Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege

Falk
Gastro-Kolleg
Leber und
Gallenwege
Vaskuläre Erkrankungen der Leber
Zusammenfassung
Vaskuläre Erkrankungen der Leber sind sehr selten und unterschiedlich. Unter dem
Oberbegriff werden Erkrankungen des Pfortadersystems wie die Pfortaderthrombose,
des Lebervenensystems wie das Budd-Chiari-Syndrom (BCS) und das sinusoidale
Obstruktionssyndrom (SOS), der Leberarterien wie der Leberarterienverschluss und
die sehr seltenen vaskulären Malformationen zusammengefasst. Die Inzidenz dieser
Erkrankungen ist weitgehend unbekannt. Für die häufigsten und bekanntesten vaskulären Lebererkrankungen – die Pfortaderthrombose und das BCS – liegt die Inzidenz
bei 0,7/100.000 Einwohner pro Jahr bzw. 0,8/1.000.000 Einwohner pro Jahr [1, 2]. Der
transjuguläre intrahepatische portosystemische Shunt (TIPS), eine iatrogen hergestellte
Shuntverbindung zwischen einer Lebervene und der Pfortader, wird häufig in Zusammenhang mit vaskulären Lebererkrankungen genannt und nimmt bei der Prävention und
Therapie der Pfortaderthrombose und des BCS einen Stellenwert ein.
PD Dr. Birke Bausch
Klinik für Innere Medizin II
Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Str. 
 Freiburg
Schlüsselwörter
Vaskuläre Lebererkankungen | Pfortaderthrombose | Budd-Chiari-Syndrom (BCS) |
sinusoidales Obstruktionssyndrom (SOS) | transjugulärer intrahepatischer
portosystemischer Shunt (TIPS) | ischämische Cholangiopathie |
vaskuläre Malformationen
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Falk Gastro-Kolleg
Titelbild: A: B-Bild-Sonografie mit Darstellung der Pfortadergabel im subkostalen Querschnitt und
kompletter Pfortaderthrombose. B: Dopplersonografie im Oberbauchquerschnitt mit umspültem
Thrombus der V. lienalis.
1
Vaskuläre Erkrankungen der Leber
Pfortaderthrombose
Die Pfortaderthrombose ist ein thrombotischer Verschluss der extrahepatischen Pfortader und ihrer intrahepatischen Äste. Die Vena lienalis und die Vena mesenterica superior
können mitbetroffen sein (Abb. 1).
P Die Pfortaderthrombose ist die
häufigste vaskuläre Erkrankung der
Leber. Wesentlich ist die Unterscheidung
in eine akute, eine chronische und eine
Zirrhose-assoziierte Pfortader­thrombose.
Abb. 1
Fall 1: Akute Thrombose der Pfortader, der V. lienalis und der V. mesenterica superior als
Erst­manifestation einer essenziellen Thrombozythämie.
Sonografie und Angiografie eines 41-jährigen Patienten ohne Vorerkrankungen mit plötzlich auftretenden, über
7 Tage zunehmenden gürtelförmigen Oberbauchschmerzen. Laborchemisch zeigten sich eine Leukozytose
mit 16.000/µl, eine Thrombozytose mit 1.000.000/µl und erhöhte Leberwerte mit einer GPT von 63 IU/ml und
einer GGT von 143 IU/ml. In der B-Bild- und Dopplersonografie und der anschließenden Angiografie zeigten
sich A und C eine akute komplette Thrombose beider intrahepatischer Pfortaderäste mit Ausdehnung in
die extrahepatische Pfortader und die V. mesenterica superior und B und C eine partielle, teilweise umspülte
Thrombose der V. lienalis. Es erfolgte die angiografische Anlage eines lokalen Lysekatheters, der sich D sonografisch in der extrahepatischen Pfortader und der V. lienalis gut darstellen ließ. Nach 10-tägiger Lysetherapie
mit mechanischer Thrombusfragmentierung stellten sich die V. lienalis, die V. mesenterica superior und die
extrahepatische Pfortader sowohl angiografisch E als auch sonografisch F gut perfundiert dar. Die Abklärung
ergab in der Knochenmarkspunktion das Bild einer essenziellen Thrombozythämie mit Nachweis der
JAK-2-Mutation V617F.
Die Prävalenz ist sehr variabel und liegt bei ca. 0,5–1% bei Patienten ohne Vorerkrankungen, bei ca. 28% bei Patienten mit Leberzirrhose und bei bis zu 44% bei Patienten
mit Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom (HCC) [3–6].
Ursächlich für eine Pfortaderthrombose ist eine Kombination verschiedener lokaler
und allgemeiner Risikofaktoren (Tab. 1 und 2). Das Vorhandensein eines lokalen Risikofaktors schließt das Vorliegen eines oder mehrerer allgemeiner Risikofaktoren nicht aus
[1, 7, 8]. In 10–25% der Fälle bleibt die Ursache unklar [1, 3, 7–9]. Häufigste lokale Risikofaktoren sind intra-abdominale Tumoren (23–44%), eine Leberzirrhose (25–28%) und
intra-abdominale Infektionen (10%) [1, 3]. Bei 30–40% der Patienten ohne Vorerkrankungen ist die Pfortaderthrombose Erstmanifestation einer myeloproliferativen Erkrankung.
Eine Thrombophilie oder eine Hyperkoagulabilität wie die erblich bedingte Faktor-VLeiden- und die Prothrombin-Mutation (Faktor-II-Mutation) und eine Schwangerschaft
finden sich ursächlich in bis zu 30–40% der Fälle [1, 7, 8].
2
Lokale Risikofaktoren der akuten und chronischen Pfortaderthrombose [7]
Tab. 1
Intra-abdominale Tumoren
Leberzirrhose
Intra-abdominale Entzündungen
– Omphalitis, Nabelvenenkatheter
– Divertikulitis
– Appendizitis
– Pankreatitis
– Cholezystitis
– Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
– Zytomegalievirus-assoziierte Hepatitis
Verletzungen des Pfortadersystems
– Splenektomie
– Kolektomie
– Gastrektomie
– Cholezystektomie
– Lebertransplantation
– Abdominales Trauma
– Operative Anlage eines portosystemischen Shunts
– TIPS
Allgemeine Risikofaktoren der akuten und chronischen
Pfortaderthrombose und des Budd-Chiari-Syndroms (BCS) [7, 8]
Risikofaktoren
Pfortader­
thrombose
BCS
30–40%
17%
40–50%
10–25%
14%
25–35%
Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom
6–19%
4–25%
Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
0–2%
0–4%
APC-Resistenz/Faktor-V-Leiden-Mutation
6–32%
6–32%
Faktor-II (Prothrombin)-Mutation
14–40%
5–7%
Protein-C-Mangel
0–26%
10–30%
Protein-S-Mangel
2–30%
7–20%
Antithrombinmangel
0–26%
0–23%
Mutation des MTHFR-Gens
11–50%
12–22%
Schwangerschaft
6–40%
6–12%
12%
6–60%
0–31%
0–33%
Myeloproliferative Erkrankungen
– klassische
Polycythemia vera
Essenzielle Thrombozythämie
– unspezifische/atypische
Orale Kontrazeptiva
Morbus Behçet
Tab. 2
Wesentlich für Klinik und Therapiestrategie ist die Unterscheidung in eine akute, eine
chronische und in eine Zirrhose-assoziierte Pfortaderthrombose. Die akute Pfort­
aderthrombose ist mit bis zu 80% deutlich häufiger als die chronische Form [1, 7].
