f.K.) in
Berlin ihren Anteil hatten. Uzkoreit im
SPIEGEL 44/1955: „Die lärmende
Jazztrompete hat bei uns den dezenten
Stehgeiger verdrängt.“ Ich durfte ihn
1959 kennenlernen (nicht den Stehgeiger).
-Meyers Lexikon . Bibliogr. Institut,
Leipzig 1927
Der Jazz soll nach einem in den Südstaaten Nordamerikas lebenden Neger-
Transkription vom handschriftlichen Original: Klaus Kirst
musiker Charles (abgekürzt Chas) benannt sein.
-Der Volksbrockhaus. Leipzig 1937
Den Jazz spielt die J.-Band, eine Musikkapelle mit Schlagzeug, Saxophon, Dudelsack, Klavier, Banjo, Harmonika.
-Musiklexikon von Hans Joachim Moser. Musikverlag Sikorski, Hamburg
1955
Jazz („hetzt“), seit 1914 in den USA entwickelter Niggerstil der Tanzmusik…
heulend vorgetragene Melodien (daher
Saxophon, Banjo, Hawaiian-Gitarre)…
und ein Hang für groteske Klangfarben
(daher Es-Klarinette, Bandoneon, gr.
Trommel )…
-Sidney Finkelstein. Jazz. Stuttgart 1951
Dieses Werk des amerikanischen Kulturwissenschaftlers mit offensichtlich
marxistischer Weltanschauung habe ich
in Jena „verschlungen“. Und schätze es
noch heute. Und war „gestählt“ in allen
folgenden Auseinandersetzungen um
den Jazz besonders in der DDR.
„Verboten und gefördert“ (Josh Sellhorns Wahrnehmung). Besser noch:
„Unsere Partei und Regierung achtet
die Jazzmusik als Kulturerbe bestimmter
Negerstämme, kann jedoch nicht dulden,
daß unser nationales Kulturerbe durch
den Jazz verunglimpft und herabgemindert wird“ (zu Protokoll der Bezirksverwaltung Gera des M.f.S. durch Hauptmann L. und Oberfeldwebel S. gegeben
am 24.11.59).
Und da war das nicht zufällige
allabendliche Balzen des Studenten- und
Studentinnenwohnheim-Mitbewohners
Jörn Lüder Vogel (per Trompete und
„Didn’t He Ramble- ist er fremdgegangen?“), das mich zu ihm und er mich
plus Es-Klarinette aus Vaters Schieferberg-arbeiterkapelle zu Steckel zur
Probe in die Mensa trieb. Von Stund an
wurde aus dem Klarinettisten Gerold
Fickelscher der 1954 gegründeten
„Klaus Steckels New Orleans Jazz Band
der Uni Jena“ der Banjoman Gerold,
später Filscher.
Die Graeme-Bell-Platten übrigens waren für mich das, was für Rolf
Kühn in Leipzig die erste GoodmanPlatte war oder für Eberhard Esche, ihm
geschenkt von einem Leipziger
Schulfreund, Armstrongs „New Orleans
Function“, rec. New York 6./27.4.1950.
Steckel-Rekord: ganze 6 Jahre
später bereits die genaue Kopie von
Choral, Grabrede (J. L. Vogel) und
„Didn’t He Ramble“ hier:
1954
Wie nun kommt einer, theoretisch gerüstet wie verunsichert, zum JazzMusizieren? (So oder so ähnlich gefragt
auch vom legendären Blatt der ag jazz
eisenach „Die Posaune“ im Okt. 69).
Es war der zufällige Erwerb mehrerer
Schellack-Platten, die ein gewisser Graeme Bell mit seinen Mannen, allesamt
Mitglieder der australischen Delegation Unter „Wie vor 50 Jahren der New Orzu den I. Weltjugendfestspielen 1947 in leans Jazz nach Jena kam“ ist in der
OTZ v. 30. März 2006 zu lesen:
Prag, dort eingespielt hatte, 1973 übrigens als LP nochmals aufgelegt. Fidgety
Feet, Panama Rag, When the Saints,
aber auch Walking Wenceslas Square
und Czechoslovak Journey kenne ich
daher: New Orleans Jazz vom Feinsten!
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„Amateurfestival en miniature“ am
11.Dez..1955 die Rede vom „ Klarinettisten aus Jena“ ist, „der durch
seinen strahlenden Ton und ideenreiche Phrasierungen begeistern
konnte“ (S. Schmidt, damals noch
ohne –Joos). So auch
1 1
Erhalten geblieben:
1956
Ein „wildes“ (Klaus Kirst) wie üppiges
Jazztreiben in Halle wie Jena bewirkten
ein schnelles Bekanntwerden der Steckelband, belegt durch den ersten Jazz Poll
der ag jazz halle:
bei Konzerten in Gera und Mühlhausen, angesagt von Rainer Kirsch, ag
jazz jena und Siegfried Schmidt, ag
jazz halle, in Eisenach, Pößneck,
Zwickau, Karl-Marx-Stadt, Freiberg,
Dresden (Kurhaus Bühlau, angesagt
von K.H. Drechsel mit Hans Wolf
Schneider und Chris Frei von den
„Spree City Stompers“ Westberlin,
bei der Bespielung von Physiker-,
Mediziner- und div. anderen Bällen in
der Mensa, beim „Brillanten Semester
-Schluß-Gala-Abend mit 5 Bands aus
Jena, Erfurt, Halle-Bitterfeld“, bei
Straßenparaden (Mardi Gras) mit Jazz
Band Ball…
1,50 DM Eintritt zuzüglich 5 Pf. Kulturabgabe!
und ein denkwürdiges Photo vom 21.
