Volume 10 | Juli 2015 Band 2, Ausgabe 1 Just For Swing Gazette Swing is the Thing! - Mitteilungsblatt für Freunde swingender Musik in und um Leipzig THEMEN Dixieland Festival Dresden 2015 von Gerd Mucke Music Festival Sacramento 2015 von Detlef A. Ott At The Jazz Band Ball oder Der Fingerbiß im Paradies Die Jenaer Jazzszene der wilden 1950er und 1960er von Klaus Schneider mit einer Einleitung von Klaus Kirst Leipziger Jazzgeschichte(n) Teil 4 von Peter Colev Mein Leben im Schatten von Satchmo Sharon Folta-Preston über ihren Vater Louis Armstrong Jazznotes from abroad Graeme Bell in Prag 1947 Swing hält jung Gitarrist Eberhard Birkigt wird 80 In alten Zeitschriften geblättert Personalia Schallplattenfunde © D. Ott S e i t e 2 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e M E D I TO R I A L ittlerweile sind wir bei Nummer 10 unseres Mitteilungsblattes angelangt. Wie angekündigt, setzen wir die von Klaus Kirst initiierte Serie über Erinnerungen an die Jazzszene in und um Jena fort, in der er Freunde und Weggefährten zu Wort kommen lässt, die in den 1960er Jahren der Tristesse des DDR Alltags swingende Klänge gegenüberstellten. Der Klarinettist der Jenaer Oldtimers Klaus Schneider schreibt in höchst origineller Weise über diese Zeit. Seine inhaltsreichen Memoiren zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, immer mal wieder einen Blick zurückzuwerfen. Auch Peter „BoogiePete“ Colev hat wieder lebendige Erinnerungsarbeit geleistet und setzt mit dem vierten Teil seine kultigen „Leipziger Jazzgeschichte(n)“ fort, die eine Ära aufleben lassen, in der fernab von modernen und uns überfordernden Kommunikationsmedien swingende Musik ein nicht unbedeutender Bestandteil des Alltags war. Im Frühjahr erblühen nicht nur die Blumen sondern auch wieder zahlreiche Jazzaktivitäten zu neuem Leben. Zwei Jazz Festivals stellen wir gegenüber. Zwar geografisch weit entfernt, haben sie viel gemeinsam. Gegründet wurden sie in den 1970er Jahren. Das Sacramento Music Festival fand 1974, das Dresdner Dixieland Festival 1971 das erste Mal statt. Musikalisch haben beide den gleichen Schwerpunkt. Traditioneller Jazz und Swing sollen Zuhörer begeistern und Freude verbreiten. 1983 gelang es sogar den Berliner Dixieland All Stars aus Berlin als erste und einzige DDR Formation in Sacramento aufzutreten. Mittlerweile hat sich der Anteil der ausländischen Bands da stark reduziert. Die einzige Band „from abroad“ kam in diesem Jahr aus Poznan in Polen. Kurioserweise trat sie eine Woche zuvor auch in Dresden mit der aus Sacramento stammenden Sängerin Diane Davidson auf. Gerd Mucke und Eberhard Birkigt besuchten das Dresdner Festival und haben in Wort und Bild ihre Eindrücke festgehalten. Eberhard Birkigt, der zuvor seinen 80. Geburtstag feierte, gratulieren wir mit einem kleinen Beitrag, in dem er über seine frühe und späte Liebe zum Jazz spricht. Über ihre unerfüllte Liebe zu ihrem Vater, dem legendären Louis „Satchmo“ Armstrong, habe ich mit dessen Tochter Sharon gesprochen. Sie ging mit dem am besten gehüteten Geheimnis Satchmos, von dem man bisher annahm, er hätte keine Kinder, vor einiger Zeit erst an die Öffentlichkeit. Ich hatte die Möglichkeit, exklusiv mit ihr über ihr Buch und die Hintergründe zu sprechen. Sie stellte Bildmaterial für unsere Zeitschrift zur Verfügung. Ich erfuhr von Sharon Folta-Preston durch den sehr informativen Newsletter des Jazzinstituts Darmstadt. Diesen kann man auf www.jazzinstitut.de abonnieren. Wir freuen uns über neue Interessenten, die das Blatt beziehen möchten. Auch das Hamburger Jazz-Magazin „Swinging Hamburg Journal“ stellte in der Ausgabe Nr. 54 des 14. Jahrgangs unsere „kleine, aber feine deutschsprachige Jazz-Zeitschrift“ ihren Lesern vor. www.swinginghamburg.de Dass sich auch englischsprachige Texte in unserer Ausgabe finden, ist der Tatsache geschuldet, dass unsere Musik keine Grenzen kennt. Diesmal drucken wir einen Beitrag über die Aufnahmesession Graeme Bells in Prag ab. Der Beitrag erschien im VJ Magazine des australischen Jazzarchivs in Melbourne und wurde uns freundlicherweise zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug druckte VJ 66 im Mai 2015 den Artikel über Coco Schumann aus der JFSG April 2014 ab. Deren interessantes Mitteilungsblatt kann man ebenso im Internet komplett herunterladen: www.ajm.org.au Wie immer wünsche ich viel Vergnügen mit der Lektüre - keep swingin‘ Detlef A. Ott Redaktion: Detlef A. Ott (Herausgeber) Mitarbeiter dieser Ausgabe: Peter M. Colev, Klaus Schneider, Klaus Kirst, Gerd Mucke, Eberhard Birkigt, Marion Kranz, Kerstin Ott, Ken Simpson-Bull (AUS), Sharon Preston-Folta (USA), Gary Bookout (USA) Leipzig, den 06. Juli 2015 Das Titelbild zeigt das Es-Saxophon welches der Belgier Adolphe (Antoine Joseph) Sax ca. 1855 baute und in der Musikalienabteilung des Metropolitan Museums in New York zu sehen ist. Foto: D. Ott B a n d 2 , A u s g a b e S e i t e 1 Klaus Kirst D i e w i l d e n 19 5 0 e r u n d 1 9 6 0 e r J a h re D i e J e na e r J a zz S z e n e D en Titel hat sich Wolfgang Drilltzsch von den Dixieland Stompers ausgedacht, Klaus Schneider wirkte auch mit. Detlef Ott bat mich darum, Erlebnisse aus dieser Zeit für die Gazette aufzuschreiben, nachdem ich ihm davon erzählt hatte. Anfang der 1960er Jahre war Jena neben Halle, Dresden und Berlin eine der Hochburgen des traditionellen Jazz in der DDR. Es gab gleichzeitig vier komplette Bands, jede originell und mit eigenem Profil. Wir Musiker kannten uns alle, besuchten gegenseitig Proben und Auftritte, tauschten uns musikalisch und menschlich miteinander aus. Das ging natürlich sehr gut in diesem gemütlichen Jena mit dem Flair einer Kleinstadt. Ich möchte kurz über meine Sicht auf die Jenaer Jazzszene berichten und lasse dann Vertreter der einzelnen Bands mit persönlichen Beiträgen zu Wort kommen. Wie ich selbst zum Jazz kam, ist in Heft 9/2015 nachzulesen. Ich war Medizinstudent in Jena, Jazzfan und wollte auch aktiv sein. Mein musikalischer Werdegang begann 1958 mit dem Banjospiel. Etwa 1960 lernte ich an der Ostsee zufällig Rolf Wachowius aus Berlin kennen. Er war Oberschüler und mit mehreren Jazzbegeisterten aus seiner Schule in einem Ferienlager in Nonnevitz (auf Rügen) und spielte schon sehr gut Banjo. Sein Vater war Jazzfan und sein Onkel spielte Kornett und später Tuba bei den „Salty Dogs“ in Westberlin. Er versorgte mich mit Harmonien und Texten und zeigte mir, wie man sich akkordlich auf dem Banjo bewegen kann. Unsere kleine Band mit 2 Banjos, zwei Gitarren, selbst gebautem Bass und Waschbrett nannte sich „The Nonnevitz Skiffle Kids“. Unser Hit war „Dr. Jazz Stomp“. Wir trafen uns in jeden Sommerferien von 196063. Einmal stieß Alexander Konrad Müller von den Dresdener „Elb Meadow Ramblers“ mit seinem zeknautschten Kornett zu uns. Er hatte sich das geschredderte Instrument vom Schrott geholt und mit Lötzinn und Knete aus drei Teilen wieder zusammengefügt und sehr gut spielbar gemacht. Überdies führte er in der großen Tasche seines Bademantels eine kleine F-Blockflöte (aus schwarzem Duroplast) mit sich, auf der er vorzüglich den damals sehr populären „Wild Cat Blues“ darbieten konnte. Ich übte viel, nutzte jede Gelegenheit, Jazz zu hören – im Radio und original. Der Wunsch, in einer eigenen Band zu musizieren wurde immer stärker, obwohl in Jena bereits drei komplette und spielfreudige Bands existierten. Das hielt uns, Peter Ohl, Klaus Emil Scheffel und mich, alle Medizinstudenten im gleichen Studienjahr, nicht davon ab, eine vierte Band auf die Beine zu stellen. Allerdings musste ich dann den Posaunenpart übernehmen, da partout kein Posaunist zu finden war. In der Nachfolge von „Klaus Steckels New Orleans Jazzband Jena“ (19541957) war nach der Flucht des Pianisten und Bandleaders Steckel die Leitung vom Klarinettisten Klaus Schneider übernommen worden. Aus dieser Band und der 1958er Schneiderschen Gründung der „Rodaer Waschbrett Kapelle“ (Anregung: „Zschockelts Waschbrett Sechs“ Halle) gingen dann die „Jenaer Oldtimers“ hervor. Unter dem Dach des „Max-Reimann-Ensemble der Friedrich-Schiller-Universität Jena“ wurde 1962 die „Old Time Memory Jazzband“ gegründet. Dann formierten sich Anfang 1963 die „Dixieland Stompers“ und schließlich erblickten 1963 die „JAZZ babies“ das Licht der Welt, die Band, von der ich schon lange träumte. Wir nannten uns so, weil wir uns den anderen gegenüber wirklich klein vorkamen. Es gelang uns allerdings bald, Anerkennung zu gewinnen und mit mehreren Veranstaltungen alle Jenaer Jazzbands zusammenzuführen. Wir nannten sie „Jazz-Meetings“ und sie fanden im Klubhaus der Universität in der Wagnergasse und einmal in der Mensa der Uni statt. Bei einem dieser Meetings war der Musikstudent Uli Gumpert aus Weimar unser Gast, er spielte damals ein gutes Ragtime-Piano. Die Bekanntschaft mit Klaus Schneider brachte ihn dann nach Berlin, wo