Zentralblatt der Bauverwaltung : Nachrichten d. Reichs

Zentralblatt der Bauverwaltung.
625
Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten,
Berlin, 27. November 1915.
Nr. 95,
85. Jahrgang.
CratfNlflt Mittwwh und Sonnabend. — Soltrlrttoituno: "W 66 WiHielmstr. 79a. — 8«*<Hi*fWollB und Annahme dar Anzeigen: "W66 Wilhelmstr. fto. ~ BMUQtprels: Vierteljährlich
eijwchließlieh Abtragen, Poat- oder Streifbandausöndung 3,75 Mark; desgl. für das Ausland 4,30 Mark.
INHALT) Amtllotiu: Dienst-Nachrichten. — Nlotltamttioboa: Kirchenerweiterun gen. (Fortsetzung.} — Standfestigkeit der Strandmauer zum Schutz der Btadt Galveetou
in Mexiko. — V e r m i a c h t e s : Aua2eiohnmig. — Ehrenpreise an Regierun^sbauführer »u Kunst-ilnci Forschungsreisen. — Ausgestaltung und Bepflanzung
der Kriegergraber in Polen. — Oderhochwasser und die eü&fitigen Wasserstands Verhältnisse NorddeutBohlanda Im Ofclober 1915. — G. L-Möckel f..
[Nachdruck verböten.]
Auf dem Felde der Ehre sind gefallen:
Bender, Heinrich; Architekt, Heidelberg,
Fleischmann, Friedrich, Diplomingenieur, Heidelberg,
Fretzdorff, Richard, Regierungsbaumeister a. D., Leipzig-Leutzsch,
Inhaber des Eisernen Kreuzes,
Koerber, Hermann, Architekt, Frankfurt a. Main,
Kühlmorgen, Fritz, Diplomingenieur, Dresden-Blasewitz. Inhaber
des Eisernen Kreuzes.
Kühne, Willi, Studierender der Technischen Hochschule Hannover,
Lehmann, Wilhelm, Architekt, Düsseldorf,
Neugebauer, Franz, Regierungsbauführer, Hannover,
Xylaender, Herbert, Regierungsbfr., Berlin, Inh. d. Eisernen Kreuzes.
Seine Majestät der König von Preußen haben Allergnädigst geruht,
nachstehenden Personen das Königlich preußische Ordenszeichen des
Eisernen Kreuzes zu verleihen. Es haben erhalten:
das Eiserne Kreuz erster Klasse:
Schröter, Fritz, Regierungsbaumeister. Braunschweig/
Sioli, Karl, Diplomingenieur. Architekt; Berlin -Steglitz,
Stephan, Erwin, Ingenieur, Berlin;
das Eiserne Kreuz zweiter Klasse:
&i>3ng, Gerber, William, Oberlehrer an der staatlichen Baugewerkschule, Hamburg,
GrÖhe, Alfred, Diplomingenieur, Düsseldorf,
Leusenner, Hugo, Regierunggbaumeister, Berlin,
Rausch, Ingenieur beim Stadtbauamt Kattowitz,
Seidel, Helmut, Uegierungsbauführer, Berlin,
Stolzenburg, Otto, Regierungsbfr, Oderstrom bauverwaltung, Breslau,
Thiel, Hilfslehrer an der staatlichen Baüge werkschule, Hamburg.
Seine Majestät der König von Sachsen haben Allergnädigst geruht,
dem Studierenden der Technischen Hochschule Dresden Max Iramelmann das Ritterkreuz des Militär- St.- Heinrichs- Ordens xu verleibe».
Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen haben dem
Regierungsbaumeister Dr. Walloth, Vorstand des Eisenbahnbetriebsamts I in Gießen, die Tapferkeits-Medaille verliehen.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg haben
geruht, dem RegierUngabaumeister Karl Linnen kohl in Essen das
Militär-Verdienstkreuz zu verleihen.
Amtliche Mitteilungen.
Preußen.
Seine Majestät1 der König liaben Allergnädigst geruht, dem
Unterstaatssekretai im Ministerium der öffentlichen Arbeiten Wirklichen Geheimen Rat Stieger den Roten Adler-Orden I.Klasse mit
Eichenlaub und dem Diplomingenieur Johannes Keißinger in Bayreuth die Rote Kreuzmedaille III. Klasse zu verleihen sowie die Erlaubnis zur Anlegung verliehener nichtpreußischer Orden zu erteilen,
und zwar dem Architekten Professor Bodo Ebhardt in BerlinGrunewald für das Komturkreuz des Großherzoglich sächsischen HausOrdens der Wachsamkeit oder vom Weißen Falken, dem Herzoglich
sächsischen Hofbaurat Salomon Goldmann in Berlin für die Herzoglich sachsen-koburg-gothaisehe Herzog Karl-Eduard-Medailie, dem etatmäßigen Professor an der Technischen Hochschule in Hannover Geheimen Baurat Justus Danckwerts tttr die I. Klasse des Herzoglich
anhaltiscnen Verdienst-Ordens für Wissenschaft und Kunst, dem
Begierungs- und Baurat Hagen und dem Baurat Zimmermann.
beide in Oppeln, z, Zt, im Felde, für das Offizierkreuz des österreichischen Franz - Joseph - Ordens und dem Regierungsbaum eister
Adolf Schmidt in Königsberg i. Pr, für das Ritterkreuz desselben
Ordens am Bande des Militär-Verdienstkreuzos, dem Direktor der
Baufirma Philipp Holzroann u. Ko. in Frankfurt a, M. Geheimen
Baurat Dr. Otto Riese für die II. Klasse des Großherrlich türkischen
Oamanie-Ordens und dem Direktor des Saalbürgmuseums Baurat Heinrich Jaoobi in Homburg v. d. H, für das Offizierkreuz des Königlich siamesischen Weißen Elefanten-Ordens, ferner den bisherigen
•Landrat Dr. Pauly in Alienstein zum Geheimen Regierungarat und Vortragenden Rat im Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu ernennen.
Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Seiner Majestät des Königs
hat das Staatsministerium den besoldeten Beigeordneten Julius
K«Qbt0 Torbflhalteu.}
SSschirnt in Köln infolge der von der Stadtverordneten Versammlung
getroffenen Wahl in gleicher Amtseigerischaft auf fernere zwölf Jahre
bestätigt.