Sept. 1956
|Jena 1956, 21.Sept., Volkshaus
Das dixieländliche Steckelmusizieren
nach dem Prinzip, das Original so gut wie
möglich nachzuspielen, nahm seinen
Lauf. Es mag sein, dass mein Prinzip es
war, mehr Eigenschöpferisches einzubringen, sodaß unabhängig vom mir
nicht bewußten „fast creolischen
Ton“ (K.H. Drechsel im Augustheft der
„Melodie und Rhythmus“ nach dem“
Repräsentativen Jazzkonzert“ Pfingsten
1964 im Berliner Babylon, da schon mit
den Jena Oldtimers) im Jazzpodium
Stuttgart bereits nach dem
1956, am 3. Jan., zu W. Piecks
Geburtstag, hatte der Deutsche
Fernsehfunk seinen regulären
Sendebetrieb begonnen und die Unterhaltungsabteilung im selben Jahr
bereits 3 Folgen der Reihe
„Stelldichein der Synkopen“ mit
einem je 20 minütigen Jazzbeitrag (!) ,
moderiert vom da 18-jährigen Leiter
der ag jazz halle, Siegfried Schmidt,
verantwortet.
Der schreibt im Jan./Feb.-Heft der
„melodie und rhythmus“ vom Jahr
2015 (!!):
Ich ergänze um das, was L. Hampton
uns aufs lädierte Trommelfell schrieb:
„Good Luck To the East. Lionel
Hampton“, um die Höhe des Honorars
und um den Grund, weshalb wir in
Westberlin und nicht in Jena landeten
in dieser Nacht.
Das Rest-Trommelfell mit dem Wunsch Lionel Hamptons fand der mecklenburgische Landarzt i.R. Jörn Lüder
Vogel kürzlich beim Aufräumen der
Garage wieder.
onel Hampton eine noch
jahrelange
Brieffreundschaft
verband,
endete die
mit Alfons
Zschockelt
alsbald: Er
landete kurz
nach Moskau
in Düsseldorf
bei den
Klaus Schneider (cl)
„Feetwarmers“ mit Klaus Doldinger.
Schließlich: die diametral
entgegengesetzten Interessen weit nach
Polizeistundenbeginn zwischen einem,
wie immer, besessenen Pianisten
namens Steckel und einem todmüden
Kellner im Paradies-Café Jena endeBleibt an Erinnerung an 1956, weil
ten nach dem nicht ganz gewaltlosen
wiederum im Stuttgarter JAZZPODIZuklappen des Flügel-Deckels seitens
UM mit Lob bedacht „Klaus Steckels
New Orleans Jazz Band aus Jena“, die des Kellners mit einem folgenschweren Fingerbiß im Paradies.
„das erste Konzert der Jazzwoche
Die Fahrt Steckels in gleicher
vom 11.-15.Dez.1956 beschloß“. Beteiligt waren Zschockelt‘s Waschbrett Richtung wie die Zschockelts, der es
es übrigens bis zum Bundesrichter am
Sechs, das Hans Buchmann Sextett,
Hellmut Kaufmann Quartett und Gün- BVG später, viel später geschafft hat,
war das Ende der Steckel-Band und
ter H. Boas mit Vortrag und bejubeltem Konzert sowie einem Jazzfo- der Anfang meiner Lehrertätigkeit im
thüringischen Clochemerle Stadtroda
rum mit Dr. Schulz-Köhn.
nahe Jena. Immerhin konnte ich mit
Der 1957er Höhepunkt:
einer keine Schulleitung, später aber
der Ausscheid für die Teilnahme an
den VI. Weltjugendfestspielen in Mos- den anfangs erwähnten Dr. Uzkoreit
kau, der in Berlin passierte. Zschockelt im M.f.K. beeindruckenden Examensarbeit „Improvisation und Jazz“,
gewann und fuhr und durfte gar eine
AMIGA-Single produzieren mit „I’ve in den Kirchweg Nr.1 in Rode einFound A New Baby“ und „That Da Da ziehen. Darüber mehr im nächsten
Kapitel.
Strain“.
Während mich mit dem Neffen von Li-
Steckel-Band: v.l.n.r.: Rainer Kirsch, Ansager und Leiter der ag jazz jena, stud. phil.; Gerold Fickelscher, bj, stud.
phil. math. phys.; Klaus Steckel, p, stud. math.; Jörn Lüder Vogel, tp, stud. med.; Horst Hoffmann, dr, stud. chem.;
Gerhard Ricker, tuba, stud. theol.; Eckhardt Hoffmann, tb, stud. theol; Klaus Schneider, cl, stud. phil. mus.
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Leipziger Jazzgeschichte(n) Teil 4
von Peter Colev
A
m 17.04.1945 besetzte die
69. Infantery Division der
US-Army Leipzig und wenige Tage später war der 2.
Weltkrieg beendet.
Mit dem Einzug der Amerikaner wurde
nicht zuletzt auch die Jazzseele der Altfans und ihre inzwischen herangewachsenen Alumni belebt. Deutschland war
jetzt keine Diktatur mehr und es
begannen nun umfangreiche Aktivitäten zur Linderung der Wohnungsnot, zur Sicherung der Ernährung sowie beim verwaltungsorganisatorischen Aufbau staatlicher Strukturen.
die damals in Mode gekommenen Big
Band Tunes von Basie,
Ellington,
Goodmann, Les Brown u. a.. Ihre Arrangements und Solistik, besonders der Saxofone, Bläsersätze und nicht zuletzt die
Rhythmusgruppen rissen uns, die sogenannte „In The Mood-Generation“, von
den Sesseln. Das hatte auch zur Folge,
dass die damals etablierten Kapellen,
Bands und Musikanten in den Tanzbars
der Musik ermöglichte ein neues Hörerlebnis.
