Wenn die seelische Gesundheit leidet

STADTGESPRÄCH
DONNERSTAG, 25. FEBRUAR 2016
Ergotherapeut Dieter Klein kümmert sich im Snoezelen-Raum um Sandra, die hier ein wenig zur Ruhe kommt. J Fotos: Messy
ZITAT
2. LOKALSEITE
André – hier mit Therapeutin Conni Brune – sortiert im Rahmen der Arbeitstherapie Kunststoffteile.
Wenn die seelische Gesundheit leidet
ZITAT
Haus Hellersen bietet psychisch erkrankten Bewohnern verschiedene Therapien / Ein Einblick
Von Martin Messy
LÜDENSCHEID J „Die Stimmungen unserer Bewohner wechseln
manchmal von himmelhoch
jauchzend bis zu Tode betrübt“,
sagte Holger Bursian, Leiter des
Hauses Hellersen. Psychische Erkrankungen beeinträchtigen
ihre seelische Gesundheit auf
vielfältig Weise. Aufgabe der
Therapie ist es, die Bedürfnisse
für den Förderbedarf jedes Einzelnen auszuloten.
Ich freue mich
über jeden
kleinen Fortschritt,
den unsere
Bewohner in der
Therapie machen
Jürgen Ruthmann
ist seit 2002 dabei
und ist Abteilungsleiter
des Therapiebereichs
Abteilungsleiter ist Jürgen
Ruthmann, der seit 2002 im
Haus Hellersen arbeitet. „Wir
versuchen, möglichst alle zu
erfassen und erstellen dafür
als Grundlage eine Hilfebedarfsplanung für alle Wohngruppen. Für die Bezugsbetreuung und Fallbesprechung
ist unser multidisziplinäres
Team zuständig“, skizziert
der 55-Jährige die Grundlagen. Die Therapiepalette ist
vielseitig und beinhaltet
auch externe Angebote.
Sandra ist geistig behindert
und oft unruhig. Wenn sie
Bei der Montage oder dem Sortieren von Kunststoffteilen sollen
manuelle Fähigkeiten der Bewohner geweckt werden.
mit Ergotherapeut Dieter
Klein im Snoezelenraum ist,
entspannt sie sich zusehends.
Sie liegt zugedeckt im Wasserbett, das Licht ist gedimmt, im Hintergrund läuft
leise Musik. Die 41-Jährige
greift nach Stofftieren, die ihr
Dieter Klein reicht. „Für San-
dra ist das sehr wichtig. Sie
findet hier Ausgleich und
Ruhe“, sagt Klein.
Norbert und Silvia machen
mit Musiktherapeut Tim
Schwarzpaul Musik. Norbert
sagt, die Musik befreie ihn
von unguten Gefühlen und
löse Blockaden. Silvia lächelt
und fühlt sich „wie neu geboren“ nach den Klängen. Erst
seit Juli letzten Jahres gibt es
das Angebot. „Ich mache das
als Gruppen- und als Einzeltherapie. Musik ist ein
menschliches Grundbedürfnis und ich nutze sie als
Werkzeug“, sagt Schwarzpaul. „Wem es Freude macht,
der kann mitmachen.“ Beim
Sommerfest und im Weihnachtsgottesdienst ist sogar
schon eine Band aufgetreten.
Im offenen Bereich, der von
morgens 9 bis abends 21 Uhr
geöffnet ist, gibt es zwei Internet-Anschlüsse – auch ein
Kiosk ist zwischendurch in
Betrieb – steht der Austausch
unter den Bewohnern im Vordergrund. „Manche wollen
auch einfach mal raus aus
den Wohngruppen und andere sehen und sprechen. Dafür
ist dieser Treffpunkt gedacht“, sagt Jürgen Ruthmann. „Alle unsere Therapieangebote sind zunächst einmal befristet. Dann ziehen
wir ein Resümee und gucken,
wie es weitergeht. Wichtig ist
Stadtgespräch
THERAPIEN IM
HAUS HELLERSEN
es, den Bewohnern möglichst
eine Tagesstruktur zu geben.
Wir haben viel Zeit und nehmen sie uns auch.“
Ergotherapeutin Sezen Arslan ist für die Kreativtherapie
zuständig und bastelt mit
zwei Frauen auf der Wohngruppe Osterdekorationen.
„Das Basteln soll noch vorhandene manuelle Fähigkeiten wecken“, sagt sie. In der
Arbeitstherapie sind Bewohner dabei, Kunststoffteile auszusortieren, Bauteile für
Siku-Autos zu montieren und
Zubehörteile zu verpacken.
Auch hier ist es Ziel der Therapie, Potenziale zu erkennen und sie zu unterstützen.
„Ich lerne hier viele persönliche Schicksale kennen“,
sagt Jürgen Ruthmann. „Es
relativiert sich vieles, wenn
man hier arbeitet. Man wird
ein Stück gelassener.“
Die Anzahl der
psychisch erkrankten
Menschen steigt,
darunter sind
immer mehr
junge Leute
Holger Bursian
leitet neben dem
Haus Hellersen auch die
Suchtklinik Spielwigge
Info
Das Haus Hellersen ist bereits
seit mehr als 40 Jahren eine offene Pflege- und Betreuungseinrichtung für geistig behinderte
und psychisch kranke Menschen.
Es bietet Platz für 241 Bewohner,
um die sich 140 Beschäftigte
kümmern. Der zusammenhängende Komplex ist aufgeteilt in
einen Betreuungs- und einen
Pflegebereich mit einer Nutzungs- und Wohnfläche von insgesamt mehr als 10 000 Quadratmetern. Hinzu kommt eine
Außenwohngruppe in der Lüdenscheider Innenstadt. Das SternenZelt an der oberen Wilhelmstraße ist die Anlaufstelle für das
Ambulant Betreute Wohnen. Das
Angebot richtet sich an Menschen, die an einer psychischen
Erkrankung leiden und in einer
eigenen Wohnung leben oder
künftig leben möchten.
Norbert (vorne) und Silvia fühlen sich sehr wohl in der Musiktherapie.
Das Haus Hellersen ist ein großer Komplex. J Foto: cede
Therapeut Tim Schwarzpaul.
Die Einrichtung gehört zur Karl Wessel-Gruppe. J Foto: cede
Ergotherapeutin Sezen Arslan leitet die Kreativgruppe.
Heike Patelschick kommt von den Märkischen Reha-Kliniken.