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Arbeit & Soziales
Dieser Artikel ist in der Ausgabe erschienen: Nr. 32/15 | 28.08.2015
Drei Themen, drei Regeln – Bestimmungen und Präzisierungen zu Voucher‐Mitarbeit, stiller Teilhaberschaft
und Teilzeitbeschäftigung
Neues im Hochsommer
Die Wertschein‐Mitarbeit muss nicht mehr an die Arbeitsämter gemeldet werden, stille Teilhaberschaft
und Arbeitsleistung sind ausgeschlossen, die Unterschiede zwischen den verschiedenen Teilzeitformen
sind Vergangenheit.
Rom/Bozen – Wertschein‐Mitarbeit, stille Teilhaberschaft, Teilzeitbeschäftigung: Auch zu den Mittsommerfeiertagen
gibt es in diesem Jahr Neuerungen. Die diesbezüglichen Normen sind zwar schon früher erlassen worden, aber erst im
August beginnen sie zu greifen.
Voucher‐Mitarbeit – Die SWZ hat in Ausgabe Nr. 27/2015 vom 10. Juli recht ausführlich über die durch dauernde
Änderungen recht unübersichtlich gewordene Materie berichtet. Die dabei erwähnten Regeln sind nicht direkt
abgeändert worden, wohl aber hat die Zentraldirektion des INPS in Rom am 12. August 2015 ein Rundschreiben (Nr.
149/2015) herausgebracht, welches in der operativen Durchführung der Wertschein‐Mitarbeit bestimmte Änderungen
bringt und demzufolge beachtet werden muss.
Da ist zuallererst zu erwähnen, dass mit dem gesetzesvertretenden Dekret Nr. 81 vom 15. Juni 2015 die Bestimmung
eingeführt wurde, dass der Ankauf von Papier‐Vouchern durch Unternehmer und Freiberufler nicht mehr erlaubt sein
sollte; diese Bestimmung wurde aber bis zum Erlass des erwähnten Rundschreibens nicht angewandt. Ab dem 12.
August 2015 hat das Institut nun folgenden Ankaufsbestimmungen erlassen:
a) Ab diesem Datum ist für die Durchführung der Wertschein‐Mitarbeit nur mehr die telematische Form zulässig sowie
der Ankauf bei den dafür ermächtigten Tabaktrafiken.
b) Dies gilt auch für Nicht‐Unternehmer und Nicht‐Freiberufler, für welche jedoch zusätzlich der Ankauf bzw. die
Durchführung der Voucher‐Mitarbeit über die staatliche Postverwaltung möglich ist.
c) Die einzigen Papier‐Voucher, welche noch beim INPS/NISF angekauft werden können, sind jene für den Babysitter‐
Dienst.
Zu erwähnen ist auch die vorläufige Aussetzung der von Artikel 49, Absatz 3, des erwähnten Dekretes vorgeschriebenen
Mitteilung an die Arbeitsämter. Dieser Artikel besagt, dass zusätzlich zu den telematischen Meldungen der Voucher‐
Mitarbeit beim INPS/NISF auch noch eine zusätzliche Meldung in elektronischer Form oder per SMS vor Beginn der
Mitarbeit bei den jeweiligen Arbeitsämtern zu machen ist. Diese Pflicht ist bis auf Weiteres ausgesetzt.
Die im Bericht der SWZ Nr. 27/2015 angeführten neuen Entgeltsgrenzen und die anderen dort angeführten Einzelheiten
werden im INPS‐Rundschreiben bestätigt. Ausdrücklich wird noch darauf verwiesen, dass im Bereich der saisonalen
Tätigkeit in der Landwirtschaft nur Jugendliche unter 25 Jahren und Rentner eingesetzt werden dürfen. Bestätigt wird
noch zusätzlich, dass die Bezieher von Lohnausgleichs‐ und sonstigen Unterstützungsgeldern bis zum Limit von 3.000
Euro netto (4.000 Euro brutto] im Jahr ebenfalls die Wertschein‐Mitarbeit nutzen können.