Auch, wenn das Geld knapp war, gingen
die Leute wöchentlich, meist regelmäßig, in Tanzveranstaltungen und Tanzsäle unserer Stadt. Fernseher gab es zu
dieser Zeit noch nicht, die Schallplattenfirmen lieferten wegen Energie- und
Kohlemangel nur sporadisch wenige
Verkaufsexemplare der so begehrten Schellackplatten. Beim Kauf
musste man möglichst gebrauchte
Schallplatten
unterschiedlicher
Genres in Zahlung geben. Sie
wurden mit 0,50 M angerechnet
Der Schellack-Rohstoff wurde
dringend gebraucht.
In jener Zeit wurde es regelrecht
zur Mode, die zahlreichen
wiedereröffneten Bars und
Tanzlokale der Stadt aufzusuchen.
Der amerikanische Militärsender
AFN begann bereits im Mai 1945
im Funkhaus des MDR Leipzig,
Springerstraße mit der Ausstrahlung von Sendungen für ihre GI’s,
die natürlich außer „News“ auch
mit Jazz und Swingmusik unterlegt waren und die aktuelle amerikanische Musikszene repräsentierten. Die Freude darüber währte
aber nur kurz, denn bereits im Juli
wechselte aufgrund eines Gebietsaustausches das Besatzungsregime und die Russen übernahmen das Einzugsgebiet.
Dennoch hatten sich in den drei
Besatzungszonen weitere AFNSender etabliert und so musste
man nicht auf die für uns so bedeutsamen Jazz- und Swingbeiträge
verzichten. AFN Berlin,
Frankfurt und München waren
nun
fast
täglich
unsere
„Anlaufstellen“. Sendungen wie
„Lunchen
in
Munchen“,
„Bouncing in Bavaria“ sowie die
legendären Moderationen der
Disc-Jockey’s (hier wurde der
Begriff erstmals verwendet) von
George Hudack und Marc White
„Hawe“ Schneider (tb), Krokerstr. In Leipzig
haben sich in unser Gedächtnis
eingebrannt. Schon die Art der Modera- und Sälen dem Trend der Zeit folgten
tion, lustig und locker, obwohl wir der und ihre Musik und Spielweise und ihr
englischen Sprache nicht vollends mäch- Repertoire umfassend amerikanisierten.
tig waren, begeisterte
uns. Besonders Der neue Sound und die Synkopierung
In jener Zeit wurde es regelrecht
zur Mode, die zahlreichen wiedereröffneten Bars und Tanzlokale
der Stadt aufzusuchen. Tanz &
Geselligkeit waren angesagt. In
Leipzig waren die Lokale Burgaue, das Elstertal, die Goldene Krone, der Felsenkeller, das Casino
Mühle, Forsthaus Raschwitz u. a.
besonders beliebt. Die Vielzahl
der Bands und guten Solisten mit
swingorientierter Musik übersteigt
hier die Möglichkeiten einer detaillierten Beschreibung und Charakterisierung. Der bekannte Gitarrist
und
Hochschuldozent
Thomas Buhè schildert in seiner
autobiografischen Dokumentation
„Mein Kaleidoskop“, Eigenverlag
2007 ausführlich die Musikszene
Leipzigs in jener Zeit.
Im Jahr 1947 war die JazzGemeinschaft der Leipziger Fans
derartig gewachsen, dass außer
dem HOT-Kreis von Kurt Michaelis (Hot-Geyer) im Stadtteil Gohlis
(Leipzig-Nord) nun auch ein weiterer Jazz-Kreis (Leipzig-Süd)
unter Leitung von Götz Wagner –
Steinstraße – entstand. Götz Wagner, der spätere Zahnarzt und JazzProtagonist sowie der Schlagzeuger Teddie Neubert, der zeitweilig mit Jutta
Hipp, einer bedeutenden Jazz-Pianistin
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aus Leipzig, verlobt war, organisierten letzterer musste wegen der Berlin- Begleittext ins Deutsche übersetzt.
ebenfalls umfang-reiche und unver- Blockade der Sowjets später in Überhaupt ist festzustellen, dass die
gessliche Jazz-Meetings auf privater Amiga-Stomp umgetauft werden. Leipziger Jazz-Kreis-Freunde natürBasis. Der Kreis Nord und Süd kon- Die vorgenannten Aufnahmen gal- lich auch passionierte Schallplattenkurrierten einander nicht, sondern er- ten und gelten als bedeutende Mei- Sammler waren und sehr früh mit Regänzten sich in
cherchen über Beidealer Weise. Bei
setzungen
von
einer Session in
Bands, Aufnahmeder
Gaststätte
daten und Titelab„Iwan“, Strelitzer
folgen beschäftigt
Straße, wo unter
waren. Da spielte
anderem Mitglienatürlich die vorbeder der Henkelszeichnete DelauneyBand, Musiker des
Discographie eine
Gustav Brom- und
große Rolle. Es kurKarel
Vlachsierten in dieser Zeit
Orchesters
und
deutschlandweit
nicht zuletzt der
Such- und TauschChef und Trombolisten von Jazznist der späteren
Schallplatten. Über
Spree-Citydie Situation bei der
Stompers (Berlin)
Beschaffung
von
Hawe
Schneider
Schallplatten
und
(auch ein Gohliser)
Tonträgermaterial
spielten, trafen sich
muss an anderer
beide Jazz-Kreise
Stelle noch berichtet
öfters im Vereins- Götz Wagner 1948 (Jazzkreis Süd) mit Schellackplatte der Marke SWING werden.
zimmer. Letzterer
berichtet ebenfalls über diese Zeit in lensteine der deutschen Nachkriegs- Am 30.09.1949 organisierte der Leiter
seinem Buch: „Und Abends Swing“. Schellackproduktion. Im Linden- des Jazz-Kreises Süd, unser unvergesDie Aktivitäten der Jazz-Kreise Nord Blues hat Rex Stewart beim Anblick sener Jazz-Freund, Götz Wagner, eine
und Süd waren deutschlandweit ver- der Trümmerwüste Berlins seine legendäre Jam-Session, die im Tanzsnetzt. Es gab Verbindungen zum Jazz- Stimmung - dezidiert und mit großer aal der „Goldenen Krone“, einem
Kreis Berlin unter Leitung von Hans Empathie - zum Ausdruck gebracht. Leipziger Speise- und Tanzlokal, stattBlüthner, dem Präsidenten des HOTfand.
