Studie Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich Eine bayme vbm Studie, erstellt vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Stand: August 2015 www.baymevbm.de Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Vorwort X Vorwort Deutsche Unternehmen müssen viel Entgelt für arbeitsfreie Tage zahlen Die bayerische und deutsche M+E Industrie muss sehr hohe Arbeitskosten schultern. Dabei werden die Kosten nicht nur vom eigentlichen Entgelt, sondern auch von den sog. Personalzusatzkosten beeinflusst, die der Arbeitgeber zusätzlich zu tragen hat. In unserer Studie hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln im Auftrag von bayme vbm sowohl Höhe als auch Struktur der Personalzusatzkosten in der europäischen M+E Industrie untersucht. In der deutschen M+E-Industrie betrug die Zusatzkostenquote bezogen auf das Direktentgelt für geleistete Arbeit im Jahr 2012 77,4 Prozent – das war der fünfthöchste Wert im europäischen Vergleich. Im EU-Schnitt lag die Zusatzkostenquote um 5,3 Punkte niedriger. Verantwortlich für den hohen Wert sind weniger die Sozialversicherungsbeiträge als das sehr umfangreiche Entgelt für arbeitsfreie Tage. Das wiederum liegt daran, dass die Arbeitnehmer hierzulande die europaweit meisten Urlaubs- und Feiertage haben. Im Schnitt steht dadurch nicht einmal drei Viertel des Bruttoentgelts eine unmittelbare Arbeitsleistung entgegen. Dies macht es den heimischen Unternehmen und ihren Beschäftigten weitaus schwerer als für unsere Nachbarn, Lohn- und Kostenerhöhungen durch entsprechende Produktivitätssteigerungen zu kompensieren. Schon seit längerem kann die Produktivität nicht mit den Kostensteigerungen mithalten. Das erhöht die Lohnstückkosten und verschlechtert unsere Wettbewerbsfähigkeit. Noch ein weiteres Dilemma legt die Studie offen: In kaum einem anderen Land ist der Keil, den Steuern und Abgaben zwischen die von den Arbeitgebern zu tragenden Arbeitskosten und die bei den Arbeitnehmern ankommenden Nettolöhne treiben, größer als in Deutschland. Dies erschwert vor allem die Tarifverhandlungen. Denn Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen über Zielgrößen verhandeln, die sehr weit auseinander liegen. Bertram Brossardt 17. August 2015 Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Inhalt X Inhalt 1 Zusammenfassung ..................................................................................... 1 2 Einleitung .................................................................................................... 3 3 Höhe der Arbeitskosten im internationalen Vergleich ............................ 7 4 Überblick über die Personalzusatzkosten in Europa ............................ 11 5 Bedeutung der Sozialaufwendungen ...................................................... 13 6 Exkurs: Tax Wedge ................................................................................... 17 7 Im Bruttoentgelt enthaltene Personalzusatzkosten ................................. 21 8 Exkurs: Urlaubs- und Feiertage ............................................................... 23 Ansprechpartner / Impressum ..................................................................................... 