Unternehmensapps Mobile Alleskönner Apps sind die Heinzelmännchen der Digitalisierung. Längst verändern sie den Arbeitsalltag – auch in Nord-Westfalen. S chöne neue Welt: klicken, scannen, fertig. Vorbei sind die Zeiten, in der bioladen-Händler Kataloge wälzten, Produktnummern aufschrieben und Faxe verschickten. Mit der EasyOrder-App hat die Weiling GmbH aus Coesfeld, ein Lebensmittelgroßhändler, den Warenbestellprozess beschleunigt und nebenbei das Informationsmanagement verbessert. Alles, was es dafür braucht: ein mobiles Endgerät und eine App. Und davon gibt es in Deutschland immer mehr. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2014 sind insgesamt 55,6 Millionen Erwachsene in Deutschland online. Knapp jeder zweite davon nutzt Apps. Mobil mit Strategie Mit der Einführung von EasyOrder bestätigt Weiling die Entwicklung. Für Hanjörg Bahmann, Weiling-Pressesprecher, ist die bioladen-App die logische Konsequenz aus einem fortschreitenden Digi- talisierungsprozess: „Auch in unserem Unternehmen sind Außendienst oder Fuhrpark ohne mobile EDV nicht mehr denkbar.“ Seit etwa einem Jahr bietet auch die Ernsting’s family GmbH & Co. KG mit Sitz in Coesfeld-Lette eine App an. Sie informiert über Angebote, versendet PushNachrichten über Rabattaktionen und wirbt noch während des Shoppingtrips für Angebote in der nächstgelegenen Ernsting’s-Filiale. Über 50 000 Mal wurde sie bisher heruntergeladen. „Unsere Kunden erwarten in einer Welt des Multibeziehungsweise Omni-Channel-Prinzips die freie Wahl“, erklärt Stephanie Wölfel, Leiterin des Bereichs E-Commerce. Man müsse ihnen eine Chance geben, mit verschiedenen Medien auf das Angebot des Unternehmens zuzugreifen. Mobilen Zugriff auf Produkte und Dienstleistungen eröffnen auch die Stadtwerke Münster GmbH. „Für uns sind Apps ein wichtiges Thema, um unse- ,ĞƌŝďĞƌƚ ^ŽŚůŵĂŶŶ 'ŵď, ƵǀĞƌůćƐƐŝŐŬĞŝƚ ƵŶĚ <ŽŵƉĞƚĞŶnj ĂŶ ĚĞƌ ŵƐ͊ tĞƌŬnjĞƵŐĞ DĂƐĐŚŝŶĞŶ ƌďĞŝƚƐƐĐŚƵƚnj /ŶĚƵƐƚƌŝĞďĞĚĂƌĨ ĞƚƌŝĞďƐĞŝŶƌŝĐŚƚƵŶŐ ĞĨĞƐƟŐƵŶŐƐƚĞĐŚŶŝŬ ͲdĞŝůĞͲDĂŶĂŐĞŵĞŶƚ ǁǁǁ͘ƐŽŚůŵĂŶŶ͘ĚĞ 40 wirtschaftsspiegel 10 · 2015 ͙ ƐĞŝƚ ϭϵϰϱ͊ ŝƐĞŶďĂŚŶƐƚƌĂƘĞ Ϯ ͼ ϰϴϮϴϮ ŵƐĚĞƩĞŶ dĞů͘ ϬϮϱϳϮͬϵϴϳϳͲϬ ͼ ŝŶĨŽΛƐŽŚůŵĂŶŶ͘ĚĞ &ŝůŝĂůĞ͗ ,ƂƌƐƚĞůͲZŝĞƐĞŶďĞĐŬ dĞů͘ ϬϱϰϱϰͬϵϲϬϬϳ ͼ ŝŶĨŽΛƐŽŚůŵĂŶŶ͘ĚĞ IHK-APPS FÜR ANDROID UND IOS 왘 Mit der neuen IHK Nord WestfalenApp kann man IHK-Publikationen lesen und sich zu Veranstaltungen anmelden: bit.ly/1J7BoIx (Android), apple.co/1NrFiC8 (iOS) 왘 Die Azubi-Speed-Dating-App informiert über Termine und Bewerbungstipps: bit.ly/1Oazq1P (Android), apple.co/1ib090J (iOS) 왘 Mit der IHK-Lehrstellenbörse sucht man Lehrstellen: bit.ly/1GuryW6 (Android), apple.co/1M6E9hP (iOS) re Dienstleistungen und Produkte einfacher zugänglich zu machen“, so Dr. Henning Müller-Tengelmann, kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtwerke Münster. Müller-Tengelmann sieht in mobilen Anwendungen „einen echten Mehrwert“. Die Fahrplan-Münster-App zum Beispiel wurde bisher über 200 000 Mal heruntergeladen. „Damit zählt sie zu den erfolgreichsten Apps in Münster überhaupt“, so Müller-Tengelmann. Alleskönner in der Hosentasche Servicequalität steigern, Anlagen steuern oder Vertriebskanäle aufwerten – es gibt viele Wege, Apps in Geschäftsprozesse einzubinden. „Das Potenzial von mobilen Lösungen ist grenzenlos“, ist Jaron Heskamp überzeugt. Er ist technischer Vertriebs- und Projektleiter bei der opwoco GmbH in Coesfeld, die die EasyOrder-App entwickelt hat und mit den Stadtwerken Münster an einer neuen App feilt, die neben den Busfahrtzeiten unter anderem über freie Parkplätze in Münster und Müllabfuhrtermine informiert. Im Oktober soll sie erscheinen. Heskamps Erfahrung zeigt: Immer mehr Betriebe springen auf den mobilen Zug auf, machen Smartphone und Tablet zum „Alleskönner in der Hosentasche“. Auch beruflich: „Mobile Applikationen sind nicht nur ein Trend, sondern der Bestandteil einer zeitgemäßen Unternehmensstrategie“, führt er an. Apps tragen dazu bei, Geschäftsprozesse zu verbinden, sie zu vereinfachen. Heskamp weissagt der industriellen Wirtschaft mit fortschreitender Digitalisierung ein steigendes App-Bedürfnis: „Apps lassen www.ihk-nordwestfalen.de Unternehmensapps sich in allen Bereichen einsetzen, dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Dienstleistungslösung handelt oder eine App für ein produzierendes Unternehmen.