Clubs Berlin sowie zu Dr. Schulz- Sensationell war in dieser Zeit auch
Köhn, den Plattenpromoter von Bruns- die Beschaffung von insgesamt 12 An dieser Session nahmen einige exwick - Deutschland sowie zum Frank- Exemplaren der HOT-Discographie ponierte Mitglieder der Henkels-Band
furter Jazz-Kreis unter Leitung von 1943 von Charles Delauney (HOT- teil. Das private Tonstudio Fricke hat
Horst Lippmann und dem Blues- Club de France). Die vorgenannte den Titel „Lady be good“ auf Decelith
Experten Günter H. Boas.
Discographie von 1943 in französi- -Platte mitgeschnitten und die englischer Sprache (auch Jazz-Bibel ge- sche
Firma
„Harlequin“,
Nr.
In dieser Zeit entstanden auch die nannt), wurde lediglich mit insge- HQU2052 hat vor einigen Jahren dann
Leipziger Jazz-Briefe, deren Autoren
nachfolgend diese Aufnahme auf der
Mitglieder des Clubs Nord und Süd
LP „Trümmer-Jazz“ veröffentlicht.
waren. Es wurden insgesamt 13 AusDie LP ist eine Rarität, da auch andere
gaben veröffentlicht, die Manuskripte
überwiegend ostzonale Bands mit
dazu sind noch vorhanden. Über die
bisher unveröffentlichten Titeln beteiLeipziger Jazz-Briefe wird an anderer
ligt waren (hervorzuheben auch die
Stelle noch ausführlicher zu berichten
Band von Heinz Kretzschmar, Dressein.
den mit dem Trompeter Charly
Sämmang,
dessen
Interpretation
Es ist verbürgt, dass die Mitglieder des
„Creole Love Call“ - auf Amiga erClubs Nord im Jahr 1948 zum Auftritt
schienen- einzigartig ist).
des Ellington-Kornettisten und Trom- samt 500 nummerierten und eingepeters Rex Stewart auf Einladung von tragenen Exemplaren weltweit ver- Im Dezember 1947 übernahm Kurt
Hans Blüthner nach Berlin gefahren trieben. Der Vater des Schlagzeu- Michaelis (HOT-Geyer) die Gestalsind. Hier entstanden die bedeutenden gers Teddie Neubert, ein Verlagsdi- tung einer Sendung für Jazz-Freunde
Amiga-Aufnahmen vom Old Woman rektor und Goethe-Forscher, hatte im Mitteldeutschen Rundfunk. Die
Blues, Linden-Blues, Air-Lift Stomp, dankenswerter Weise Vorwort und Sendung hieß: „Eine halbe Stunde für
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den Jazz-Freund“ und hatte insgesamt 12 Folgen. Das Signature-Tune war dabei eine Version
des Bugle Call Rag, gespielt
vom Orchester Don Redman.
Die Sendung lief wöchentlich
Dienstags von 22.00 – 22.30
Uhr und hatte jeweils eine besondere Thematik. Insbesondere
wurden außergewöhnliche Vorkriegs-Schellackplatten vorgestellt und besprochen. Am 30.
Mai 1948 wurde die Sendereihe
leider beendet, was allgemein bedauert
wurde. Es ist kaum zu glauben, dass die
Originalmanuskripte dieser Sendungen
archiviert sind und so immer noch zu
Verfügung stehen.
1 5
tierten in dieser Zeit ebenfalls
bedeutende deutsche Bands,
wie z.B. das Horst KudritzkiOrchester (mit 48!) hochkarätigen Musikern, weiterhin die
Swing-Band
des Berliner
Rundfunks unter Walter Dobschinski, Lubo de Orio sowie
dem legendären Kurt Widmann, Berlin. Er musste, wie
immer, unbedingt bei seinen
Auftritten den Hampton-Titel
„Hey-ba-be-re-bop“
spielen,
Juni 1951, wurde die Henkels-Version ohne diese Zugabe gingen die Leute
der Komposition „Cherokee“ von R. nicht nach Hause
Noble im internationalen Maßstab auf
den 3. Platz nach Duke Ellington und Es ist an dieser Stelle nicht möglich, die
Count Basie gekürt. Eine Sensation! In Geschehnisse und Aktivitäten jener Zeit
der Kongreßhalle zu Leipzig (Zoo) gas- der Leipziger Jazz-Szene umfassend zu
Henkels ist es gelungen in dieser Zeit
eine Equipe von Musikern zu
beschäftigen, die in gewisser Weise
Was die Musikaktivitäten des Mitteldeutschen
Rundfunks betrifft, so
ist an dieser Stelle unbedingt das Wirken des
Rundfunk-TanzOrchesters Leipzig unter Leitung von Kurt
Henkels zu nennen.
Henkels ist es gelungen
in dieser Zeit eine
Equipe von Musikern
zu beschäftigen, die in
gewisser Weise Geschichte gemacht
haben (siehe auch Broschur „Kurt Henkels“ von Gerhard Conrad, Menden/
Sauerland).