seine Karriere im modernen Jazz begann. Ich bin sehr dankbar, dass Detlef Ott mir und den Autoren der speziellen Beiträge zu den Bands die Möglichkeit gibt, etwas über diese aufregende, ereignisreiche und glückliche Zeit zu erzählen. Ich möchte besonders hervorheben, dass wir damals keinerlei Reglementierung von offizieller Seite ausgesetzt waren und unsere Musik wirklich frei ausüben durften. Finanzielle Probleme gab es übrigens auch nicht, da wir aus Freude spielten und glücklich waren, wenn ein Veranstalter mal einen Kasten Bier spendierte. Für mich und einige von den „JAZZ babies“ endete leider unser JenaAufenthalt 1965 nach dem Examen. Wir trafen uns 1973 wieder und die Aktivisten von damals, Peter Ohl, Klaus Emil Scheffel und ich konnten es nicht lassen und gründeten in Meerane die noch immer aktive „hot & blue jazz band“. Soviel als Einleitung für die persönlichen Berichte von Mitgliedern der einzelnen Bands. Den Anfang macht Klaus Schneider, da seine Erfahrungen am weitesten zurück reichen. Zur Person: (frei nach Jürgen Wölfer „Das Lexikon Jazz in Deutschland“) Schneider wurde am 18.03.1936 in Unterloquitz geboren, studierte in Jena Musikpädagogik und war danach Musiklehrer in Stadtroda, ab 1961 Musikredakteur beim Rundfunk, zunächst in Gera und Weimar, ab 1973 Chefredakteur Musik beim Rundfunk in Berlin. Seine musikalische Geschichte erzählt er in den folgenden Beiträgen (ab Seite 10). 3 S e i t e 4 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e Music Festival Sacramento 2015 wi ll jun ges Pub likum an zi eh en ohn e ä lt eres zu verli eren Z um 42. Mal fand Kontakte scheint es Bands aus am Memorial Day dem Ausland mittlerweile nur Weekend in Sacranoch zu gelingen, die begehrten mento, Kalifornien Einladungen zum Festival zu ertraditionell das Sacramento halten und hier auftreten zu Music Festival statt, welches können. Die Ansprüche sind in den 1970er Jahren als Disehr hoch. Das Publikum möchxieland Jubilee (später umbete unterhalten werden, wozu nannt in Jazzfestival) beeben auch eine Portion Showbiz gann, jährlich tausende Jazzgehört. Die International All freunde anzulocken. In Old Stars beherrschten das mit ihSacramento, wo die Archirem Mammutprogramm (9 Kontektur an die Pionierzeit des zerte an 4 Tagen) auf höchstem alten Westens erinnert, lieNiveau. In der Besetzung mit Leidenschaft gepaart mit hohem technischen Niveau: Bob Draga gen die unterschiedlichsten dem Italiener Paulo Aldrighi am und sehr originellen Spielstätten ver- und somit diesen die Freude an frühen Piano, dem Posaunisten Bill Allred streut. In rustikalen Bars, einfachen Stilrichtungen des Jazz zu vermitteln. (USA), den beiden Saxophonisten PieZelten, auf Freilichtbühnen, in an Dies gelingt auf hervorragende Art und ter Meijers (Niederlande) und Antti New Orleans erinnernden Gärten Weise nicht nur bei großen auf der Sarpila (Finnland), der Bassistin Nicki von Restaurants, auf dem Schaufel- Straßenparade präsenten Bands diverser Parrott (Australien), dem Trompeter raddampfer „Delta Queen“, in tief- Schulen, sondern auch in kleineren an- Greg Varlotta (USA) und dem Schlaggekühlten Ballrooms diverser Hotels spruchsvollen Gruppen, wie man u.a. zeuger Danny Coots (USA) sind sie und Straßen der Altstadt traten von bei einer jungen Band namens eine Art Supergroup des swingenden morgens 9.00 Uhr bis spät in die „Diversely Dixie“ aus Denver, deren Jazz. Man muss allerdings erwähnen, Nacht an vier Tagen hunderte Musi- Musiker alle im Highschool Alter sind, dass alle Musiker in den USA leben. ker unterschiedlichster Formationen hören konnte und die durch ihr profes- Jeder Einzelne glänzt durch individuund Stilrichtungen auf und machten sionelles und mit viel Verve geprägtes elle Beiträge, kein Konzert glich dem es dem Besucher schwer, nicht den Auftreten manch alte Haudegen in den anderen. Besonders der Schlagzeuger Überblick zu verlieren. Über die Schatten stellen könnten. Auch betagte- Danny Coots war mit unterschiedJahre sind die hier präsentierten Stil- re Musiker wie der hervorragende lichsten anderen Formationen zu hörichtungen vielfältiger geworden Swing - Klarinettist Bob Draga widmen ren. Man hatte den Eindruck, er würde und nicht nur Bands des traditionel- sich der Förderung junger Talente und den ganzen Tag trommeln und wirkte len Jazz zu hören, welche besonders weihen sie in die Geheimnisse des er- dabei so frisch, als wäre jedes Konzert im Westen der USA vom Stil des folgreichen Showgeschäftes und einer sein erstes. Als ein an allen vier Tagen Posaunisten Turk Murphys und des gelungenen Performance ein. Im über- umhereilender Besucher, der an so viel Trompeters Lu Watters (den Prota- vollen Ballroom des Hotels „Holiday wie möglichen Konzerten teilhaben gonisten des Jazz Revival) geprägt Inn“ begegneten sich drei Generationen wollte, kam man irgendwann an seine sind und die immer noch wie die leidenschaftlicher Jazzmusiker. Die Di- Grenzen. Am Ende bleibt ein Festival beim Publikum hochgeschätzte High va des traditionellen West Coast Jazz, in Erinnerung, dass viel Freude verSierra Jazz Band aus dem südkali- die über 80jährige temperamentvolle sprühte, die Mannigfaltigkeit von mufornischen Three Rivers Massen an- Sängerin Pat Yankee trat mit Bob Dra- sikalischen Ausdrucksmöglichkeiten ziehen. Von Ragtime bis Soul, Funk, ga und seinem Trio auf, der im Laufe und ihrer historischen Entwicklung im Zydeco, Rock, Blues, Swing, Count- des Konzerts einen jungen Klarinettis- Jazz zur Schau stellte und dabei ganz ry & Western, Swing, traditionellem ten auf die Bühne holte, von dem man nebenbei die Gemeinsamkeit von MuJazz reicht die musikalische Palette. annehmen musste, er wäre die Inkarna- sikern und Publikum zelebrierte ohne Die Veranstalter möchten junges tion Benny Goodmans. Dass die ökono- Zugeständnisse an die Qualität der Publikum gewinnen, um es mit der mischen Zwänge eines Festivals dieser musikalischen Beiträge zu machen. Vielfalt des Jazz vertraut zu machen, Größenordnung ihre Auswirkungen haText: Detlef A. Ott ohne dabei älteres zu verlieren. Aus ben, kann man daran erkennen, dass als diesem Grund ist auch ein bedeuten- einzige internationale Gruppe die Dixie Fotos: Kerstin Ott der Teil der Konzerte jungen Musi- Company aus Poznan in Polen mit der kern unter dem Motto „Next Gene- aus Sacramento stammenden Sängerin Mehr Informationen: ration Jazz“ vorbehalten. Traditio- Daniela Davidson auftrat. Ihr Pronelle Jazzclubs haben es sich zur gramm bestand aus oft gehörten Stan- http://sacmusicfest.com/ Aufgabe gemacht, junge Musiker dards, was beim Publikum nur höfliche und Bands finanziell zu unterstützen Reaktionen hervorruft. Durch private B a n d 2 , A u s g a b e 1 S e i t e 5 High Sierra Jazz Band Stephani Trick& Paulo Alderighi Hinter jeder guten Band steht eine hervorragende Rhythmusgruppe und hinter jedem Musiker eine gute Ehefrau mit einem festen Gehalt. (Bryan Shaw, Trompeter der High Sierra Jazz Band) Tom Rigney & Flambeau The International All Stars: Pieter Meijers (cl), Paulo Aldrighi (p), Antti Sarpila (sax), Nicki Parrott (b), Greg Varlotta (tp), Bill Allred (tb), Danny Coots (dr), John Cocuzzi (vib) S e i t e 6 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e Fotoimpressionen vom Dixieland Festival in Dresden 2015 Jan Jankeje Trio mit Kate Daniels aus New Orleans Dixie Company (Polen) mit Diane Davidson (USA) Brassappeal (Berlin) Bas van Gestels Dutch Dixieland All Stars (NL) Lutz Rethberg (p) von der Blue Wonder Jazz Band, dessen Sohn Matthias Rethberg - ebenfalls ein begnadeter Pianist - mit seiner Band "Blue Honky Tonk", in der seine Frau Elisa Weiß singt, unterwegs und nicht nur in Dresden bekannt ist. Blue Wonder Jazz Band - hat in Dresden immer ein Heimspiel /v.l.n.r.: Jockel Eulitz (bj), Manfred Böhling (tp) B a n d 2 , A u s g a b e 1 S e i t e 7 ..... und wieder war Dixieland Festival in Dresden I n diesem Jahr traf man sich in Dresden vom 10. bis 17. Mai zum 45. Dixieland Festival. Motto: „Unser Mississippi heißt Elbe“. Unser BläserMultitalent Harry Thurm war mit den „Leipziger JazzEnthusiasten“ auf dem Dampfer aktiv, und Eberhard Birkigt (git) sowie meine Wenigkeit (dr) fassten spontan den Entschluss, am Sonnabend, den 16.Mai, auf der Jazzmeile Prager Straße mal Atmosphäre zu schnuppern. Per Bahn ab Leipzig, versteht sich, denn Jazz und Bier gehören zusammen wie Louis Armstrong und seine Trompete. Schon auf dem Wiener Platz gegenüber dem Hauptbahnhof empfängt uns das „Druckluftorchester“, eine Art pneumatisches Orchestrion, dessen komplizierte Technik sichtbar von nur einem Mann bedient wird. Nun ja, unterhaltsam. Weiter geht’s durch jazzbegeisterte Menschenmassen zur Bühne am Hotel Königstein, wo „Herman´s Dixie Express“ zu erleben ist, eine lebendige junge Truppe, die auch von der witzigen Moderation ihres Chefs am Schlagzeug profitiert. Hier hören wir erstmalig an diesem Tag den „Tiger Rag“, der sich später noch gefühlte 125 Mal in unsere Gehörgänge meißeln wird. Von der Bühne am Hotel Lilienstein erhaschen wir im Vorübergehen ein paar Klänge der „Old Beertown Jazzband“, bevor wir im Dixiegarten auf dem Dr.