Die Staatsprüfung haben bestanden: die Regierungsbauführer
Joseph Leppelmann,und Ernst Achepohl (Hochbaufach): — Georg
Frenzel (Wasser- und Straßenbaufach).
Der Landesbaurat Geheime Baurat Franz Eduard Stiehl in Oassel
und der Geheime Baurat Hermann Seliger, früher Mitglied der
Eisenbahndirektion Halle a. d. Saale, sind gestorben.
Deutsches Reich *
Militärbauverwaltung. Preußen. Seine Majestät der König
haben AUergnädigat geruht, den Baurnt Gortzitza und dem llegierungsbaum dater Machwirth, beauftragt mit Wahrnehmung von
Intendantur- und liuuratstellen bei den stellv. Intendanturen des
li. und a. Armeekorps, zu Intendantur- und Bauräten zu ernennen.
Der Zürn Reichs-Marineamt kommandierte Marinebaurat für Schiffbau Kernke ist bis auf weiteres zur Kaiserlichen Werft WUhehnshaven kommandiert und der Marine-Schiffbaumeister Biemcyer von
Wilhelmshaven nach Berlin zurückkommandiert und dem Konstruktionsdepartement des Reichs-Marineamts zugeteilt.
Baden.
Der Baurat Felix Eitner, Kollegialmitglied der General direkt! on
der Staatsbahnen in Karlsruhe, und der GroßhereogL Oberbauinspektor
Karl Schätzle in Mosbach sind gestorben.
Elsaß-Lothringen*
Die Regierungsbauführer KarlHaug und Jakob Stambaeh sind
zu Hegierungsb au meistern in der elsaß- lothringischen Landesverwattung ernannt worden.
Nichtamtlicher Teil,
Schriftleiter: Friedrich Schnitze und Gustav Meyer.
f.
Kirehener Weiterungen.
& Yerbreiterantr nach einer Seite.
an, Nr.
die93.)
ein Bild davon geben, wie dem Bedürfnisse früher entsprochen
(Fortsetzung aus
Für den Fall der Verbreiterung nach einer Seite, sei es nach
worden ist Bei der evangelischen Kirche des im Westerwalde unweit
Norden oder Süden, führen wir zunächst zwei geschichtliche Beispiele
Hachenburg belesenen Dorfes Höchstenbach, die dem Anfange de»
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Zentralblatt der Bauverwaltung.
27. November 1915.
gesetztem Chore handelt Der Anbau ist auf der Nordseite angeordnet und hat der Kirche, die bisher
79 Sitzplätze für Erwachsene enthielt, 30 Plätze hinzugebrächt. Der
alte Kirchenraum ist wenig ..verändert worden. Nur sind die Bänke
anders verteilt und es ist ein Emporenschenkel auf der Nordseite beseitigt worden. Die Westempore hat
dafür größere Tiefe erhalten, um
eine kleine Orgel aufzunehmen an
Stelle des bisher unten im Schiffe
untergebrachten Harmoniums. Der
Schiffsraum, der früher eine gerade
Decke besaß und bis Unterkante
der Deckenbalken nur 3,87 m hoch
war, liat eine in das Dach hineingezogene Flachtonne und damit eine
größte lichte Hohe von 5,55 m bekommen. Eine Quertonne überdeckt
den Anbau} dessen Empore einen
besonderen Zugang von außen und
zugleich Verbindung nach dem
Kirchenschiffe erhalten hat. Das
früher abgesetzte Chordach ist mit
üem Schiffsdach auf gleiche FirethOhe gebracht. Der malerische Zug,
der in den kleinen ganz schlichten
Bau durch die Erweiterung gekommen ist, sollte durch die aus
Abb. 2G ersichtliche ? dein Anbau
Abb. 27. Längenschnitt.
auf der Westseite vorgelegte offene
Vorhalle die erwünschte Verstärkung
erfahren. In der Ausführung hat
man die Vorhalle leider geschlossen^
um den Besuchern der Empore des
Anbaues die ursprünglich nicht vorgesehene Innen Verbindung mit dem
Schiffe zu geben. Man hat nicht
erkannt, daß sich diese Verbindung
ohne weiteres in der aua dem hier
Grundriß.
Abb.
28,
Abb. 24. Grundriß,
Abb. 25. Grundriß.
abgebildeten Grundrisse ersichtlichen
: 500.
Weise herstellen ließ. Die ErweiteAbb. 23 u. 24. Pfarrkirche in Höehstenbiich. Pfarrkirche in Bieber.
rung hat rund 9700 Mark gekostet.
13. Jahrhunderts entstammt (Abb. 23 u. 24), hat man Ende des
In der „Koschneiderei", dem Teile des Konitz-er Kreises, der sich
18. Jahrhunderts das flacbgedeckte Schiff des Altbaues durch ein in
südöstlich der Bahnlinie Berlin—Dirschau gegen Tuchel hin erstreckt,
dessen ganzer Länge im Süden angebautes
Seitenschiff
auf
nahezu
erwiesen sich in neuerer Zeit vier katholische Gotteshäuser als erdie doppelte Grundfläche gebracht.'-1) Die knappe Höhe des neuen
weiterungsbedürftig. Es sind dies die Kirchen der Dörfer Gfiradorf,
Bauteiles gestattete die Beibehaltung des südlichen Hochlichtes durch
Schlagenthin. Frankenhagen und Osterwik. In den drei erstgenannten
basilikale Anordnung. Auf die am Nordpfeiler des Triumphbogens
Ortschaften war die Aufgabe dio gleiche. Überall handelte es sich
stehende Kanzel, neben der sich der F'redigerstuhl befindet, ist der
darum, an den beizubehaltenden wertvollen Holzturm an Stelle
Blick von fast allen Plätzen auch des erweiterten Schiffes frei; der
des alten zu klein gewordenen Kirchenhauses ein neues, größeres
Altar wird dagegen aus dem neuen Anbau gar nicht gesehen.
anzubauen. Die Aufgabe war also keine Erweiterung im eigentZweckmäßiger in dieser Hinsicht hat die ursprünglich katholische,
lichen Sinne. Anders in Osterwik, dem Hauptorte und Mitteldünn lutherisch gewordene Pfarrkirche des im Kreise Gelnhausen
punkte der Landschaft. Osterwik besitzt eine sehr wertvolle um die
belogenen Fleckens Bieber ihre seitliche Schiffserweiterung
(Abb.