Musiker, wie Rolf Kühn, Henri Passage,
Walter Eichenberg, Werner Baumgart,
Helmut Henne, Günther Oppenheimer,
Fips Fleischer u. a. machten die Henkels
-Band zu einer regelrechten Kult-Band.
Die Vorbilder der Band waren Tommy
Dorsey, Stan Kenton, Les Brown, Artie
Shaw. Anlässlich eines SchallplattenWettbewerbes in Paris, datiert auf den
Geschichte gemacht haben
rekapitulieren. Den weiteren Folgen der
„Leipziger Jazz-Geschichte (n)“ wird es
vorbehalten sein, über diese weiter ausführlich zu berichten.
Das verwendete Bildmaterial stammt
aus dem Archiv von Peter Colev
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In alten Jazzzeitsch riften geb lättert
linkes Foto: „Hot“ Geyer vor seinem ehemaligen Wohnhaus in Leipzig, Saßstr. 34
rechtes Foto: Werbung für das Sam Wooding Orchester am 18. August 1928 in „Neue Leipziger Zeitung“
Der Artikel wurde in „JAZZ“ - Heft 1 am 15. November 1949 veröffentlicht. Laut Information von Dr. Wolfram Knauer vom
Jazzinstitut in Darmstadt war dies die erste und einzige Nummer der Zeitschrift, die von Olaf Hudtwalcker herausgegeben
wurde. Sie enthielt interessante Beiträge u.a. von Ernest Ansermet, George Antheil, Horst Lippmann, Carlo Bohländer.
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SCHALLPLATTENFUNDE
L
eipzigs Jazzgeschichte reicht
weit zurück, wie wir in vorherigen Mitteilungsblättern schon
dokumentiert haben. Alte Tondokumente dagegen sind schwer zu finden. Hin und wieder wollen wir auf solche aufmerksam machen, wie mit den
Aufnahmen von Harry Goldt in Leipzig
auf dem englischen Lake Side Label. Ein
seltenes Stück Leipziger Jazz wurde
ebenso auf einer englischen Platte der
Firma Harlequin 1986 veröffentlicht und
beinhaltet eine atemberaubende Aufnahme mit dem Ausnahmetrompeter Horst
Fischer, den wir in einem der nächsten
Mitteilungsblätter würdigen werden. Auf
dem Plattencover findet sich der folgender hier übersetzte Text:
Dieses Album enthält in chronologischer Reihenfolge ebenso eine September Session von 1949 live in Leipzig aufgenommen. Zwischen 1948 und 1949
organisierte Götz Wagner für den
Jazzclub Leipzig viele solcher Sessions.
Die meisten dieser Sessions fanden im
Tanzsaal des Restaurants „Goldene
Krone“, aber auch in Lokalen wie
„Mühle“, „Burgaue“ oder „Iwan“ statt.
An diesen Sessions nahmen professionelle Musiker (zu nennen wären Mitglieder der Kurt Henkels Band, allen
voran Rolf Kühn an der Klarinette) aber
auch Amateure wie die Mitglieder der
Leipziger Feetwarmers teil. Letztere
Gruppe wurde von Hans-Wolf „Hawe“
Schneider geleitet, der später (von 1951
an) die Spree City Stompers aus Berlin
anführte. Einige dieser privaten Auf-
nahmen haben überlebt. Hören Sie
„Lady be good“, das von drei verschiedenen Acetatplatten zusammengefügt
wurde. Der Trompeter Horst Fischer
und der Tenorsaxophonist Werner
Baumgart waren Mitglieder des Tanzorchesters des Senders Leipzig unter
Leitung von Kurt Henkels. Die anderen
Musiker gehörten zum Kreis der Leipziger Amateure. Das mit Schreibmaschine beschriftete Label identifiziert den
Schlagzeuger als G. Barth. Das scheint
ein phonetischer Fehler zu sein und
sollte Fritz-Ullrich Fack heißen, der
der reguläre Schlagzeuger war. Die
Teilnehmer der Leipziger Sessions hatten im Gegensatz zu den Musikern aus
Frankfurt selten die Gelegenheit mit
amerikanischen Jazzern zu spielen. Sie
wurden von Rundfunkaufnahmen oder
durch das Hören alter Schellack Schätze, wie denen der J.A.T.P. Aufnahmen
mit Dizzy Gillespie, Lester Young oder
Charlie Parker inspiriert.
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JAZZNOTES FROM ABROAD
Waxing for Ultraphon
The Bell Band in a Prague Recording Studio - 1947 by Ron Gates
Introduction by Ken Simpson-Bull
DURING the Bell Band‘s 1947 tour
of Czechoslovakia they were recorded by the Ultraphon Recording
Company which resulted in the release of six 78s on the Supraphon
label. The Australian Jazz Museum
possesses all of these discs and it
was while recently replacing one
which was only in fair condition
with one of Eric Brown's “mint”
copies, that it occurred to me that I
had only just read a report on this
Ultraphon recording session.
I had been going through the Australian Jazz Muse- um's copies of
Jazz Notes and had come across a
series of articles on the Bell band’s
progress during their first European tour written by Ron Gates who
had accompanied them through
much of their journey. One article
de- scribed a day at the Ultraphon
Recording Studio which bears relating. Although Ron did not specifically describe the technical set-up
at the recording venue, I have been
able to ascertain some details of the
company, its history and its equipment and procedures.
The Czechoslovakian Ultraphon
Company dates from the time its
German parent company collapsed
in 1931. Following disruption during World War II, the company began production again in 1946. The
name “Ultraphon” was used on the
label of its domestic records while
“Supraphon” was used on its export discs. Later, “Supraphon” was
used on all its records.