25 Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 1 Zusammenfassung 1 Zusammenfassung Hohe Personalzusatzkostenquote in Deutschland vor allem wegen Sonderzahlungen und Entgelt für arbeitsfreie Tage Die deutsche Metall- und Elektroindustrie hat laut der letzten Arbeitskostenerhebung des Jahres 2012 mit gut 39 Euro je Stunde innerhalb Europas die sechsthöchsten Arbeitskosten zu tragen. Nur relativ kleine Volkswirtschaften produzieren mit höheren Arbeitskosten als Deutschland. Die Personalzusatzkostenquote Deutschlands – also die Kosten, die zusätzlich zum regelmäßig gezahlten Entgelt für geleistete Arbeitszeit (Direktentgelt) anfallen, in Relation zum Direktentgelt – ist mit 77 Prozent die fünfthöchste innerhalb Europas. Sie liegt damit zwar genau im Durchschnitt des Euroraums, aber klar höher als der EU-Durchschnitt. Dies liegt weniger an den Sozialaufwendungen der Unternehmen, die in Relation zum Bruttoverdienst in Deutschland mit gut 27 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt liegen. Hingegen ist der Teil des Bruttoentgelts, dem keine direkte Arbeitsleistung entgegensteht, in Deutschland vergleichsweise hoch. Das gilt insbesondere für das Entgelt für arbeitsfreie Tage. Deutschland hat insgesamt 40 Urlaubs- und Feiertage, die auf einen Arbeitstag fallen – das sind die meisten Frei-Tage in der EU. Aus der unterdurchschnittlichen Sozialabgabenquote lässt sich nicht schließen, dass das soziale Sicherungssystem in Deutschland besonders effizient organisiert sei. Denn die Finanzierungssysteme der sozialen Sicherung unterscheiden sich international stark – so ist beispielsweise die soziale Sicherung in Dänemark überwiegend über Steuern finanziert. Betrachtet man die gesamte Abgabenschere zwischen den von den Arbeitgebern zu leistenden Arbeitskosten und dem beim Arbeitnehmer ankommenden Nettolohn, ergibt sich für Deutschland ein sehr hoher Wert, der nur von ganz wenigen Ländern überschritten wird. Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 2 Einleitung 3 Einleitung Struktur der Personalkosten ist ein wichtiger Standortfaktor Die Arbeitskosten sind ein wichtiger Standortfaktor. Zwar sind über eine hohe Produktivität auch höhere Arbeitskosten verkraftbar. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch auch, dass hohe Arbeitskosten eine hohe Produktivität erfordern. Zudem sind über Direktinvestitionen auf der „grünen Wiese“ im Ausland hohe Produktivität und niedrige Arbeitskosten prinzipiell kombinierbar, da das produktionstechnische Know how der Mutterfirma – ausreichend qualifizierbares Personal am ausländischen Produktionsstandort vorausgesetzt – und die eingesetzte Technik international mobil sind. Damit ist zumindest ein Teil des heimischen Produktivitätsvorsprungs übertragbar. Neben der absoluten Höhe ist es beispielsweise für Benchmark-Vergleiche oder für die Beurteilung der Kosten eines Zulieferers ebenso wie für Produktionsentscheidungen auch wichtig zu wissen, wie die Struktur der Arbeitskosten aussieht. Gibt es beispielsweise in einem Land besonders hohe Urlaubsansprüche? Wie viel Geld wird zusätzlich zum Entgelt für die soziale Sicherung und für sonstige Extras ausgegeben? Die politische Fragestellung lautet, inwieweit deutsche Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie (M+E-Industrie) stärker als ihre ausländischen Konkurrenten von der Höhe der Personalzusatzkosten, insbesondere für die sozialen Sicherungssysteme, belastet sind. Aufgrund der international unterschiedlichen Finanzierungsregime – die soziale Sicherung wird in manchen Ländern überwiegend aus Steuermitteln finanziert, in anderen vor allem durch die Arbeitgeber und in wieder anderen in der Hauptsache durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge – ist die Arbeitskostenerhebung zur Beurteilung der Kostenbelastung durch die soziale Sicherung aber als alleinige Datengrundlage nur beschränkt geeignet. Daher wird in einem Exkurs die Tax wedge – also die Differenz zwischen Arbeitskosten und Nettolohn – gemäß der OECD-Statistik „Taxing Wages“ international verglichen. Aufgrund der wieder aktueller werdenden Arbeitszeitdiskussion sollen zudem die Kosten für bezahlte arbeitsfreie Zeit gesondert betrachtet und in einem weiteren Exkurs mit der Zahl der Urlaubstage verglichen