-Külz-Ring beim „Jan Jankeje Trio“ aus Weinsberg mit seiner ebenso stimmgewaltigen wie fülligen amerikanischen Sängerin Kate Daniels Station machen. Die Herren mit ihren komischen roten Hütchen beschränken sich auf Banjo, Saxophon und Bass. Den Rest besorgt Kate, die ihre Gospel- und Blueswurzeln nicht verleugnet. Zwischendurch fließt gelegentlich ein Bier durch unsere Kehlen. Die schon erwähnte Bühne am Hotel Königstein wird schließlich unser Hauptquartier. Hier erleben wir Frisch gestärkt, erleben wir dann unser musikalisches Highlight: die Dresdner „Blue Wonder Jazzband“. Dass die Musikanten seit 40 Jahren in der gleichen Besetzung spielen, hört und sieht man: eine unbändige Musizierfreude hält die Truppe zusammen, da sitzt jeder Chorus, da wirft man sich musikalisch gegenseitig die Bälle zu, dass es einfach Spaß macht, da stimmen Einsätze und Rhythmus. Wenn eine Band die Bezeichnung „All Stars“ verdient, dann die Jungs der BWJB. Kunststück: 40 Jahre ... Jedenfalls vergehen die eineinhalb Stunden ihres Konzerts buchstäblich wie im Fluge. Zum letzten Mal an diesem Tag hören wir den „Tiger Rag“. Inzwischen ist es Abend geworden, wir bewegen uns durch die quirlige Menge zum Bahnhof und fahren mit lange nachklingenden Eindrücken nach Hause. Good bye, Dresden. Aber nach dem Festival ist immer auch vor dem Festival. Wir kommen wieder. Nach dem Festival ist immer auch vor dem Festival. Wir kommen wieder. die technisch brillanten und kräftig für Stimmung sorgenden „Bas van Gestel´s Dutch Dixieland All Stars“. Danach die vier Damen von „BrassAppeal“ aus Berlin in der Besetzung Tuba, Posaune, Saxophon und kleine Trommel, die mit viel weiblichem Charme die Herzen gewinnen und Gerd Mucke u.a. ein erzkomisches Duett auf www.dixielandfestival-dresden.com bunten Plastik-Blockflöten abliefern. Natürlich darf der „Tiger Rag“ nicht fehlen ... Fotos auf der Seite gegenüber: Eberhard Birkigt, Gerd Mucke Während wir im nahegelegenen Café einen alkoholfreien Muntermacher zu uns nehmen, erreichen uns die musikalischen Grüße der polnischen „Dixie Company“ mit ihrer Sängerin Diane Davidson aus den USA, die in der gleichen Besetzung nur ein paar Wochen später beim Sacramento Music Festival auftreten werden. S e i t e 8 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e Satchmos Geheimnis S a t c h m o ’s b e s t k e p t s e c re t “I am Louis Armstrong’s daughter. sie dessen Wunsch ihr Leben lang re- starb, wurde der Mutter und dem einziHis only child. I have waited my entire spektierte und darauf bestand, dass gen Kind Armstrongs die Teilnahme lifetime to say that publicly.” („Ich bin ihre Tochter dies ebenfalls tat. Dies am Begräbnis verwehrt. „My father reLouis Armstrongs Tochter. Sein ging sogar soweit, dass Sharon in der jected my love while he was living, and einziges Kind. Ich habe mein ganzes Schule behaupten musste, ihr Vater again when he died.” Erst viele Jahre Leben bisher darauf gewartet, dies sei verstorben, was zumindest auf später brachte sie den Mut auf, ihre öffentlich zu sagen.“) Damit beginnt die den ersten Mann ihrer Mutter, Lu- Geschichte und die Schmerzen, die ihr heute 60jährige Sharon Preszugeführt wurden, öffenton-Folta ihre ganz persönlizu machen. Eine Let's categorize the human race, you have tlich " che Aufarbeitung einer gute Freundin Eydie Tochter-Vater Beziehung, die black, white, yellow, red - all shades. Then Palmieri, die Tochter des - wie so viele ähnliche Latin Piyou have Catholic, Jewish, Protestants. weltberühmten einen gebrochenen Leanisten Eddie Palmieri, And then you have musicians." benslauf hinterlassen hat und bestärkte sie in diesem erklärt zu Beginn des Buches Schritt um ihrer Frieden (Eydie Palmieri - daughter of world-famous Pianist Eddie Palmieri) und ihrer Nachkommen ausführlich, warum sie dies erst jetzt tut. Nur handelt es willen, die das Recht sich bei ihrem Vater um einen der ther „Slim“ Preston, zutraf. Dieser darauf hätten, zu wissen, welche Leangesehensten Musiker, der als trat mit Sharons Mutter als „Slim & benslinien sie weiterführten. Als sie Botschafter des Jazz die Welt bereiste Sweets“ als Tanzpaar auf und 1989 ihren zukünftigen Mann, den und von dem man bisher annahm, dass verstarb auf tragische Weise 1950. Schlagzeuger Howard Folta, kennener keine Kinder hinterlassen hätte. Nun Sie beschreibt sehr eindrucksvoll und lernte, erzählte sie ihm diese Geschichgeht seine einzige Tochter mit ihrer te, was ihn wie einen Schlag traf. In Geschichte an die Öffentlichkeit und diesem Buch berichtet sie weiterhin hat in einem schmalen Band von 112 über ihren eigenen Lebensweg als MutSeiten ihren Gefühlen freien Lauf gelaster, Großmutter und Urgroßmutter, stelsen. In acht Kapiteln, welche die lvertretend für viele Kinder, die ihren Namen häufig von Satchmo gespielter leibliche nähern Vater nie kennenJazzstandards tragen, sowie einem Epilernten. log, in dem sie einen Brief an ihren verAm Ende fordert sie in einem posthustorbenen Vater formuliert, arbeitet sie men Brief an ihren Vater das Recht ein, schmerzhafte Gefühle, immer zu wisdie Wahrheit über ihre Herkunft zu lesen, wessen Blut in ihr fließt und nicht galisieren und als Tochter anerkannt zu darüber sprechen zu dürfen, auf. Ihre sein. Dieser klingt auch nach so vielen Mutter, die wie Armstrongs vierte Frau Jahren verbittert und gekränkt. den Namen Lucille trägt und 1921 geboren wurde, war Tänzerin in Harlem Das Buch, welches mit Hilfe einer und über viele Jahre die Geliebte ArmBestseller Autorin geschrieben wurde, strongs. Sie glaubte anfänglich, dass hinterlässt gemischte Gefühle über das Satchmo sich von Lucille scheiden laswohl am besten gehütete Geheimnis sen würde, um mit ihr zu leben. 1955 Louis Armstrongs, der mit seiner Mukam ihre Tochter Sharon Louise (nach sik so vielen Menschen Freude brachte, Louis) zur Welt, in dem Augenblick als sich wie kein anderer um die AnerkenArmstrong gerade in Australien tourte. nung des Jazz verdient gemacht hat und Dies verstärkte die Hoffnung auf ein emotional, wie mit zunehmendem es scheinbar nicht verstand, im privaten gemeinsames Familienleben, was al- Alter es immer schwieriger wurde, Leben die großen Gefühle, die er auf lerdings unerfüllt bleiben sollte. In mit diesem Wissen umzugehen. Nur der Bühne zu erzeugen vermochte, eimehreren, im Buch abgedruckten einer wusste um die wahre Geschich- nem kleinen Mädchen, seinem MädBriefen äußert Armstrong sich über die te. Das war der Bassist Aaron Bell. chen, gebührend zum Ausdruck zu Zukunft mit Lucille und unterschreibt Täglich hörte sie die Musik Arm- bringen. sogar in einem mit „Your future hus- strongs und musste auf die physische band“ (Dein zukünftiger Ehemann). Anwesenheit eines Vaters, von weni- Preston-Folta, Sharon Später wünschte Armstrong, diese Bezi- gen Besuchen abgesehen, verzichten. with Millner, Denene ehung nicht öffentlich zu machen. Wel- Armstrong finanzierte zwar die Little Satchmo che Rolle Armstrongs Frau Lucille Schulausbildung Sharons, kümmerte Living in the shadow of my Father dabei spielte, ist nicht klar. Sharons sich aber nicht weiter um seine leibli- Louis Daniel Armstrong Mutter liebte Armstrong so sehr, dass che Tochter. Selbst als Satchmo ISBN 9781381228237 B a n d 2 , A u s g a b e 1 S e i t e schreibt SFP im Buch genauer, Anm d. Autors) Ich hatte nie die Unterstützung meiner Familie, dies zu tun. Meine Mutter forderte mich auf, dies niemals öffentlich zu machen Meine Mutter erzählte mir immer, dass Lucille sich niemals scheiden lassen würde. Ich glaube aber auch, dass sein Manager Joe Glaser ihn davon abbrachte. Mein Vater hätte niemals etwas gegen den Rat Joe Glasers getan. In einem seiner Briefe nannte er ihn SEINEN „Jesus“! Haben Sie jemals als Teenager versucht, ohne Wissen Ihrer Mutter mit Ihrem Vater Kontakt aufzunehmen? War es somit der Respekt vor Ihrer Mutter, die Geschichte bisher niemals öffentlich zu machen? Ein Teil war die Achtung meiner Mutter gegenüber, aber auch eine Reihe von anderen Ereignissen, die mich erst spät an die Öffentlichkeit gehen ließen. (Dies be- und niemand konnte ihre Meinung ändern. <…> Erst als ich älter wurde, wurde mir immer mehr bewusst, dass man derjenige ist, dessen DNA man in sich trägt. Ich musste einfach Frieden mit den nicht so angenehmen Dingen des Lebens schließen. Wie reagierte die Louis Armstrong Stiftung auf Ihr Buch? Michael Cogswell, Direktor des Louis Armstrong Museum kontaktierte mich nach Erscheinen des Buches sofort und wollte mit mir und meiner Mutter ein Interview für das Louis Armstrong Museum und Archiv machen. Wir waren gewillt, erhielten aber einen Vertrag, in dem ich alle Rechte an dem Interview an sie abtreten sollte. Das war etwas, dem wir nicht zustimmen konnten. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Zur gleichen Zeit lernte ich den Archivar Ricky Riccardi vom Louis Armstrong House kennen. Er und Michael luden mich zu einer ganz privaten Tour im Louis Armstrong House ein. Das war im August letzten Jahres und eine sehr bewegende Erfahrung für mich. Ihr Brief am Ende des Buches ist mit Bitterkeit erfüllt, obwohl Sie oft erwähnen, wie sehr sie ihren Vater lieben. Welche Gefühle hegen Sie nach so vielen Jahren und mit der Distanz des Älterwerdens in Bezug auf ihre Beziehung zu ihm? Ich glaube, dass es nur natürlich ist, dass ich verbittert bin, aber wie in den meisten Beziehungen auch, gibt es eine Vielzahl an Gefühlen. Ich liebe meinen Vater und bin gleichzeitig enttäuscht, wie wenig er Sie haben das Buch als Book-on-demand veröffentlicht. Gibt es Pläne für eine erweiterte Buchveröffentlichung? Ich musste es selbst veröffentlichen, weil ich keinen Buchvertrag bekommen konnte. Gern würde ich eine Aktualisierung mit Fotos und mehr Details über die Liebesgeschichte zwischen Pops und Sweets veröffentlichen. Mein Agent präsentierte die Geschichte verschiedenen Verlagen in New York. Ich wäre über jeden Hinweis dankbar, der zu einer erweiterten Buchveröffentlichung führen würde. Foto: Gary Bookout at the Suncoast Jazz Classic in Clearwater, FL. Nein, ohne Erlaubnis meiner Mutter hätte ich das nie getan. Meine Mutter hat meinen Vater immer in Schutz genommen und ich hatte immer Angst über ihre Reaktion, hätte sie das herausgefunden. Für meine Mutter gab es nur sie und mich. Sie hat mich nie ermutigt, eine Beziehung zu meinem Vater zu entwickeln, wie es die meisten Mütter tun würden. Als ich14 Jahre war, war meine Vater sehr krank. Während dieser Zeit habe ich meine Mutter oft über meinen Vater befragt. Sie antwortete nur, er sei krank und beendete jede Unterhaltung. darum gekämpft hat, eine festere Beziehung zu mir zu haben. Ich glaube, dass meine Mutter und er sich sehr geliebt haben aber auch, dass es für sein Leben, seinen Ruhm und sein Status in der Welt einfach unbequem war. Ich denke, dass er dachte, er sei ein guter Vater und dass er sich genug kümmert. Das Beste was mir passiert ist, seitdem ich diese Geschichte bekannt gemacht habe, dass viele Menschen die Bedeutung, die mein Vater für sie hatte, mit mir teilen. Ich sah sehr deutlich seine Größe und wie er die Menschen mit seiner Musik berührte. Es bestätigt, dass es richtig war, meine Geschichte öffentlich zu machen. Ich hätte sonst niemals die Möglichkeit dazu gehabt. Es half mir zu verstehen, wie kompliziert unser Leben sein kann. <…> In einem Interview habe ich mit Sharon Folta-Preston über ihr Buch gesprochen. In einem Brief an Ihre Mutter unterschreibt Louis mit “Dein zukünftiger Ehemann“. Haben Sie eine Ahnung, warum er sich von Lucille nicht scheiden ließ, obwohl es oft im Gespräch war? 9 Fotos: mit freundlicher Genehmigung von Sharon Preston-Folta Louis versah seine Tonbänder mit Collagen. Auf dieser ist Sharons Mutter und ihr Cousin zu sehen. Dass er sich mit der Familie Sharons verbunden fühlte, zeigt, dass er das Band mit „Family Portrait“ beschriftete. Das Tonband beinhaltet ein Audio Botschaft an Sharons Mutter, die Louis nach den Aufnahmen der Single „Uncle Satchmo’s Lullaby“ in Hamburg an sie verschickte. Darin grüßt er auch „my little girl“ Sharon. S e i t e J u s t 1 0 F o r S w i n g G a z e t t e Klaus Schneider At Th e Ja zz B a n d B all o d e r D er Fin g erb iß i m P a rad ies | Bericht Teil 1 - 1954-1957 | S chneidersche Klaus, Jhg. 36, wächst wie Weinhardts Klaus, Jhg. 35, im selben thüringischen Dorf auf. Er als „Wirtser“, denn er war des Gastwirts Sohn, dank Vater im Besitz eines Klaviers wie eines Grammophons, beide stationiert auf dem Dorf-Saal. Letzterem wie auch alljährlich stattfindenden Kirmes-und Feuerwehrbällen waren uns als 15,16-jährigen bereits Dobs Boogie, Der schwarze Panther, Kötzschenbroda-Express, Caprifischer und Rennsteiglied bekannt. Noch nicht Hanns Eislers vieldeutige Meinung im Interview mit meinem späteren Radiokollegen Klaus Kleinschmidt (Berliner Zeitung v. 18.4.56) Vor dieser Wahl, 1954 als stud. phil. mus. am Institut für Musikerziehung der alma mater jenensis im „Volkshaus“ immatrikuliert, stand ich nicht, zumal ich übrigens bis zu Studiums-Ende an dieser immerhin Musiklehrer ausbildenden hohen Schule weder was von Hanns Eisler (Nationalhymne ausgenommen) noch von Jazz und vom Rennsteiglied (außer pfui) hören sollte. Alles dafür von Schein, Scheidt und Schütz, d.h. vom 16./17.Jhdt. So waren also 3 Lexika und ein Buch Grundlage meiner Kenntnisse bzw. Nichtkenntnisse vom kulturpolitisch arg beäugten Phänomen Jazz: nicht nur, aber besonders wohl in der noch blutjungen DDR, woran übrigens der Leipziger Reginald Rudorf und sein Gegenspieler Dr. Georg Uzkureit im Ministerium für Kultur (M.f.K.) in Berlin ihren Anteil hatten. Uzkoreit im SPIEGEL 44/1955: „Die lärmende Jazztrompete hat bei uns den dezenten Stehgeiger verdrängt.“ Ich durfte ihn 1959 kennenlernen (nicht den Stehgeiger). -Meyers Lexikon . Bibliogr. Institut, Leipzig 1927 Der Jazz soll nach einem in den Südstaaten Nordamerikas lebenden Neger- Transkription vom handschriftlichen Original: Klaus Kirst musiker Charles (abgekürzt Chas) benannt sein. -Der Volksbrockhaus. Leipzig 1937 Den Jazz spielt die J.-Band, eine Musikkapelle mit Schlagzeug, Saxophon, Dudelsack, Klavier, Banjo, Harmonika. -Musiklexikon von Hans Joachim Moser. Musikverlag Sikorski, Hamburg 1955 Jazz („hetzt“), seit 1914 in den USA entwickelter Niggerstil der Tanzmusik… heulend vorgetragene Melodien (daher Saxophon, Banjo, Hawaiian-Gitarre)… und ein Hang für groteske Klangfarben (daher Es-Klarinette, Bandoneon, gr. Trommel )… -Sidney Finkelstein. Jazz. Stuttgart 1951 Dieses Werk des amerikanischen Kulturwissenschaftlers mit offensichtlich marxistischer Weltanschauung habe ich in Jena „verschlungen“. Und schätze es noch heute. Und war „gestählt“ in allen folgenden Auseinandersetzungen um den Jazz besonders in der DDR. „Verboten und gefördert“ (Josh Sellhorns Wahrnehmung). Besser noch: „Unsere Partei und Regierung achtet die Jazzmusik als Kulturerbe bestimmter Negerstämme, kann jedoch nicht dulden, daß unser nationales Kulturerbe durch den Jazz verunglimpft und herabgemindert wird“ (zu Protokoll der Bezirksverwaltung Gera des M.f.S. durch Hauptmann L. und Oberfeldwebel S. gegeben am 24.11.59). Und da war das nicht zufällige allabendliche Balzen des Studenten- und Studentinnenwohnheim-Mitbewohners Jörn Lüder Vogel (per Trompete und „Didn’t He Ramble- ist er fremdgegangen?“), das mich zu ihm und er mich plus Es-Klarinette aus Vaters Schieferberg-arbeiterkapelle zu Steckel zur Probe in die Mensa trieb. Von Stund an wurde aus dem Klarinettisten Gerold Fickelscher der 1954 gegründeten „Klaus Steckels New Orleans Jazz Band der Uni Jena“ der Banjoman Gerold, später Filscher. Die Graeme-Bell-Platten übrigens waren für mich das, was für Rolf Kühn in Leipzig die erste GoodmanPlatte war oder für Eberhard Esche, ihm geschenkt von einem Leipziger Schulfreund, Armstrongs „New Orleans Function“, rec. New York 6./27.4.1950. Steckel-Rekord: ganze 6 Jahre später bereits die genaue Kopie von Choral, Grabrede (J. L. Vogel) und „Didn’t He Ramble“ hier: 1954 Wie nun kommt einer, theoretisch gerüstet wie verunsichert, zum JazzMusizieren? (So oder so ähnlich gefragt auch vom legendären Blatt der ag jazz eisenach „Die Posaune“ im Okt. 69). Es war der zufällige Erwerb mehrerer Schellack-Platten, die ein gewisser Graeme Bell mit seinen Mannen, allesamt Mitglieder der australischen Delegation Unter „Wie vor 50 Jahren der New Orzu den I. Weltjugendfestspielen 1947 in leans Jazz nach Jena kam“ ist in der OTZ v. 30. März 2006 zu lesen: Prag, dort eingespielt hatte, 1973 übrigens als LP nochmals aufgelegt. Fidgety Feet, Panama Rag, When the Saints, aber auch Walking Wenceslas Square und Czechoslovak Journey kenne ich daher: New Orleans Jazz vom Feinsten! B a n d 2 , A u s g a b e 1 S e i t e „Amateurfestival en miniature“ am 11.Dez..1955 die Rede vom „ Klarinettisten aus Jena“ ist, „der durch seinen strahlenden Ton und ideenreiche Phrasierungen begeistern konnte“ (S. Schmidt, damals noch ohne –Joos). So auch 1 1 Erhalten geblieben: 1956 Ein „wildes“ (Klaus Kirst) wie üppiges Jazztreiben in Halle wie Jena bewirkten ein schnelles Bekanntwerden der Steckelband, belegt durch den ersten Jazz Poll der ag jazz halle: bei Konzerten in Gera und Mühlhausen, angesagt von Rainer Kirsch, ag jazz jena und Siegfried Schmidt, ag jazz halle, in Eisenach, Pößneck, Zwickau, Karl-Marx-Stadt, Freiberg, Dresden (Kurhaus Bühlau, angesagt von K.H. Drechsel mit Hans Wolf Schneider und Chris Frei von den „Spree City Stompers“ Westberlin, bei der Bespielung von Physiker-, Mediziner- und div. anderen Bällen in der Mensa, beim „Brillanten Semester -Schluß-Gala-Abend mit 5 Bands aus Jena, Erfurt, Halle-Bitterfeld“, bei Straßenparaden (Mardi Gras) mit Jazz Band Ball… 1,50 DM Eintritt zuzüglich 5 Pf. Kulturabgabe! und ein denkwürdiges Photo vom 21. Sept. 1956 |Jena 1956, 21.Sept., Volkshaus Das dixieländliche Steckelmusizieren nach dem Prinzip, das Original so gut wie möglich nachzuspielen, nahm seinen Lauf. Es mag sein, dass mein Prinzip es war, mehr Eigenschöpferisches einzubringen, sodaß unabhängig vom mir nicht bewußten „fast creolischen Ton“ (K.H. Drechsel im Augustheft der „Melodie und Rhythmus“ nach dem“ Repräsentativen Jazzkonzert“ Pfingsten 1964 im Berliner Babylon, da schon mit den Jena Oldtimers) im Jazzpodium Stuttgart bereits nach dem 1956, am 3. Jan., zu W. Piecks Geburtstag, hatte der Deutsche Fernsehfunk seinen regulären Sendebetrieb begonnen und die Unterhaltungsabteilung im selben Jahr bereits 3 Folgen der Reihe „Stelldichein der Synkopen“ mit einem je 20 minütigen Jazzbeitrag (!) , moderiert vom da 18-jährigen Leiter der ag jazz halle, Siegfried Schmidt, verantwortet. Der schreibt im Jan./Feb.