Lehrbrief Athletik Schnelligkeit

Athletik-Training Course Schnelligkeit
SPORTLEREI AKADEMIE
Methodik Athletik-Training Schnelligkeit
Lehrbrief 2 des Fernlehrgangs zur Athletik Training A-Lizenz
Autoren:
Matthias Papke
Florian Münch
Benedikt Menges
Impressum:
SPORTLEREI AKADEMIE
Kistlerhofstr. 70, Gebäude 160
81379 München
Tel: 089 / 72 630 740
Fax: 089 / 72 634 068
Net: www.sportlerei-akademie.de
E-Mail: [email protected]
Copyright © SPORTLEREI AKADEMIE 2016
Alle Rechte vorbehalten
Hinweis:
Um die Lesbarkeit des Textes zu vereinfachen, wurde auf das gemeinsame Verwenden
männlicher und weiblicher Bezeichnungen verzichtet. Wir danken allen Leserinnen für ihr
Verständnis.
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Bearbeitung des Lehrbriefes
So gehen Sie vor:

Zunächst lesen Sie bitte das gesamte Kapitel durch!

Bearbeiten Sie dann die einzelnen Abschnitte des Kapitels!

Lesen Sie sie aufmerksam durch und versuchen Sie dabei, die Sachverhalte der einzelnen
Abschnitte zu erfassen und auf bereits vorhandenes Wissen oder Erfahrungen aus der Praxis
zu beziehen (die wichtigsten Informationen werden am Ende des Kapitels
zusammengefasst)!

Nutzen Sie im Zweifel auch andere Nachschlagewerke (z.B. Bücher oder das Internet)!

Mit den Aufgaben am Ende des Kapitels können Sie überprüfen, ob Sie das Kapitel
verstanden haben und in der Lage sind, das erarbeitete Wissen wiederzugeben. Die
Lösungen finden Sie im Anhang.

Fachwörter und fremdartige Begriffe sind unterstrichen und im angehängten Glossar erklärt.

Verweise auf bereits behandelte Themen und Inhalte sind mit Q (für Querverweis
gekennzeichnet)

Zu den Übungen sind keine Lösungen angegeben, da zumeist individuelle Antworten
gefordert sind und die Übungen zur Vertiefung des Lernstoffes in den Praxisseminaren
gemeinsam bearbeitet werden.
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Lernziele dieses Lehrbriefes
Mit Durcharbeiten dieses Lehrbriefes sollen Sie…
 Den Begriff Athletiktraining inhaltlich verstanden haben.
 Verstanden haben, dass zur Planung eines sportartspezifischen Athletiktrainings eine fundierte
Sportartenanalyse von entscheidender Wichtigkeit ist.
 Eine Analyse spezieller, sportartspezifischer Anforderungen in Bezug auf Bewegungsmuster
verschiedener Sportarten kennengelernt haben.
 Die Notwendigkeit von Schnelligkeits-, Agilitäts- und Stabilitätstraining im Athletiktraining
erkannt haben und die Grundlagen und Inhalte dieser Bereiche kennengelernt und verstanden
haben.
 Das nötige Wissen besitzen um unter Zuhilfenahme der in diesem Skript enthaltenen
Analysemittel eine fundierte Sportartenanalyse durchzuführen.
 Den Aufbau einer Trainingseinheit im Bereich des speziellen Athletiktrainings kennen und
verschiedene Trainingsprogramme kennengelernt haben.
 Die Planung eines Schnelligkeitstrainings kennengelernt haben.
 Die Prinzipien des Sprungkrafttrainings kennengelernt haben.
 Alternative Aufwärmmethoden kennengelernt haben.
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Inhalt
1
Einleitung ................................................................................................................................................. 7
2
Die Sportartenanalyse .............................................................................................................................. 8
2.1
Grundlagen der Beobachtung ............................................................................................................... 11
2.1.1
Grundbewegungsmuster ............................................................................................................... 12
2.2
Die Gemeinsamkeiten verschiedener Sportarten als Basis des Trainings ............................................. 15
2.3
Die Analyse sportartspezifischer Bewegungsmuster ............................................................................ 17
2.3.1
Was ist eigentlich sportartspezifisch? ........................................................................................... 18
2.3.2
Videoanalyse als Beobachtungshilfe ............................................................................................. 19
2.3.3
Beispiel Videoanalyse .................................................................................................................... 20
2.4
Leistungsbestimmende Faktoren verschiedener Sportarten ................................................................ 21
2.4.1
Körperliche Voraussetzung (Ist- und Sollzustand) ......................................................................... 24
2.4.2
3
Kompensationsmöglichkeiten des Athleten (Größe vs. Kraft etc.) ............................................... 26
2.5
Zusammenfassung von Kapitel 2 ........................................................................................................... 27
2.6
Lernkontrollfragen zu Kapitel 2 ............................................................................................................. 28
Schnelligkeit ........................................................................................................................................... 29
3.1
Leistungslimitierende Faktoren für Schnelligkeit .................................................................................. 30
3.1.1
Schnelligkeit in Abhängigkeit vom funktionierenden Bewegungsapparat .................................... 31
4
3.2
Die Arbeit der oberen Extremität und des Rumpfes bei der Beschleunigung ...................................... 36
3.3
Die Arbeit der Beine beim Beschleunigen ............................................................................................. 37
3.4
Der „Core“ als wichtiger Faktor für Schnelligkeit .................................................................................. 40
3.5
Nur kontrollierte Geschwindigkeit macht Sinn ..................................................................................... 41
3.6
Zusammenfassung von Kapitel 3 ........................................................................................................... 41
3.7
Lernkontrollfragen zu Kapitel 3 ............................................................................................................. 43
Sprungkrafttraining ................................................................................................................................ 44
4.1
Leistungslimitierende Faktoren für Sprünge ......................................................................................... 46
4.1.1
Dysbalancen .................................................................................................................................. 46
4.1.2
Technik .......................................................................................................................................... 48
4.1.3
Beweglichkeit ................................................................................................................................ 49
4.2
Die Arbeit der oberen Extremität als Sprungbeschleuniger.................................................................. 49
4.3
Die Arbeit der Beine als Triebwerk für Sprungbewegungen ................................................................. 50
4.4
Plyometrisches Training zur Steigerung der Sprungkraft ...................................................................... 50
4.5
Zusammenfassung von Kapitel 4 ........................................................................................................... 52
4.6
Lernkontrollfragen zu Kapitel 4 ............................................................................................................. 52
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5
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Reaktionsschnelligkeit und Agilität in der Bewegung ............................................................................. 53
5.1
Die Notwendigkeit von Agilität ............................................................................................................. 54
5.1.1
Die Entwicklung der Agilität im Leistungssport ............................................................................. 55
5.1.2
6
Richtungswechsel .......................................................................................................................... 55
5.2
Steigerung der Agilität als leistungssteigernder Faktor ........................................................................ 56
5.3
Die Reaktionsschnelligkeit als Leistungsparameter .............................................................................. 57
5.4
Zusammenfassung von Kapitel 5 ........................................................................................................... 58
5.5
Lernkontrollfragen zu Kapitel 5 ............................................................................................................. 59
Trainingsplanung Schnelligkeit & Sprungkraft ........................................................................................ 60
6.1
Trainingsmethoden & Steuerungshinweise .......................................................................................... 60
6.2
Allgemeine methodische Richtlinien und Gestaltungsrichtlinien für Trainingseinheiten ..................... 62
6.2.1
Allgemeine methodische Richtlinien ............................................................................................. 63
6.2.2
6.3
Gestaltungsrichtlinien für Trainingseinheiten ............................................................................... 64
Training der Tempohärte ...................................................................................................................... 65
6.4
Trainingsmethoden zur Reaktionsschnelligkeit .................................................................................... 66
6.4.1
Schulung und Training elementarer Bewegungsprogramme........................................................ 68
6.5