25)
Wende vom 14- zum
für den evangelischen Gottesdienst ausgenutzt.l0) An die alte, kleine
15. Jahrhundert eraus flach gedecktem Schiffe, Chorturm und besonderer Sakristei
baute Backsteinkirche,
bestehende Kirche hat man an ersteres im Jahre 1756 südlich einen
die die Formen der
geräumigen Anbau angefügt und in diesem die schon im alten Teile
deutschen
Ordensim 17. Jahrhundert errichtete Empore so fortgeführt, daß ein geräumiger
kirchen zeigt (Abb. 29
saalartiger Raum entstanden ist. In ihm kam die Kanzel am Südbis 32). Der Wert des
pfeiler des Triumphbogens, der Altar daneben, etwa in der MittelHaudenkmals besteht
achse des erweiterten Schiffes zu stehen. Der alte Chor ist mit Sitzvornehmlich in dessen
plätzen gefüllt, die freilich den Geistlichen auf der Kanzel vom Rücken
kraftvoller, ernster Geund am Altare gar nicht sehen, die aber immerhin für starken
schlossenheit und an
Kirchenbesuch nicht ohne Wert sind. Die Orgel befindet sich auf
seinen
wohlabgewogedem nördlichen Emporenteile. In künstlerischer Hinsicht ist die Ernen Verhältnissen. Es
weiterung von Höchstenbach der von Eieber unzweifelhaft Überlegen.
ist eins der besten BeiNicht so grundändernd wie bei dem letztgenannten Beispiele und
spiele kleinerer unter
doch mit Beibehaltung voller Sichtbarkeit von Kanzel und Altar für
dem Einflüsse des
alle Plätze ist von uns im Jahre 1910 die kleine evangelische Kirche
Ordens erbauter Kirin Kerzendorf im Wittenberger Kreise seitlich erweitert worden
B Beiohtituhl. 0 Parameötenkammer. 8 Sakristei,
chen im preußischen
i Abb. 26 bis 28). Die Aufgabe war hier allerdings leichter, da es sich
W Windfany.
Osten. Dieses Bauwerk
um eine schlichte rechteckige Saalkirche mit kaum merkbar abAbb. 29. Grundriß.
KathoL Kirche in Osterwik.
antasten zu müssen,
war überaus schmerz•') Die Abbildungen sind den „Bau- und Kunstdenkrnälern des
Regierungsbezirks Wiesbaden", 10. Band, bearbeitet von F. Luthmer,
lieh. Doch es mußte geschehen; ein Ausweg war nach Lage der Verentnommen,
hältnisse des Kirchspiels und aus patronatsrechtlicheti Gründen nicht
10
) s. Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel.
möglich. Erste Versuche, die Erweiterung; die der Kirche neu« Plätze
1. Band Kreis Gelnhausen, bearbeitet von Bickell.
bringen sollte, an beiden Schiffsaeiten vorzuzunehmen,-führten äü
Abb. 26 bis 28.
Evangel. Kirche in
Kerzendorf.
Nr. 95.
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Zentralblatt der Bauverwaltung.
Abi). ?>Q. Nordsnte vor der Erweiterung.
Abb. 32. Nordseite nach der Erweiterung.
Abb, 31 bis 33. Katholische Kirche in Ostorwik,
Abb. 31. Südseite.
keinem befriedigenden Ergebnisse. Das Bauwerk hätte
seinen Charakter völlig verloren. Für eine basilikale
Anordnung ist sein Maßstab zu klein; eine hallenartige Anlage hätte von dem vorhandenen Schiffe so
gut wie nichts übrig gelassen und wäre in ein Mißverhältnis zu Turm und Chor gekommen. Auch mußte
Wert darauf gelegt werden, die Südseite der Kirche
unverändert zu erhalten, um die besonders ansprechenden Ansichten des Gebäudes von Südwesten und Südosten her nicht au zerstören. Die Ansichten von
Nordwesten. Norden und Nordosten her haben nicht
die gleiche Bedeutung. Die Nordseite liegt mehr abgewendet im Dorf bilde und die dort entstehenden
Bilder werden leider beeinträchtigt durch einen benachbarten häßlichen Schulbau, der auf das Dorfgepräge und die Kirehennähe keine Kücksicht nimmt.
Auf der Xordseite befindet sieh auch, wie Abb. 30
erkennen läßt, ein Baumgarten, von dem der für die Erweiterung erforderliche Platz ohne weiteres genommen
werden konnte.
So entstand der Plan, das Schiff durch einen in
seiner ganzen Länge angelegten Seitenanbau zu erwfiitorn, der unter zwei mit Giebeln abgeschlossene
Querdäelier gebracht ist (Abb. 29 u. 32). Damit ist die
verhältnismäßig große Anbaumasse am besten bewältigt, Turm, Hauptschiff und Chor haben einigermaßen ihre Geltung behalten, und was die Hauptsache ist. der Anblick der Kirche von den südlichen
Seiten her ist nicht im geringsten beeinträchtigt. Gut
wäre gewesen, wenn die Tiefe des Anbaues hätte
eingeschränkt werden können, was durch Einfügung
einer Empore möglich gewesen wäre. Leider war
jedoch die Gemeinde zur Annahme dieses Auskunftsmittels nicht zu bewegen. Sie hat sich von
dem Vorurteile gegen die Empore nicht freimachen
können und nimmt damit vorlieb, daß eine größere
Anzahl von Plätzen den erwünschten freien Blick
auf den Hochaltar nicht erhält. Der Anbau ist
selbstverständlich in den Formen der alten Kirche gehalten. Die mit einer Ziegelsteinflachschicht abgedeckten Giebel zeigen einfachen Blendenschmuck; die weite
628
27. November 1915;
Zentralblatt der Bauverwaltung.
Abb. 33 bis 37.