At the time of the Bell Band visit,
Ultraphon were still recording their
78 rpm masters (LPs had not yet
been invented) on fragile wax
blanks rather that acetate discs
which most international companies were by then using. (Hence one
broke, as Ron relates, when they
dropped it.) The use of wax was
cheaper than acetate because the
grooves could be later shaved off
and the blank used again.
If a playback was immediately required, the master could not be
used because the pickups in use at
the time would have damaged the
wax master for later processing.
nally settled on one mike for the front line
and drums, and another for the rest of the
rhythm section. At every new idea, Roger
or Gay (Graeme) would nip into the control
room to see how it sounded.
Wire and tape recording, which
were just coming into use, do not appear to have been available at the
studio (at least not for this session) so
a simultaneous duplicate master
would have needed to be cut for the
purpose of immediate playback.
From a photo of the session, Ultraphon appeared to have been using
Neumann condenser microphones
which were capable of very good
sound quality. They were valveoperated and were known as the
“bottle with a lollypop head". The
Berlin Neumann microphone factory
(which re-invented condenser microphones in 1943), fell under Russian
influence after the war. This would
explain why the Czechs were using
them. Certainly the sound quality of
the recorded Bell band was quite
good for the period. So, enough of
technicalities. Here then is an edited
version of what Ron Gates wrote
about that day so long ago:
ON MONDAY of the 23rd September
[1947] we hiked all our trappings on a
tram and swayed out toward the studio.
In case you don’t recall it, the set-up
was Roger Bell on trumpet, Ade
Monsbourgh on trombone and clarinet,
Don Roberts on clarinet, Graeme Bell
on piano, Jack Varney on banjo and
guitar, Lou Silbereisen on tuba and
bass, and Russ Murphy on drums.
The first problem was tone and balance. They put Lou and Jack up on
stands and took Jack down again. They
got everybody nicely settled and then
pushed them back while they removed
the floor carpet. They pulled mikes and
switch boxes all over the place and fi-
With tryouts and delays things were pretty
confused with the gang in the middle of a
strange language, hot to get going but uncomfortable too. Finally the green light
flashed and then the red one and the boys
were cutting a trial wax of Panama Rag.
When they played it back, the engineers
(thousands of ’em!) seemed to be saying
that Don’s clarinet wasn’t quite right and
that Gay should do his solo without drums
(but you had to have the drums). They tried
another trial waxing and then everyone
knocked off for a swig of the United Nations tinned tomato juice they had brought
with them.
Anyway, try again. Lights flashed, Roger
nodded the time, and off they went on the
Dixieland roundabout. With some rich ensemble romping and Roger swinging his
horn around the melody you had enough to
satisfy the pessimiest [sic] bloke. The engineers insisted on a playback but it wasn’t as
good as the first effort, but they left it at
that.
Next, the gang decided to tackle the hardest
number on the schedule, Gay’s Slovak
Journey that he had worked in Melbourne
and renamed Czechoslovak Journey in deference to a nation. They gave it three tryouts because you’ve got to get some things
neat and known in jazz. They then sucked
in big, ready to make a master. There was a
bit of a worry about the opening bars but
the music got into its stride. In the middle
of the trom solo, Roger yelled, “Ade!” in
spite of the management’s complaint that it
wasn’t professional. At the end of the piece
Don came in late with a rough squeak. The
house said, “Do the number again” but the
boys behind the window decided to use the
first master in spite of the lapse at the end.
Actually, they didn’t keep that promise.
It was pushing three o‘clock by then, so the
gang knocked off for a swig of cognac and
the management’s beer, and somebody
went to get Ade some aspirins because he
had a headache.
Dallas Blues was next on the list. Lou
strapped his tuba on for a bit of real dirty
stuff, and they did a trial waxing. It was a
rorty piece of playing. For the last two en-
B a n d
2 ,
A u s g a b e
1
semble choruses Ade came in with a second
clarinet, and to introduce the coda he did a
lovely blue two—bar break. Trouble was
they ran too long, would have cut the edge
right off the label, so they had a conference
and decided to give Don's solo chorus a
miss.
Well, the place quieted down, the lights
pinked, and another trial cut began. Only this
time l was fooled, and it wasn't any trial, and
that’s the best thing that recording company
ever did. It’s a beautiful disc, golden to the
inner circle, drip— ping righteousness. The
opening chorus is maybe the biggest kick
you ever got. Four bars of just solid melodyin-chords from Gay, backed by Russ's accented side-drum. From then on, there's no
let-up. Listen to that trombone and then the
clarinet, and the heavy, ringing rhythm section. And when it was all over, Graeme
oozed hopping delight and yelled across to
Roger, "That's the first negroid trumpet solo
you've done?
There was a lot of happy jabber when we got
at the management's beer again, because the
gang knew they were doing things right. It
was a sort of session with limitations, and
odd phenomena like a cove wandering round
with a camera and burning up flash-bulbs
like they were tuppeny tapers didn't spoil it.
So around 3.30, the boys settled in among
the gadgets again, to run through Sister Kate
for time. They found that it was going to be
a close thing, but they decided to risk it.
Lights, horn-nods from Roger, and they're
off. But after two bars, Mel came tearing out
of the control room. "It was a ton of bricks at
the start." Maybe the guy at the controls hadn't noticed that "Shimmy" was starting off
flat, just like that. So ' they tried again, and
got pulled up at the end of the first chorus,
for nobody said what reason.
Third time is was okay. Of course, these
hitches must have put the gang off a bit, but
it doesn‘t show. It’s a rollicking sort of disc,
and I reckon a lot of that comes from Gay's
bouncing piano, backed by Russ and Lou,
from the tempo that just romps along without trying. Roger's vocal will probably go
down in history, the simple, personal history
that is jazz. You see, the boys were living at
the Fisher Hotel in Prague, and the bed—
bugs were something awful. So smack in the
middle of that high—necked chorus of his,
the Face came out with a real underhand dig:
My mamma wanted to know last night /
Why the bugs are bitin' every night/ Now
everybody in the Fisher Hotel / Knew she
could shimmy like a Dixie Belle…” l reckon
maybe the owner and the manager of the
Fisher understands English, but I haven't
heard anything yet.