Trainingsmethoden zur Sequenz- und Frequenzschnelligkeit .............................................................. 69
6.5.1
Methodisches Vorgehen zur Verbesserung der Sequenzschnelligkeit ......................................... 70
7
6.6
Sprungkrafttraining in den Spielsportarten .......................................................................................... 71
6.7
Zusammenfassung von Kapitel 6 .......................................................................................................... 76
6.8
Lernkontrollfragen zu Kapitel 6 ............................................................................................................. 77
Alternative Aufwärmmethoden .............................................................................................................. 78
7.1
Effekte des Aufwärmens ....................................................................................................................... 78
7.1.1
Joggen und Radeln sind out .......................................................................................................... 78
7.1.2
Einstimmung auf Sport .................................................................................................................. 79
7.1.3
Spaß an der Bewegung als Aufwärmkonzept ................................................................................ 79
7.2
Formen des funktionellen Aufwärmens ................................................................................................ 79
7.2.1
Movement Prep nach Mark Verstegen ......................................................................................... 80
7.3
Movement Prep Übungen ..................................................................................................................... 81
7.4
Das Lauf-ABC ......................................................................................................................................... 87
7.5
Wirkungsweise ...................................................................................................................................... 87
7.5.1
Übungen ........................................................................................................................................ 88
7.6
8
Zusammenfassung von Kapitel 7 ........................................................................................................... 91
Lösungen zu den Lernkontrollfragen ....................................................................................................... 93
8.1
Lösungen zu Kapitel 2 ............................................................................................................................ 93
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8.2
Lösungen zu Kapitel 3 ............................................................................................................................ 93
8.3
Lösungen zu Kapitel 4 ............................................................................................................................ 94
8.4
Lösungen zu Kapitel 5 ............................................................................................................................ 95
8.5
Lösungen zu Kapitel 6 ............................................................................................................................ 96
8.6
Lösungen zu Kapitel 7 ............................................................................................................................ 97
9
Glossar ................................................................................................................................................... 99
10
Tabellenverzeichnis .......................................................................................................................... 102
11
Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................................... 102
12
Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 104
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1 Einleitung
Mit diesem zweiten Lehrbrief zur Athletik Trainer Ausbildung möchten wir Ihnen eine weitere Sammlung
wichtiger Informationen und Schritte zum optimalen Coaching liefern. Es geht darum, mittels fundierter
Bewegungskenntnisse und Analysen, den Sportler bis aufs kleinste Detail bei der Ausübung seiner Sportart zu
beobachten, zu bewerten und zu fördern. Nachdem für Sie nun die Notwendigkeit der motorischen
Grundfähigkeiten wie Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer bewusst ist, beschäftigen wir uns in den folgenden
Kapiteln mit speziellen Inhalten der Bereiche Schnelligkeit, Sprungkraft und Agilität. Sie lernen ebenfalls die
Grundlage der Trainingssteuerung in diesen Anwendungsbereichen und werden hinterher in der Lage sein,
eigene Trainings zu planen und aktiv mit Athleten umzusetzen.
Als Athletiktrainer obliegt es Ihrer Verantwortung das bestmögliche Leistungsniveau mit einem Sportler zu
erreichen. Daher bedarf es vor jedem Training und der Setzung eines sportlichen Ziels immer einer fundierten
Analyse der gegebenen Grundvoraussetzungen und Fähigkeiten des Sportlers. Im Rahmen der Functional Trainer
A-Lizenz haben Sie die Möglichkeit weitere analytische Tests wie den Sichtbefund mittels Functional Movement
Screen (FMS) oder den SEBT Test kennen zu lernen. In LB 1 Q finden sie detailliertere Informationen zum Thema
FMS und SEBT. Innnerhalb der Functional-Training A Lizenz werden diese Inhalte um ein Vielfaches vertieft. In
diesem Modul setzen wir den Schwerpunkt der Diagnose auf eine fundierte Bewegungsanalyse des Sportlers
während der Ausübung seiner Sportart. Moderne Medien sollen Ihnen dabei helfen, Bewegungsausführungen
von professionellen Athleten ebenso zu analysieren wie die von Hobby und Amateursportlern.
Der analytische Vergleich von Profis und Amateuren lässt ebenfalls eine mögliche IST- und SOLLZustandsdefinition zu, die sowohl Ihnen als Trainer als auch dem Athleten hilft, seine Bewegungsmuster und fähigkeiten zu optimieren.
Auf dieser notwendigen Basis des Verständnisses von Bewegungen und komplexen Bewegungsverkettungen,
können Sie dann beginnen speziellere und sportartspezifische Trainingsinhalte einfließen zu lassen. Hierzu zählen
etwa die Steigerung der Sprintschnelligkeit, der Reaktionsfähigkeit oder der Sprungkraft.
Sobald Sie wissen welche Bewegungen oder Teilbewegungen der Athlet ausführen muss, wird es Ihnen weiterhin
möglich sein, spezielle Aufwärm- und Beweglichkeitsübungen zu finden, die perfekt zu den Belangen Ihres
Sportlers passen.
In Kombination mit Ihrem bisher bereits erlangten Wissen über Ziel- und Saisonplanung, sowie Trainingsplanung
sind Sie nun in der Lage ausgereifte, optimale Trainingspläne zu gestalten und als Betreuer zu leiten.
Beschäftigen Sie sich also eingehend mit den folgenden Kapiteln und versuchen Sie bereits während des
Durcharbeitens des Lehrbriefes, Sportler und Sportübertragungen mit anderen Augen und aus Ihrem neu
gewonnen Blickwinkel zu betrachten. Dies versetzt Sie in die Lage den perfekten Athleten zu schaffen.
Abbildung 1 Athletik (Quelle: SPORTLEREI AKADEMIE)
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2 Die Sportartenanalyse
Bevor man sich auch nur annähernd Gedanken über die Erstellung eines Trainingsprogramms macht, muss man
die Anforderungen der jeweiligen Sportart kennen.
Eine erste einfache Einstufung ist beispielsweise die Unterscheidung zwischen einer Ausdauer- oder
kraftorientierten Sportart. Weiterhin gilt es, sich Gedanken über die Komponente Schnelligkeit zu machen.
So kann man also zwischen Sprintern mit kurzzeitiger, kraftorientierter Belastung und Marathonläufern mit
langandauernden, umfangsorientierten Anforderungen differenzieren. Als kraftorientiert lassen sich
beispielsweise auch viele Kampfsportarten wie Judo oder Ringen einstufen. Wohingegen Disziplinen wie
Schwimmen oder Radfahren eher der Kategorie Ausdauersport zuzuordnen sind. Demnach lässt sich zu Beginn
sehr einfach, die Dauer der zu absolvierenden Belastung zur Kategorisierung heranziehen. Selbstverständlich
kommt es auch zu Mischformen und man muss mögliche Pausen innerhalb der Belastung mit einkalkulieren. So
besteht für den Tennisspieler zwar die Notwendigkeit ein Match über mehrere Stunden zu überstehen (was eine
gewisse Ausdauerleistungsfähigkeit voraussetzt) aber er hat die Möglichkeit, nach intensiven kraftraubenden
Teilbelastungen, immer wieder kurze Pausen zu machen. Daher dominiert auch in dieser Sportart die
Komponente Kraft in Kombination mit einem gewissen Maß an Durchhaltevermögen.
Bei den meisten Mannschaftssportarten stehen vor allem Schnelligkeit und Kraft an erster Stelle der
Anforderungen, da es in diesen Fällen möglich ist, mittels Auswechslung und durch Halbzeitpausen dem Sportler
eine Erholungsphase zu gönnen. Demnach herrscht keine klare Notwendigkeit einer Dauerbelastung vor. Aber
auch viele der gängigen Individualsportarten wie Gerätturnen, Tennis oder Tanz fallen in diese Kategorie. Wer
innerhalb dieser Sportarten erfolgreich sein will, muss extrem schnell und in der Lage sein, die Bewegungen
besonders effizient auszuführen. Auch die Bewegungsökonomie und die technische Komponente in Form von
Bewegungsqualität stehen in diesen Sportarten ganz weit oben in der Liste der Anforderungen.
Betrachtet man Sportler, die überwiegend die schnellkontrahierenden Muskelfasern (fast twitch) verwenden,
wird man schnell erkennen, dass diese Athleten eher schlechte Ausdauerwerte aufweisen, wohingegen
Langzeitausdauersportler zwar weniger schnell ermüden aber nicht in der Lage sind hohe Kraftniveaus zu
entfalten. Es ist kaum möglich, die Langzeitausdauer zu verbessern, ohne gleichzeitig Einbußen in den Bereichen
der Schnelligkeit und der Kraftfähigkeit zu erhalten, da in diesem Fall eher die langsam zuckenden Muskelfasern
(slow twitch) rekrutiert werden. Ist man sich also darüber bewusst welche Muskelfasern vom Sportler vermehrt
angesteuert und verwendet werden müssen, kann man dessen Trainingsinhalte dementsprechend anpassen.