KathoL Kirche in Lttben.
Abb. 37. Längenschnitt.
zwischen ihnen ist durch einen Wasserspeier entwässert.
Besonderes beachtenswert als seitliche Erweiterung ist die, welche
Dir die katholische Kirche in Lftben. Regierungsbezirk Liegnitz,
entworfen war, aber nicht zur Ausführung gekommen ist (Abb. 33 bis 137). An Stelle der
eigenartigen Anlage, die sich ergeben hätte, ist
'.,
•:';
auf einem städtebaulich gleichgültigen Platze
der Stadt ein schematischer Neubau ent; • •.
standen.
Die kleine alte Pfarrkirche war in der Mitte des
14. Jahrhunderts als Burgkapelln gegründet worden.
Sie liegt, durch einen (Traben von der Stadt getrennt, in deren Südosten auf einer Hochplatte und war zur
Verteidigung eingerichtet. Schießscharten am Turm und der aus
Abb. 33 u. 34 ersichtliche "Wehrgang an der Westfront, lassen dies
• . •..-.. - ...' :.\. .
Abb. ,-)S u. 33.
Katliol. Kirche
in Groümochbeni
bei Hreslau.
Abb. m.
Abb. 39. Alter Zustand der Kirche. Südseite.
n «5.
629
Zentralblatt der Bauverwaltung.
Abb. 40, Ostseite der Kirche
nach der Erweiterung.
Abb. 40 bis 44.
Kathol. Kirche
in Großmochbern
bei Breslau.
Abb. 41. Südseite der Kirche
nach der Erweiterung.
(M. i : 400.)
A Hochaltar. B Beichtstuhl«.
K Kanzel. Kl A Kleiner Altar3 Sakristei.
T Taufbecken.
a St. Annaaltar, h Schrank, c Bank
Abb. 42. Grundriß.
Abb. 44.
Abb, 43. Schnitt ab ed.
oiiL' du.i' lviivlu; nach der Erweiterung.
heut noch erkennen. Im 18. Jahrhundert wurde
diü Kapelle nach Osten bin verlängert und geputzt. Mitte des 19. Jahrhunderts hat sie,
namentlich am Turme, einige Veränderungen
erfahren. Auf der Südseite fällt die Höhe, an
deren Rande die Kirche steht, steil ab. Der
Hang sollte für die Erweiterung in der aus den
Abbildungen ersichtlichen Weise ausgenutzt
werden. Durch ein 5,60 m breites südliches
Seitenschiff ist nach dem Entwürfe die Grundfläche der Kirche auf nahezu die doppelte
Größe gebracht, so daß sich 338 Sitzplätze
und 160 Stehplätze ergeben haben. An der
Ostseite des Seitenschiffes ist Platz für einen
Marienaltar gewonnen, zu dessen Seiten Standbilder der heiligen Hedwig und Barbara aufgestellt werden sollten (Abb. 37), deren Schutz
die Kirche befohlen ist, An der Westseite
führt eine Treppe zur Orgelbühne; unter ihr
steht ein Beichtstuhl, vor ihr der Taufstein.
Zur Erzielung von Windschutz ist in der
Längenachse der alten Kirche an der Westfront
ein Vorbau angeordnet, und von ihm führt
eine Treppe hinab nach einem gruftartigen
Räume (m Abb. 35 gestrichelt angedeutet), in
dem das heilige Grab aufgebaut werden sollte.
Das Seitenschiff ist mit flachem Dache versehen,
dessen Brustwehr die Formen der für Schlesien im ausgehenden Mittelalter bezeichnenden
Schwalbenschwanz - Zinnen zeigt. Das alte
wehrhafte Gepräge das Baues klingt in diesem
dankbaren Motive nach, östlich lehnt sich an
das Seitenschiff eine neue, von Osten her zugängliche Sakristei an. Während am Äußeren
des Erweiterungsbaues die gotischen Formen
des Altbaues aufgenommen sind, paßt sich das
Innere dem nach mittelalterlichen Ausbau des
Kirchengebäudes an. Die Kosten der Erweiterung waren im Jahre 1901 auf rund 30 000 Mark
veranschlagt.
Auch eine nur einseitig-seitliche Erweiterung, aber in größerem Umfange als die
drei vorgenannten Heispiele, hat die katholische
Kirche in Großmochbern bei Breslau erfahren
müssen (Abb. 38 bis 46). Diese kleine dem
15. Jahrhundert entstammende Backsteinkirche,
ei ne dem hl. Michael geweihte Tochter von
St. Nikolai in Breslau, hatte, ähnlich wie
Oster wik, ihren " ursprunglichen Bestand fast
unverändert erhalten. Kur der Turmoberteil
war, vermutlich in Kriegaläuften, zerstört und
durch ein schindelgedecktes Xotdach ersetzt
630
Zentralblatt der Bauverwaltung.
worden. 1570 war die Sakristei angebaut und ebenfalls im IG. Jahrhundert der noch in Resten erhaltene Sgraffitofries am Traufgesims
des Langhauses hergestellt worden. Eine kleine Fach werk vorhalle
auf der Südseite ist dann spiiter noch hinzugekommen. Das Innere
war ärmlich Übertüncht. Trotz der Verstümmelung; ihres Turmes bot
die Kirche in ihrer baumbewachsenen Umgebung von außen gesehen
ein ansprechendes Bild. Ihr Denkmahvert war unbezweifelt und
erhöhte sich noch, als im Laufe der jüngst bewirkten Ausführung
des Erweiterungsbaues umfangreiche Wandmalereien an ihren Schi ffijwänden aufgedeckt wurden.
Um den Baukürper des eigenartigen Uamlenkmals so weil wie
irgend angängig 7A\ erhalten, wurde die Erweiterung ausschließlich nach
Süden hin vorgenommen, wo auch der vor kurzem erweiterte Friedhof
die Ausdehnung gestattete. So ist es auch gelungen die Hauntansiehten der Kirch»; von der im Norden belegenen Dorfaue her
unverändert zu lassen. Für die lilicke von Süden, Südwesten und
Südosten her ist das Gebäude freilich ein ganz anderes geworden.