3
Akute Pfortaderthrombose
Die Bildung eines frischen Thrombus mit vollständigem oder partiellem Verschluss der
extrahepatischen Pfortader, ihrer intrahepatischen Äste und/oder der V. lienalis und
V. mesenterica superior kennzeichnet die akute Pfortaderthrombose (s. Abb. 1).
Die Klinik ist vielfältig und von Ausmaß und Geschwindigkeit der Thrombusbildung
abhängig. Sie reicht von einem asymptomatischen Zufallsbefund über abdominale
Schmerzen mit Zeichen des „systemic inflammatory response syndrome“ (SIRS) bis hin
zu einer akuten intestinalen Ischämie. Die akute intestinale Ischämie ist mit einer Häufigkeit von bis zu 28% die gefürchtetste Komplikation der akuten Pfortaderthrombose.
Sie geht mit einer Mortalität von 20–60% einher. Ursächlich ist eine ausgedehnte Thrombose der Pfortader mit Beteiligung distaler Mesenterialvenen, die zu einem vollständigen
venösen Verschluss mit reflektorischer arterieller Vasokonstriktion führt [7–9].
P Die akute Pfortaderthrombose ist die
häufigste Form. Ziel ist die rasche
Diagnose und Rekanalisation zur
Vermeidung schwerwiegender Komplikationen wie der intestinalen Ischämie
und der portalen Hypertension.
Die Diagnose der akuten Pfortaderthrombose wird mittels bildgebender Verfahren
gestellt. Die Laborparameter sind nicht wegweisend. Charakteristische Befunde in der
B-Bild- und Dopplersonografie sind die Darstellung einer hyper- oder isoechogenen
Raumforderung in der Pfortader, eine Erweiterung der Pfortader und ein fehlendes
Flusssignal (s. Abb. 1). Die Sensitivität und Spezifität des Ultraschalls und der Dopplersonografie können mittels CEUS (contrast-enhanced ultrasound) erhöht werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer ätiologischen Zuordnung des Thrombus (Tu­
mor­thrombus vs. Fibrin-/Plättchenthrombus) [10–12]. Computertomografie (CT) oder
Magnetresonanztomografie (MRT) sind der Sonografie gleichwertig, bieten aber den
Vorteil einer untersucherunabhängigen Diagnostik. Das Ausmaß der Thrombose und
Komplikationen wie die intestinale Ischämie können besser dargestellt werden. Goldstandard ist die Angiografie. Bei allen Patienten sollte ein Screening auf lokale und
allgemeine Risikofaktoren erfolgen (s. Tab. 1 und 2).
Ziel der Therapie der akuten Pfortaderthrombose ist die rasche Rekanalisation und das
Vermeiden schwerwiegender Komplikationen wie der intestinalen Ischämie oder der
Entwicklung einer portalen Hypertension. Eine spontane Rekanalisation wird nur selten
beobachtet. Grundlage der Therapie bildet die Antikoagulation mit niedermolekularen
Heparinen und Phenprocoumon (Ziel-INR: 2–3) für 3 bis 6 Monate. Eine lebenslange
Antikoagulation wird bei Patienten mit bleibenden Risikofaktoren und bei Patienten mit
ausgedehnter Thrombose empfohlen. Eine vollständige Rekanalisation zeigt sich bei
50% der Patienten, eine partielle Rekanalisation bei ca. 40% und eine ausbleibende
Rekanalisation bei 10%. Blutungskomplikationen sind mit ca. 5% selten [9, 13]. Ein weiterer
invasiver Therapieansatz ist die lokale Lysetherapie mittels thrombolytischer Medikamente. Eine vollständige Rekanalisation zeigte sich bei 42% der Patienten, eine partielle
Rekanalisation bei 45% und eine ausbleibende Rekanalisation bei 14%. Eine lokale Lyse­
therapie ist mit einer hohen Komplikationsrate und schwerwiegenden Blutungskomplikationen vergesellschaftet [14]. Große, randomisierte kontrollierte Studien fehlen.
Die Prognose der akuten Pfortaderthrombose ist bei rascher Diagnostik, unmittelbarem
Therapiebeginn und Abwesenheit schwerwiegender Komplikationen gut.
Chronische Pfortaderthrombose
Die chronische Pfortaderthrombose wird auch als kavernöse Transformation der Pfort­
ader bezeichnet. Hierunter versteht man bei chronischem oder teilrekanalisiertem
Verschluss der Pfortader die sichtbare Aufweitung variköser, paraportaler Venen (Abb. 2).
P Die chronische Pfortaderthrombose,
die kavernöse Transformation der
Pfortader, ist seltener als die akute Form.
Therapieziel ist die Behandlung von
Komplikationen, der portalen Hypertension, dem Fortschreiten der Thrombose
und der portalen Cholangiopathie.
4
Abb. 2
Chronische Pfortaderthrombose mit kavernöser Transformation.
Dopplersonografische Darstellung des Leberhilus im Transkostalschnitt. Darstellung
eines para­portalen Venengeflechts im Bereich der Pfortader, die sich nicht darstellen lässt.
Patienten mit kavernöser Transformation sind häufig asymptomatisch oder fallen durch
gastrointestinale Blutungen, eine hepatische Enzephalopathie oder einen Hypersplenismus im Rahmen der portalen Hypertension oder durch einen Ikterus und Pruritus
im Rahmen einer seltenen portalen Cholangiopathie auf. Ein kompletter Verschluss
der Pfortader oder beider intrahepatischer Äste ist fast immer mit einer portalen Hypertension vergesellschaftet. Eine portale Cholangiopathie ist selten und durch eine
Kompression großer Gallenwege durch Kollateralen bedingt [7].