Demnach muss zuerst die Anforderungen der Sportart entsprechend analysiert werden um anschließend optimal
trainieren zu können.
In der klassischen Leistungsdiagnostik werden Sportler immer noch sehr häufig aufgrund ihrer HerzKreislaufwerte bewertet und oftmals für bedingt sportfähig eingestuft, obwohl diese Komponente bei der
eigentlichen Ausübung ihrer Sportart nur eine nebensächliche Rolle spielt. So kann es beispielswiese in der
klassischen Leistungsdiagnostik dazu führen, dass ein Sportler, dessen Sportart durch viele kurze Sprints und
Unterbrechungen (Beispiel Basketball) geprägt ist, schlechte Herz-Kreislaufwerte erreicht. Demnach müssen
solche Tests in Frage gestellt werden und man sollte sich Gedanken über deren Sinnhaftigkeit machen. Sicherlich
kann man sich mittels dieser Diagnostiken einen guten Überblick über die Leistungsfähigkeit des Athleten in
diesem getesteten Bereich machen, doch muss man sich hinterher immer fragen, ob dieser dann auch verbessert
werden muss und welchen Nutzen der Athlet letztendlich daraus ziehen kann.
Trainiert ein Sprinter beispielsweise vorwiegend langandauernde Ausdauereinheiten, so wird darunter seine
Spritzigkeit und Schnelligkeit leiden. Weiterhin können lange Einheiten auch zu Überlastungsschäden führen, da
der Sportler nur hochintensive Kurzzeitbelastungen gewöhnt ist.
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Demnach gilt es für den Trainer, die Übungen so zu wählen und das Programm so zu gestalten, dass der Athlet
im Hinblick auf die Anforderungen seiner Sportart, optimal ausgebildet wird und weitere Aspekte sekundär
integriert werden.
Neben den speziellen Anforderungen steht aber vor allem die Analyse der Grundbewegungsmuster im
Vordergrund. Es gibt ein paar Bewegungsabläufe die in sehr vielen Sportarten und Disziplinen identisch sind.
Diese werden als Grundbewegungen oder Grundbewegungsmuster bezeichnet und beinhalten Bewegungen wie
Laufen, Springen, Beschleunigen, Abstoppen und Seitwärtsbewegungen sowie Richtungswechsel. Im Verlauf des
Lehrbriefs erfahren Sie noch mehr über diese allgemeingültigen Bewegungen und lernen, in welchen Formen sie
innerhalb verschiedener Sportarten vorkommen.
Ein weiterer Aspekt, der dabei helfen soll sich der Analyse zu nähern, ist die Überlegung über den
Bewegungsablauf. Dabei kann es sich um eine zyklische oder antizyklische Bewegung handeln. Radfahren ist eine
zyklische Bewegung der Beine, da die Bewegung in eine Art Endlosschleife eingebettet ist. Der Sprung (einbeinig
oder beidbeinig) aus dem Lauf heraus ist eher als antizyklisch zu betrachten, da es sich hierbei um die
Aneinanderreihung mehrerer komplett unterschiedlicher Bewegungsmuster handelt. Laufen, Springen,
Flugphase und Landung.
Die folgenden Fragen sollen Ihnen helfen, sich dem Thema der Analyse Schritt für Schritt zu nähern:
1.
2.
Handelt es sich um eine Ausdauersportart oder ist die Sportart eher Kraftorientiert?
Benötigt der Sportler eine ausgeprägte Langzeitausdauer oder handelt es sich um Intervallbelastungen
mit möglichen Pausen?
3. Welche Motorischen Fähigkeiten dominieren innerhalb der Ausgeübten Sportart?
4. Handelt es sich um zyklische oder sequenzielle Bewegungsabläufe?
5. Welche Körperbereiche und Gelenke sind an der Bewegung beteiligt?
6. Besteht die Notwendigkeit verschiedene Bewegungen zu komplexen Bewegungskombinationen zu
verknüpfen?
7. Welche Rolle spielen die koordinativen Fähigkeiten des Sportlers?
8. Muss ein spezieller Rhythmus eingehalten werden?
9. Finden die Bewegungen vorwiegend einseitig oder beidseitig statt?
10. Muss der Sportler an den Umgang mit einem Sportgerät gewöhnt werden?
Die Dauer der Belastung kann auch durch Beobachtung eingeschätzt werden. Als erster Hilfsansatz seien hier die
Begriffe Dauerbelastung und Intervallbelastung erklärt.
Eine Dauerbelastung zeichnet sich durch eine stetige Belastung, bei annähernd gleicher Intensität, über einen
längeren Zeitraum aus. Der Zeitraum kann dabei die Marke von 2 Stunden sogar überschreiten (Beispiel:
Marathonlauf). Während dieser Art der Belastung steigt der Grad der Ermüdung des Athleten permanent an, da
keine Pausen oder Regenerationen vorhanden sind.
Die Intervallbelastung im Gegensatz dazu, ist geprägt von intensiven, aber kurzzeitigen Belastungen auf die
immer wieder eine Phase geringerer Intensität oder gar eine Pause folgt. Der Athlet muss hier über einen
kürzeren Belastungszeitraum, zwar eine höhere Leistung abrufen können, hat aber immer wieder die
Möglichkeit, sich kurzzeitig zu regenerieren.
Eine weitere, einfache Möglichkeit, sich der Sportartanalyse zu nähern, ist das in Worte gefasste Beschreiben der
ausgeübten oder analysierten Sportart. Man beginnt damit, einem anderen Menschen die Sportart in der Art
und Weise zu erklären, als hätte dieser noch nie etwas davon gehört. So muss man sich während des Erklärens
die Bewegungen und Anforderungen vorstellen um keine wichtigen Details zu vergessen. Erst dann kann ich die
Erklärung in Worte fassen. Es kann hilfreich sein, sich dabei einige Notizen zu machen um anschließend schon
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ein paar Schlagwörter zur weiteren Analyse bereit zu haben. Die Erklärung in Worten fällt vielen Menschen
leichter, nachdem sie die Sportart selbst einmal praktisch ausgeübt haben.
Wenn man sich diese Dinge vor Augen führen kann, und schon ein paar Ideen über das Funktionieren einer
Analyse bekommen hat, dann kann man damit beginnen, sich mit der eigentlichen Analyse von speziellen
Bewegungen auseinander zu setzen. Dabei geht es in erster Linie gar nicht im Detail, über die Ausführung der
Bewegung, sondern zuerst einmal darum, ob bestimmte Bewegungsmuster und -abfolgen wiederkehrend
auftreten oder nicht. Beispielweise muss ein Fußballspieler wiederkehrend loslaufen und abstoppen. Der
Tennisspieler muss wiederholt mit dem Schläger ausholen und auf den Ball schlagen.
Danach macht es Sinn, sich über gängige Kombinationen aus verschiedenen Bewegungen Gedanken zu machen.
Beispielsweise das Ausholen mit dem Schläger aus einer Seitwärtsbewegung der Beine heraus oder das
Abspringen nach einem Beschleunigungsschritt beim Basketball. Wenn man in der Lage ist, die einzelnen
Bewegungen zu erkennen und voneinander zu trennen, dann fällt es einem leichter, diese in einen
Bewegungszusammenhang zu bringen und somit die eigentliche Bewegungsanforderung zu analysieren.
Betrachten Sie in diesem Zusammenhang auch den Abschnitt über Grundbewegungsmuster, da diese als
Grundform der Bewegung sehr häufig die Basis für komplexe Zusammenhänge darstellen. Oftmals sehen
Bewegungen viel komplizierter aus, als sie in Wirklichkeit sind. Sehr häufig stellen Kniebeugen, Ausfallschritte
und Rotationen in verschiedenen Gelenken die isolierten Grundbewegungen dar. Erst die ökonomische
Verknüpfung dieser Bewegungen führt zu spektakulären Bewegungsergebnissen. Sobald man aber genau diese
einzelnen Bewegungen innerhalb der verschiedenen Körpersegmente erkannt und analysiert hat, ist man in der
Lage diese Teilbewegungen sinnvoll in das Training zu integrieren.