Galt es doch hier eine Baumasse anzufügen, deren (irundtläche die
des Altbaues um etwa -/& übertrifft.
Uni die erweiterte Kirche praktisch benutzbar zu machen und
tunlichst vielen Kirchgangern den freien Blick auf den Hochaltar zu
verschaffen, mußte hier der Weg der Drehung der Huuptkirehenut'lisi'
um iH)° gewählt werden. Die Südwand ist bis auf einen schmalen
1'feiler herausgebrochen, die ölte Schiffslänge zur neuen Schiff abreite
gemacht und durch reichliche Verdopplung <\itv alten Schiffsbreite
nach Süden hin ein Kirchenraum gewonnen, an den sich der neue
Hochchor im Süden ansetzt, während im (tüten im Anschluß an den
alten Chor noch ein Seitenschiff und ein (juerflügel gewonnen sind.
Neben dem neuen Chore hat die neue Sakristei Platz gefunden; die
alte Sakristei ist zum Vorraum gemacht für den alten Chor, der nunmehr zur Einleitung»- und Beichthalle geworden ist. Zwischen dem
alten Chore und dem neuen Querflügel ist neben dem Seitenschiff ein
Treppenhaus angelegt, das zur Orgelempore über QuerilfSgel und Seitenschiff führt. Die alte Orgelbühne heim Turme ist abgehrochen, eine
neue Treppe zu ihm an dessen Südseite als überdeckte Freitreppe
angebaut worden.
Dem Erweiterungsgedauken kam der Umstand zu gute, daß der
alte Kirchenraum durch eine gewölbetrageude Mittelsäule gewissermaßen in zwei Schiffe geteilt ist. Diese Zweischifh'gkeit wurde auf
den neuen Teil übertragen, indem hier eine ähnliche (Jewölbeanordnung
getroffen wurde wie im Altbau. Der den Eest der alten Südwand
bildende Pfeiler bildet das mittlere Glied der den neugewonnenen
Kirchenraum in zwei Schiffe trennenden Stützen reihe. Durch diese
Plangestaltung wurde es möglich; die ganze Kirche mit einer einheitlichen EinwÖlbung zu versehen.
Die neuen Fronten der erweiterten Kirche, ebenso wie deren unverändert erhaltene Nordseitc sind aus Abb. 38, 40 u. 41 ersichtlich.
Die Formen des Altbaues sind selbstverständlich auf die neuen Teile
übertragen. Auch der Sgraffitofries ist an diesem weitergeführt. Für
die Ausbildung des Turmes war die Vorschrift bestimmend, daß der
Oberteil, weil die Kirche im Festutigsgeblet liegt: aus Holz hergestellt
werden mußte. Der Zwang wurde insofern zum Gewinn, als der
Versuchung; vorgebeugt war. nach einer monumentalen Losung zu
greifen, mit der man sich von dem gewohnten Bilde der Kirche noch
mehr entfernt hätte als mit dem harmlosen, naturgemäßen Abschluß.
den der Turmstumpf nunmehr erhalten hat.
Für die Behandlung des Kircheninneren in Aushau und Ausstattung gibt der Altbau mit seinem Inhalte ebenfalls die Richtschnur.
Die alten Malereien werden aufgedeckt und sorgsam erhalten. Die
Neuausmalung wird neben ihnen ganz zurückhaltend behandelt. Die
Ausstattungsgegenstande wurden teils an ihre veränderten Plätze überfuhrt, teils, wie die Orgel und die Kanzel, durch neue Stücke ersetzt.
An der Kanzel haben vier alte in Holz geschnitzte Evangelistentiguren
Verwendung gefunden.
über das hl künstlerischer Hinsicht mit der Erweiterung Erreichte
gibt der Vergleich der Abb. 44 Aufschluß. Die Kosten des Umbaues
haben sich auf rund 90 WO Mark belaufen.
(Fortsetzung folgt.)
27. November 1915.
Abb. 45. Hlick in das alte Kircheninnere.
Kathol. Kirche in Großmochbern bei Breslau.
Standfestigkeit der Strandmaucr
zum Schutz der Stadt Galveston in Mexiko.
Der heftige Sturm im Jahre 1900, dem ein großer Teil der Stadt
Galveston am Golf von Mexiko und mehr als 6000 Menschenleben
zum Opfer fielen, gab Veranlassung, die Stadt gegen spätere Sturmfluten an der Seeseite zu sichern und die gleichfalls zerstörte Verbindung mit dem Festlande über die Bucht durch eine festere Bauart
zu ersetzen.
.
. .
Abb. •JG, Blick in das neue Kirchen innere.
Kathol. Kirche in Großmochbern bei Breslau.
fov
Zentralblatt der Bauverwaltung.
Die Maßnahmen
zur Sicherung der
Stadt
bestanden,
entsprechend
der
Lage der Stadt an
der See und an der
Bucht, nach den Mitteilungen im „Engineering Record"
vom
28. August
1915 und den Aufzeichnungen
des
Verfassers an Ort
und Stelle im Jahre
1904 in der Erbauung einer Strandmauer (Abb. 1) an
der Seeseite in einer
Länge von 6,16 km
nebst Hinterfüllung
sowie in einer Aufhöhung des niedrigen, von der Sturmflut gänzlich zerstörten Stadtteils.
Der bewehrte und
durch eine hölzerne
Gründung
getragene Betonkörper
ist an der Seeseite
eingebuchtet aus-
Verbindung d. Stäbe
Abb. 2,
631
gebaut ÜU dem Zweok3 die Wellen senkrecht aufwärts zu werfen.
Die Gesamthöhe der Mauer beträgt 4,93 m, der Fuß ist durch eine
sehr starke Steinschttttung in 8,23 m Breite geschützt und die
21,34 iß breite Hinterfüllung zu einenag epflasterten Fahrweg gestaltet- Die Kosten betrugen rd. 5 031 600 Mark.