Die Diagnose wird mittels bildgebender Verfahren gestellt. Die Leberwerte sind häufig normal. Mittels B-Bild- und Dopplersonografie kann die Diagnose einer kavernösen
Transformation beim Nachweis echogenen Materials in der Pfortader, ihrer Äste und
Zuflüsse, einer erweiterten Pfortader, einem fehlenden oder nur partiellen Flussnachweis und dem Nachweis eines paraportalen, geschlängelten venösen Gefäßgeflechts
einfach gestellt werden (s. Abb. 2). Die Diagnose kann mittels CT oder MRT bestätigt
werden. Zusätzlich können mit allen 3 Verfahren Zeichen der portalen Hypertension,
Kollateralen und eine Splenomegalie, Zeichen der portalen Cholangiopathie und mögliche Ursachen diagnostiziert werden. Bei allen Patienten sollten eine Gastroskopie zur
Erhebung des Varizenstatus und ein Screening auf lokale und allgemeine Risikofaktoren erfolgen (s. Tab. 1 und 2).
Die Therapie der chronischen Pfortaderthrombose basiert auf 3 Säulen: (1) der Präven­
tion und Behandlung der portalen Hypertension mit ihren Komplikationen, vor allem
der lebensbedrohlichen Blutung aus Ösophagus-, Kardia-, Fundus- oder Duodenalvarizen, (2) der Prävention und Behandlung einer fortschreitenden oder wiederkehrenden
Thrombose und (3) der Behandlung einer portalen Cholangiopathie. Die Prävention
und Therapie der Varizenblutung erfolgt gemäß den Behandlungsleitlinien der Leberzirrhose mit Kontrollgastroskopien, der Gabe von Propranolol oder einer endoskopischen Varizenversorgung. Die Prävention einer fortschreitenden oder wiederkehrenden
Thrombose mittels oraler Antikoagulation wird nur für Patienten mit permanenten lokalen oder allgemeinen Risikofaktoren empfohlen. Der Antikoagulation steht die erhöhte Blutungsgefahr bei portaler Hypertension mit Hypersplenismus und Kollateralen
gegenüber [7, 8]. Große, randomisierte kontrollierte Studien fehlen. Die Behandlung
der portalen Cholangiopathie erfolgt endoskopisch mittels ERCP (endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie) und Endoprothesenanlage.
Die Prognose von Patienten mit kavernöser Transformation der Pfortader ist gut. Vari­
zenblutungen gehören zu den häufigsten Komplikationen. Die Mortalität wird jedoch
wesentlich durch das Patientenalter, die Ätiologie und Komorbiditäten bestimmt.
5
Zirrhose-assoziierte Pfortaderthrombose
Die Leberzirrhose ist eine der häufigsten Ursachen einer Pfortaderthrombose. Die Prävalenz nimmt mit dem Schweregrad zu und liegt bei Patienten mit dekompensierter
Zirrhose bei bis zu 28% [3, 6, 7]. Ursächlich sind hämodynamische Veränderungen des
portalvenösen Gefäßsystems mit einem reduzierten Blutfluss. Eine Thrombophilie
oder Hyperkoagulabilität bilden die Ausnahmen. Patienten mit einer Zirrhose-assoziierten Pfortaderthrombose sind häufig asymptomatisch oder fallen durch Komplika­
tionen der portalen Hypertension mit einer hydropischen Dekompensation, einer
akuten Varizenblutung oder einer hepatischen Enzephalopathie auf.
P Die Leberzirrhose ist die häufigste
Ursache der Pfortaderthrombose. Die
Diagnose ist sowohl für das Langzeitüberleben als auch für eine Lebertransplantation prognostisch ungünstig.
Die Therapie der Zirrhose-assoziierten Pfortaderthrombose ist aufgrund der ein­
geschränkten Datenlage schwierig und uneinheitlich. Ein Therapieansatz ist die Antikoagulation, die bei bis zu 50% der Patienten zu einer Rekanalisation führt. Mit zunehmendem Alter der Thrombose nimmt die Wahrscheinlichkeit der Rekanalisation ab.
Bei Absetzen der Antikoagulation kommt es in bis zu 40% zu einer Rethrombose.
Zusätzlich besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko aufgrund der bestehenden portalen
Hypertension mit Hypersplenismus, Thrombopenie und Kollateralen [15, 16]. Zweiter
Therapieansatz ist die Anlage eines TIPS. Die TIPS-Anlage führt durch Änderung der
Hämodynamik in 67–100% zu einer Rekanalisation. Eine gefürchtete Komplikation der
TIPS Anlage – die hepatische Enzephalopathie – ist selten [17]. Da die Diagnose einer
Pfortaderthrombose bei Patienten mit Leberzirrhose sowohl für das Langzeitüber­le­
ben als auch für eine mögliche Lebertransplantation prognostisch ungünstig ist, kommt
der gewählten Therapiestrategie und dem Therapieerfolg eine große Bedeutung zu.
Budd-Chiari-Syndrom (BCS)
Das Budd-Chiari-Syndrom (BCS) ist mit einer Prävalenz von 0,8–1,4/Million Einwohner
eine sehr seltene Abflussstörung der Lebervenen. Diese Abflussstörung kann ihren
Ursprung auf Höhe der kleinen oder großen Lebervenen und/oder der V. cava inferior
haben [18] (Abb. 3 und 4).
P Das Budd-Chiari-Syndrom ist die
zweithäufigste vaskuläre Erkrankung
der Leber und häufig Erstmanifestation
eines myeloproliferativen Syndroms.
Abb. 3
Primäres Budd-Chiari-Syndrom bedingt durch eine fibromuskuläre
Membran („web structure“) der V. cava inferior.
6
Fall 2: Akutes Budd-Chiari-Syndrom als Erstmanifestation einer Polycythemia vera.
Computertomografie, Angiografie und Sonografie eines 36-jährigen Patienten ohne Vorerkrankungen mit seit
2 Wochen zunehmenden Oberbauchschmerzen, einer Zunahme des Bauchumfangs mit Druck- und Spannungsgefühl und Dyspnoe bei flachem Liegen. Laborchemisch zeigten sich eine Polyglobulie mit einem Hb-Wert
von 20,6 g/dl, einem Hämatokritwert von 59,7% und erhöhte Leberwerte mit einer GOT von 60 IU/l, einer GPT
von 68 IU/l, einer GGT von 81 IU/l und einem Bilirubinwert von 2,9 mg/dl. A Computertomografisch zeigte
sich eine inhomogene Kontrastierung des Leberparenchyms und B eine fehlende Darstellung der Leber­
venen. Nach Diagnose eines primären BCS mit Verschluss der großen Lebervenen erfolgte eine unmittelbare
Antikoagulation mit Heparin. Bei Therapieversagen der Antikoagulation mit steigenden Leberwerten und
einer Verschlechterung des Allgemeinzustands erfolgte der Entschluss zur TIPS-Anlage. C Angiografische
Darstellung der TIPS-Anlage, D sonografische und dopplersonografische Darstellung des TIPS und E com­
putertomografische Darstellung des TIPS als Verbindung zwischen Pfortadersystem und V. cava inferior.
Die Abklärung ergab als Ursache den Nachweis der JAK-2-Mutation V617F in Blut und Knochenmark und
einen Knochenmarksbefund passend zu einer Polycythemia vera.