Zeitlicher Ablauf einer Sportartenanalyse
Schritt:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Beobachtungsschwerpunkt:
Beobachtung der Sportart allgemein
Beobachtung von speziellen Inhalten wie Bewegungsabläufen etc.
Versuchen, das Beobachtete in Worte zu fassen
Geistige Visualisierung der Bewegungsabläufe
Isolierte Betrachtung einzelner Körpersegmente und Gelenke
Analyse von Bewegungskombinationen
Die notwendigen konditionellen Fertigkeiten
Die notwendigen koordinativen Fähigkeiten
Analyse der Seitendominanz
Ganzheitliche, spezielle Beobachtung der Sportart
Erstellung eigener Analysemittel
Vergleich des Sportlers mit professionellen Athleten
Tabelle 1: Zeitlicher Ablauf einer Sportartenanalyse
Weitere Faktoren, die dann noch relevant sein können, sind beispielsweise ein stetiger, spezieller Rhythmus in
der Bewegung, wie die letzten Schritte des Hochspringers oder der Schrittrhythmus beim Korbleger im
Basketball.
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Abbildung 2 Dirk Nowitzki beim Korbleger (Quelle: spox.com)
Als letztes kann dann noch betrachtet werden, ob die Bewegung auf der gleichen Körperseite oder in einer
Überkreuzbewegung (Beispiel: Absprung mit dem linken Bein und Wurf mit der rechten Hand) ausgeführt wird
um die Komplexität der Bewegung weitergehend zu verstehen und zu vertiefen.
Abbildung 3 Wurf beim Handball (Quelle: spox.com)
2.1
Grundlagen der Beobachtung
Der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche Beobachtung ist die Zeit die man sich für eine Analyse nehmen muss.
Nur wer mit Ruhe und ausreichend Zeit an die Sache herangeht, wird alle notwendigen Aspekte erkennen können
und somit eine gute Qualität in der Analyse erreichen.
Eine sinnvolle Kombination verschiedener Medien ist sehr hilfreich dabei, erfolgreich zu analysieren. Dies fängt
mit der Möglichkeit an, sich mit aktiven Sportlern über die Anforderungen ihrer Sportart zu unterhalten und
nachzufragen, welche Fähigkeiten im Vordergrund stehen. Im Zeitalter der modernen Medien kann man dazu
sehr gut Filmmaterial und Videoaufnahmen nutzen, sich Szenen einer Sportart wiederholt anzuschauen und
somit in der Lage zu sein, auch kleinere Feinheiten und wichtige Details zu erkennen. Neben dem Internet bietet
in diesem Bereich selbstverständlich auch die Fernsehübertragung aus dem Hochleistungssport die Möglichkeit,
Profis bei der Ausübung der Sportart zu betrachten. Auch hier macht es Sinn, eine Sendung, einen Wettkampf
oder einen Bericht aufzuzeichnen um sich in der wiederholten Betrachtung mit dem Gesehenen besser
auseinandersetzen zu können.
Beginnen Sie damit, sich auf die wesentlichen (im oberen Abschnitt beschriebenen) Faktoren zu konzentrieren
und steigern Sie Ihre Beobachtungsgabe nach und nach! Der Schlüssel zum Erfolg ist es, sich Stück für Stück in
die Sportart hineinzudenken und das Gesehene verarbeiten zu können. Wenn Sie sich anfänglich auf zu viele
Kleinigkeiten konzentrieren, dann werden Sie nicht in der Lage sein, das Gesehene objektiv zu betrachten und
sinnvoll in ein Training zu übertragen. Obenstehende Grundüberlegungen sollten zuerst bedacht werden, bevor
man sich darauf einlässt, Feinheiten zu betrachten und spezielle Techniken zu analysieren. Im Bereich des
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Mannschaftssports und der Sportspiele ist der Bereich der Mannschaftstaktiken mit am schwierigsten zu
analysieren, da sie hierfür einiges an Spielverständnis mitbringen müssen und es nicht ausreicht, die Spieler
gesondert in ihren Bewegungen zu betrachten.
Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete! Wenn Sie ausreichend Zeit haben und sich im Vorfeld Gedanken über
die Notwendigkeit der Analyse gemacht haben, dann werden Sie erfolgreich in der Lage sein, die Anforderungen
an den Sportler herauszufinden.
Dabei sollen Ihnen die nachstehenden Tabellen und Auswertebögen als Handwerkszeug behilflich sein. Nutzen
Sie diese als Kopiervorlage oder als Anregung, um diese auf Ihre besonderen Bedürfnisse anzupassen oder zu
ergänzen.
2.1.1
Grundbewegungsmuster
Viele Sportarten bestehen aus der Verknüpfung verschiedener Grundbewegungsmuster. Zu diesen zählt man das
Laufen, Springen und Seitwärtsbewegen. Geht man einen Schritt tiefer in die Materie hinein, muss man diese
Formen dann noch etwas genauer unter die Lupe nehmen und kommt zu folgenden Bewegungsgrundlagen.
Laufen vorwärts
Laufen rückwärts
Laufen seitwärts
Starten
Loslaufen
Abstoppen
Sprung
einbeinig
beidbeinig
Landung
einbeinig
beidbeinig
Oberkörperarbeit
Schubbewegungen
Zugbewegungen
Rotation
Ausfallschritte
gerade
seitlich
vor/rück
Kniebeugen
einbeinig
beidbeinig
Tabelle 2: Grundbewegungsmuster
Genauso ist es hilfreich, wenn man sich mit der Anatomie der einzelnen Gelenke befasst und somit einzelne
Bewegungen genau betiteln kann. Die folgende Tabelle soll einige Anregung dazu liefern, in welchen
Körpersegmenten und Gelenken, welche Bewegungen möglich sind. In den meisten Fällen wird es sich bei der
Ausübung von Sportarten um Bewegungskombinationen handeln. Es gibt keinerlei alltägliche Bewegungen, die
isoliert und ein gelenkig ablaufen. Somit muss die Bewegung immer als komplexe Verkettung von Muskelaktivität
in mehreren Gelenken angesehen werden. Somit lassen sich aus der Auflistung auch unzählige
Bewegungskombinationen ableiten.
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Bewegungen der großen Gelenke
Schulter:
Außenrotation
Innenrotation
Abduktion
Adduktion
Anteversion
Retroversion
Wirbelsäule:
Flexion
Extension
Lateralflexion
Rotation
Hüfte:
Außenrotation
Innenrotation
Flexion
Extension
Abduktion
Adduktion
Kniegelenk:
Extension
Flexion
Sprunggelenk:
Plantarflexion
Dorsal Extension
Tabelle 3:Bewegungen der großen Gelenke
Es ist oftmals zu Beginn etwas schwierig, einzelne Bewegungen aus komplexen Bewegungsabläufen zu
extrahieren um diese gesondert zu betrachten. Wenn man es aber erst einmal schafft, die Bewegung korrekt und
sinnvoll auf einzelne Gelenkbewegungen zu isolieren, dann wird man sehr schnell in der Lage sein, diese
Bewegungen auch gezielt in Übungen und Bewegungsaufgaben im Training zu etablieren. Je genauer man sich
mit der motorischen Verkettungen von Grundbewegungsmustern und Gelenksarbeit auseinander setzt, desto
besser fällt die gesamte Sportartenanalyse aus.
Weiterhin ist es dann auch möglich, sich über mögliche Bewegungsschwächen klar zu werden, wenn
beispielsweise eine Teilbewegung in einem speziellen Körpersegment beim professionellen Athleten im
Fernsehen auftritt aber beim eigenen Sportler, den man betreut, diese noch nicht im Bewegungsmuster etabliert
ist. Dann ist es möglich, dies mittels Teilbewegungen und -belastungen bis hin zur ganzheitlichen Bewegung zu
üben und zu trainieren.
Mittels der nachstehenden Tabelle können Sie sich über weitere Anforderungen an den Sportler klar werden. Sie
hilft dabei Schwerpunkte zu setzen und eventuell auch äußere Einflüsse im Training auftreten zu lassen. So ist es
beispielsweise mit Athleten die im Sand oder auf Rasen (und somit auf unebenem Untergrund) aktiv sind, auch
genau diese Komponente der Instabilität im Training einfließen zu lassen.