Nach dem letzten Sturm am 16./17. August 1915, der zeitweise
eine Stärke bis zu 50 ro in der Sekunde erreichte und an Heftigkeit
den im Jahre 1900 noch Übertraf, auch den Wasserstand um 1,219 m
erhöhte, ist die Strandmauer bis auf geringfügige Schäden vollständig
unversehrt geblieben und hat dadurch die Stadt vor der Zerstörung
gerettet. Durch die eingebuchtete Außenseite wurde das Wasser senkrecht in die Höhe und durch den Wind auf die 9 cm dicke Pflasterung
hinter der Mauer geworfen, deren' Sandbettung zum Teil bis auf eine
Tiefe von 0,914 bis 2,74m ausgewaschen wurde. Einzelne Steine.der
Schüttung in Größe von 1,22:0,76:0,3 m wurden bis 15,24 m weit
über die Mauer geworfen. Der Strandmauer hat die Stadt Oalveston
es somit zu verdanken, daß eine Wiederholung des Sturmschadens
vom Jahre 1900 und eine gänzliche oder teilweise Zerstörung verhütet worden ist und die Schäden auf ein geringes Maß beschränkt
geblieben sind.
Dagegen hat die an Stelle. der im Jahre 1900 gänzlich Vernichteten, aus einfachen Pfaliljochen hergestellte 5,28 km lange Eisenbahnbrücke über die Bucht erbaute neue Verbindung mit dem
Festlande, aus bewehrten Betonkörpern auf 3,52 km (Abb. 2) mit
beiderseitigen Anschlußdämmen (Abb. 3) nur zum Teil den Angriffen
der Wellen standgehalten. Zwar sind die Betonkörper zu beiden
Seiten der beweglichen Brücke über die Durchfahrt und letztere selbst
vollständig unversehrt geblieben, doch die beiderseitigen durch Betonbefestigungen geschützten Erddämmo ganz oder zum großen Teil
zerstört worden. Aus der Art der Zerstörungen ist mit Sicherheit zu
schließe?}, daß diese nicht stattgefunden hätten, wenn die Oberkante
der Erddämme statt der Sandauffüllung
eine feste Decke unter. den Gleisen erhalten hätte. Die Zerstörungen begannen
mit dem Auswaschen des Sandes durch
die überschlagenden Wellen, und die dadurch vorbereiteten Hinter- und Unterspülungen der beiderseitigen bewehrten
Beton befestigungen vollendetem das Äerstörungäwerk.
Weiin auch diese Beschädigungen
auf die ' Stadt selbst keinen Einfluß
hatten, so wirkten sie doch dadurch
sehr nachteilig, daß bis zu der Herstellung einer Notbrücke zum Ersatz
der zerstörten Dämme jede Eisenbahn•Bi33>"
verbindung mit dem Festlande unterbrochen war. Die Erfahrungen mit
diesen Dämmen werden dazu beitragen,
daß für die Zukunft deren Standfähigkeit gewährleistet und damit die Stadt
in jeder Hinsicht gegen die heftigen,
von Zeit zu Zoit eintretenden tropi| Beton -spwm»ana ^SÜST
4:
saSm—^-I2$^^
sehen Stürme mit heftigem Regenfall gesichert ist.
^ v Hörn
Wasserbauinspektor a. D.
Vermischtes.
. Auszeichnung. Auf einstimmigen Antrag der Mitglieder der
Abteilung für Bauingenieurwesen haben Rektor und Senat der Techtischen Hochschule Berlin dem Oberbaurat a. D. Geheimen Baurat
Rudolf O. C a e s a r in Altana in Anerkennung seiner hervorragenden
Verdienste um die praktische und wissenschaftliche Förderung der
Eisenbahntechnik bei Lösung der ihm gestellten großen Aufgaben,
insbesondere bei der Umgestaltung; der Eisenbahnaulagen in und
bei Hamburg und Altona die Würde eines D o k t o r i n g e n i e u r s
e h r e n h a l b e r verliehen.
. Ehrenpreise an Regierung »Bauführer zu Kunst- and Forschungsrehen« Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat den Regierungsbauführern dea Hochbaufaches Albert L a n g e und Johannes K r ü g e r ,
dem Regierungsbauführer des Wasser- und Straßenbaufaches Ludwig
B o s c h , dem Regierungsbauführer des Eisenbahn- und Straßenbaufaches Friedrich v o m B a u r und dem Regierungsbauführer des Älaschinenbaufaches Walter M a ß r o a n n , die im Jahre 1914 die Diplomprüfung' mit Auszeichnung bestanden haben, Prämien von je 900 Mark
zur Ausführung von Studienreisen bewilligt.
Für die Auftgestalttmg und Bepflanasnng der Kriegergräber In
Polen hat sich ein Ausschuß von Künstlern und Fachleuten für
Friedhofpflege gebildet, der die Kriegerfriedhofe und Einzelgrabstatten
Gefallener auf den Schlachtfeldern in Polen besichtigen und über diese
Grabstätten weiter beraten soll. Der Ausschuß ist nach gesonderten
Bezirken in drei Gruppen gegliedert, deneh angehören; I. Gruppe.
Prof. P o e l z i g , Direktor der Königl. Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau, Prof. Rieh. E n g e l m a n n , Bildhauer in Weimar,
Königl. Gartenbaudirektor Job.. E r b e in Breslau und Baumschulenbesitzer D e p k e n in Oberneuland, Bez. Bremen; — II. Gruppe, Prof.
Bruno P a u l , Architekt in Berlin, Prof. Ludwig M a n z e l , Senatspräsideut der Akademie der Künste in Charlottenburg, Friedhofdirektor H a n n i g in Stettin und Baum schulen besitze r H u t h in Halle
a. d. Saale; — III. Gruppe. Prof. Ulfert J a i u s e n , Bildhauer in Stuttgart; Prof. L a h r s , Architekt in Königsberg i. Pr., Königl. Gartenbaudirektor D a n n e n b e r g in Breslau und Baumschulenbesitzer S i e v e r s .
Das Oderhochwasser und die sonstigen Wasserst&ndsrerh&ltntsse
NorddeutgehlandB fin Oktober 1015. ( N a c h d e n a m t l i c h e n N a c h -
richten der Landesanstalt für Gewässerkunde.) Die Oder
hatte im Oktober abermals Hochwasser, und zwar ein recht bedeutendes. Abweichend von denen der vorhergegangenen Monate,
gelangte es erst an der mittleren Oder zur vollen Entwicklung. So
war es z. B. bei Krappitz noch um 1,8 m niedriger als das große
Hochwasser vom Juli 1903. Von Neißemundting bis Breslau waren
Zentralblatt der Bauverwaltung.
