Der Nutzer Verständnis, Erwartungen und Einfluss Der Nutzer als

10. EnEff-Stadt Projektleiter-Meeting
Leuphana Universität Lüneburg
Workshop von Dr.-Ing. Volker Stockinger und Stefanie Lekel
(beide Hochschule München) zum Thema:
Der Nutzer
Verständnis, Erwartungen und Einfluss
Der Nutzer als „Forschungsgegenstand“!?
Um sich mit dem Thema „Der Nutzer“ in einer Workshop-Gruppe auseinanderzusetzen wurden in
einer fünf minütigen Einführung Erfahrungen aus dem Forschungsvorhaben „Plusenergiesiedlung
Ludmilla-Wohnpark Landshut“ als Diskussionsgrundlage vorgestellt. Im Anschluss daran wurden vier
Fragen formuliert und zur Diskussion gestellt.
1.) Hat der Nutzer „Platz“ in EnEff-Stadt?
„Ja, da der Nutzer sehr wichtig ist!“ So, oder so ähnlich lautete die prompte Antwort fast aller
Teilnehmer. Weitere Überlegungen zeigten aber, dass es zwar so sein sollte, dies aber nicht in allen
EnEff-Stadt Projekten tatsächlich der Fall ist. Dadurch stellte sich eine weitere Frage, die jedoch aus
zeitlichen Gründen unbeantwortet blieb und die Basis für neue Gespräche liefert:
„Wie trägt man dem hohen Einfluss des Nutzers in EnEff-Stadt-Projekten Rechnung damit ihm die
Aufmerksamkeit zuteilwird, die ihm zusteht?“
2.) Beforschung über die Energie hinaus?
Die Gruppenteilnehmer waren sich einig, dass im Rahmen der EnEff-Stadt-Projekte neben dem
energetischen Monitoring auch soziologische Untersuchungen zwingend Bestandteil der
wissenschaftlichen Untersuchungen sein sollten. Die Einsparpotentiale im Nutzerverhalten sind
enorm. Der Nutzer ist auch ein, wenn nicht sogar DER, entscheidender Faktor für die Effizienz der
eingesetzten Anlagentechnik. Die beste Technik kann sein Potential nur ausschöpfen, wenn diese
vom Nutzer verstanden und „richtig“ eingesetzt wird. Die Gruppenteilnehmer waren sich jedoch
auch einig, dass ein Nutzer sein Verhalten nur verändern kann, wenn ihm der Einfluss seines
Handelns „vor Augen“ geführt und somit begreifbar gemacht wird. Hierbei kamen Begriffe wie
Verbrauchs-Visualisierung und die Nutzung des Wettbewerbsgedanken als Einsparwerkzeuge zum
Einsatz. Auch in diesem Punkt ergaben sich weiterführende Fragen die im Folgenden diskutiert
werden sollten.
„Wie kann eine soziologische Beforschung in EnEff-Stadt-Projekten aussehen und welche
Fragestellungen sind hierbei relevant?“
„Welche Werkzeuge sind für die Nutzersensibilisierung notwendig und wie hoch ist das tatsächliche
Einsparpotential?“
„Wie erreicht man eine Vergleichbarkeit der technischen und soziologischen Ergebnisse bezüglich
des Nutzereinflusses?“
3.) Betrachtung des Nutzers nur als Einfluss- bzw. „Stör“-größe?
Folgende Probleme tauchten in der Diskussion dieser beiden Fragen auf:

Der spätere Nutzer ist nicht immer bekannt, bzw. bleibt nicht immer der Gleiche über die
Lebenszeit eines Gebäudes. Ist der zukünftige Nutzer technikaffin? Hinzu kommt dann noch
der Eigentümer-Mieter-Konflikt.

Nutzerbefragungen sind nicht immer effektiv, da der Nutzer mitnichten ausnahmslos ehrlich
antwortet und eher dazu neigt, sein Verhalten im Gebäude in Bezug auf Energie als optimaler
zu empfinden, als es tatsächlich ist.
Des Weiteren wurde die Frage in den Raum geworfen, ob nicht der Berechnungsalgorithmus eine
Störgröße ist.

Stimmen die Normen, auf die sich die Planung stützt?

Entsprechen Herstellerangaben der Realität?
Im Gegensatz dazu ist der Nutzer nicht greifbar. Er ist keine technische Größe die anhand von
Parametern erfasst werden kann. Er ist aber ohne Zweifel eine der wichtigsten Größen im Projekt. Es
ist eine ganzheitliche Betrachtung zwischen den sozialen und technischen Aspekten notwendig. Der
Nutzer sollte die Möglichkeit haben, seine persönlichen Ansprüche als „Ausgangsparameter“ selbst in
die Planung miteinzubringen.
4.) Kann/Soll man den Nutzer „erziehen“?
Eine „Erziehung“ im eigentlichen Sinne darf natürlich bei erwachsenen Menschen nicht stattfinden.
Jedoch können Nutzer „genudged“ (angestoßen) werden, um ihr Handeln in eine gewünschte
Richtung zu lenken.
Kindern jedoch kann im Kindergarten oder der Schule von Anfang an „der richtige“ Umgang mit
Energie beigebracht werden, sodass sie diesen mit der Zeit als selbstverständlich betrachten.
Je mehr der Nutzer aufgeklärt wird, desto größer wird sein Eigenantrieb, Energie einzusparen. Dies
kann mithilfe von Schulungen, Gebrauchsanleitungen und anderen Leitfäden bewerkstelligt werden.
Aber auch das Bedientableau und dessen Funktion sollten für den Nutzer leicht zu bedienen sein, um
ihm den Umgang mit dem Thema Energieeinsparung zu erleichtern. Des Weiteren neigt der Nutzer
eher dazu, gewisse technische Vorgänge, wie z.B. die Trägheit einer Fußbodenheizung zu
akzeptieren, wenn er sich über deren Ursache im Klaren ist.
Zu erwähnen ist noch, dass der Nutzer nicht auf materieller Ebene zu locken ist. Eine Einsparung der
Nebenkosten im Monat um z.B. 20 Euro reicht als Motivation zur Änderung seines Verhaltens meist
nicht aus. Soziale Aspekte hingegen, wie der Vergleich mit Nachbarn, ein Wettkampf-Verhalten oder
das Bewusstsein aktiv an der Energiewende beteiligt zu sein, sind aus Sicht der Gruppenteilnehmer
weitaus größere Antriebe.
Im Rahmen dieses Workshops wurden viele neue Fragen aufgeworfen, über die es sich lohnt weiter
zu diskutieren!
Zum Abschluss soll noch eine Aussage von Herrn Florian Heesen genannt werden, welche für die
Erkenntnisse aus der Gruppe Energie das passende Schlusswort lieferte:
„Die Energiewende wird im Moment in Deutschland eher als Effizienzsteigerung aus technischer
Sicht verstanden. Die Energie wird jedoch von Menschen verbraucht und kann nur von ihnen selbst
eingespart werden. Daher brauchen wir schon auf politischer Ebene einen Paradigmenwechsel hin
zu einer integralen Betrachtung des Energie-Nutzers.“