Grundanalyse von Sportarten
Sprung
Armlastig
Antritt
Oberkörperlastig
Tempowechsel
Unterkörperlastig
Richtungswechsel
Rumpfstabilität
Hand-Auge-Koordination
Kniestabilität
Überkopfarbeit
Schulterstabilität
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Beweglichkeit
Ausdauer
Schnellkräftige Bewegungen
Schnelligkeit
Rückschlag
Kraft
instabiler Untergrund
Wendigkeit
Seitbewegungen
Dauerbelastung
Arm-Bein-Koordination
Intervallbelastung
Beinlastig
Tabelle 4: Grundanalyse von Sportarten
Sonstige Beobachtungen:
Alle angekreuzten Bewegungsmuster sollten innerhalb Ihrer Trainingsplanung Anwendung finden.
Übung 1
a) Führen Sie mittels des vorangegangenen Analysebogens eine Sportartenanalyse für Ihre persönlich
betriebene Sportart durch! Finden alle diese Bewegungsmuster Anwendung in Ihrem Training? Erläutern Sie!
Antwort:
Kreuzen Sie in diesem Bogen alle beobachteten Bewegungsmuster und Anforderungen an, um einen gewissen
Überblick über die Anforderungen an den Sportler zu bekommen. Bei der Analyse mehrerer, verschiedener
Sportarten, werden Sie sehr schnell feststellen, dass diese Grundbewegungsmuster fast in allen Disziplinen
vorkommen können.
Erst nachdem Sie sich mit diesen Grundlagen beschäftigt haben, sollten Sie versuchen, spezielle Techniken,
Bewegungsabläufe, Bewegungskombinationen oder Dergleichen einzuschätzen.
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Nachdem Sie mehrere Kreuze gesetzt haben, können Sie sich nun Gedanken über die Wichtigkeit der
Bewegungsmuster machen und diese in eine Art Hierarchie setzen. Dies hilft Ihnen bei der weiteren
Beobachtung, da Sie nun beispielsweise wissen, dass Sie vermehrt Ihr Augenmerk auf Arme und Hände legen
müssen.
Bitte ergänzen Sie diese Tabelle für Ihre Bedürfnisse und entwickeln Sie diese weiter. Die angegebenen Muster
sollen nur als Anregung dienen und Ihnen den Start in die Sportartanalyse erleichtern. Sie werden sehr schnell
merken, dass hier keine speziellen Bewegungsformen oder -kombinationen vorhanden sind, die sie aber
ebenfalls in eine Listenform bringen können.
b) Erstellen Sie sich mit dem PC oder einem leeren Blatt Papier, individuelle Tabellen zur
Erleichterung der Analyse. Diese können ganz unterschiedliche Inhalte haben, da jeder Beobachter
das Gesehene auch anders mit dokumentiert.
2.2
Die Gemeinsamkeiten verschiedener Sportarten als Basis des Trainings
Wie bereits erwähnt existieren einige Grundbewegungsmuster, die in sehr vielen Sportarten gleichermaßen
auftauchen und demnach auch sportartenunabhängig trainiert werden müssen. Neben dem Laufen, Springen
und kontrollierten Richtungswechseln, lassen sich auch verschiedene, vermeintlich spezielle Bewegungen für
unterschiedliche Athleten leistungsspezifisch trainieren. Hierzu gehören beispielsweise Schwung- und
Schlagbewegungen, die sehr armlastig sind und daher sowohl beim Badmintonspieler als auch beim Squash und
Tennis Anwendung finden. Sicherlich unterscheiden sich die Techniken der genannten Sportarten grundlegend
voneinander, aber die eigentliche Arbeit, die aus der Schulter heraus verrichtet wird ist nahezu identisch. In allen
Fällen werden Bewegungen aus dem Schultergelenk heraus gefordert und es muss ein Zusatzgewicht in Form
des Sportgeräts Schläger getragen werden. Daher können Schultermobilisierende, -kräftigende und –
stabilisierende Übungen in das Training aller drei Sportarten integriert werden.
Ein weiteres Beispiel stellen Streck und Durchschwungbewegungen dar. Auf den ersten Blick hat Volleyball nichts
mit Tennis gemeinsam. Betrachtet man aber „isoliert“ die Bogenspannung, die beim Aufschlag im Tennis und
beim Schmetterball im Volleyball angewendet wird, so lassen sich hier gewisse Parallelen erkennen. In beiden
Fällen muss der Athlet in der Lage sein, aus einer Ganzkörperspannung heraus – möglichst explosiv – die Kraft in
einen Schlag zu übertragen. Beide Athleten brauchen also eine starke Rumpfmuskulatur und ausreichend
Stabilität im Körperzentrum um erst eine Grundspannung aufzubauen und diese dann auch zielgerichtet zu
entladen.
Abbildung 4 Gemeinsame Bewegungsmuster (Quelle: spox.com)
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Parallelen wie diese existieren noch in vielen weiteren Sportarten. Auch der Handballer und der Speerwerfer
haben in Sachen Wurfbewegung einige Gemeinsamkeiten und müssen beide innenrotationsorientiert trainieren
um ihrem Abwurf möglichst viel Wucht mitgeben zu können. Die Beinarbeit beim Basketball und beim Fußball
ist ebenfalls sehr ähnlich, da in beiden Fällen schnelle Richtungswechsel und die Reaktion auf einen Gegenspieler
gefragt sind. Bei vielen Kampfsportarten kommt es unabhängig von der genutzten Technik, in den meisten Fällen
auf einen stabilen Stand und auf ausreichend Core-Stabilität an, damit Schläge und Tritte mit ausreichend Energie
ausgeführt werden können. Auch das Training von Hand-Auge-Koordination ist bei diesen Sportarten genauso
wichtig, wie beispielsweise beim Tennis. Obwohl sie auf komplett unterschiedlichem Untergrund trainieren,
ähneln sich die Bewegungen des Snowboarders denen des Wellenreiters enorm. In beiden Fällen ist Training auf
unebenem Untergrund und Stabilität sowie Rotationsfähigkeit im Rumpf notwendig.
Ein weiterer auf den ersten Blick absurder Vergleich lässt sich zwischen dem Mountainbike Downhill und dem
Windsurfen herstellen. In beiden Sportarten muss eine enorme Standstabilität auf unebenem Untergrund
vorhanden sein und gleichzeitig sind beide Sportarten enorm arm- und oberkörperlastig da sowohl das Segel als
auch der Lenker permanent hochkonzentriert festgehalten werden müssen.
Abbildung 5 Belastungen im MTB-Downhill (Quelle: freeride-academy.blogspot.com – Florian Münch)
Man sieht also, dass es diverse Bewegungsmuster gibt, die für viele unterschiedliche Sportarten Gültigkeit haben
und demnach auch im Training (all dieser Sportarten) Anwendung finden müssen. So kann nicht nur
sportartspezifisch trainiert werden, sondern grundlegend die Athletik der Sportler verbessert werden. Demnach
kann es auch Sinn machen, dass Vereinssportler unterschiedlicher Disziplinen, gemeinsam in ein Trainingslager
fahren um an der Basis der Bewegung zu arbeiten. Der Athlet profitiert von jeglicher Art von Belastung, die ihn
bei der Ausübung seiner Sportart unterstützt oder die einen Ausgleich zu seinem Standardtraining darstellt.
Auch beim gemeinsamen Training unterschiedlicher Altersklassen müssen die Grundbewegungen Anwendung
finden, da alle Teilnehmer von dieser „Basisarbeit“ profitieren. Oftmals macht es Sinn erfahrene Spieler oder
Sportler mit Jugendlichen gemeinsam trainieren zu lassen, da diese als lebendes Anschauungsobjekt und als
Motivationsfaktor fungieren können.
Die Wichtigkeit der Bewegungsanalyse kommt vermehrt dann wieder ins Spiel, wenn Trainingspläne für
unterschiedliche Sportarten erstellt werden müssen oder bei einzelnen Sportlern Bewegungsschwächen
analysiert wurden. Ist man sich bewusst, dass Sportler unterschiedlicher Sportarten von gemeinsamen
Grundbewegungen profitieren, lassen sich sehr gut Disziplinübergreifende Trainingsgruppen betreuen.