The studio clock was saying nazdar to four
when the gang started messing around with
Riverside Blues right off the Oliver rendition. After a short try-out they set in and cut
the side. It’s a number they'd been playing a
mighty lot, and naturally they did it well, but
S e i t e
it was a bit fast, so they asked to cut it
again. This time there was no mistake; right
tempo, right men. There's only one thing
about this disc; some people will say it was
arranged, but it was headwork, and anyway,
they don't know their band. Well, it was rest
-time again and some more beer and mouthshoofing.
Just Gone presented a snag. The way those
boys played it, you couldn't count the choruses, so Mel fixed to keep his eye on the
clock and give the gang the office when
they had covered two minutes fifty of the
company's time. I guess Mel did his part,
but something went wrong, and the record
finished up with two-and-a-half hesitant codas that sort of gummed up the works. So
they tried it again, and it couldn't be better.
That’s one number no one worries about.
The company didn't worry any too much, either, because some time afterwards they
dropped the master, and there was a classic
on the floor in pieces. It didn't matter; there
was to be another recording session two
months later, and they just did it all over
again, only better.
They only wanted to cut one more side now
to make the eight, but first someone said to
come and listen to a play- back of the
cuts we're not using, so everybody
crowded into the control room and
they put 'em on. Just Gone, with the
gummed-up ending; the second
master of Panama; the too fast Riverside, and the second Slovak Journey—but hang on, sounds like the
first, that lovely side with Don's crook
note— and it was. The gang boiled, because
when you play a master back, it’s not good
for much else, but Ugge put in a spot of pacifying, and at last they compromised on cutting the whole thing again.
Well, after that, the guys weren't the cooperationist little Sunday school party. But trust
old Gay to cast bliss in troubled quarters. He
just sat right down at the piano, the man
said "Go," and he started off into a real
soother of a blues under the title of Walking
Wenceslas Square.
1 9
Anyway, Gay did his chorus, backed by
some light brushwork from Russ, and Roger came in to blow his piece. But he choked
over the first few notes and again right at
the end of the number, and the whole tempo
was a bit slow, be- cause they ran to threeand-a-quarter minutes, which is more than
any respectable recording engineer is going
to take sit- ting down. Wise old Ade was all
for doing the whole thing again, so they
did. Around 5.30 the engineers got ready to
take another shot at Slovak Journey. There
were no wrong notes or hitches this time,
and behind a spirited piece of trom you can
still hear Roger's distant "Ade." They
played the second Slovak master back to us
then so the boys could compare it with the
one
they
had
just
done. And
that
was it. Everybody
shook
the other bloke‘s hand,
packed
up the accessories, and made for a tram.
Well, that’s seven sunny sides that finally
got pressed and issued on Supraphon.
Beitrag mit freundlicher Genehmigung von Ken
Simspon-Bull. Die Schallplatte von Supraphon
stellte uns Peter Simon zur Verfügung.
S e i t e
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J u s t
F o r
S w i n g
G a z e t t e
Dies und das
Der Jazzexperte Dan Morgenstern nannte den Blues das Rückgrat der amerikanischen Musik. BB King war der Inbegriff des
Blues. Seine Gitarre „Lucille“ verstummte am 14. Mai 2015. Bis zum letzten Tag war BB King aktiv. Nur in den letzten Jahren gönnte er sich Pausen. Drei Wochen Auftritte, drei Wochen Pause war das Schrittmaß des ansonsten 365 Tage im Jahr
spielenden Bluesmusikers.
(Fotos: K.Ott - Lucille‘s Grill, 42nd Street in New York, Oktober 2013)
www.jazzclub-leipzig.de/
39. Leipziger Jazztage 1.-10.10.2015
Hot & Blue Jazz Band aus Meerane am Sonntag, den
21.06.15 zur "Fête de la Musique" in Gera.
Pianist Thelonious Monk war für seinen scharfen Humor
bekannt. Als er während einer Radiosendung gefragt wurde:
„Mr. Monk, ist es wahr, dass, wenn Sie bestimmte erhöhte
Quinten spielen und mit verminderten Septimen kombinieren, Sie insbesondre Dissonanzen und Atonalität erreichen?“, antwortete Monk nach einigen Momenten absoluten
Schweigens in betont langsam gedehnter Sprache: „Ich versuche einfach nur schön zu spielen.“
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Gille/Schröder: I got Rhythm - das Leben der Jazzlegende
Coco Schumann; be.bra verlag
Möglichst abholen oder Übergabeort nennen!
Peter Simon
Oeserstraße 31
04229 Leipzig
Tel.: 03 41 / 9 42 03 61
E-Mail: [email protected]
B a n d
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A u s g a b e
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s ist keine Seltenheit, dass nach
der Pensionierung lang verborgene Hobbies wiederbelebt
werden. Man holt sein Instrument hervor, das man in der Jugend erlernt, zur Erbauung seiner Mitmenschen
gespielt und dann weit von sich gelegt
hat, weil es aus beruflichen Gründen
nicht immer leicht war, seine Passionen
auch auszuleben. Man spürt wie die Freude an selbstgespielter Musik ähnlich einer Bluttransfusion jung hält und den
Alltag bereichert. Und plötzlich ist man
im hohen Alter und fühlt sich gar nicht
alt. In diesem Sinne feierte unser Gitarrist
Eberhard Birkigt am 2. Mai diesen Jahres
seinen 80. Geburtstag. Er selbst nennt
sich ein musikalischer Spätzünder, der als
Fünfzehnjähriger mit einer Wanderklampfe und wenigen Akkorden C, G
und E erste Liedchen zu spielen begann.