-Heft der „melodie und rhythmus“ vom Jahr 2015 (!!): Ich ergänze um das, was L. Hampton uns aufs lädierte Trommelfell schrieb: „Good Luck To the East. Lionel Hampton“, um die Höhe des Honorars und um den Grund, weshalb wir in Westberlin und nicht in Jena landeten in dieser Nacht. Das Rest-Trommelfell mit dem Wunsch Lionel Hamptons fand der mecklenburgische Landarzt i.R. Jörn Lüder Vogel kürzlich beim Aufräumen der Garage wieder. onel Hampton eine noch jahrelange Brieffreundschaft verband, endete die mit Alfons Zschockelt alsbald: Er landete kurz nach Moskau in Düsseldorf bei den Klaus Schneider (cl) „Feetwarmers“ mit Klaus Doldinger. Schließlich: die diametral entgegengesetzten Interessen weit nach Polizeistundenbeginn zwischen einem, wie immer, besessenen Pianisten namens Steckel und einem todmüden Kellner im Paradies-Café Jena endeBleibt an Erinnerung an 1956, weil ten nach dem nicht ganz gewaltlosen wiederum im Stuttgarter JAZZPODIZuklappen des Flügel-Deckels seitens UM mit Lob bedacht „Klaus Steckels New Orleans Jazz Band aus Jena“, die des Kellners mit einem folgenschweren Fingerbiß im Paradies. „das erste Konzert der Jazzwoche Die Fahrt Steckels in gleicher vom 11.-15.Dez.1956 beschloß“. Beteiligt waren Zschockelt‘s Waschbrett Richtung wie die Zschockelts, der es es übrigens bis zum Bundesrichter am Sechs, das Hans Buchmann Sextett, Hellmut Kaufmann Quartett und Gün- BVG später, viel später geschafft hat, war das Ende der Steckel-Band und ter H. Boas mit Vortrag und bejubeltem Konzert sowie einem Jazzfo- der Anfang meiner Lehrertätigkeit im thüringischen Clochemerle Stadtroda rum mit Dr. Schulz-Köhn. nahe Jena. Immerhin konnte ich mit Der 1957er Höhepunkt: einer keine Schulleitung, später aber der Ausscheid für die Teilnahme an den VI. Weltjugendfestspielen in Mos- den anfangs erwähnten Dr. Uzkoreit kau, der in Berlin passierte. Zschockelt im M.f.K. beeindruckenden Examensarbeit „Improvisation und Jazz“, gewann und fuhr und durfte gar eine AMIGA-Single produzieren mit „I’ve in den Kirchweg Nr.1 in Rode einFound A New Baby“ und „That Da Da ziehen. Darüber mehr im nächsten Kapitel. Strain“. Während mich mit dem Neffen von Li- Steckel-Band: v.l.n.r.: Rainer Kirsch, Ansager und Leiter der ag jazz jena, stud. phil.; Gerold Fickelscher, bj, stud. phil. math. phys.; Klaus Steckel, p, stud. math.; Jörn Lüder Vogel, tp, stud. med.; Horst Hoffmann, dr, stud. chem.; Gerhard Ricker, tuba, stud. theol.; Eckhardt Hoffmann, tb, stud. theol; Klaus Schneider, cl, stud. phil. mus. B a n d 2 , A u s g a b e S e i t e 1 1 3 Leipziger Jazzgeschichte(n) Teil 4 von Peter Colev A m 17.04.1945 besetzte die 69. Infantery Division der US-Army Leipzig und wenige Tage später war der 2. Weltkrieg beendet. Mit dem Einzug der Amerikaner wurde nicht zuletzt auch die Jazzseele der Altfans und ihre inzwischen herangewachsenen Alumni belebt. Deutschland war jetzt keine Diktatur mehr und es begannen nun umfangreiche Aktivitäten zur Linderung der Wohnungsnot, zur Sicherung der Ernährung sowie beim verwaltungsorganisatorischen Aufbau staatlicher Strukturen. die damals in Mode gekommenen Big Band Tunes von Basie, Ellington, Goodmann, Les Brown u. a.. Ihre Arrangements und Solistik, besonders der Saxofone, Bläsersätze und nicht zuletzt die Rhythmusgruppen rissen uns, die sogenannte „In The Mood-Generation“, von den Sesseln. Das hatte auch zur Folge, dass die damals etablierten Kapellen, Bands und Musikanten in den Tanzbars der Musik ermöglichte ein neues Hörerlebnis. Auch, wenn das Geld knapp war, gingen die Leute wöchentlich, meist regelmäßig, in Tanzveranstaltungen und Tanzsäle unserer Stadt. Fernseher gab es zu dieser Zeit noch nicht, die Schallplattenfirmen lieferten wegen Energie- und Kohlemangel nur sporadisch wenige Verkaufsexemplare der so begehrten Schellackplatten. Beim Kauf musste man möglichst gebrauchte Schallplatten unterschiedlicher Genres in Zahlung geben. Sie wurden mit 0,50 M angerechnet Der Schellack-Rohstoff wurde dringend gebraucht. In jener Zeit wurde es regelrecht zur Mode, die zahlreichen wiedereröffneten Bars und Tanzlokale der Stadt aufzusuchen. Der amerikanische Militärsender AFN begann bereits im Mai 1945 im Funkhaus des MDR Leipzig, Springerstraße mit der Ausstrahlung von Sendungen für ihre GI’s, die natürlich außer „News“ auch mit Jazz und Swingmusik unterlegt waren und die aktuelle amerikanische Musikszene repräsentierten. Die Freude darüber währte aber nur kurz, denn bereits im Juli wechselte aufgrund eines Gebietsaustausches das Besatzungsregime und die Russen übernahmen das Einzugsgebiet. Dennoch hatten sich in den drei Besatzungszonen weitere AFNSender etabliert und so musste man nicht auf die für uns so bedeutsamen Jazz- und Swingbeiträge verzichten. AFN Berlin, Frankfurt und München waren nun fast täglich unsere „Anlaufstellen“. Sendungen wie „Lunchen in Munchen“, „Bouncing in Bavaria“ sowie die legendären Moderationen der Disc-Jockey’s (hier wurde der Begriff erstmals verwendet) von George Hudack und Marc White „Hawe“ Schneider (tb), Krokerstr. In Leipzig haben sich in unser Gedächtnis eingebrannt. Schon die Art der Modera- und Sälen dem Trend der Zeit folgten tion, lustig und locker, obwohl wir der und ihre Musik und Spielweise und ihr englischen Sprache nicht vollends mäch- Repertoire umfassend amerikanisierten. tig waren, begeisterte uns. Besonders Der neue Sound und die Synkopierung In jener Zeit wurde es regelrecht zur Mode, die zahlreichen wiedereröffneten Bars und Tanzlokale der Stadt aufzusuchen. Tanz & Geselligkeit waren angesagt. In Leipzig waren die Lokale Burgaue, das Elstertal, die Goldene Krone, der Felsenkeller, das Casino Mühle, Forsthaus Raschwitz u. a. besonders beliebt. Die Vielzahl der Bands und guten Solisten mit swingorientierter Musik übersteigt hier die Möglichkeiten einer detaillierten Beschreibung und Charakterisierung. Der bekannte Gitarrist und Hochschuldozent Thomas Buhè schildert in seiner autobiografischen Dokumentation „Mein Kaleidoskop“, Eigenverlag 2007 ausführlich die Musikszene Leipzigs in jener Zeit. Im Jahr 1947 war die JazzGemeinschaft der Leipziger Fans derartig gewachsen, dass außer dem HOT-Kreis von Kurt Michaelis (Hot-Geyer) im Stadtteil Gohlis (Leipzig-Nord) nun auch ein weiterer Jazz-Kreis (Leipzig-Süd) unter Leitung von Götz Wagner – Steinstraße – entstand. Götz Wagner, der spätere Zahnarzt und JazzProtagonist sowie der Schlagzeuger Teddie Neubert, der zeitweilig mit Jutta Hipp, einer bedeutenden Jazz-Pianistin S e i t e 1 4 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e aus Leipzig, verlobt war, organisierten letzterer musste wegen der Berlin- Begleittext ins Deutsche übersetzt. ebenfalls umfang-reiche und unver- Blockade der Sowjets später in Überhaupt ist festzustellen, dass die gessliche Jazz-Meetings auf privater Amiga-Stomp umgetauft werden. Leipziger Jazz-Kreis-Freunde natürBasis. Der Kreis Nord und Süd kon- Die vorgenannten Aufnahmen gal- lich auch passionierte Schallplattenkurrierten einander nicht, sondern er- ten und gelten als bedeutende Mei- Sammler waren und sehr früh mit Regänzten sich in cherchen über Beidealer Weise. Bei setzungen von einer Session in Bands, Aufnahmeder Gaststätte daten und Titelab„Iwan“, Strelitzer folgen beschäftigt Straße, wo unter waren. Da spielte anderem Mitglienatürlich die vorbeder der Henkelszeichnete DelauneyBand, Musiker des Discographie eine Gustav Brom- und große Rolle. Es kurKarel Vlachsierten in dieser Zeit Orchesters und deutschlandweit nicht zuletzt der Such- und TauschChef und Trombolisten von Jazznist der späteren Schallplatten. Über Spree-Citydie Situation bei der Stompers (Berlin) Beschaffung von Hawe Schneider Schallplatten