Athletiktraining kann, gerade auch bei Mannschaftssportarten als begleitende Maßnahme verstanden werden,
da man so mit einzelnen Sportlern unabhängig vom Teamtraining an individuellen Zielen und Notwendigkeiten
arbeiten kann. Der Trainer muss in der Lage sein, das individuelle Potential des Sportlers zweckmäßig zu
verbessern und ihn gekonnt in das Mannschaftsgefüge einzubauen. Der größte Fehler der passieren kann, ist ein
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Mangel an Individualität im Athletiktraining, da in diesem Fall die Zweckmäßigkeit verloren geht und somit das
Leistungspotential des Athleten abnimmt. Hierbei muss man allerdings beachten, dass es oftmals (auch zeitlich)
nicht machbar ist, sich mit den einzelnen Individuen eines Teams in der notwendigen Intensität zu beschäftigen.
Daher ist es enorm wichtig, dem Sportler die Notwendigkeit der Bewegungsfähigkeit zu vermitteln und ihn zur
Eigenarbeit anzuleiten. Der Athlet muss nach Absprache, eigenständig in der Lage sein, an möglichen
Bewegungsschwächen zu arbeiten. Vor allem im Amateurbereich herrschen selten homogene Verhältnisse
innerhalb einer Mannschaft, so dass einzelne Individuen für die Ausbildung ihrer Grundbewegungsmuster selbst
verantwortlich sind. Dies kann in gewissem Maße auch vom Athletiktrainer übernommen werden, allerdings geht
es zeitlich dann häufig sehr knapp zur Sache und es treten zu viele Baustellen gleichzeitig auf.
Trotz vieler Bewegungsmuster die in den unterschiedlichsten Sportarten vorkommen, gibt es dennoch einige
Disziplinen, die ein gewisses Alleinstellungsmerkmal besitzen. Im folgenden Abschnitt geht es nun um Sportarten,
bei denen die Analyse der sportartspezifischen Bewegungsmuster und ggf. notwendige Ausgleichsübungen im
Vordergrund stehen müssen.
Übung 2
Erklären sie einem Sportanfänger der Sportart Fußball warum er bestimmte, für ihn fremde und ungewohnte
Übungen durchführen sollte, die die Grundbewegungsmuster beinhalten, aber nicht speziell fußballspezifisch
sind. Schreiben sie einige Stichpunkte auf.
Antwort:
2.3
Die Analyse sportartspezifischer Bewegungsmuster
Es gibt einige Sportarten, die zwar ebenfalls einige Bewegungsmuster mit anderen gemeinsam haben, sich jedoch
durch ihre Spezifität etwas von den anderen Disziplinen abheben.
So ist beispielsweise das Rudern eine Ausnahme, da es sich hierbei um eine sitzende Sportart mit extrem
zyklischen Bewegungsabläufen handelt. Je nachdem ob am Einzelruder oder im Doppelschlag gerudert wird,
verändert sich auch die Belastung auf den Körper sehr stark. Hier steht eine einseitig dominante Technik einer
ganzheitlich belastenden gegenüber.
Auch das Radfahren und das Laufen stellen eigenständige Sportarten dar, da in beiden Fällen der gesamte
Bewegungsablauf sehr zyklisch und nahezu abgegrenzt von anderen Bewegungen gefordert ist. Beide Sportarten
benötigen kaum abweichende Bewegungsmuster und können somit sehr einfach von Jedermann durchgeführt
werden.
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Allerdings gilt es für den Athletiktrainer in solchen Fällen die Analyse der Sportart auszuweiten und auf mögliche,
durch die Sportart hervorgerufene Falschbelastungen oder notwendige Ausgleichsbewegungen zu achten. Beim
Rudern ist zu keinem Zeitpunkt der Bewegung eine komplette Hüftstreckung notwendig, was sich beim Amateur
nach kurzer Zeit in einer verminderten Hüftbeweglichkeit bemerkbar machen kann, welcher dann
entgegengearbeitet werden muss. Durch die aerodynamische Sitzposition beim Rennradfahren können sich
Haltungsfehler etablieren, die frühzeitig erkannt und wegtrainiert werden müssen. Diese können ebenfalls durch
eine individuelle Sportler- und Sportartenanalyse erkannt oder mittels einer funktionellen Diagnostik (z.B. FMS
= Functional Movement Screen; siehe LB 1 Q) ermittelt werden.
Wenn diese Notwendigkeiten erkannt werden und der Trainer in der Lage ist, auch hier ein zweckmäßiges
Training zu gestalten, dann kann er in solchen Fällen das Leistungsniveau des Sportlers und dessen Fähigkeit
Verletzungen zu vermeiden, deutlich verbessern.
Auch beim Golfer ist es notwendig auf einen Ausgleich zu der einseitigen Schwungbewegung zu achten. Da es
sich hier im Amateursport oftmals um Menschen höheren Alters handelt muss hier vermehrt auf korrekte
Technik und sinnvolle, begleitende Maßnahmen geachtet werden. Vor allem aber die Seitendominanz muss
erkannt werden und durch sinnvolle Übungen für die andere Körperhälfte ergänzend trainiert werden.
Viele unterschätzen das Risiko, welches sich durch einseitige Bewegungsmuster für den gesamten
Bewegungsapparat ergibt. Hier ist es die Aufgabe des Athletiktrainers für die nötige Aufklärung zu
sorgen und sinnvoll mit dem Sportler zu trainieren.
Abbildung 6 Beispiele zyklischer Bewegungsmuster (Quelle: sportschau.de)
2.3.1 Was ist eigentlich sportartspezifisch?
Bei den meisten Sportarten zeichnet sich die eigentliche Sportartspezifität durch kleine aber feine, spezielle
Techniken aus. Ob es eine gewisse Schlägerhaltung oder Schlagbewegung mit dem Sportgerät ist oder ein
Körperimpuls, der das Sportgerät die Richtung ändern lässt.
Die spezielle, sportartspezifische Leistungsfähigkeit lässt sich im Gegensatz zu den Grundbewegungsmustern nur
durch die Ausübung der jeweiligen Sportart trainieren und verbessern. Sei es die perfekte Schuss- oder
Wurftechnik oder die letzte Bewegung des Schlägers um dem Ball noch den gewünschten Drall mitzugeben. Diese
speziellen Bewegungen sind demnach sehr stark situationsabhängig und müssen somit auch unter möglichst
wettkampfnahen Voraussetzungen geübt und trainiert werden. Diese Feinheiten müssen gesondert (durch
spezielles Techniktraining) trainiert, geübt und geschult werden, bauen aber in Sachen Leistungsfähigkeit auf den
Komponenten Kraft und Beweglichkeit auf (siehe Leistungspyramide Q).
Der sportartfremde Athletiktrainer wird sich sehr schwer tun, von Anfang an, die sportartspezifischen
Leistungsmerkmale zu erkennen, was oftmals aus mangelnder Eigenerfahrung resultiert. In solchen Fällen muss
das Techniktraining von anderen Betreuern übernommen werden, bis sich der Trainer ausreichend mit der
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Sportart auseinandergesetzt hat. Allerdings sollte der gut ausgebildete Athletiktrainer trotzdem in der Lage sein,
die motorischen Grundlagen der Sportler verbessern zu können. Durch Einhaltung der Trainingsprinzipien und
die Auswahl sinnvoller Übungen in den Bereichen Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer ist es möglich, körperliche
Verbesserung zu betreiben, ohne sich im Speziellen mit besonderen Voraussetzungen von Sportarten
auszukennen.
Viele ehemalige Spitzensportler sind sehr gut darin, spezielle Techniken zu vermitteln, da sie über einen enormen
Erfahrungsschatz verfügen, den sie weitergeben können.
In vielen größeren Vereinen existieren daher neben den Trainern und Betreuern auch spezielle Techniktrainer,
die sich um die sportartspezifischen Bewegungsabläufe kümmern. Allerdings sollte jeder Athletiktrainer in der
Lage sein, sich so mit einer Sportart zu beschäftigen, dass er Anhand seiner Analysen auch spezielle Techniken
erkennen kann. Oftmals ist es gar nicht notwendig, dass er selbst ein Fachmann auf diesem Gebiet ist, solange
er es schafft die Sportartspezifität in sein Training zu integrieren.
Vor allem aber auch die Trainertätigkeit in kleineren Vereinen und Sportgruppen bietet sehr gute Möglichkeiten,
sich mit der Planung und Steuerung von Trainings zu befassen. Es kann vorkommen, dass der Trainer für alle
Bereiche verantwortlich ist und somit nicht nur an den körperlichen Fähigkeiten arbeiten sollte, sondern auch
die Bereiche Technik und Teamtaktik schulen muss.