Abb. 4
Ein primäres Budd-Chiari-Syndrom, dessen Ursache eine Thrombose der Lebervenen
oder eine fibromuskuläre Membran („web structure“) der V. cava inferior ist (s. Abb. 3
und 4), wird von einem sekundären Budd-Chiari Syndrom, das seinen Ursprung in
Obstruktion oder Kompression der Lebervenen oder der V. cava inferior durch einen
benignen oder malignen Tumor hat, unterschieden. In mehr als 80% der Patienten
kann die Ursache diagnostiziert werden [18]. Ursachen des primären BCS sind, wie bei
der Pfortaderthrombose, Erkrankungen, die mit einer Thrombophilie oder Hyperkoagulabilität einhergehen (s. Tab. 2). In mehr als 50% der Fälle findet sich ursächlich eine
myeloproliferative Erkrankung, häufig in Kombination mit einer weiteren Blutgerinnungsstörung [7, 8, 18]. Ein HCC, Lebermetastasen sowie renale und adrenale Adenokarzi­
nome können ebenso wie ein Echinokokkus durch eine Infiltration der Lebervenen ein
sekundäres BCS bedingen. Zysten, Abszesse und benigne Lebertumoren können
durch Kompression des venösen Ausflusstrakts zu einem sekundären BCS führen.
Die Klinik ist vielfältig und reicht von einem asymptomatischen Zufallsbefund bis hin
zu einem akuten lebensbedrohlichen Leberversagen. Man unterscheidet je nach Klinik
und Schweregrad 4 Kategorien des BCS: das akute, fulminante, das akute, das subakute und das chronische BCS. Das akute, fulminant verlaufende BCS ist mit einer
Häufigkeit von 5% selten und ist durch ein akutes Leberversagen gekennzeichnet. Das
akute BCS entwickelt sich in 20% der Fälle über wenige Wochen und ist durch rechtsseitige Oberbauchschmerzen, eine Hepatomegalie und Zeichen der hydropischen
Dekompensation gekennzeichnet. Ein sehr langsamer über Monate dauernder Verlauf ist die häufigste Manifestation und wird als subakutes BCS bezeichnet. Patienten
mit chronischem BCS fallen durch Komplikationen einer portalen Hypertension, gas­
7
trointestinale Blutungen, eine hepatische Enzephalopathie und Zeichen der hydro­
pischen Dekompensation auf. Ursächlich für einen subakuten und chronischen Verlauf
ist die rasche kompensatorische Ausbildung venöser Kollateralen.
Die Diagnose eines BCS wird in der Regel mittels B-Bild- und Dopplersonografie
(Sensitivität ca. 90%) gestellt. Ein typisches, aber unspezifisches Zeichen ist in ca. 75%
der Fälle eine Hepatomegalie mit Hypertrophie des Lobus caudatus. Spezifischer sind
die Darstellung intrahepatischer venöser Kollateralen, das Fehlen der größeren Lebervenen, Stenosen, Wandverdickungen, Thromben der Lebervenen, eine Membran in
der V. cava inferior und fehlende, retrograde oder turbulente Flusssignale der Leber­
venen. CT und MRT sind der Sonografie nicht überlegen. Goldstandard zur Diagnose
des BCS ist die Angiografie, die aufgrund ihrer Invasivität nur bei unklaren Befunden
empfohlen wird [7]. Alle Patienten sollten auf prädisponierende Risikofaktoren und
Komplikationen einer portalen Hypertension untersucht werden (s. Tab. 2) [7, 8].
Die Therapie richtet sich nach den in den Jahren 2002 und 2005 erstellten Expertenempfehlungen, die 2009 von der AASLD (American Association for the Study of Liver
Diseases) zusammengefasst wurden [7, 19, 20]. Die Empfehlungen basieren auf kleinen
retrospektiven Studien, da große kontrollierte randomisierte Studien fehlen. Neben
der Behandlung möglicher Risikofaktoren wie myeloproliferativer Erkrankungen und
den Komplikationen der portalen Hypertension entsprechend der dortigen Leitlinien,
ist die therapeutische Antikoagulation mittels niedermolekularer Heparine und
Phenprocoumon Grundlage der Therapie des BCS. Eine Angioplastie mit/oder ohne
Stenting wird bei Patienten mit einer interventionell gut behandelbaren Stenose der
V. cava inferior oder größerer Lebervenen empfohlen. Bei ausbleibender Besserung
oder Verschlechterung der Leberfunktion unter Antikoagulation ist eine TIPS-Anlage,
ggf. auch als Bridging für eine Lebertransplantation empfohlen. Die-TIPS-Anlage bei
BCS-Patienten ist schwierig, kann je nach Erfahrung des Zentrums aber in mehr als
90% erfolgreich verlaufen. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach TIPS-Anlage ist mit 84%
sehr gut [8, 21, 22]. Bei Patienten mit fulminantem Leberversagen, Unmöglichkeit einer
TIPS-Anlage und fehlender Besserung nach TIPS-Anlage ist die Lebertransplantation
die Therapie der Wahl.
Eine schrittweise Behandlungsstrategie, entsprechend der oben genannten Empfehlung, hat zu einer 5-Jahres-Überlebensrate von 90% geführt [8, 22].
Sinusoidales Obstruktionssyndrom (SOS)/veno-occlusive disease (VOD)
Das sinusoidale Obstruktionssyndrom (SOS) bzw. die veno-occlusive disease (VOD) ist
eine sehr seltene Erkrankung, bedingt durch einen nicht-thrombotischen Verschluss der
kleinen Lebersinusoide und Lebervenolen. Eine akute, toxische Endothelschädigung
führt über einen Zelluntergang und einen Verschluss der Lebersinusoide zu einer
Obstruktion der postsinusoidalen Ausflussbahn. Die häufigste Ursache ist mit einer
Inzidenz von 14–50% eine myeloablative Chemotherapie vor geplanter Stammzelltransplantation [8, 23]. Therapieregime mit Cyclophosphamid, Busulfan, Melphalan in
Kombination mit einer Hochdosisbestrahlung gehen mit einem hohen Risiko einher.
Weitere Ursachen sind pflanzliche Alkaloide (Pyrrolizidinalkaloide), eine hoch dosierte
Bestrahlung der Leber und Medikamente wie Gemtuzumab, 6-Mercaptopurin, Actino­
mycin D, Dacarbazin, Oxaliplatin zur Behandlung solider Tumoren sowie Azathioprin
und Tacrolimus zur Immunsuppression.
P Das sinusoidale Obstruktions­
syndrom ist ein seltener, nicht-thrombotischer Verschluss der Lebersinusoide
und Lebervenolen. Es ist eine schwerwiegende Komplikation der myeloablativen
Therapie vor Stammzelltransplantation.