werden. Die Begrifflichkeiten von Sozialaufwendungen (amtlich: Lohnnebenkosten) und Personalzusatzkosten (amtlich: Personalnebenkosten) sind oft nicht eindeutig definiert und werden in der öffentlichen Diskussion oft durcheinander gebracht oder mit dem Beitragssatz zur Sozialversicherung (von Arbeitnehmern und Arbeitgebern) verwechselt. Deshalb werden in der Tabelle 1 die hier benutzten Definitionen, die sich eng an den Abgrenzungen der amtlichen Arbeitskostenerhebungen orientieren, dargestellt. Die Studie ist so aufgebaut, dass nach dem Vergleich der Höhe der Arbeitskosten je Stunde (Kapitel 3) zunächst ein Überblick über die Personalzusatzkostenquote insgesamt gegeben wird (Kapitel 4) und dann die Sozialaufwendungen als Teil der Personal- 4 Einleitung Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 zusatzkosten näher beschrieben und international verglichen werden (Kapitel 5). Eingefügt wird nachfolgend ein Exkurs zur Tax Wedge, um die Höhe der Sozialleistungsquote besser einordnen zu können (Kapitel 6). Darauf folgt der internationale Vergleich der im Bruttojahresentgelt enthaltenen Personalzusatzkostenkomponenten (Kapitel 8). In einem zweiten Exkurs wird schließlich die Kostenkomponente „Entgelt für arbeitsfreie Zeit“ mit der Anzahl der arbeitsfreien Tage verglichen (Kapitel 8). Tabelle 2 Definition der Personalzusatzkosten und verwandter Begriffe Personalzusatzkosten Amtlicher Begriff: Personalnebenkosten. Die Personalzusatzkosten setzen sich aus vier Teilen zusammen: 1. Vergütung arbeitsfreier Tage (Urlaub, Feiertage, sonstige bezahlte Freizeit (z. B. Sonderurlaub für Umzug, Hochzeit etc.). 2. Sonderzahlungen (zusätzliches Urlaubsgeld, Jahresendbonus, Jubiläumsgratifikationen, vermögenswirksame Leistungen, erfolgs- und leistungsabhängige Sonderzahlungen). 3. Aufwendungen für Vorsorgeeinrichtungen (Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (einschließlich Unfallversicherung), Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung. 4. Sonstige Personalzusatzkosten (z. B. Kosten der Ausund Weiterbildung, Entlassungsentschädigungen, Einstellungskosten, Kosten für betriebliche Einrichtungen) Die ersten beiden Positionen sind auch Bestandeile des Bruttojahresverdienstes. Direktentgelt Auch (regelmäßig gezahltes) Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeitszeit genannt. Das Direktentgelt ergibt sich, wenn man von den Arbeitskosten die Personalzusatzkosten abzieht. Personalzusatzkostenquote Bezeichnet das Verhältnis von Personalzusatzkosten zum Direktentgelt (Personalzusatzkosten in Prozent des Direktentgelts). Sozialaufwendungen Amtlicher Begriff: Lohnnebenkosten. Die Sozialaufwendungen umfassen hier die unter Nr. 3 und Nr. 4 genannten Komponenten der Personalzusatzkosten. Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Einleitung Sozialaufwandsquote Bezeichnet das Verhältnis von Sozialaufwendungen zum Bruttojahresentgelt (Sozialaufwendungen in Prozent des Bruttojahresentgelts). Tax Wedge Als Tax Wedge wird die Lücke zwischen Nettolohn der Arbeitnehmer und Arbeitskosten der Arbeitgeber bezeichnet. Sie umfasst die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung sowie die Einkommensteuer der Arbeitnehmer. Gegengerechnet werden die Transfers zugunsten der Arbeitnehmer (überwiegend für Familien mit Kindern). Die Tax Wedge wird üblicherweise in Prozent der Arbeitskosten ausgewiesen. Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln 5 Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 3 Höhe der Arbeitskosten im internationalen Vergleich 7 Höhe der Arbeitskosten im internationalen Vergleich Deutschland hat europaweit die sechsthöchsten Arbeitskosten Im internationalen Vergleich der industriellen Arbeitskosten belegt Deutschland regelmäßig vordere Plätze. In der Europäischen Union hatten zuletzt lediglich Belgien, Schweden und Dänemark höhere Kosten zu tragen. Außerhalb der EU wurde Deutschland zudem noch von Norwegen und der Schweiz deutlich übertroffen. Die großen Konkurrenten auf dem Weltmarkt hatten 2013 mit Ausnahme Frankreichs dagegen deutliche bis sehr große Vorteile zwischen 25 Prozent (Italien) und 37 Prozent (Japan). Mit der deutlichen Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar fallen die Kostennachteile im transkontinentalen Vergleich aktuell zwar niedriger aus, sie dürften aber auch gegenüber den USA noch immer beträchtlich sein. In der M+E-Industrie belegte Deutschland laut der Arbeitskostenerhebung 2012 in Europa ebenfalls die sechste Position hinter den oben genannten Ländern (vgl. Abb. 1, S. 8). Das sehr wohlhabende Norwegen liegt mit Kosten von fast 60 Euro dabei mit Abstand an erster Stelle, gefolgt von der Schweiz mit 50 Euro. Auf Grund der sehr starken Aufwertung des Schweizer Frankens bei gleichzeitiger Abwertung der Norwegischen Krone könnte sich die Reihenfolge aber inzwischen umgekehrt haben. Innerhalb der EU und des Euroraums belegt Belgien die erste Stelle. Im Durchschnitt sind die Arbeitskosten in der Metall- und Elektroindustrie in der EU jedoch um 29 Prozent niedriger als hierzulande. In Bulgarien belaufen sich die Kosten je Stunde mit 3,56 Euro auf weniger als ein Zehntel des deutschen Werts. Noch deutlich niedriger sind in Europa mit knapp zwei Euro die Arbeitskosten in Albanien. 8 Höhe der Arbeitskosten Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Verim internationalen Vergleich gleich bayme vbm – August 2015 Abbildung 1 Arbeitskosten in der M+E-Industrie im Jahr 2012 in Euro je Stunde Vereinigtes Königreich: Werte wegen unrealistischer Arbeitszeitangaben wie im Verarbeitenden Gewerbnach oben korrigiert; ursprünglicher Wert: 23,49 Euro. Quellen: Eurostat; Institut der deutschen Wirtschaft Köln Der Blick auf die einzelnen Branchen der M+E-Industrie zeigt nicht nur deutliche Niveauunterschiede, sondern auch eine unterschiedliche Reihenfolge im Kosten-Ranking (vgl. Tab. 2, S. 9). So ist Deutschland im Fahrzeugbau mit Kosten von knapp 48 Euro im Jahr 2012 der teuerste Standort in der EU und übertraf auch die Schweiz. Lediglich in Norwegen waren die Arbeitskosten etwas höher. Hier dürfte eine wichtige Rolle spielen, dass in Deutschland viele große Automobilfirmen mit ihren Zentralen ansässig sind. Bei Computern, Elektronik und Optik sind die deutschen Arbeitskosten mit gut 38 Euro indes kaum höher als im Durchschnitt des Euroraums. In dieser Branche haben neben Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 9 Höhe der Arbeitskosten im internationalen Vergleich den Ländern, die in der M+E-Industrie insgesamt vor Deutschland stehen, auch Frankreich, Finnland, Österreich und die Niederlande höhere Arbeitskosten zu tragen. Auch bei den Metallerzeugnissen ist Deutschland, wenngleich mit weit kleineren Abständen, hinter diesen Ländern platziert. Auch der Abstand zum EU- beziehungsweise Euroraum-Durchschnitt ist in dieser Branche weit größer als in der Computerindustrie. Tabelle 3 Arbeitskosten nach Branchen in Euro je Stunde Branche EU Euroraum Deutschland Rang Deutschland Metallerzeugung, -bearbeitung 28,75 34,14 39,74 5 Metallerzeugnisse 21,71 26,28 29,48 8 EDV-Geräte, Elektronik, Optik 30,95 37,37 38,26 8 Elektrische Ausrüstungen 26,67 33,44 38,04 6 Maschinenbau 29,87 34,57 39,11 3 Kraftwagen, Kraftwagenteile 30,24 39,06 47,91 1 Sonstiger Fahrzeugbau 31,55 38,42 41,38 4 Sonstige Waren 23,19 26,75 30,62 5 Reparatur, Installation von Maschinen und Ausrüstungen 26,50 31,56 37,70 5 M+E insgesamt 27,89 33,83 39,45 4 Quelle: Eurostat Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 4 Überblick über die Personalzusatzkosten in Europa 11 Überblick über die Personalzusatzkosten in Europa Deutsche Personalzusatzkostenquote im Schnitt der Eurozone, aber höher als in der EU Die Struktur der Arbeitskosten zu kennen, ist aus Unternehmenssicht wichtig, um ein Benchmark für das eigene Unternehmen zu haben, um ausgehend von den gezahlten Löhnen die Kosten an einem anderen Standort abschätzen zu können und um die Kosten eines (ausländischen) Zulieferers einordnen zu können. Abbildung 2 Personalzusatzkostenquote in der M+E-Industrie 2012 in Prozent des Entgelts für geleistete Arbeitszeit Frankreich: ohne Entgelt für arbeitsfreie Zeit; Belgien: amtliche Quote vermutlich zu niedrig ausgewiesen. Quellen: Eurostat; Institut der deutschen Wirtschaft Köln 12 Überblick über die Personalzusatzkosten Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Verin Europa gleich bayme vbm – August 2015 Naheliegend ist es, eine hohe Personalzusatzkostenquote – also im Verhältnis zum Entgelt für geleistete Arbeit hohe Sozialleistungen und sonstige betriebliche Extras – als ungünstig zu bewerten. Dies ist aber nicht zwangsläufig der Fall. Denn es ist durchaus denkbar, dass eine Zusatzleistung für den Arbeitnehmer von größerem Nutzen ist als eine für das Unternehmen gleich teure Lohnerhöhung. Dies kann beispielsweise bei der freiwilligen Umwandlung von Entgeltbestandteilen in Beiträge für die betriebliche Altersversorgung der Fall sein. Es ist aber wichtig, sich über die Struktur der Arbeitskosten und die Kosten einzelner Elemente im Klaren zu sein, damit Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine optimale Kostenstruktur aushandeln können. Gerade im internationalen Vergleich gibt es eine Vielzahl von direkten oder indirekten staatlichen Einflussfaktoren, welche die Höhe der Zusatzkostenquote beeinflussen. Wie hoch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung sind, hängt maßgeblich vom Finanzierungsregime ab: In manchen Ländern wie beispielsweise Dänemark wird die soziale Sicherung überwiegend über Steuern finanziert, wodurch die Arbeitgeberbeiträge sehr niedrig ausfallen. In anderen Ländern wie beispielsweise Belgien sind jedoch die Arbeitgeberbeiträge die Hauptfinanzierungsquelle, weshalb sie dort auch entsprechend hoch ausfallen (s. Kapitel 6: Exkurs Tax Wedge). Österreich hat eine lange Tradition, Sonderzahlungen steuerlich zu begünstigen, weshalb dort 14 Monatsgehälter üblich sind. Die Höhe der betrieblichen Altersversorgung hängt auch davon ab, wie groß die Versorgungslücke der gesetzlichen Vorsorgesysteme ist. Das Gleiche gilt für betriebliche Einrichtungen wie beispielweise Betriebskindergärten. Innerhalb der EU gibt es bei der Personalzusatzkostenquote eine enorme Spanne, die von 96 Prozent in Österreich bis 38 Prozent in Polen reicht (vgl. Abb. 2, S. 11). Deutschland liegt mit 77 Prozent an fünfter Stelle und gleichzeitig exakt auf dem Durchschnittswert des Euroraums. Frankreich und Belgien liegen mit Zusatzkostenquoten von knapp 70 Prozent vermeintlich hinter Deutschland. Für Frankreich fehlen jedoch die Angaben zu den arbeitsfreien Tagen und in Belgien ergibt sich ein kaum erklärbarer Rückgang der Quote gegenüber 2008, der im Verarbeitenden Gewerbe 26 Prozentpunkte beträgt. Für Frankreich wurden im Verarbeitenden Gewerbe die arbeitsfreien Tage aus früheren Erhebungen geschätzt. Dadurch ergab sich eine um 24 Prozentpunkte höhere Quote. Tatsächlich dürften also sowohl Belgien als auch Frankreich eine wesentlich höhere Zusatzkostenquote als Deutschland aufweisen. Wesentlich niedriger als hierzulande ist die Personalzusatzkostenquote in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern, in den angelsächsischen Ländern (Vereinigtes Königreich und Irland) und in Dänemark. Bei unserem nördlichen Nachbarn beträgt die Quote – wie in Polen – weniger als 40 Prozent. Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 5 Bedeutung der Sozialaufwendungen 13 Bedeutung der Sozialaufwendungen Unterdurchschnittliche Quote in Deutschland Eng mit der Personalzusatzkostenquote ist die Sozialaufwandsquote korreliert. Letztere gibt an, wie hoch die nicht in den Verdiensten enthaltenen sozialen Leistungen in Relation zum Jahresverdienst sind (vgl. Tab. 1, S. 4f.). Zu den Sozialaufwendungen (amtlich: Lohnebenkosten) zählen die gesetzlichen Beiträge zur Sozialversicherung, die tarifvertraglich vereinbarten oder freiwillig geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung – wie beispielsweise die betriebliche Altersversorgung – ,Entlassungsentschädigungen sowie die Kosten der Aus- und Weiterbildung und die sonstigen Aufwendungen. Bei den sonstigen Aufwendungen handelt es sich um Kosten für die Berufskleidung und die Anwerbungskosten. Schließlich sind noch Lohnsteuern zu addieren und die Lohnsubventionen abzuziehen. Die Sozialaufwandsquote bei den vier Ländern mit der höchsten Personalzusatzkostenquote – Österreich, Tschechien, Italien und Spanien – liegt bei annähernd 40 Prozent und damit deutlich über dem Durchschnitt der EU von 32 Prozent (vgl. Tab. 3, S. 14f.). Noch höher ist sie in Frankreich mit 52 Prozent, in Schweden mit 48 Prozent und in Belgien mit 44 Prozent. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Belgien und Frankreich aus den oben genannten Gründen bei der Personalzusatzkostenquote vermutlich ebenfalls zur Spitzengruppe zählen. In den Ländern mit Personalzusatzkostenquoten von um die 50 Prozent oder darunter liegt die Sozialaufwandsquote bei maximal um die 20 Prozent. Durch die weit überwiegend aus Steuermitteln finanzierte soziale Sicherung beträgt die Sozialaufwandsquote in Dänemark lediglich knapp 14 Prozent und ist damit in der EU die mit Abstand niedrigste. In Deutschland beträgt die Sozialaufwandsquote 27 Prozent und liegt damit fünf Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der EU. Mit dieser Quote nimmt Deutschland im europäischen Ranking einen Platz im Mittelfeld ein. Den Löwenanteil an den Sozialaufwendungen machen die gesetzlichen Sozialbeiträge aus. Im Durchschnitt der EU machen sie fast drei Viertel der Sozialaufwendungen aus. In Deutschland ist der Anteil mit 65 Prozent unterdurchschnittlich. Dies erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass in Deutschland der Anteil der unterstellten Sozialbeiträge an den gesamten Arbeitskosten in Europa am höchsten ist. Dies ist wiederum Folge der hohen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die hierzulande ohne Karenztage gewährt und in den ersten sechs Krankheitswochen vollständig vom Arbeitgeber getragen wird, während sie in anderen Ländern teilweise oder vollständig von der Sozialversicherung übernommen wird. Besonders hoch ist der Anteil der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge an den gesamten Sozialaufwendungen mit 90 Prozent und darüber in Belgien, Italien, Estland, Lettland, der Slowakei und Rumänien. 