Die eigentliche sportartspezifische Leistungsfähigkeit hängt also einmal von der ausgeübten Sportart, aber auch
vom Leistungsstand des Athleten ab. Hier hat jede Sportart ihre Eigenarten und muss daher detailliert analysiert
werden. Dann wird der Trainer in der Lage sein, den Sportler ganzheitlich zu fördern.
2.3.2 Videoanalyse als Beobachtungshilfe
Wie bereits erwähnt stellt Videomaterial eine sehr einfache Möglichkeit der Analyse dar, da das Material
mehrfach betrachtet werden kann. Aber auch als Feedback für den Sportler ist der Einsatz von Videoaufnahmen
sinnvoll, da er so sich selbst betrachten und eventuell vorhandene Bewegungsschwächen selbst erkennen kann.
Vor allem Aufnahmen, die zu Beginn der Zusammenarbeit gemacht werden, stellen im weiteren Trainingsverlauf
eine sehr gute Vergleichsmöglichkeit dar und verdeutlichen dem Trainern und dem Sportler den gemachten
Fortschritt.
Eine Videoanalyse ist zwar eine recht zeitaufwendige Prozedur, hilft aber sehr bei der individuellen Gestaltung
von Trainingsplänen und Bewegungseinschätzungen.
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Abbildung 7 Videoanalyse im Golfsport (Quelle: portugalgolf.de)
2.3.3
Beispiel Videoanalyse
Abbildung 8 Schussbewegung beim Freistoß (Cummins, 2012)
In Abbildung 9 ist eine typische Schußbewegung beim Fußballfreistoß zu sehen. Sie wurde in verschiedene
Teilschritte zerlegt. Aus dem fokussierten Stand (1) beugt der Schütze das Schußbein um sein Gewicht später
darauf zu verlagern – eine einseitige Hüftflexion findet also statt (2). Außerdem schwingt er mit dem
kontralateralen Arm nach oben und beugt den Oberkörper etwas nach vorne. Weiter verlagert er dann sein
Gewicht immer mehr auf das rechte Bein (3), schwingt den linken Arm weiter nach oben und holt nun mit dem
rechten Arm Schwung. Diesen nutzt er dann (4), um durch die aufgebaute Spannung den Oberkörper leicht nach
links zu rotieren (gut am Brustkörper zu sehen). Dafür adduziert er den rechten Arm. Der link Arm ist nun schon
fast über Kopfhöhe abduziert. Außerdem ist zu erkennen, dass sich der Spieler er sich kraftvoll mit dem rechten
Bein abstößt indem im Kniegelenk und Hüftgelenk streckt. Die Schwungphase ist nun fast beendet (5). Der Spieler
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stabilisiert sich nun komplett auf dem linken Bein und ist in einer leichten „Kurvenhaltung“. Der rechte Fuß
schwingt nach vorne und trifft den Ball. In Schritt 6 schwingt das Bein nun weiter nach und es kommt zu einer
starken Hüftflexion und Oberkörperrotation. Über den Umkehrpunkt der Schwungbewegung (7) kommt der
Spieler nun in eine neutrale Haltung zurück (8). Deutlich zu sehen ist im Bewegungsablauf eine starke Aktivität
in der Transversalebene mit Rotation um die Longitudinalachse. Außerdem wird beim Schuss und dem
Schwingen um die Horizontalachse rotiert (im Hüftgelenk).
2.4
Leistungsbestimmende Faktoren verschiedener Sportarten
Anhand folgender Tabelle wird deutlich, dass es verschiedene leistungsbestimmende Faktoren gibt und dass
diese innerhalb unterschiedlicher Sportarten verschieden stark ausgeprägt sind. Diese Tabelle soll nur als
Anregung dienen und eine Idee liefern, welche Faktoren für die eigentliche, sportartspezifische Leistung
entscheidend sind.
Jeder Trainer oder Sportler wird die ihm entsprechende Sportart ggf. abweichend von dieser Tabelle bewerten.
Entscheidend ist, dass man sich überhaupt Gedanken über relevante Faktoren macht und dann in der Lage ist,
diese auch sinnvoll und gewinnbringend in ein Training zu projizieren.
Neben den Grundbewegungsmustern sind es vor allem die Kraft- und die Schnelligkeit, die einen
Leistungsunterschied ausmachen. Bei einigen Mannschaftssportarten, in denen permanent Ein- und
Ausgewechselt werden darf, spielt der Faktor Ausdauer eine geringere Rolle, da dem Athleten wiederholt eine
Pause gegönnt werden kann. Bei Mannschaftssportarten spielt auch der Faktor Taktik eine entscheidende Rolle
für den Ausgang eines Wettkampfs. Allerdings ist dieser separat von körperlichen Fähigkeiten zu betrachten.
Übung 3
Führen sie eine Bewegungsanalyse wie in vorangegangenem Beispiel für folgende Schussbewegung durch.
Gehen sie dabei auf jedes einzelne Bild ein!
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Abbildung 9 Schussbewegung (Qeulle: SPORTLEREI AKADEMIE)
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Tabelle 5: Leistungsbestimmende Faktoren (modifiziert und erweitert nach Baechle, 2008 und langjähriger Erfahrung)
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Übung 4
Füllen sie die Anforderungstabelle für die Sportarten Judo und Rudern selbstständig aus.
2.4.1 Körperliche Voraussetzung (Ist- und Sollzustand)
Neben der Analyse der Sportart und der leistungsbestimmenden Faktoren der Disziplin ist vor allem der IstZustand des Athleten ein wichtiger zu analysierender Parameter. Ein erfolgreicher Trainer muss in der Lage sein,
den aktuellen Leistungsstand seines Schützlings exakt bestimmen zu können um anschließend zweckmäßig und
zielgerichtet mit ihm zu trainieren. In LB 1 Q haben sie bereits umfassend das Thema Diagnostik behandelt,
dennoch wird hier ergänzend und aus anderen Winkeln ein Blick auf das Thema geworfen.
Michael Boyle (2010) hat in seiner Laufbahn verschiedene Leistungsklassen unterschiedlicher Sportarten in den
USA beobachtet und ist zu folgenden, anzustrebenden Kraftwerten gelangt. Diese stellen sicherlich nur eine
Richtlinie dar, helfen aber bei der Einschätzung der funktionellen Kraft des Athleten.
Einen groben Anhaltspunkt für die Leistungsfähigkeit im Sprint- bzw. Sprungbereich geben folgende Werte von
Spitzensportlern. 10 Meter Sprint unter 1,8 Sekunden (Männer)



10 Meter Sprint unter 2,0 Sekunden (Frauen)
Aus dem Stand höher als 86 cm hoch springen (Männer)
Aus dem Stand höher als 63 cm hoch springen (Frauen)
Die Werte ähneln stark den ebenfalls umfassenden Werken von Baechle (2008). Das Kraft- und
Schnelligkeitstraining ist ein langfristiger Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann und deshalb umso
regelmäßiger Anwendung finden muss.
Klimmzüge
Weltklasse
Nationalniveau
Regionalniveau
Jugend
Männer
Klimmzüge Kreuzhang
Weltklasse
Nationalniveau
Regionalniveau
Jugend
Männer
Liegestütze
Weltklasse
Nationalniveau
Regionalniveau
Jugend
Männer
Sprunghöhe
Weltklasse
Nationalniveau
Regionalniveau
Jugend
Männer
Frauen
25+
20 – 25
15 – 20
10 - 15
15+
10 – 15
5 – 10
3–5
Frauen
25+
20 – 25
15 – 20
10 - 15
15+
10 – 15
5 – 10
3–5
Frauen
50
42
35
25
35
27
20
12
Frauen
89 + (cm)
84 – 89
63 – 76
56 – 63
63+ (cm)
51 – 63
51
38 – 51
Tabelle 6 Tabellen nach Michael Boyle
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Vor allem im Bereich der Klimmzüge und Liegestütze sieht man, dass von einem Sportler und auch einer
Sportlerin eine gewisse funktionelle Kraft, dem eigenen Körpergewicht entsprechend, erwartet werden kann. Bei
den Frauen ist es häufig noch so, dass die Kraftfähigkeit in Relation zum eigenen Gewicht viel zu schwach
ausgeprägt ist. Gerade aber dieser Leistungsfaktor kann die sportlichen Fähigkeiten sehr stark positiv
beeinflussen.