und (auch ein Gohliser) Tonträgermaterial spielten, trafen sich muss an anderer beide Jazz-Kreise Stelle noch berichtet öfters im Vereins- Götz Wagner 1948 (Jazzkreis Süd) mit Schellackplatte der Marke SWING werden. zimmer. Letzterer berichtet ebenfalls über diese Zeit in lensteine der deutschen Nachkriegs- Am 30.09.1949 organisierte der Leiter seinem Buch: „Und Abends Swing“. Schellackproduktion. Im Linden- des Jazz-Kreises Süd, unser unvergesDie Aktivitäten der Jazz-Kreise Nord Blues hat Rex Stewart beim Anblick sener Jazz-Freund, Götz Wagner, eine und Süd waren deutschlandweit ver- der Trümmerwüste Berlins seine legendäre Jam-Session, die im Tanzsnetzt. Es gab Verbindungen zum Jazz- Stimmung - dezidiert und mit großer aal der „Goldenen Krone“, einem Kreis Berlin unter Leitung von Hans Empathie - zum Ausdruck gebracht. Leipziger Speise- und Tanzlokal, stattBlüthner, dem Präsidenten des HOTfand. Clubs Berlin sowie zu Dr. Schulz- Sensationell war in dieser Zeit auch Köhn, den Plattenpromoter von Bruns- die Beschaffung von insgesamt 12 An dieser Session nahmen einige exwick - Deutschland sowie zum Frank- Exemplaren der HOT-Discographie ponierte Mitglieder der Henkels-Band furter Jazz-Kreis unter Leitung von 1943 von Charles Delauney (HOT- teil. Das private Tonstudio Fricke hat Horst Lippmann und dem Blues- Club de France). Die vorgenannte den Titel „Lady be good“ auf Decelith Experten Günter H. Boas. Discographie von 1943 in französi- -Platte mitgeschnitten und die englischer Sprache (auch Jazz-Bibel ge- sche Firma „Harlequin“, Nr. In dieser Zeit entstanden auch die nannt), wurde lediglich mit insge- HQU2052 hat vor einigen Jahren dann Leipziger Jazz-Briefe, deren Autoren nachfolgend diese Aufnahme auf der Mitglieder des Clubs Nord und Süd LP „Trümmer-Jazz“ veröffentlicht. waren. Es wurden insgesamt 13 AusDie LP ist eine Rarität, da auch andere gaben veröffentlicht, die Manuskripte überwiegend ostzonale Bands mit dazu sind noch vorhanden. Über die bisher unveröffentlichten Titeln beteiLeipziger Jazz-Briefe wird an anderer ligt waren (hervorzuheben auch die Stelle noch ausführlicher zu berichten Band von Heinz Kretzschmar, Dressein. den mit dem Trompeter Charly Sämmang, dessen Interpretation Es ist verbürgt, dass die Mitglieder des „Creole Love Call“ - auf Amiga erClubs Nord im Jahr 1948 zum Auftritt schienen- einzigartig ist). des Ellington-Kornettisten und Trom- samt 500 nummerierten und eingepeters Rex Stewart auf Einladung von tragenen Exemplaren weltweit ver- Im Dezember 1947 übernahm Kurt Hans Blüthner nach Berlin gefahren trieben. Der Vater des Schlagzeu- Michaelis (HOT-Geyer) die Gestalsind. Hier entstanden die bedeutenden gers Teddie Neubert, ein Verlagsdi- tung einer Sendung für Jazz-Freunde Amiga-Aufnahmen vom Old Woman rektor und Goethe-Forscher, hatte im Mitteldeutschen Rundfunk. Die Blues, Linden-Blues, Air-Lift Stomp, dankenswerter Weise Vorwort und Sendung hieß: „Eine halbe Stunde für B a n d 2 , A u s g a b e 1 S e i t e den Jazz-Freund“ und hatte insgesamt 12 Folgen. Das Signature-Tune war dabei eine Version des Bugle Call Rag, gespielt vom Orchester Don Redman. Die Sendung lief wöchentlich Dienstags von 22.00 – 22.30 Uhr und hatte jeweils eine besondere Thematik. Insbesondere wurden außergewöhnliche Vorkriegs-Schellackplatten vorgestellt und besprochen. Am 30. Mai 1948 wurde die Sendereihe leider beendet, was allgemein bedauert wurde. Es ist kaum zu glauben, dass die Originalmanuskripte dieser Sendungen archiviert sind und so immer noch zu Verfügung stehen. 1 5 tierten in dieser Zeit ebenfalls bedeutende deutsche Bands, wie z.B. das Horst KudritzkiOrchester (mit 48!) hochkarätigen Musikern, weiterhin die Swing-Band des Berliner Rundfunks unter Walter Dobschinski, Lubo de Orio sowie dem legendären Kurt Widmann, Berlin. Er musste, wie immer, unbedingt bei seinen Auftritten den Hampton-Titel „Hey-ba-be-re-bop“ spielen, Juni 1951, wurde die Henkels-Version ohne diese Zugabe gingen die Leute der Komposition „Cherokee“ von R. nicht nach Hause Noble im internationalen Maßstab auf den 3. Platz nach Duke Ellington und Es ist an dieser Stelle nicht möglich, die Count Basie gekürt. Eine Sensation! In Geschehnisse und Aktivitäten jener Zeit der Kongreßhalle zu Leipzig (Zoo) gas- der Leipziger Jazz-Szene umfassend zu Henkels ist es gelungen in dieser Zeit eine Equipe von Musikern zu beschäftigen, die in gewisser Weise Was die Musikaktivitäten des Mitteldeutschen Rundfunks betrifft, so ist an dieser Stelle unbedingt das Wirken des Rundfunk-TanzOrchesters Leipzig unter Leitung von Kurt Henkels zu nennen. Henkels ist es gelungen in dieser Zeit eine Equipe von Musikern zu beschäftigen, die in gewisser Weise Geschichte gemacht haben (siehe auch Broschur „Kurt Henkels“ von Gerhard Conrad, Menden/ Sauerland). Musiker, wie Rolf Kühn, Henri Passage, Walter Eichenberg, Werner Baumgart, Helmut Henne, Günther Oppenheimer, Fips Fleischer u. a. machten die Henkels -Band zu einer regelrechten Kult-Band. Die Vorbilder der Band waren Tommy Dorsey, Stan Kenton, Les Brown, Artie Shaw. Anlässlich eines SchallplattenWettbewerbes in Paris, datiert auf den Geschichte gemacht haben rekapitulieren. Den weiteren Folgen der „Leipziger Jazz-Geschichte (n)“ wird es vorbehalten sein, über diese weiter ausführlich zu berichten. Das verwendete Bildmaterial stammt aus dem Archiv von Peter Colev S e i t e 1 6 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e In alten Jazzzeitsch riften geb lättert linkes Foto: „Hot“ Geyer vor seinem ehemaligen Wohnhaus in Leipzig, Saßstr. 34 rechtes Foto: Werbung für das Sam Wooding Orchester am 18. August 1928 in „Neue Leipziger Zeitung“ Der Artikel wurde in „JAZZ“ - Heft 1 am 15. November 1949 veröffentlicht. Laut Information von Dr. Wolfram Knauer vom Jazzinstitut in Darmstadt war dies die erste und einzige Nummer der Zeitschrift, die von Olaf Hudtwalcker herausgegeben wurde. Sie enthielt interessante Beiträge u.a. von Ernest Ansermet, George Antheil, Horst Lippmann, Carlo Bohländer. B a n d 2 , A u s g a b e 1 S e i t e SCHALLPLATTENFUNDE L eipzigs Jazzgeschichte reicht weit zurück, wie wir in vorherigen Mitteilungsblättern schon dokumentiert haben. Alte Tondokumente dagegen sind schwer zu finden. Hin und wieder wollen wir auf solche aufmerksam machen, wie mit den Aufnahmen von Harry Goldt in Leipzig auf dem englischen Lake Side Label. Ein seltenes Stück Leipziger Jazz wurde ebenso auf einer englischen Platte der Firma Harlequin 1986 veröffentlicht und beinhaltet eine atemberaubende Aufnahme mit dem Ausnahmetrompeter Horst Fischer, den wir in einem der nächsten Mitteilungsblätter würdigen werden. Auf dem Plattencover findet sich der folgender hier übersetzte Text: Dieses Album enthält in chronologischer Reihenfolge ebenso eine September Session von 1949 live in Leipzig aufgenommen. Zwischen 1948 und 1949 organisierte Götz Wagner für den Jazzclub Leipzig viele solcher Sessions. Die meisten dieser Sessions fanden im Tanzsaal des Restaurants „Goldene Krone“, aber auch in Lokalen wie „Mühle“, „Burgaue“ oder „Iwan“ statt. An diesen Sessions nahmen professionelle Musiker (zu nennen wären Mitglieder der Kurt Henkels Band, allen voran Rolf Kühn an der Klarinette) aber auch Amateure wie die Mitglieder der Leipziger Feetwarmers teil. Letztere Gruppe wurde von Hans-Wolf „Hawe“ Schneider geleitet, der später (von 1951 an) die Spree City Stompers aus Berlin anführte. Einige dieser privaten Auf- nahmen haben überlebt. Hören Sie „Lady be good“, das von drei verschiedenen Acetatplatten zusammengefügt wurde. Der Trompeter Horst Fischer und der Tenorsaxophonist Werner Baumgart waren Mitglieder des Tanzorchesters des Senders Leipzig unter Leitung von Kurt Henkels. Die anderen Musiker gehörten zum Kreis der Leipziger Amateure. Das mit Schreibmaschine beschriftete Label identifiziert den Schlagzeuger als G. Barth. Das scheint ein phonetischer Fehler zu sein und sollte Fritz-Ullrich Fack heißen, der der reguläre Schlagzeuger war. Die Teilnehmer der Leipziger Sessions hatten im Gegensatz zu den Musikern aus Frankfurt selten die Gelegenheit mit amerikanischen Jazzern zu spielen. Sie wurden von Rundfunkaufnahmen oder durch das Hören alter Schellack Schätze, wie denen der J.A.T.P. Aufnahmen mit Dizzy Gillespie, Lester Young oder Charlie Parker inspiriert. 