Das klinische Spektrum umfasst einen asymptomatischen Verlauf bis hin zu einem
akuten Leberversagen mit Todesfolge. Typische klinische Symptome sind eine Gewichtszunahme, rechtsseitige Oberbauchschmerzen, eine Hepatomegalie und ein Ikterus.
Es wird eine milde, selbstlimitierende Verlaufsform bei bis zu 80% der Patienten von
einer moderaten und schweren Verlaufsform bei bis zu 27% der Patienten unterschieden [23, 24].
Die Diagnose eines SOS ist schwierig und basiert auf klinischen Kriterien (Seattle-Krite­
rien und Baltimore-Kriterien) und unterstützenden Befunden der B-Bild- und Dopplersonografie [25, 26]. Gemäß der Seattle- und Baltimore-Kriterien müssen zur Diagnose
8
eines SOS 2 der folgende Charakteristika innerhalb der ersten 20 Tage nach Transplantation zutreffen: (1) Bilirubinwert > 2 mg/dl, (2) Hepatomegalie oder rechtsseitige Oberbauchschmerzen, (3) mehr als 2% Gewichtszunahme im Rahmen einer hydropischen
Dekompensation im Rahmen der Seattle-Kriterien und mehr als 5% Gewichtszunahme
und Aszites im Rahmen der Baltimore-Kriterien [25, 26]. Der Nachweis einer Hepatomegalie und eines Aszites sowie der Ausschluss einer Cholestase in der B-Bild-Sonografie, ein reduzierter oder retrograder Pfortaderfluss und ein erhöhter Resistive Index
(RI) der Arteria hepatica in der Dopplersonografie unterstreichen die Diagnose [7].
Goldstandard sind die Messung des portalvenösen Druckgradienten und die Leber­
biopsie [27].
Da es keinen kurativen oder einheitlichen Therapieansatz gibt und die Mortalität hoch
ist, hat die Prävention höchste Priorität. Die Kenntnis und Reduktion der 2 Hauptrisikofaktoren hat zu einer reduzierten Inzidenz geführt: (1) eine Änderung und Anpassung
myeloablativer Chemotherapien und (2) eine verbesserte Patientenselektion. Eine
vorherige Gabe von Gemtuzumab, ein stattgehabtes SOS, Lebererkrankungen wie die
chronische HCV- und HBV-Infektion, eine Leberzirrhose, eine Leberfibrose im Sinne
einer ASH (alkoholische Steatohepatitis) oder einer NASH (nicht-alkoholische Steatohepatitis) sind die häufigsten Risikofaktoren. Die Gabe von Ursodesoxycholsäure, die
zusätzliche Reduktion hepatotoxischer Medikamente und frühzeitige supportive Maßnahmen wie eine aggressive Flüssigkeitsbilanzierung im Rahmen eines manifesten SOS
gehören zu den wesentlichen Präventions- und Therapiestrategien [24]. Die Gabe von
Defibrotiden und Prostaglandin E1 bei einem manifesten SOS scheint ein Therapie­
ansatz zu sein, gehört jedoch aufgrund fehlender, valider Daten nicht zur Standardtherapie [7, 23, 24].
Die Prognose des SOS ist schlecht. Bei bis zu 27% der Patienten liegt eine schwere
Verlaufsform vor, die im Rahmen eines Multiorganversagens in ca. 84% zum Tode führt
[23, 24].
Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)
Der transjuguläre intrahepatische portosystemische Shunt (TIPS) ist eine iatrogene,
angiografisch angelegte Kurzschlussverbindung mittels eines Metallstents zwischen
einer Lebervene – meist der rechten Lebervene – und der Pfortader zur Behandlung
der portalen Hypertension und vaskulärer Lebererkrankungen (s. Abb. 4). Die Erfolgsquote ist heute, mehr als 25 Jahre nach der ersten TIPS-Anlage, hoch mit einer Senkung
des portalvenösen Druckgradienten auf Werte < 12 mmHg bei > 95% der Patienten
und einer klinischen Besserung bei > 90% der Patienten [28]. Die Mortalitäts- und
Komplikationsrate ist aufgrund einer strengen Indikationsstellung und Patientenselek­
tion an erfahrenen Zentren mit 1,4% niedrig [28, 29].
P Der TIPS gehört neben der Therapie
der portalen Hypertension zu den
wesentlichen Therapiestrategien
der Zirrhose-assoziierten Pfortader­
thrombose und des Budd-ChiariSyndroms.
Vor einer geplanten TIPS-Anlage sollten eine Abdomen- und Dopplersonografie sowie
eine Echokardiografie durchgeführt werden. Eine TIPS-Anlage ist beim Vorliegen einer
Infektion und Sepsis, bei multiplen Leberzysten, bei einer mittel- oder hochgradigen
pulmonalen Hypertonie und einer mittel- bis hochgradigen Herzerkrankung kontra­
indiziert. Relative Kontraindikationen sind ein höheres Alter, ein Bilirubinwert > 3 mg/dl,
eine hepatische Enzephalopathie, ein MELD-Score > 18 und eine Pfortaderthrombose
[28, 29]. Zu den häufigsten Komplikationen einer TIPS-Anlage gehören mit bis zu 48%
die hepatische Enzephalopathie, mit ca. 33% die transkapsuläre Punktion mit intra­
peritonealer Blutung in 1–3% der Patienten und mit ca. 15% die TIPS-Dysfunktion durch
eine Instentthrombose oder eine pseudointimale Hyperplasie und eine Stentmigra­
tion. Die transkapsuläre Punktion kann durch eine sonografisch gesteuerte Punktion
vermindert werden. Die Rate der Stentdysfunktion und -migration hat sich durch die
Entwicklung moderner, gecoverter Stents signifikant reduziert [28, 29].
Zu den Hauptindikationen gehören, nach Ergebnissen randomisierter kontrollierter
Studien, die Sekundärprävention der therapierefraktären Varizenblutung und die Behandlung des therapierefraktären Aszites. Weitere Indikationen sind die akute, therapierefraktäre Varizenblutung, der hepatische Hydrothorax, das hepatorenale Syndrom
Typ 1 und 2 und das BCS. Grundlage sind nicht-randomisierte unkontrollierte Studien
9
[28, 29]. Die Mortalität und Blutungsrate ist bei rezidivierender Varizenblutung nach
TIPS-Anlage oder konservativer und endoskopischer Therapie gleich hoch. Das Auftreten einer hepatischen Enzephalopathie ist nach TIPS-Anlage signifikant häufiger.