“ Niko Schaten, Manager für Outer Space Software bei der Tobit Software AG in Ahaus, sieht es ähnlich. Sein Standpunkt: Jeder Betrieb braucht eine Existenz in der digitalen Welt. „Einfach, weil die Menschen den Komfort zu schätzen wissen“, sagt er. Doch App ist nicht gleich App. Eine gute erleichtert das Leben. Eine schlechte wird deinstalliert. „App und Website müssen dem Kunden Zugang zum Unternehmen geben“, so Schaten. Kurz gesagt: Über eine App müssen Nutzer das machen können, was sie vom Unternehmen wollen – sei es über eine Golfplatz-App Slots reservieren oder über eine Heizungs-App die Wohnung aufwärmen. Rosige Zukunft für Apps Um Kunden die Möglichkeit zu geben, Kosten und Aufwand zu sparen, bieten opwoco und Tobit Software Programme zur App-Erstellung an. appTITAN heißt das Konfigurationstool von opwoco. Es läuft online und wirbt damit, dass man sich mit ihr ohne Programmierkenntnisse in wenigen Minuten eine eigene App erstellen kann. Die Tobit Software AG wiederum hat Chayns im Portfolio. Mit der Software basteln Kunden aus ihrer Facebookseite eine App. „Der Grund, warum wir diesen Weg gewählt haben, ist kein technischer, sondern ein organisatorischer. Auf diese Weise ist dafür gesorgt, dass keine tote App in die Stores kommt, sondern eine, die permanent mit neuen Inhalten versorgt wird“, so Schaten. Wer keine Facebookseite hat, weil er nicht weiß, was er veröffentlichen soll, braucht auch keine App, so sein Credo. Der Tobit-Manager prophezeit den neuen Technologien eine rosige Zukunft: „Sie werden Schlüssel und Geldbörsen ersetzen, Ausweise und Tickets. Das Smartphone wird zur Fernbedienung für alles.“ Wie das im echten Leben funktioniert, können Besucher im StattHotel auf dem Tobit-Campus in Ahaus testen. Dort gibt es keine Schlüssel und die TV-Fernbedienung sucht man vergebens; ebenso www.ihk-nordwestfalen.de Lichtschalter oder Regler für die Klimaanlage. Alles wird per App gesteuert. „Das StattHotel ist die Referenz für das, was wir als smartel-Konzept bezeichnen. Es ist die Referenz für ein Hotel mit einem digitalen Kern“, so Schaten. Der digitale Kern ist das, worauf es ankommt, findet auch Martin Cygan, Geschäftsführer der AppXperten UG aus Gelsenkirchen: „Alles, was heute an den Markt kommt, muss schlichtweg mobil zu erreichen sein.“ Die Agentur hat in den vergangenen drei Jahren 15 Apps umgesetzt. Die meisten davon im B2BBereich. Für Cygan ist der Ansatz „Mobile First“ oberste Prämisse. Damit meint er vor allem die organisatorischen Konzepte hinter einer App: Eine App muss sich den Bedürfnissen der Nutzer anpassen. Eine App, die niemand braucht, wird auch niemand installieren. Bedürfnisse im Blick Das ist auch die Prämisse, nach der die Rudolf Ostermann GmbH in Bocholt die Ostermann-Bestell-App entwickelt hat. Sie bringt das Sortiment des KantenGroßhändlers auf mobile Endgeräte und vereinfacht den Bestellprozess. „Zahlreiche Kunden suchen am Montageort nach fehlenden Produkten und finden damit die passende Lösung“, erklärt die geschäftsführende Gesellschafterin Dagmar Daxenberger. Seit der Einführung im Jahr 2013 haben knapp ein Viertel aller deutschen Schreiner die App installiert. Das ist für eine ausschließlich gewerblich genutzte App ein Erfolg. Angst vor neuen Technologien gibt es beim Bocholter Unternehmen nicht. „Pioniergeist ist einer der wichtigsten Werte unserer Philosophie“, erklärt Daxenberger die Entscheidung für die App. First Mover-Vorteile, wie der frühe Entschluss zur Ein- Die neue App der IHK Nord Westfalen bietet Infos zu Veranstaltungen sowie mobile Ausgaben des Wirtschaftsspiegels und anderer IHK-Publikationen. Grafik: Oliver Hartmann führung einer App, seien der Schlüssel zum Erfolg und ein Wachstumsbeitrag. Die Zukunft des Internets ist mobil. Die der Apps aber wird davon abhängen, wie sich Hardware- und Softwarekomponenten weiterentwickeln und wie sich das auf mobile Anwendungen auswirken wird. Weil es keine Blaupause gibt, muss jedes Unternehmen für sich selbst herausfinden, ob ihre Kunden mobile Anwendungen brauchen und wie sie diese neuen Technologien für sich nutzen MAREIKE WELLMANN möchten. IHK NORD WESTFALEN-APP wirtschaftsspiegel 10 · 2015 41
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