1 7 S e i t e 1 8 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e JAZZNOTES FROM ABROAD Waxing for Ultraphon The Bell Band in a Prague Recording Studio - 1947 by Ron Gates Introduction by Ken Simpson-Bull DURING the Bell Band‘s 1947 tour of Czechoslovakia they were recorded by the Ultraphon Recording Company which resulted in the release of six 78s on the Supraphon label. The Australian Jazz Museum possesses all of these discs and it was while recently replacing one which was only in fair condition with one of Eric Brown's “mint” copies, that it occurred to me that I had only just read a report on this Ultraphon recording session. I had been going through the Australian Jazz Muse- um's copies of Jazz Notes and had come across a series of articles on the Bell band’s progress during their first European tour written by Ron Gates who had accompanied them through much of their journey. One article de- scribed a day at the Ultraphon Recording Studio which bears relating. Although Ron did not specifically describe the technical set-up at the recording venue, I have been able to ascertain some details of the company, its history and its equipment and procedures. The Czechoslovakian Ultraphon Company dates from the time its German parent company collapsed in 1931. Following disruption during World War II, the company began production again in 1946. The name “Ultraphon” was used on the label of its domestic records while “Supraphon” was used on its export discs. Later, “Supraphon” was used on all its records. At the time of the Bell Band visit, Ultraphon were still recording their 78 rpm masters (LPs had not yet been invented) on fragile wax blanks rather that acetate discs which most international companies were by then using. (Hence one broke, as Ron relates, when they dropped it.) The use of wax was cheaper than acetate because the grooves could be later shaved off and the blank used again. If a playback was immediately required, the master could not be used because the pickups in use at the time would have damaged the wax master for later processing. nally settled on one mike for the front line and drums, and another for the rest of the rhythm section. At every new idea, Roger or Gay (Graeme) would nip into the control room to see how it sounded. Wire and tape recording, which were just coming into use, do not appear to have been available at the studio (at least not for this session) so a simultaneous duplicate master would have needed to be cut for the purpose of immediate playback. From a photo of the session, Ultraphon appeared to have been using Neumann condenser microphones which were capable of very good sound quality. They were valveoperated and were known as the “bottle with a lollypop head". The Berlin Neumann microphone factory (which re-invented condenser microphones in 1943), fell under Russian influence after the war. This would explain why the Czechs were using them. Certainly the sound quality of the recorded Bell band was quite good for the period. So, enough of technicalities. Here then is an edited version of what Ron Gates wrote about that day so long ago: ON MONDAY of the 23rd September [1947] we hiked all our trappings on a tram and swayed out toward the studio. In case you don’t recall it, the set-up was Roger Bell on trumpet, Ade Monsbourgh on trombone and clarinet, Don Roberts on clarinet, Graeme Bell on piano, Jack Varney on banjo and guitar, Lou Silbereisen on tuba and bass, and Russ Murphy on drums. The first problem was tone and balance. They put Lou and Jack up on stands and took Jack down again. They got everybody nicely settled and then pushed them back while they removed the floor carpet. They pulled mikes and switch boxes all over the place and fi- With tryouts and delays things were pretty confused with the gang in the middle of a strange language, hot to get going but uncomfortable too. Finally the green light flashed and then the red one and the boys were cutting a trial wax of Panama Rag. When they played it back, the engineers (thousands of ’em!) seemed to be saying that Don’s clarinet wasn’t quite right and that Gay should do his solo without drums (but you had to have the drums). They tried another trial waxing and then everyone knocked off for a swig of the United Nations tinned tomato juice they had brought with them. Anyway, try again. Lights flashed, Roger nodded the time, and off they went on the Dixieland roundabout. With some rich ensemble romping and Roger swinging his horn around the melody you had enough to satisfy the pessimiest [sic] bloke. The engineers insisted on a playback but it wasn’t as good as the first effort, but they left it at that. Next, the gang decided to tackle the hardest number on the schedule, Gay’s Slovak Journey that he had worked in Melbourne and renamed Czechoslovak Journey in deference to a nation. They gave it three tryouts because you’ve got to get some things neat and known in jazz. They then sucked in big, ready to make a master. There was a bit of a worry about the opening bars but the music got into its stride. In the middle of the trom solo, Roger yelled, “Ade!” in spite of the management’s complaint that it wasn’t professional. At the end of the piece Don came in late with a rough squeak. The house said, “Do the number again” but the boys behind the window decided to use the first master in spite of the lapse at the end. Actually, they didn’t keep that promise. It was pushing three o‘clock by then, so the gang knocked off for a swig of cognac and the management’s beer, and somebody went to get Ade some aspirins because he had a headache. Dallas Blues was next on the list. Lou strapped his tuba on for a bit of real dirty stuff, and they did a trial waxing. It was a rorty piece of playing. For the last two en- B a n d 2 , A u s g a b e 1 semble choruses Ade came in with a second clarinet, and to introduce the coda he did a lovely blue two—bar break. Trouble was they ran too long, would have cut the edge right off the label, so they had a conference and decided to give Don's solo chorus a miss. Well, the place quieted down, the lights pinked, and another trial cut began. Only this time l was fooled, and it wasn't any trial, and that’s the best thing that recording company ever did. It’s a beautiful disc, golden to the inner circle, drip— ping righteousness. The opening chorus is maybe the biggest kick you ever got. Four bars of just solid melodyin-chords from Gay, backed by Russ's accented side-drum. From then on, there's no let-up. Listen to that trombone and then the clarinet, and the heavy, ringing rhythm section. And when it was all over, Graeme oozed hopping delight and yelled across to Roger, "That's the first negroid trumpet solo you've done? There was a lot of happy jabber when we got at the management's beer again, because the gang knew they were doing things right. It was a sort of session with limitations, and odd phenomena like a cove wandering round with a camera and burning up flash-bulbs like they were tuppeny tapers didn't spoil it. So around 3.30, the boys settled in among the gadgets again, to run through Sister Kate for time. They found that it was going to be a close thing, but they decided to risk it. Lights, horn-nods from Roger, and they're off. But after two bars, Mel came tearing out of the control room. "It was a ton of bricks at the start." Maybe the guy at the controls hadn't noticed that "Shimmy" was starting off flat, just like that. So ' they tried again, and got pulled up at the end of the first chorus, for nobody said what reason. Third time is was okay. Of course, these hitches must have put the gang off a bit, but it doesn‘t show. It’s a rollicking sort of disc, and I reckon a lot of that comes from Gay's bouncing piano, backed by Russ and Lou, from the tempo that just romps along without trying. Roger's vocal will probably go down in history, the simple, personal history that is jazz. You see, the boys were living at the Fisher Hotel in Prague, and the bed— bugs were something awful. So smack in the middle of that high—necked chorus of his, the Face came out with a real underhand dig: My mamma wanted to know last night / Why the bugs are bitin' every night/ Now everybody in the Fisher Hotel / Knew she could shimmy like a Dixie Belle…” l reckon maybe the owner and the manager of the Fisher understands English, but I haven't heard anything yet. The studio clock was saying nazdar to four when the gang started messing around with Riverside Blues right off the Oliver rendition. After a short try-out they set in and cut the side. It’s a number they'd been playing a mighty lot, and naturally they did it well, but S e i t e it was a bit fast, so they asked to cut it again. This time there was no mistake; right tempo, right men. There's only one thing about this disc; some people will say it was arranged, but it was headwork, and anyway, they don't know their band. Well, it was rest -time again and some more beer and mouthshoofing. Just Gone presented a snag. The way those boys played it, you couldn't count the choruses, so Mel fixed to keep his eye on the clock and give the gang the office when they had covered two minutes fifty of the company's time. I guess Mel did his part, but something went wrong, and the record finished up with two-and-a-half hesitant codas that sort of gummed up the works. So they tried it again, and it couldn't be better. That’s one number no one worries about. The company didn't worry any too much, either, because some time afterwards they dropped the master, and there was a classic on the floor in pieces. It didn't matter; there was to be another recording session two months later, and they just did it all over again, only better. They only wanted to cut one more side now to make the eight, but first someone said to come and listen to a play- back of the cuts we're not using, so everybody crowded into the control room and they put 'em on. Just Gone, with the gummed-up ending; the second master of Panama; the too fast Riverside, and the second Slovak Journey—but hang on, sounds like the first, that lovely side with Don's crook note— and it was. The gang boiled, because when you play a master back, it’s not good for much else, but Ugge put in a spot of pacifying, and at last they compromised on cutting the whole thing again. Well, after that, the guys weren't the cooperationist little Sunday school party. But trust old Gay to cast bliss in troubled quarters. He just sat right down at the piano, the man said "Go," and he started off into a real soother of a blues under the title of Walking Wenceslas Square. 