Eine TIPS-Anlage zur Sekundärprävention der Varizenblutung ist daher nur bei therapierefraktärem Verlauf sinnvoll und indiziert. Im Rahmen einer therapierefraktären akuten
Ösophagusvarizenblutung hat sich gezeigt, dass eine TIPS-Anlage bei Risikopatienten
mit einer Leberzirrhose Child-Pugh-Stadium B oder C zu einer signifikant niedrigeren
Reblutungsrate, einem besseren Überleben und einem signifikant niedrigeren Auf­
treten einer hepatischen Enzephalopathie führt. Eine TIPS-Anlage zur Behandlung des
therapierefraktären Aszites führt zu einer signifikant niedrigeren Parazenteserate mit
niedrigerem Risiko einer spontan bakteriellen Peritonitis und einer niedrigeren Rate
einer Ösophagusvarizenblutung oder eines hepatorenalen Syndroms. Das Überleben
dieser Patienten ist signifikant länger [28, 29].
Leberinfarkt und ischämische Cholangiopathie
Isolierte Erkrankungen der Leberarterien wie der Leberinfarkt und die ischämische
Cholangiopathie sind aufgrund der Luxusperfusion der Leber mit einer dualen Blutversorgung über die Pfortader und die A. hepatica und die rasche Ausbildung von
Kollateralen sehr selten [8, 30]. Die Stenose und Thrombose der A. hepatica wird mit
einer Inzidenz von 3–9% vor allem im Zusammenhang mit einer orthotopen Lebertransplantation beschrieben und ist hier die häufigste Ursache für einen Transplantatverlust und eine erhöhte Mortalität [31, 32].
P Der Leberinfarkt und die ischämische
Cholangiopathie sind sehr seltene
Folgen eines Verschlusses der
A. hepa­tica, hauptsächlich im Rahmen
einer Lebertransplantation.
Leberinfarkt
Der Verschluss eines intrahepatischen, meist rechtsseitigen Astes der A. hepatica kann
zu einem Leberinfarkt führen. Häufigste Ursache ist die Lebertransplantation. Weitere
Ursachen können eine Verletzung der A. hepatica im Rahmen einer Cholezystektomie,
eine Atherosklerose, eine Thrombophilie und Hyperkoagulabilität, eine thromboembo­
lische Genese im Rahmen einer Endokarditis oder eines Tumors, Komplikationen einer
Chemoembolisation oder Radiofrequenzablation oder Folgen einer Systemerkrankung
wie einer Sichelzellanämie und einer Panarteritis nodosa sein. Die Klinik ist unspezifisch, meist asymptomatisch. Laborchemisch kann es zu deutlich erhöhten Transaminasen kommen. Computertomografisch zeigt sich eine keilförmige hypodense Lä­
sion. Eine spezifische Therapie gibt es nicht. Wichtig ist die Diagnostik und Therapie
der Ursachen und das Verhindern von Komplikationen wie einem Leberabszess.
Ischämische Cholangiopathie
Das Gallengangsystem wird ausschließlich durch die A. hepatica perfundiert. Trotzdem
führt der Verschluss der A. hepatica bei lebergesunden Patienten durch die rasche
Ausbildung von Kollateralen in der Regel nicht zu einer ischämischen Cholangiopathie
[8]. Die ischämische Cholangiopathie ist durch fokale oder diffuse Schädigungen und
Strikturen der Gallenwege gekennzeichnet. Häufigste Ursache ist eine Lebertransplantation. Weitere Auslöser sind eine iatrogene, operative Verletzungen der A. hepatica,
eine lokale Chemotherapie und Chemoembolisation und eine Thrombophilie und
Hyperkoagulabi­lität [8]. Die Klinik ist von der klassischen Symptomatik einer Cholestase
mit Ikterus, bierbraunem Urin, acholischen Stühlen und erhöhten Cholestaseparametern
gekennzeichnet. Die Diagnostik ist schwierig und bestimmt durch den Ausschluss einer
mechanischen Cholestase. Die Darstellung der Gallenwege mittels MRT oder ERCP ist
die Methode der Wahl. Hier zeigen sich multiple Strikturen und perlschnurartige Veränderungen der Gallenwege. Mittels Dopplersonografie und CT kann eine Stenose
der A. hepatica, vor allem im Rahmen einer Lebertransplantation, diagnostiziert werden. Wesentliche Differenzialdiagnosen sind eine primär sklerosierende Cholangitis,
eine IgG4-assoziierte Cholangiopathie und ein diffuses cholangiozelluläres Karzinom.
Die therapeutischen Möglichkeiten sind im Zusammenhang mit einer Lebertransplantation beschrieben. Neben Dilatation und Stenting der A. hepatica ist eine endoskopische oder perkutane Drainage der Gallenwege wesentlich [8]. Die ischämische
10
Cholangiopathie ist im Rahmen der Lebertransplantation eine schwerwiegende Komplikation, die in bis zu 50% der betroffenen Patienten zu einer Retransplantation oder
zum Tode führt [8].
Vaskuläre Malformationen
Vaskuläre Malformationen der Leber sind sehr seltene atypische Kurzschlussverbindungen zwischen den Lebergefäßen. Es werden 3 Arten unterschieden: (1) der arteriovenöse Shunt zwischen Leberarterie und Lebervene, (2) der arterioportale Shunt
zwischen Leberarterie und Pfortader und (3) der portalvenöse oder portosystemische Shunt zwischen Pfortader und dem venösen Kreislauf. Die Mehrzahl ist angeboren, entweder als isolierte Form oder im Rahmen der autosomal-dominanten hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie, dem Morbus Osler-Weber-Rendu. Wesentlich
seltener ist ein meist iatrogen bedingter Erwerb der Shuntverbindungen im Rahmen
einer Leberzirrhose, eines HCC, nach einem Trauma, einer Leberbiopsie, einer Operation oder perkutanen Cholangiografie. Häufig findet sich eine Assoziation der Shuntverbindungen mit Leberraumforderungen wie der regenerativen nodulären Hyperplasie, einem diffusen, knotigen Umbau der Leber unter Erhalt der Portalfelderung
und einer fokal nodulären Hyperplasie [7].
P Vaskuläre Malformationen sind
überwiegend kongenital bedingte
Kurzschlussverbindungen zwischen
den Lebergefäßen.
Angeborene arteriovenöse, arterioportale und portosystemische Shunts
Angeborene arteriovenöse Shunts fallen durch eine Herzinsuffizienz („High-output
Failure“) bereits im Neugeborenenalter auf. Angeborene arterioportale Shunts sind
durch das Auftreten einer portalen Hypertension innerhalb des ersten Lebensjahres
gekennzeichnet. Portosystemische Shunts sind häufig ein Zufallsbefund. Größere
Shunts können bereits innerhalb der ersten Lebensjahre durch eine Hyperammonämie mit Müdigkeit, mentaler Retardierung und hepatischer Enzephalopathie symptomatisch werden.