Stille Teilhaberschaft – Auch zur Neuordnung der Stillen Teilhaberschaft, welche mit der gesetzesvertretenden
Durchführungsverordnung Nr. 81 vom 15. Juni 2015 beschlossen wurde, sind nachträglich und im Gegensatz zur ersten
Fassung noch Änderungen vorgenommen worden. Die wichtigste davon besteht darin, dass physische Personen – wie
bereits berichtet – wohl Kapital einbringen können und dafür einen Teil des Gewinnes beanspruchen dürfen, dafür aber
nicht mehr in der vorausgegangenen Form ihre Arbeitsleistung einbringen können. Der Grund für diese Kehrtwendung
ist darin zu sehen, dass durch die Mitarbeit von stillen Teilhabern lange Zeit wegen der relativ günstigen Sozialbeiträge
und des Nichtvorhandenseins von kollektivvertraglichen Regelungen ein „verbilligtes“ Mitarbeitsverhältnis ermöglicht
war. Dieses ist von den Gewerkschaften und auch von den Kontrollbehörden (INPS/NISF, Arbeitsinspektorat ) schon
immer mit großem Argwohn überwacht und bei Nichtvorhandensein von vorgeschriebenen Voraussetzungen als
abhängiges Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingeordnet worden, mit allen rechtlichen Folgen für den/die tätigen
Gesellschafter (Nachzahlung von Sozialbeiträgen samt Strafen und Zinsen). Dem wollte die Regierung Renzi nun
anscheinend einen Riegel vorschieben und das Ärgernis von möglicherweise verdeckten Arbeitsverhältnissen definitiv
SWZ ­ Südtiroler Wirtschaftszeitung ­ 32­15­neues­im­hochsommer ­ 1 / 2 beseitigen. Die vor dem 25. Juni 2015 geschlossenen und noch laufenden Mitarbeitsverhältnisse können aber bis zu
deren Fälligkeit zu den vorausgegangenen Bedingungen weitergeführt werden. Damit ist dieser Mitarbeitsform von
physischen Personen ab sofort der rechtliche Boden entzogen worden, und das potenzielle Fehlverhalten von
Einzelpersonen ist dadurch überhaupt nicht mehr möglich.
Die anderen Grundvoraussetzungen bleiben aber weiterhin unverändert: Ein Unternehmer oder auch ein Freiberufler
kann eine außenstehende Person in eine zu bildende Teilhaberschaft/Gesellschaft in Form einer Gewinnbeteiligung
hineinnehmen. Es treten dabei die Begriffe vom „tätigen Teilhaber/Gesellschafter “ (Unternehmer oder Freiberufler—„
associante“) und vom „Stillen Teilhaber/Gesellschafter – „associato“) auf. Der Stille Teilhaber kann aber als Einzelperson
nunmehr kein gemeldetes Arbeitsverhältnis mehr haben, sondern nur die Kapital‐ und mithin Gewinnbeteiligung. Die
bisher geltenden Regelungen betreffend die Sozialversicherung der Stillen Teilhaber gelten für die bereits vor dem 25.
Juni 2015 bestandenen Stillen Teilhaberschaften noch weiter, entfallen aber für die nachher geschlossenen bzw. zu
schließenden. Damit wird für viele Personen wohl einer der wichtigsten Gründe für die Bildung einer Stillen
Teilhaberschaft entfallen. Bei der Erstellung des Gesellschaftsvertrages besteht die Möglichkeit, für den Fall eines
Verlustes die Klausel einzufügen, wonach der Stille Teilhaber einen Teil des Verlustes zu tragen hat, allerdings nur bis
zum Wert seiner Beteiligung. In diesem Fall trägt der Stille Teilhaber also auch das Unternehmerrisiko mit.
Neuerungen auch bei den Teilzeitverträgen – Auf zwar geringfügige, aber doch nicht unwichtige Neuerungen im
Durchführungsdekret Nr. 81/2015 zum Jobs‐Act ist auch bei den Teilzeitverträgen zu verweisen. War bisher
vorgeschrieben, dass Betriebe jährlich ihre internen Gewerkschaftsorganisationen (RSA) über die Teilzeitanstellungen
informieren müssen, so entfällt diese Bestimmung nun nach den neuen Regelungen. Auch die bisher in manchen
Bereichen bedeutsame Unterscheidung zwischen horizontalen, vertikalen und gemischten Teilzeitverträgen ist
abgeschafft worden. Nicht unwichtig sind auch Bestimmungen über eventuelle zusätzliche Arbeit über die vereinbarte
Teilzeit hinaus. In Ermangelung von kollektivvertraglichen Bestimmungen diesbezüglich ist nun festgelegt, dass
Arbeitgeber bis zu 25% wöchentliche Zusatzarbeit zum bestehenden Teilzeitabkommen verlangen dürfen. Für diese
zusätzliche Arbeit ist dann eine Erhöhung von 15% der Entlohnung (inklusive aller zusätzlichen Lohnelemente)
vorgeschrieben. Die betroffenen Arbeitnehmer können die Zusatzarbeit aber bei Vorhandensein von beweisbaren
Notwendigkeiten/Hindernissen (Familie, Gesundheit, Weiterbildung) ablehnen. Im Zusammenhang spricht man auch
von elastischen und flexiblen Klauseln. „Elastisch“ bedeutet die Zusatzarbeit, während „flexibel“ eine neue wöchentliche
Aufteilung der Teilzeitarbeit ohne Mehrarbeit meint. Elastische Klauseln können im Teilzeitvertrag eingeführt werden
unter der Bedingung, dass der Arbeitgeber zwei Arbeitstage vor der Neuaufteilung der Arbeit die Arbeitnehmer darüber
informiert.
Helmut Weißenegger
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