14 Bedeutung der Sozialaufwendungen Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Betrachtet man die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, zeigt sich, dass der effektive Beitragssatz der Arbeitgeber zur Sozialversicherung gemessen am Jahresverdienst einschließlich Sachleistungen (aber ohne Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) in Deutschland mit knapp 18 Prozent klar unter dem Durchschnitt der EU von 23 Prozent liegt. Den höchsten Beitragssatz haben Belgien und Frankreich mit Werten von rund 40 Prozent. Nicht weit zurück folgt Italien mit einem effektiven Beitragssatz von 37 Prozent. Im Vereinigten Königreich, in Norwegen und in Dänemark liegt der Beitragssatz dagegen bei weniger als zehn Prozent. Darunter haben die dänischen Arbeitgeber gegenüber der gesetzlichen Sozialversicherung fast gar keine finanziellen Verpflichtungen – sie müssen lediglich 1,5 Prozent des Jahreslohns in die staatlichen Sozialkassen einzahlen. Tabelle 3 Struktur der Sozialaufwendungen in der M+E-Industrie 2012 in Prozent der Bruttolöhne und -gehälter Sozialaufwendungen insgesamt Gesetzliche Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung Tarifliche, vertragliche oder freiwillige Sozialbeiträge Unterstellte Sozialbeiträge Sonstige Aufwendungen Steuern abzgl. Subventionen Frankreich 52,0 40,0 2,8 4,5 3,1 1,5 Schweden 47,8 30,7 9,7 1,9 3,4 2,1 Belgien 43,9 41,0 4,2 0,0 1,2 -2,5 Italien 39,6 36,8 0,3 1,9 0,5 0,0 Litauen 38,4 31,3 0,1 7,2 0,3 -0,3 Tschechien 37,9 33,7 1,0 1,8 1,6 -0,2 Estland 37,0 34,3 0,0 1,1 1,7 0,0 Spanien 36,2 31,4 1,0 3,6 1,3 -1,1 Österreich 35,9 25,5 0,7 5,3 1,4 3,0 Slowakei 35,9 32,9 1,0 1,1 1,0 -0,1 Euroraum 33,6 25,0 3,1 4,0 1,3 0,1 Griechenland 32,4 27,0 0,6 3,7 1,3 -0,2 EU 32,2 23,4 3,6 3,5 1,5 0,2 Ungarn 32,0 26,1 0,6 2,5 3,0 -0,2 Niederlande 30,4 13,5 10,6 4,6 2,9 -1,1 Rumänien 30,3 27,2 0,0 1,3 1,8 0,0 Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Sozialaufwendungen Gesetzliche Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung 15 Bedeutung der Sozialaufwendungen Tarifliche, vertragliche oder freiwillige Sozialbeiträge Unterstellte Sozialbeiträge Sonstige Aufwendungen Steuern abzgl. Subventionen Deutschland 27,3 18,1 3,7 4,7 0,9 0,0 Finnland 26,9 22,4 0,4 2,3 1,8 0,0 Lettland 26,4 24,0 0,5 1,4 0,5 0,0 Schweiz 26,3 10,7 10,0 2,4 3,2 0,0 Portugal 25,5 21,9 1,2 1,3 1,1 -0,1 Polen 23,1 18,0 0,2 2,0 2,9 0,0 Norwegen 22,6 5,0 2,5 2,3 1,6 11,2 Irland 21,8 10,4 8,1 2,7 0,9 -0,3 Türkei 21,6 15,7 0,4 4,2 1,4 0,0 Bulgarien 20,5 17,8 0,3 1,6 0,7 0,1 Vereinigtes Königreich 19,3 9,8 6,7 1,1 1,6 0,0 Slowenien 19,2 14,1 1,2 3,2 0,6 0,1 Serbien 19,2 16,1 0,2 2,6 1,1 -0,8 Kroatien 18,3 13,6 0,4 3,0 1,3 -0,1 Luxemburg 17,4 13,3 1,3 1,4 1,6 0,0 Zypern 14,0 10,9 2,6 0,3 0,2 0,1 Dänemark 13,8 1,6 7,1 2,7 2,4 0,1 Unterstellte Sozialbeiträge: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Entlassungsentschädigungen. Sonstige Aufwendungen: Kosten der Aus- und Weiterbildung, Anwerbungskosten, Berufskleidung. Quellen: Eurostat; Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 6 Exkurs: Tax Wedge 17 Exkurs: Tax Wedge Große Differenz zwischen Arbeitskosten und Nettolöhnen in Deutschland Wie in Kapitel 5 gezeigt, schneidet Deutschland sowohl bei der Sozialaufwandsquote als auch bei dem effektiven Beitragssatz zur Sozialversicherung günstiger ab als der Durchschnitt der EU. Daraus kann aber keineswegs gefolgert werden, dass in Deutschland die soziale Sicherung überdurchschnittlich effizient organisiert wäre, da – wie beschrieben – die soziale Sicherung international auf unterschiedliche Arten finanziert wird. Auch aus tarifpolitischer Sicht ist der alleinige Blick auf die Sozialaufwandsquote zu kurz gegriffen. Denn die Interessen der Arbeitnehmer liegen nicht primär darin, einen möglichst hohen Bruttolohn zu erhalten, sondern vor allem darin, die Kaufkraft, also das verfügbare Einkommen zu maximieren. Andererseits muss der Arbeitnehmer mit seiner Arbeitsleistung – d.h. seiner Produktivität – die gesamten Arbeitskosten erwirtschaften. Daher rückt das Verhältnis von Arbeitskosten zum Nettolohn in den Fokus. Für den Arbeitnehmer bedeutet eine große Lücke zwischen Arbeitskosten und Nettolöhnen, dass er von den Arbeitskosten, die er erwirtschaftet, nur