Morbus Osler-Weber-Rendu
Der Morbus Osler-Weber-Rendu ist eine seltene autosomal-dominante Erbkrankheit,
die durch Teleangiektasien der Haut und Schleimhaut, durch viszerale arteriovenöse
Shunts und Shunts von Lunge, Leber und Gehirn gekennzeichnet ist. Alle 3 Arten von
Shunts (arteriovenös, arterioportal sowie portalvenös und -systemisch) treten diffus verteilt auf. Etwa 75% aller Patienten mit Morbus Osler-Weber-Rendu weisen Shunts der
Lebergefäße auf, aber nur 8% dieser Patienten fallen durch eine Herzinsuffizienz, eine
„High-output Failure“, durch eine portale Hypertension und eine biliäre Symptomatik
klinisch auf [7].
Fazit
Vaskuläre Lebererkrankungen sind sehr seltene und unterschiedliche Erkrankungen.
Sie können in jedem Lebensalter auftreten und sind meist durch eine unspezifische
Symptomatik gekennzeichnet. Unbehandelt und unerkannt sind sie mit einer hohen
Morbidität und Mortalität vergesellschaftet. Die Diagnose kann häufig anhand von
Klinik, B-Bild- und Dopplersonografie einfach gestellt werden. Aus diesem Grund sind
die Kenntnis dieser Erkrankungen und ihre Differenzialdiagnose bei unspezifischer
abdominaler Symptomatik wesentlich.
11
Zu empfehlende Literatur
Literatur
1 Rajani R, Björnsson E, Bergquist A, Danielsson A, Gustavsson A, Grip O, et al.
The epidemiology and clinical features of portal vein thrombosis: a multicentre study.
Aliment Pharmacol Ther. 2010;32(9):1154–62.
2 Rajani R, Melin T, Björnsson E, Broomé U, Sangfelt P, Danielsson A, et al.
Budd-Chiari syndrome in Sweden: epidemiology, clinical characteristics and
survival – an 18-year experience.
Liver Int. 2009;29(2):253–9.
3 Ogren M, Bergqvist D, Björck M, Acosta S, Eriksson H, Sternby NH.
Portal vein thrombosis: prevalence, patient characteristics and lifetime risk:
a population study based on 23,796 consecutive autopsies.
World J Gastroenterol. 2006;12(13):2115–9.
4 Pirisi M, Avellini C, Fabris C, Scott C, Bardus P, Soardo G, et al.
Portal vein thrombosis in hepatocellular carcinoma: age and sex distribution
in an autopsy study.
J Cancer Res Clin Oncol. 1998;124(7):397–400.
5 Tsochatzis EA, Senzolo M, Germani G, Gatt A, Burroughs AK.
Systematic review: portal vein thrombosis in cirrhosis.
Aliment Pharmacol Ther. 2010;31(3):366–74.
6 Maruyama H, Okugawa H, Takahashi M, Yokosuka O.
De novo portal vein thrombosis in virus-related cirrhosis: predictive factors
and long-term outcomes.
Am J Gastroenterol. 2013;108(4):568–74.
7 DeLeve LD, Valla DC, Garcia-Tsao G; American Association for the Study
Liver Diseases.
Vascular disorders of the liver.
Hepatology. 2009;49(5):1729–64.
8 Plessier A, Rautou PE, Valla DC.
Management of hepatic vascular diseases.
J Hepatol. 2012;56 Suppl 1:S25–38.
9 Plessier A, Darwish-Murad S, Hernandez-Guerra M, Consigny Y, Fabris F,
Trebicka J, et al.
Acute portal vein thrombosis unrelated to cirrhosis: a prospective multicenter
follow-up study.
Hepatology. 2010;51(1):210–8.
10 Bach AM, Hann LE, Brown KT, Getrajdman GI, Herman SK, Fong Y, et al.
Portal vein evaluation with US: comparison to angiography combined
with CT arterial portography.
Radiology. 1996;201(1):149–54.
11 Tessler FN, Gehring BJ, Gomes AS, Perrella RR, Ragavendra N, Busuttil RW, et al.
Diagnosis of portal vein thrombosis: value of color Doppler imaging.
AJR Am J Roentgenol. 1991;157(2):293–6.
12 Rossi S, Rosa L, Ravetta V, Cascina A, Quaretti P, Azzaretti A, et al.
Contrast-enhanced versus conventional and color Doppler sonography
for the detection of thrombosis of the portal and hepatic venous systems.
AJR Am J Roentgenol. 2006;186(3):763–73.
12
13 Condat B, Pessione F, Helene Denninger M, Hillaire S, Valla D.
Recent portal or mesenteric venous thrombosis: increased recognition and
frequent recanalization on anticoagulant therapy.
Hepatology. 2000;32(3):466–70.
Literatur
14 Hall TC, Garcea G, Metcalfe M, Bilku D, Dennison AR.
Management of acute non-cirrhotic and non-malignant portal vein thrombosis:
a systematic review.
World J Surg. 2011;35(11):2510–20.
15 Delgado MG, Seijo S, Yepes I, Achécar L, Catalina MV, García-Criado A, et al.
Efficacy and safety of anticoagulation on patients with cirrhosis and portal
vein thrombosis.
Clin Gastroenterol Hepatol. 2012;10(7):776–83.
16 Qi X, Han G, Fan D.
Degree of portal vein thrombosis might be associated with recanalization
during anticoagulation.
Clin Gastroenterol Hepatol. 2012;10(7):820.
17 Luca A, Miraglia R, Caruso S, Milazzo M, Sapere C, Maruzzelli L, et al.
Short- and long-term effects of the transjugular intrahepatic portosystemic
shunt on portal vein thrombosis in patients with cirrhosis.
Gut. 2011;60(6):846–52.
18 Ludwig J, Hashimoto E, McGill DB, van Heerden JA.
Classification of hepatic venous outflow obstruction: ambiguous terminology
of the Budd-Chiari syndrome.
Mayo Clin Proc. 1990;65(1):51–5.
19 de Franchis R.
Evolving consensus in portal hypertension. Report of the Baveno IV consensus
workshop on methodology of diagnosis and therapy in portal hypertension.
J Hepatol. 2005;43(1):167–76.
20 Janssen HL, Garcia-Pagan JC, Elias E, Mentha G, Hadengue A, Valla DC, et al.
Budd-Chiari syndrome: a review by an expert panel.
J Hepatol. 2003;38(3):364–71.
21 Garcia-Pagán JC, Heydtmann M, Raffa S, Plessier A, Murad S, Fabris F, et al.
TIPS for Budd-Chiari syndrome: long-term results and prognostic factors
in 124 patients.
Gastroenterology. 2008;135(3):808–15.
22 Plessier A, Valla DC.
Budd-Chiari syndrome.
Semin Liver Dis. 2008;28(3):259–69.
23 Norvell JP.
Liver disease after hematopoietic cell transplantation in adults.
Transplant Rev (Orlando). 2015;29(1):8–15.
24 Johnson DB, Savani BN.
How can we reduce hepatic veno-occlusive disease-related deaths after allogeneic
stem cell transplantation?