1 9 Anyway, Gay did his chorus, backed by some light brushwork from Russ, and Roger came in to blow his piece. But he choked over the first few notes and again right at the end of the number, and the whole tempo was a bit slow, be- cause they ran to threeand-a-quarter minutes, which is more than any respectable recording engineer is going to take sit- ting down. Wise old Ade was all for doing the whole thing again, so they did. Around 5.30 the engineers got ready to take another shot at Slovak Journey. There were no wrong notes or hitches this time, and behind a spirited piece of trom you can still hear Roger's distant "Ade." They played the second Slovak master back to us then so the boys could compare it with the one they had just done. And that was it. Everybody shook the other bloke‘s hand, packed up the accessories, and made for a tram. Well, that’s seven sunny sides that finally got pressed and issued on Supraphon. Beitrag mit freundlicher Genehmigung von Ken Simspon-Bull. Die Schallplatte von Supraphon stellte uns Peter Simon zur Verfügung. S e i t e 2 0 J u s t F o r S w i n g G a z e t t e Dies und das Der Jazzexperte Dan Morgenstern nannte den Blues das Rückgrat der amerikanischen Musik. BB King war der Inbegriff des Blues. Seine Gitarre „Lucille“ verstummte am 14. Mai 2015. Bis zum letzten Tag war BB King aktiv. Nur in den letzten Jahren gönnte er sich Pausen. Drei Wochen Auftritte, drei Wochen Pause war das Schrittmaß des ansonsten 365 Tage im Jahr spielenden Bluesmusikers. (Fotos: K.Ott - Lucille‘s Grill, 42nd Street in New York, Oktober 2013) www.jazzclub-leipzig.de/ 39. Leipziger Jazztage 1.-10.10.2015 Hot & Blue Jazz Band aus Meerane am Sonntag, den 21.06.15 zur "Fête de la Musique" in Gera. Pianist Thelonious Monk war für seinen scharfen Humor bekannt. Als er während einer Radiosendung gefragt wurde: „Mr. Monk, ist es wahr, dass, wenn Sie bestimmte erhöhte Quinten spielen und mit verminderten Septimen kombinieren, Sie insbesondre Dissonanzen und Atonalität erreichen?“, antwortete Monk nach einigen Momenten absoluten Schweigens in betont langsam gedehnter Sprache: „Ich versuche einfach nur schön zu spielen.“ ANZEIGE Verschenke Graphic Novel Gille/Schröder: I got Rhythm - das Leben der Jazzlegende Coco Schumann; be.bra verlag Möglichst abholen oder Übergabeort nennen! Peter Simon Oeserstraße 31 04229 Leipzig Tel.: 03 41 / 9 42 03 61 E-Mail: [email protected] B a n d E 2 , A u s g a b e 1 s ist keine Seltenheit, dass nach der Pensionierung lang verborgene Hobbies wiederbelebt werden. Man holt sein Instrument hervor, das man in der Jugend erlernt, zur Erbauung seiner Mitmenschen gespielt und dann weit von sich gelegt hat, weil es aus beruflichen Gründen nicht immer leicht war, seine Passionen auch auszuleben. Man spürt wie die Freude an selbstgespielter Musik ähnlich einer Bluttransfusion jung hält und den Alltag bereichert. Und plötzlich ist man im hohen Alter und fühlt sich gar nicht alt. In diesem Sinne feierte unser Gitarrist Eberhard Birkigt am 2. Mai diesen Jahres seinen 80. Geburtstag. Er selbst nennt sich ein musikalischer Spätzünder, der als Fünfzehnjähriger mit einer Wanderklampfe und wenigen Akkorden C, G und E erste Liedchen zu spielen begann. Das war 1949. In der Oberschulzeit hatte er einen Schulfreund, der Akkordeon spielte. Gemeinsam mit einem Schlagzeuger machten sie Tanzmusik auf privaten Feten. Zum Jazz kam er über die Big Band Musik, die in Leipzig zu dieser Zeit eine große Rolle spielte. „Anfang der 1950er hörte ich die Band von Heinz Kretzschmar in der Kongresshalle. Dort fanden zu den beiden Messen in Leipzig Jazzkonzerte statt. Als wir den Saal betraten, sahen wir auf der Bühne ein Schlagzeug und einen Flügel, sonst nichts. Keine Notenpulte. Dann kamen die Musiker, stahlgraue Jacketts, graue Hosen, goldene Instrumente und begannen wie verrückt zu swingen. Das hat mich wahnsinnig beeindruckt. Die Bands hatten in ihren Repertoires neben swingenden Tanzmusiktiteln auch immer ein paar Dixieland Nummern. Das gefiel mir.“ Birkigt hörte regelmäßig RIAS Berlin und den AFN München. Montags wurde „Blues for Monday“1 gesendet. „Die Erkennungsmelodie kann ich heute noch singen.“ Später besuchte Birkigt die Vorträge des in den 1950er Jahren in Leipzig und Halle/Sa. umtriebigen Reginald Rudorf.2 Meist fanden diese im Kinosaal Capitol statt, wo er mit Leuten zusammentraf, die an der Hochschule für Bauwesen eine Band gegründet hatten. Die Kapelle hieß „Die Harmonie Mixer“. Wir spielten Dixieland auf Schulfesten, einmal sogar im Felsenkeller. Im Tennis- S e i t e 2 1 Pe r s o n a l i a Happy Birthday, Eberhard klub Mitte traten wir als Quartett auf. Das war 1955 und 1956. „Ich habe viel Kurt Henkels gehört. Das größte Erlebnis war allerdings das Louis Armstrong Konzert 1965 in der Messehalle. Intensiv habe ich mich erst nach der Wende wieder mit dem Jazz beschäftigt, als Volker Stiehler im Kosmos den Jazzklub gegründet hatte.“ Davor hatte er die Gitarre nur sporadisch angefasst. „Erst im Kosmos kam ich wieder mit Musikern zusammen.“ Als er das erste Mal zu einer Session ging, nahm er die Gitarre einfach mit. „Da saßen zwei Musiker und fragten mich, was ich hier schon machen würde. Als ich sagte, dass ich auch Gitarre spielte, fragten sie mich, wo ich denn das Instrument hätte. So bin ich zurück zum Auto, habe die Gitarre geholt und damit ging es wieder los. Ich habe mich langsam wieder hereingefunden. Dabei habe ich viel vom Banjospieler Udo Bayer gelernt, der auch wie ich nach Harmonieschemen spielt und mir so manchen guten Hinweise geben konnte. Später spielte ich zusammen mit dem Gitarrenlehrer Thomas Buhé und sage immer spaßeshalber, dass ich der einzige Gitarrist bin, der mit Thomas gespielt hat, ohne jemals ein Schüler von ihm gewesen zu sein.“ 1 Günter Boas (*15.2.1920 in Dessau, † 14.12.1993 in Selm - Pianist, Bluessänger, Jazzjournalist und Organisator) gestaltete zwischen 1949 und 1959 das Programm für den AFN in München. 2 Reginald Rudorf (*11.8.1929 in Hamburg, † 21.5.2008 in Alzenau) Gesellschaftswissenschaftler und Gründer des Jazzkreises Leipzig in den 1950er Jahren. Versuchte dem Jazz gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen, moderierte Rundfunksendungen und drehte einen Jazzfilm, der nur zu einer kurzen Aufführung im Capitol kam, bevor dieser im Archiv „verschwand“. Eberhard und Thomas Buhé während eines Schülerkonzertes 2013. SIE FINDEN UNS AUCH IM WEB! WWW.JUST-FOR-SWING.DE.VU DIVERSE AUFTRITTSTERMINE JUST FOR SWING (Leipzig) http://www.jazzfan24.de/JFS/Aktuell.htm HOT & BLUE JAZZ BAND (Meerane) http://hot-and-blue-jazz-band-meerane.de/ IMPRESSUM Herausgeber JUST FOR SWING Just For Swing ist eine Non-Profit Organisation zur Verbreitung des Swing Virus Redaktion: Detlef A. Ott (Herausgeber) Mitarbeiter dieser Ausgabe: Peter M. Colev, Klaus Schneider, Klaus Kirst, Gerd Mucke, Eberhard Birkigt, Marion Kranz, Kerstin Ott, Ken Simpson-Bull (AUS), Sharon Preston-Folta (USA), Gary Bookout (USA) Telefon: +49 (0)341 5 61 43 62 E-Mail: [email protected] Web: www.jazzfan24.de/JFS/ kostenloser Download Die Gazette erscheint einmal vierteljährlich und wird durch ehrenamtliche Mitarbeiter gestaltet. Für unaufgefordert eingesandtes Material besteht keine Rückgabepflicht. Alle Beiträge sowie das Bildmaterial sind urheberrechtlich geschützt. Die nächste Ausgabe erscheint Ende September 2015 JAZZ IM HOPFENSPEICHER http://www.hopfenspeicher.de/Veranstaltung.html JAMSESSION IM KULTUR-CAFÉ RUMPELKAMMER Jeden 2. Freitag im Monat, Dresdner Straße 25, 04103 Leipzig
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