632
W a s s e r s t ä n d e im Oktober 191.
Gewässer
Pegelstelle
Oktober 1915
NW
Memel
Pregel
"Weichsel
Oder
Wartlie
Netze
Elbe
„
Saale
Havel
Spree
Weser
Aller
Erna
Rhein
Neckar
Main
Mosel
MW
HW
MW Jahresmittel96/10
Oktofc.
M/10 MNW MW MHW
Tilsit
öS
80 140
67
88 248 603
Insterburg1)
^ 4 3 —33 —26 —19 -^47
36 357
Thorn
70
99 164
62 —9 131 452
143 335 653 147
74 178 595
Ratibor
Frankfurt
1G8 340 502 127
63 165 381
71
Landsberg
3
44
14 —27 67 244
Vordamm
—18 —4
IG
6 -27
32 138
106 300 486 126
Barby
32 180 457
110 282 430 145
Wittenberge
60 193 441
Trotha U. P.
130 172 220 183 124 217 507
61
18
Rathenow U. P.
40
65
16 101 163
203 224 248 238 203 263 35G
KeradorfU.P.
180 186 194 218 166 267 569
Minden
184 200 218 252 191 299 482
Westen
—133 -119 —98 - 5 6 -128 —21 235
Lingen
MaximU.-Au
319 371 422 387 278 420 674
120 160 191 189
Kaub
96 232 503
Köln
87 128 165 196
78 259 620
21
63
Heilbronn
36
64
17
9G 418
101 110 120 128
Hanau
94 159 400
7
50
97 435
Trier
19
66 —1
die Unterschiede gegen 1903 zwar erheblich kleiner. Hierbei ist aber
zu berücksichtigen, daß das Hochwasser von 1903 an der Strecke
Neißeinündvuig — Ohlau durch Deichbrüche sehr erheblich gesenkt
worden ist und in dem großen Überschwemmungsgebiet zwischen
Ohlau und Breslau alle Hochwasser stark abflachen, weshalb sie an
Pegelhöhe dort weit weniger voneinander abweichen als an Strecken
mit geschlossenem Hocliwasserbett Im Breslauer Unterwasser, wo
die Flutwellen regelmäßig eine steilere Form wiedererlangen: betrug
das Maß, um welches das Hochwasser vom Oktober 1915 gegen das
vom Juli 1903 zurückblieb, von neuem Über 1 m. Von hier ab
näherte sich das Hochwasser bei seinem Fortschreiten aber immer
mehr der Höhe dessen von 1903, So betrug der Unterschied bei
Dyherniürth nur noch 74 cm, bei Steinalt 37 cm, bei Glogau 13 cm, bei
Krassen 1 cm. An der folgenden Btrecke stieg daa Hochwasser sogar über d a s von 1903, u n d zwar bei F r a n k f u r t
um 27 cm, womit es d o r t das höchste Hochwasser seit dem
von 1854 bildete. Weiter unterhalb nahm das Hochwasser im
Vergleich zu dem von 1903 an Höhe wieder etwas ab. So war es bei
Küstrin und Kienitz nur noch 10 und 9 cm höher, bei Hohensaathen
aber (i cm niedriger ala das von 1903» Die Abnahme an der Warthemündung erklärt sich dadurch, daß die Wartlie diesmal nur Mittelwasser hatte, während sie das Oder hoch wasser von 1903 durch
eigenes großes Hochwasser verstärkte. Die weitere Abnahme ist wohl
dem Ausbau des Stromes zu danken.
Das Hochwasser vom Oktober 1915 bestand an der oberen Oder
aus zwei Anschwellungen, zwischen deren Scheiteln bei Ratibor sieben
Tage lagen. Auf die Vorderseite der von Katibor kommenden "Welle
stieß in beiden Fällen eine Welle der Hotzenplotz %md eine solche
der Glatzer Neiße. Die Wetterführung dea Wellenscheitels fiel bei
der ersten Wellengruppe hauptsächlich der Ratiborer Welle au, bei
der zweiten der Neißewelle,1) Der zweit« Buheitel trat infolgedessen bei
Neißemundung einen Tag früher und bei Breslau nur wenige Stunden
spater ein als bei Krappitz. Die Zeit zwischen seinem Eintreten hei
Ilatibor und bei Breslau verkürzte sich hierdurch auf weniger als
zwei Tage, während sie beim ersten ziemlich drei Tage betrug. Beim
weiteren Fortschreiten des Hochwassers verbanden sich beide Flutwellen allmählich zu einer einzigen, deren Scheitel von der aweiten
Welle gebildet wurde, die von Hause aus die höhere war.
Durch die lange Dauer des Hochwassers hat das Monatsmtttel
dfcr Wasserstande an der Oder eine außerordentlich hohe Lage
erlangt. Dem Verhalten der Oder nähert sich das der Elbe, die
gleichzeitig mit der Oder ein Hochwasser hatte, das ebenfalls über
Mittelhochwasser hinausging und, ursprünglich aus zwei Anschwellungen bestehend, ziemlich lange dauerte.
') Bei Insterburg enthalten die letzten vier Spalten Mittelwerte
aus den Abflußjahren 1908/14.
3
) Wenn jeder von zwei zusammenfließenden Wasserläufen eine
Flutwelle sendet, so tritt der Flutscheitel am Vereinigungspunkt
zwischen den Zeiten ein, zu denen die Einzelscheitel eintreffen,
nämlich dann, wenn die zuerst angelangte Flutwelle um die gleiche
Abflußmenge abnimmt, um welche die zweite noch zunimmt. (Jahrb.
f. d. Gewässerkunde Norddeutschlands, 1. Bd., Nr. C, S. 28.)
27. Nmiobef 1*15.
Auch an der Weichsel und Warthe liegt das diesmalige Oktober
mittel über dem der Jahre 1896/1910, freilich nur um kleine Betrage,
an den übrigen Flüssen unter jenem. An der Memel und der Weser
hat das seit Juni bestehende Niedrigwasser auch den Oktober hindurch fortgedauert. Durch Zuschüsse aus dem Waldecker Staubecken
hat jedoch ein zu tiefes Abfallen der Weserwasserstäride verhindert
werden können.
