Dr. Rico Badenschier (SPD) - Unabhängige Bürger Schwerin

Silvio Horn (UB)
Dr. Rico Badenschier (SPD)
Cécile Bonnet-Weidhofer (FDP)
Mitglied der Stadtvertretung
der Landeshauptstadt Schwerin
Mitglied der Stadtvertretung
der Landeshauptstadt Schwerin
Mitglied der Stadtvertretung
der Landeshauptstadt Schwerin
c/o Fraktion Unabhängige Bürger - Am Packhof 2-6 - 19053 Schwerin
An die Leiterinnen der Einrichtungen
der Kita gGmbH Schwerin
durch Frau Anke Bruns-Kokles
per Email: [email protected]
nachrichtlich: Elternvertretungen
Schwerin, 9. März 2016
Sehr geehrte Kita-Leiterinnen,
uns hat als Stadtvertreter ein Schreiben von Ihnen vom 24.2.2016 erreicht, mit dem Sie Sorge und
Unverständnis darüber zum Ausdruck bringen, dass der Ruf des Unternehmens in den Medien durch
einen Einzelfall in Frage gestellt wird. Sie befürchten darüber hinaus eine Kompetenzbeschneidung,
wenn einem Antrag in der Stadtvertretung entsprochen wird, dass künftig Kündigungen von Betreuungsverhältnissen nur noch aus wichtigem Grund erfolgen dürfen.
Zunächst seien sie versichert, dass wir Ihre und die Arbeit Ihrer Kolleginnen und Kollegen wertschätzen. Unbeschadet davon gibt es vorliegend jedoch ein ernsthaftes Problem, das einer Lösung losgelöst
vom Einzelfall bedarf. Hierbei sind nicht nur allgemein die rechtlichen Grundlagen zu beachten, die in
dem in Rede stehenden Einzelfall einer Prüfung unterzogen wurden. Es ist auch Augenmaß in Bezug
auf das Wohl der von Ihnen betreuten Kinder erforderlich. Grundsätzlich sollten wir gemeinsam auch
dafür Sorge tragen, den guten Ruf der Kita gGmbH nicht dadurch zu beschädigen, dass Andersdenkende und Diejenigen ausgegrenzt werden, die von ihrem Recht Gebrauch machen, sich rechtliches
Gehör zu verschaffen. Dass Sie sich vorliegend mit Ihrer Geschäftsführerin solidarisieren, ehrt Sie,
gleichwohl stehen Sie als angestellte Beschäftigte natürlich in einem Abhängigkeitsverhältnis. Wir als
Stadtvertreter müssen die Interessen beider Seiten - also die der Kita gGmbH als Unternehmen und die
der Eltern und Kinder - im Blick haben und tun das nach objektiven Kriterien.
Wie bereits in der Sitzung der Stadtvertretung am 29.2.2016, bei der einige von Ihnen anwesend waren, ausgeführt wurde, hat das Landgericht in dem Ihnen bekannten Einzelfall drei wesentliche Feststellungen getroffen:
1. Der Betreuungsvertrag wurde nicht - wie von der Kita gGmbH beabsichtigt - durch eine außerordentliche Kündigung beendet. Grund dafür ist, dass keine vertragliche Pflichtverletzung der Eltern
vorlag.
2. Sowohl Änderungen der vertraglichen Leistungspflichten als auch Änderungen von Allgemeinen
Vertragsbedingungen bedürfen einer Vereinbarung zwischen den Parteien. Eine einseitige Erklärung der Kita gGmbH genügt dafür nicht.
3. Der Betreuungsvertrag zwischen den Parteien ist aber durch ordentliche Kündigung wirksam zum
29.2.2016 beendet worden.
Fest steht damit erstens, dass der von der Kita gGmbH gewählte Weg, durch einseitige AGBÄnderungen eine Vorgabe nach dem KiföG M-V (Integration der Versorgung in das Betreuungsange-
Seite 2 des Schreibens vom 10. März 2016
bot) umzusetzen, rechtlich nicht zulässig war. Genau dagegen haben sich die Eltern des betroffenen
4jährigen Mädchens aber gewandt und mehrfach um Klärung bei der Geschäftsführung und bei der
Oberbürgermeisterin gebeten, bevor es zu der rechtswidrigen und das Kindeswohl gefährdenden Einstellung der Essensversorgung (vgl. hierzu eMail des Kommunalen Sozialverbandes vom 18.12.2016)
durch die Kita kam. Wir gehen davon aus, dass dies nicht allein die Entscheidung der Kita-Leitung vor
Ort war, sondern eine mit der Geschäftsführung abgestimmte.