Das war 1949. In der Oberschulzeit hatte
er einen Schulfreund, der Akkordeon
spielte. Gemeinsam mit einem Schlagzeuger machten sie Tanzmusik auf privaten Feten.
Zum Jazz kam er über die Big Band Musik, die in Leipzig zu dieser Zeit eine
große Rolle spielte. „Anfang der 1950er
hörte ich die Band von Heinz Kretzschmar in der Kongresshalle. Dort fanden zu den beiden Messen in Leipzig
Jazzkonzerte statt. Als wir den Saal betraten, sahen wir auf der Bühne ein
Schlagzeug und einen Flügel, sonst
nichts. Keine Notenpulte. Dann kamen
die Musiker, stahlgraue Jacketts, graue
Hosen, goldene Instrumente und begannen wie verrückt zu swingen. Das hat
mich wahnsinnig beeindruckt. Die Bands
hatten in ihren Repertoires neben swingenden Tanzmusiktiteln auch immer ein
paar Dixieland Nummern. Das gefiel
mir.“
Birkigt hörte regelmäßig RIAS Berlin
und den AFN München. Montags wurde
„Blues for Monday“1 gesendet. „Die Erkennungsmelodie kann ich heute noch
singen.“ Später besuchte Birkigt die Vorträge des in den 1950er Jahren in Leipzig
und Halle/Sa. umtriebigen Reginald Rudorf.2 Meist fanden diese im Kinosaal
Capitol statt, wo er mit Leuten zusammentraf, die an der Hochschule für Bauwesen eine Band gegründet hatten. Die
Kapelle hieß „Die Harmonie Mixer“. Wir
spielten Dixieland auf Schulfesten, einmal sogar im Felsenkeller. Im Tennis-
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Pe r s o n a l i a
Happy Birthday, Eberhard
klub Mitte traten wir als Quartett auf.
Das war 1955 und 1956.
„Ich habe viel Kurt Henkels gehört. Das
größte Erlebnis war allerdings das
Louis Armstrong Konzert 1965 in der
Messehalle. Intensiv habe ich mich erst
nach der Wende wieder mit dem Jazz
beschäftigt, als Volker Stiehler im Kosmos den Jazzklub gegründet hatte.“ Davor hatte er die Gitarre nur sporadisch
angefasst. „Erst im Kosmos kam ich
wieder mit Musikern zusammen.“ Als er
das erste Mal zu einer Session ging,
nahm er die Gitarre einfach mit. „Da
saßen zwei Musiker und fragten mich,
was ich hier schon machen würde. Als
ich sagte, dass ich auch Gitarre spielte,
fragten sie mich, wo ich denn das Instrument hätte. So bin ich zurück zum Auto,
habe die Gitarre geholt und damit ging
es wieder los. Ich habe mich langsam
wieder hereingefunden. Dabei habe ich
viel vom Banjospieler Udo Bayer gelernt, der auch wie ich nach Harmonieschemen spielt und mir so manchen guten Hinweise geben konnte. Später spielte ich zusammen mit dem Gitarrenlehrer
Thomas Buhé und sage immer spaßeshalber, dass ich der einzige Gitarrist
bin, der mit Thomas gespielt hat, ohne
jemals ein Schüler von ihm gewesen zu
sein.“
1
Günter Boas
(*15.2.1920 in Dessau,
† 14.12.1993 in Selm - Pianist, Bluessänger,
Jazzjournalist und Organisator) gestaltete zwischen
1949 und 1959 das Programm für den AFN in
München.
2
Reginald Rudorf (*11.8.1929 in Hamburg,
† 21.5.2008 in Alzenau) Gesellschaftswissenschaftler und Gründer des Jazzkreises Leipzig in
den 1950er Jahren. Versuchte dem Jazz gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen, moderierte Rundfunksendungen und drehte einen Jazzfilm, der nur zu einer kurzen Aufführung im Capitol kam, bevor dieser im Archiv „verschwand“.
Eberhard und Thomas Buhé während eines
Schülerkonzertes 2013.
SIE FINDEN UNS AUCH IM WEB!
WWW.JUST-FOR-SWING.DE.VU
DIVERSE AUFTRITTSTERMINE
JUST FOR SWING (Leipzig)
http://www.jazzfan24.de/JFS/Aktuell.htm
HOT & BLUE JAZZ BAND (Meerane)
http://hot-and-blue-jazz-band-meerane.de/
IMPRESSUM
Herausgeber
JUST FOR SWING
Just For Swing ist eine Non-Profit Organisation zur Verbreitung des Swing Virus
Redaktion: Detlef A. Ott (Herausgeber)
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Peter M. Colev, Klaus
Schneider, Klaus Kirst, Gerd Mucke, Eberhard Birkigt,
Marion Kranz, Kerstin Ott, Ken Simpson-Bull (AUS),
Sharon Preston-Folta (USA), Gary Bookout (USA)
Telefon: +49 (0)341 5 61 43 62
E-Mail: [email protected]
Web: www.jazzfan24.de/JFS/ kostenloser Download
Die Gazette erscheint einmal vierteljährlich und wird durch ehrenamtliche Mitarbeiter gestaltet. Für unaufgefordert eingesandtes Material besteht keine Rückgabepflicht. Alle Beiträge sowie
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Die nächste Ausgabe erscheint
Ende September 2015
JAZZ IM HOPFENSPEICHER
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JAMSESSION IM KULTUR-CAFÉ RUMPELKAMMER
Jeden 2. Freitag im Monat, Dresdner Straße 25, 04103 Leipzig