Berlin.
Karl Fischer.
G. L. Möckel f. Am 26. Oktober d. J. verstarb in Doberan der
Geheime Hofbaurat G. Ludwig Möckel, 78 Jahre alt, einer der letzten
Vertreter der neugotischen Baukunst hannoverscher Schule, der dieser
Kunstrichtung bis ans Ende treu geblieben ist, ihren Grundsätzen
selbst in den einzelnen seiner Werke, die aus irgendwelchen Rücksichten an andere Stilrichtungen anzuklingen suchten.
In Zwickau geboren, genoß Möckel seine erste berufliche Ausbildung in seinem Heimatlande, studierte dann in Hannover und
wurde dort ein Schüler des Altmeisters der Neugotik, Konrad
Wilhelm Hase. Seine praktische Ausbildung als Bauführer erhielt
er beim Bau der Irrenheilanstalt Göttingen, hier gewann er in
Emmi Schlegel die Lebensgefährtin, die das innere Glück seines
Lebens vollendete und festigte. Mit dem eigenen Hausstände begründete er die eigene Berufsstellung, indem er sioh als Privatarchitekt in Dresden niederließ und sich, wie es der in Hannover
liebgewonnenen Kunstrichtung entsprechend erscheint, vornehmlich
dem Kirchenbau zuwandte. Unter einer größeren Zahl von Kirchenbauten jener Zeit ragt, die Johanneskirche in Dresden als bedeutendstes
Werk hervor. Von Dresden aus stellte Möckel die „Heiligen-Blutskapelle" — in Wirklichkeit wahrscheinlich daa frühere Beinhaus —
der Doberaner Kirche wieder her. Hieran anschließend wurde er im
Jahre 1883 vom Großherzog Friedrich Franz III. berufen, die Kirche
in Doberan, das köstlichste Werk gotischer Kunst in Mecklenburg,
instandzusetzen und bei Ernennung zum Baurat veranlaßt, seinen
Wohnsitz nach Doberan zu verlegen, was im Frühjahr 1885 geschah.
Möckel wurde dann die bauliche Aufsicht über eine Reihe weiterer
denkwürdiger Kirchen im Nordosten des Landes übertragen, nach dem
Tode Krügers wurde ihm 1886 dessen Amt anvertraut und er zum
technischen Beirat der damaligen Kammer (jetzt Finanzministerium, Abteilung für Domänen und Forsten) in Kirchen bauangelegenheiten er
nannt. Von der hierdurch bedingten Verlegung seines Wohnsitzes an
den Sitz der Landesregierung, nach Schwerin, wurde Möckel auf seinen
Wunsch befreit. Er wollte sich nicht durch eine förmliche Einreihung in den Beamtenkörper seine persönliche künstlerische Freiheit
beeinträchtigen lassen und fand dafür an zuständiger Stelle Verständnis. So ging denn neben seiner amtlichen Tätigkeit eine umfangreiche Ausübung des Berufs eines Privatarchitekten her, der die
wichtigsten seiner Lebenswerke ihre Entstehung verdanken, unter
denen als hauptsächlichste das Großherzogliche Jagdschloß Gelbensande, Schloß Preyl bei Königsberg, die evangelische Kirche in Smyrnö,
Samariterkirche in Berlin, die Blindenanstalt in Königswusterhausen
und als künstlerisch bedeutendstes Werk das Ständehaus in Rostock
genannt seien; in amtlicher Eigenschaft baute er das Gymnasium in
Doberan mit Direktorhaus sowie eine größere Zahl von Dorfkirchen
im Lande, auch die reizvoll im oder am Walde belogenen beiden
Kapellen in Heiligendamm sind seine Werke. Wie bereits gesagt,
blieb Möckel der Kunstrichtung, der er sioh einmal zugewandt hatte
und die ganz seinem inneren Weaen entsprach, bis an sein Ende
treu. Diese Richtung, die Neugotik, steht zur Zeit nicht recht in
Ansehen. Dies mag als berechtigt anerkannt werden, soweit ihre
Einwirkung auf die Wiederherstellung mittelalterlicher Denkmäler in
Betracht gezogen wird. Unter den Neuschöpfungen dieses Stils aber
gibt es eine Reihe, über die die Kunstgeschichte einst anders urteilen
wird als. der heutige Zeitgeschmack, wenn erst die Zeit gekommen
sein wird, wo man von geschichtlicher Warte aus die Kunst der
zweiten H&lfte dea neunzehnten Jahrhunderts sichten wird. Dann
werden auch Möckels Werke als au den besten gehörig, die diese
Kunstrichtung geschaffen hat, erkannt werden. An äußeren Ehren
hat es Möckel nicht gefehlt, am 19. März 1897 wurde er zum Geheimen Baurat, 1900 zum Geheimen Hof baurat ernannt, 1897 erhielt
er die mecklenburgische Goldene Medaille fflr Kunst- und "Wissenschaft und bald darauf das Ritterkreuz des Greifen-Ordens, I9OI
wurde ihm der Rote Adlef-Orden III. Klasse und kurz vor seinem am
1. Oktober d. J erfolgten Rücktritt aus dem Dienste das Komturkreuz des Haus-Ordens der wendischen Krone verliehen.
Mehr als in diesen Auszeichnungen fand Möckel seine Befriedigung
in seinem künstlerischen Schaffen und in einer harmomscüen Häuslichkeit, in einem reinen FamiliengUlck, dem er in seinem Wohnhause in
Doberan eine echt künstlerische Stätte geschaffen hatte. Mit ernstem
kirchlichen, beruflichen und künstlerischen Sinn verstand Möckel ein
liebenswürdiges, geselliges Wesen zu verbinden, in dem sein Binji für
feinen, edleren Humor ihn angenehm unterstützte.
Schwerin.
Pries.
Verlag Ton Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin.— Für den nichtamtlichen Teil verantwortlich: Fr.Seflulfcjse, Berlin.— Druck dar BttohdrnökeretOebrader E*n«t, Berlin.
Nr. 95.