Bei männlichen Athleten lassen sich bei diesen Tests oft Einseitigkeiten feststellen, da hier viele im Bereich der
Stützkraft (Liegestütz) überdurchschnittlich besser sind als bei den Zugbewegungen (Klimmzug Kreuzhang), was
langfristig zu Haltungsproblemen und Verletzungen führen kann. Auch eine mangelnde Beweglichkeit, in Bezug
auf die erreichten Kraftwerte, ist oft zu beobachten.
Abbildung 10 Underpowerment (nach Gray Cook)
Mangelnde funktionelle Kraft lässt sich sehr häufig bei weiblichen Athleten und jugendlichen Sportlern
beobachten. Hier ist die Verbesserung der Kraftfähigkeit bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Beweglichkeit
das Ziel.
Abbildung 11 Overpowerment (nach Gray Cook)
Ein Übermaß an Kraft ist eher bei männlichen Sportlern zu beobachten und geht oftmals mit mangelnder
Beweglichkeit einher. Hier muss die Verbesserung der Beweglichkeit angestrebt werden um daraus resultierend,
das Kraftniveau weiter steigern zu können. Siehe ergänzend hierzu auch weitere Aspekte der Cook’schen
Leistungspyramide LB 1 Q.
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Weitere Möglichkeiten der Diagnostik existieren beispielsweise im Bereich der Ausdauerleistungsfähigkeit. Eine
sehr exakte Methode das Ausdauertraining zu steuern und zu planen, ist die Laktatleistungsdiagnostik kombiniert
mit einer Atemgasanalyse; mittels Spiroergometrie. Allerdings kann man sich als Trainer auch mit einfacheren
Methoden behelfen. Beispielsweise eigenen sich der Coopertest und der Conconi Test sehr gut zur Ermittlung
der Leistungsfähigkeit und der anschließenden Planung. Für diese Tests werden nur eine definierte Strecke, ein
Zeitmessgerät und eine Pulskontrolle benötigt um zu guten Ergebnissen zu gelangen.
Weiterhin besteht selbstverständlich die Möglichkeit, einzelne körperliche Fähigkeiten, mittels eigener Tests zu
ermitteln. Diese könnten beispielsweise die Sprungfähigkeit oder die Stützfähigkeit des Athleten aus speziellen
Positionen heraus analysieren. Hier macht es Sinn, sich ebenfalls mit den Gegebenheiten der Sportart
auseinander zu setzen und mögliche spezielle Inhalte in die Analyse zu integrieren. Siehe hierzu auch LB 1
Diagnostik Q.
2.4.2
Kompensationsmöglichkeiten des Athleten (Größe vs. Kraft etc.)
In vielen Sportarten lassen sich einzelne Defizite innerhalb der leistungsbestimmenden Faktoren durch andere
wichtige Faktoren ausgleichen. Dies gilt es ebenfalls mit in die Zustandsanalyse des Athleten einfließen zu lassen.
So kann beim Basketball beispielsweise, mangelnde Körpergröße durch Schnelligkeit und Agilität kompensiert
werden. Ein schwacher Aufschläger beim Tennis, kann dies über ein hervorragendes Grundlinienspiel
ausgleichen und trotzdem erfolgreich sein.
Betrachtet man die obenstehenden Pyramiden, so kann es möglich sein, mangelnde Kraft durch sehr gute
Beweglichkeit und Koordination zu kompensieren. In den meisten Fällen sind die Beweglichkeit und die daraus
resultierende Fähigkeit, Bewegungen korrekt auszuführen, wichtiger als der Faktor Kraft.
Der überkräftige Sportler kann seine mangelnde Beweglichkeit nur sehr selten durch Kraft ausgleichen und wird
seine Bewegungsfähigkeit und Leistungsfähigkeit erst dann weiter verbessern können, wenn er den Faktor
Beweglichkeit steigert.
Trotz möglicher Kompensationsmöglichkeiten ist es die Aufgabe des Athletiktrainers, einen möglichst
ganzheitlich trainierten Athleten zu erschaffen, der den Anforderungen der Sportart gewachsen ist und in der
Lage ist, Verletzungen zu vermeiden.
Vor allem in der Jugendarbeit obliegt es der Verantwortung des Trainers, möglichst gut ausgebildete Sportler
auszubilden. Solange noch keine Professionalisierung oder Spezialisierung stattgefunden hat, geht es darum,
multisportive Menschen zu erschaffen, denen diverse Möglichkeiten der Sportausübung offen stehen.
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2.5
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Zusammenfassung von Kapitel 2
Die Analyse von Athlet und Sportart und die damit einhergehenden Bewegungsanforderungen
stellen die Basis einer optimierten Trainingsplanung dar. Neben den gängigen
Grundbewegungsformen wie Laufen, Springen, Richtungswechsel gibt es einige weitere Faktoren,
die großen Einfluss auf die Planung und Durchführung eines zweckmäßigen Athletiktrainings haben.
Zur Sportartenanalyse gehört dazu, dass man sich über mehrere, verschiedene Kanäle mit der
Sportart auseinandersetzt und alle wichtigen Faktoren berücksichtigt. Hierzu gibt es verschiedene
Möglichkeiten und Tools, die einem die Analyse erleichtern. Im Skript finden sich Tabellen, die eine
solche Auswertung erleichtern sollen.
Man muss sich sehr viel Zeit für eine eingehende Analyse der Bewegungsanforderungen einer
Sportart an den Athleten nehmen, um alle wichtigen Details zu erkennen und berücksichtigen zu
können.
Ein weiterer wichtiger, wissenswerter Punkt, ist der Ist-Zustand des Athleten, welcher kombiniert
mit der Sportartenanalyse stark dazu beiträgt, an welchen Stellschrauben mittels Training zuerst
gedreht werden muss.
Bei einigen Sportarten sind ähnliche Bewegungsabläufe und Bewegungskombinationen
leistungsentscheidend, was aber erst bei genauerer Betrachtung auffällt. Beispielsweise sind die
Belastungen für den Athleten beim MTB-Downhill ähnlich derer beim Windsurfen, da beide Sportler
fest auf wackeligem Untergrund stehen müssen, während enorme Kräfte auf den Rumpf und die
oberen Extremitäten einwirken. Weitere Beispiele finden sich im Text.
Mittels Beobachtung kann man mit etwas Übung die leistungsentscheidenden Faktoren für
unterschiedliche Sportarten analysieren und man erkennt die sportartspezifischen Techniken, die
für den sportlichen Erfolg nötig sind.
Mittels Referenzwerten aus den USA von Michael Boyle lässt sich sehr gut die funktionelle Kraft von
sowohl männlichen, als auch weiblichen Athleten, sportartunabhängig beurteilen, da es hier einzig
und allein um das Verhältnis der Kraft zum eigenen Körpergewicht geht. Nutzen Sie verschiedene
Tests zur Ermittlung der funktionellen Beweglichkeit und der funktionellen Kraft und stellen Sie
diese in Relation zueinander um einen guten Eindruck vom Gesamtbild des Sportlers zu bekommen.
Einfache Tests zur Ermittlung der Beweglichkeit sind die folgenden:




Finger Boden Abstand messen bei gestreckten Beinen
Ausfallschritt vorwärts mit gestrecktem hinterem Bein
Tiefe Kniebeuge mit nach oben gestreckter Stange (siehe FMS in LB 1 Diagnostik Q)
Der Versuch, hinter dem Rücken mit den Händen zusammen zu greifen
Bei einigen Sportarten ist es möglich, dass der Athlet gewisse Schwächen durch andere
Kompetenzen ausgleicht und kompensiert. Ziel des Athletiktrainings muss es allerdings sein,
ganzheitlich gesunde Sportler so zu trainieren, dass sie den Anforderungen ihrer Sportart gewachsen
sind und in der Lage sind Verletzungen zu vermeiden.
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2.6
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Lernkontrollfragen zu Kapitel 2
1. Wie kann die spezielle, sportartspezifische Leistungsfähigkeit verbessert werden?
2. Was versteht man unter „underpowerment“?
3. Was versteht man unter „overpowerment“?
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