Rechtlich verhält es sich also zusammengefasst so, dass alle Betreuungsverträge der Kita gGmbH
durch die Einführung von § 10 Abs. 1a KiföG M-V zum 1.1.2015 nicht unwirksam geworden sind,
sondern Bestand hatten. Auch die AGB-Änderung dafür war nicht der richtige Weg. Es hätten vielmehr Änderungsvereinbarungen mit allen Vertragsparteien abgeschlossen werden müssen. Dass nicht
alle Eltern darauf sofort oder - wie im öffentlich diskutierten Fall - anhaltend drängten, sondern nur
einzelne Eltern, kann kein Maßstab dafür sein, dass derjenige an den Pranger gestellt und letztlich mit
Kündigung bestraft wird, der sich für diesen Weg entschieden hat.
Zweitens steht auch fest, dass der Betreuungsvertrag für das 4jährige Kind wirksam gekündigt werden
konnte, weil es dafür weder nach dem KiföG M-V noch nach unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen rechtliche Hinderungsgründe gab. Es reicht die schriftliche Erklärung, die Frist nach § 10 der
Betreuungsverträge von 8 Wochen zum Monatsende beginnt zu laufen – schließlich muss das Kind die
Einrichtung verlassen. Nun könnte man einwenden, dass es doch ein Angebot der Kita gGmbH zur
Fortsetzung des Vertrages gab, das von den Eltern nicht angenommen wurde. Ja, das stimmt. Dazu
muss man aber zwei Dinge erklären: Einerseits hätte es dieses Angebotes gar nicht bedurft, wenn für
die Kündigung ein wichtiger Grund hätte vorliegen müssen - dann wäre es nämlich zu keiner Kündigung gekommen. Und andererseits verhält es sich so, dass die Geschäftsführerin der Kita gGmbH
noch vor Beginn der vom Hauptausschuss gegen die einzige Nein-Stimme (Oberbürgermeisterin
Gramkow) angeordneten Schlichtungsverhandlung beim Kommunalen Sozialverband die Erklärung
des Kollegiums der betroffenen Einrichtung abgegeben und in der Verhandlung erneut vorgetragen
hat, wonach von einer Fortführung des Vertrages - und damit von der von allen Fraktionen gewollten
Weiterbetreuung des Mädchens - „Abstand genommen wird“. Dass die Eltern sich vor diesem Hintergrund gegen eine Weiterbetreuung entschieden haben, weil ihr Kind nicht willkommen ist, verwundert
uns jedenfalls nicht.
Unter dem Strich bleibt hier die Kündigung eines Betreuungsverhältnisses stehen, die die unbequemen
Eltern treffen sollte, die aber allein das Kind ausbaden muss.
Dies ist in unseren Augen nicht hinnehmbar, denn dieses Vorgehen sendet das Signal an die Schweriner Familien: Wer das Handeln der Geschäftsführung der Kita gGmbH hinterfragt, riskiert seinen Betreuungsplatz. Das wollen wir in Zukunft ausschließen.
Dass es anders geht, zeigt das Hamburger Kinderbetreuungsgesetz, wonach eine Kündigung des Vertrags durch den Träger der Tageseinrichtung nur aus wichtigem Grund zulässig ist (§ 22 Abs. 2 KibeG). Unter dieser Maßgabe hätte es vorliegend zu keiner wirksamen Kündigung des Vertrages für
das Kind geführt. Daher wollen wir eine vergleichbare Regelung auch für die städtischen Kindertageseinrichtungen in Schwerin.
Sofern Ihrerseits Gesprächsbedarf besteht, sind wir gern dazu bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Silvio Horn (UB)
Dr. Rico Badenschier (SPD)
Cécile Bonnet-Weidhofer (FDP)