Exp Hematol. 2012;40(7):513–7.
25 Jones RJ, Lee KS, Beschorner WE, Vogel VG, Grochow LB, Braine HG, et al.
Venoocclusive disease of the liver following bone marrow transplantation.
Transplantation. 1987;44(6):778–83.
13
26 McDonald GB, Hinds MS, Fisher LD, Schoch HG, Wolford JL, Banaji M, et al.
Veno-occlusive disease of the liver and multiorgan failure after bone marrow
transplantation: a cohort study of 355 patients.
Ann Intern Med. 1993;118(4):255–67.
Literatur
27 Shulman HM, Gooley T, Dudley MD, Kofler T, Feldman R, Dwyer D, et al.
Utility of transvenous liver biopsies and wedged hepatic venous pressure
measurements in sixty marrow transplant recipients.
Transplantation. 1995;59(7):1015–22.
28 Boyer TD, Haskal ZJ; American Association for the Study of Liver Diseases.
The Role of Transjugular Intrahepatic Portosystemic Shunt (TIPS) in the Management
of Portal Hypertension: update 2009.
Hepatology. 2010;51(1):306.
29 Rössle M.
TIPS: 25 years later.
J Hepatol. 2013;59(5):1081–93.
30 Louvet A, Texier F, Dharancy S, Pruvot FR, Sergent G, Deltenre P, et al.
Anticoagulation therapy may reverse biliary abnormalities due to acute portal
thrombosis.
Dig Dis Sci. 2006;51(1):11–7.
31 Müller SA, Schmied BM, Mehrabi A, Welsch T, Schemmer P, Hinz U, et al.
Feasibility and effectiveness of a new algorithm in preventing hepatic artery
thrombosis after liver transplantation.
J Gastrointest Surg. 2009;13(4):702–12.
32 Pareja E, Cortes M, Navarro R, Sanjuan F, López R, Mir J.
Vascular complications after orthotopic liver transplantation:
hepatic artery thrombosis.
Transplant Proc. 2010;42(8):2970–2.
14
Fragen zu vaskulären Erkrankungen
der Leber
Frage 1:
Welches ist die häufigste vaskuläre Erkrankung der Leber?
Leber und
Gallenwege
Die Pfortaderthrombose
Das sinusoidale Obstruktionssyndrom (SOS)
Der Leberinfarkt
Die ischämische Cholangiopathie
Vaskuläre Malformationen
Frage 2:
Welche Aussage zur kavernösen Transformation der Pfortader
trifft zu?
Sie entsteht bei einer akuten Pfortaderthrombose
Sie ist ein chronischer Verschluss der Pfortader mit Ausbildung paraportaler
variköser Venen
Sie entsteht nur bei einer Zirrhose-assoziierten Pfortaderthrombose
Sie ist die häufigste Form der Pfortaderthrombose
Sie ist die am besten behandelbare Form der Pfortaderthrombose
Frage 3:
Was ist die häufigste Ursache der Pfortaderthrombose?
Falk
Gastro-Kolleg
Bitte beachten Sie:
Bei der Beantwortung der Fragen
ist immer nur 1 Antwort möglich.
Die Beantwortung der Fragen und
Erlangung des Fortbildungszertifikats
ist nur online möglich.
Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage
www.falkfoundation.de.
Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg
können Sie sich anmelden und die Fragen
beantworten.
Bitte diesen Fragebogen nicht
per Post oder Fax schicken!
Eine Thrombophilie oder Hyperkoagulabilität
Die Einnahme von Kontrazeptiva
Eine Leberzirrhose
Eine Schwangerschaft
Eine intra-abdominale Infektion
Frage 4:
Welche Aussage zum Budd-Chiari-Syndrom (BCS) trifft nicht zu?
Es gehört mit der Pfortaderthrombose zu den häufigsten vaskulären Erkrankungen
der Leber
Ursächlich ist ein Verschluss der kleinen oder großen Lebervenen
Ursächlich ist ein Verschluss der Vena cava inferior
Ursächlich ist ein Verschluss der Lebersinusoide und Lebervenolen
Die Antikoagulation ist die Grundlage der Behandlungsstrategie des BCS
Frage :
Welche Aussage zum BCS trifft zu?
Wichtig:
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Ein BCS verläuft immer symptomatisch
Zu den gefürchtetsten Komplikationen gehört die intestinale Ischämie
Die Diagnose wird immer mittels Angiografie gestellt
Der TIPS gehört zu den Behandlungsmöglichkeiten eines BCS
Das BCS kann nur mittels Antikoagulation und Lebertransplantation behandelt
werden
Falk Gastro-Kolleg
15
Frage :
Welche Aussage zum SOS trifft nicht zu?
Es ist ein nicht-thrombotischer, toxischer Verschluss der Lebersinusoide und
Lebervenolen
Häufigste Ursache des SOS ist eine myeloablative Chemotherapie vor Stammzelltransplantation
Häufigste Ursache ist die Lebertransplantation
Die Klinik ist vielfältig und reicht von einem asymptomatischen Verlauf bis hin
zu einem akuten Leberversagen
Die Prävention des SOS hat höchste Priorität, da es keine kurative oder einheitliche
Therapie gibt
Falk
Gastro-Kolleg
Leber und
Gallenwege
Frage :
Was gehört nicht zur Therapie des SOS?
Die Gabe von Ursodesoxycholsäure
Die Reduktion hepatotoxischer Medikamente
Eine supportive Therapie mit aggressiver Flüssigkeitsbilanzierung
Die TIPS-Anlage
Die Gabe von Defibrotiden
Frage :
Was ist eine Kontraindikation für eine TIPS-Anlage?
Die Sekundärprävention der therapierefraktären Ösophagusvarizenblutung
Das hepatorenale Syndrom
Therapierefraktärer Aszites im Rahmen einer Leberzirrhose
Das BCS
Therapierefraktärer Aszites im Rahmen einer Herzinsuffizienz
Bitte beachten Sie:
Bei der Beantwortung der Fragen
ist immer nur 1 Antwort möglich.
Die Beantwortung der Fragen und
Erlangung des Fortbildungszertifikats
ist nur online möglich.
Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage
www.falkfoundation.de.
Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg
können Sie sich anmelden und die Fragen
beantworten.
Bitte diesen Fragebogen nicht
per Post oder Fax schicken!
Frage :
Was ist die häufigste und gefürchtetste Komplikation der
TIPS-Anlage?
Die hepatische Enzephalopathie
Die transkapsuläre Punktion
Die intra-abdominale Blutung
Die Infektion
Die Stentmigration
Frage 1:
Welche Erkrankung wird durch einen Verschluss der Arteria
hepatica bedingt?
Der arterioportale und arteriovenöse Shunt
Die portale Cholangiopathie
Die ischämische Cholangiopathie
Das SOS
Das BCS
Wichtig:
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Falk Gastro-Kolleg
16