einen geringen Nettolohn erhält. Für den Arbeitgeber bedeutet eine große Lücke dass er hohe Arbeitskosten zu tragen hat, um eine bestimmte Nettolohnforderung zu erfüllen. Zwar kann eine große Lücke gerechtfertigt sein, wenn den Steuern und Abgaben Leistungen gegenüberstehen, die für den Arbeitnehmer besonders wertvoll sind und die er sonst aus seinem Nettolohn finanzieren müsste (z.B. eine gute Gesundheitsversorgung oder eine lebensstandardsichernde Altersversorgung). Eine vergleichende Gegenüberstellung von Finanzierung und Leistung würde aber den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen. Daher wird im Folgenden nur die Tax Wedge selbst verglichen. Die Tax Wedge wird von der OECD für mehrere Modellfälle erhoben. Herausgegriffen wurden hier der Alleinstehende mit dem Durchschnittsverdienst einer Vollzeitkraft und eine Familie mit zwei Kindern mit einem Durchschnittseinkommen und einem Nebeneinkommen in Höhe von einem Drittel des durchschnittlichen Vollzeiteinkommens. Deutschland kommt für den modellhaften Single auf eine Gesamtabgabe von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen (Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteile) von 49 Prozent und liegt damit gleichauf mit Österreich und Ungarn an zweiter Stelle hinter Belgien (vgl. Tab. 4, S. 18). Den kleinsten Abgabenkeil in Europa hat die Schweiz mit 22 Prozent, innerhalb der EU weisen Irland und Großbritannien mit rund 30 Prozent die kleinste Tax Wedge auf. Im Durchschnitt der europäischen OECD-Länder liegt die gesamte Abgabenquote mit 42 Prozent deutlich unter dem deutschen Wert. In der OECD insgesamt sind es sogar nur 36 Prozent. Dänemark kommt mit einer Quote von 38 Prozent trotz der sehr niedrigen Sozialversicherungsbeiträge nicht nur der Arbeitgeber sondern auch der Arbeitnehmer nur auf einen leicht unterdurchschnittlichen Wert, weil dort die Einkommensteuer eines Durchschnittsverdieners auf die Arbeitskosten gerechnet mit knapp 36 Prozent mit Abstand am höchsten liegt. 18 Exkurs: Tax Wedge Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Tabelle 4 Tax Wedge und ihre Komponenten im Jahr 2014 – Alleinstehender Steuern und Abgaben in Prozent der Arbeitskosten Gesamt Einkommensteuer Sozialversicherungsbeiträge Belgien 55,6 21,8 33,8 Österreich 49,4 12,8 36,6 Deutschland 49,3 16,0 33,3 Ungarn 49,0 12,5 36,6 Frankreich 48,4 10,6 37,9 Italien 48,2 16,7 31,5 Finnland 43,9 18,3 25,6 Tschechien 42,6 9,1 33,6 Schweden 42,5 13,2 29,2 Slowenien 42,5 9,6 32,9 OECD EU-21 42,1 13,9 28,2 Portugal 41,2 13,1 28,1 Slowakei 41,2 7,2 34,0 Spanien 40,7 12,8 27,9 Griechenland 40,4 7,1 33,3 Estland 40,0 13,2 26,9 Türkei 38,2 10,6 27,7 Dänemark 38,1 35,6 2,8 Niederlande 37,7 14,6 22,2 Luxemburg 37,6 15,7 22,0 Norwegen 37,0 18,3 18,8 OECD 36,0 13,4 22,6 Polen 35,6 6,0 29,7 Japan 31,9 6,6 25,2 USA 31,5 15,7 15,9 Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Gesamt 19 Exkurs: Tax Wedge Einkommensteuer Sozialversicherungsbeiträge Kanada 31,5 13,9 17,6 Vereinigtes Königreich 31,1 13,0 18,1 Irland 28,2 14,9 13,3 Schweiz 22,2 10,5 11,8 Modellrechnung für einen Alleinstehenden mit Durchschnittsverdienst. Arbeitnehmerbeitrag, Arbeitgeberbeitrag: zur gesetzlichen Sozialversicherung. Anteil Arbeitgeberbeitrag: in Prozent der gesamten Tax Wedge. Lesebeispiel: Die Tax Wedge zwischen Arbeitskosten und Nettoverdienst in Deutschland liegt für einen durchschnittlich verdienenden Single bei 49,3 Prozent. Damit beträgt der Nettoverdienst 50,7 Prozent der Arbeitskosten. Ein Drittel (33 Prozent) der Tax Wedge und somit gut 16 Prozent der Arbeitskosten entfallen auf die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Quellen: OECD; Institut der deutschen Wirtschaft Köln Nicht viel besser schneidet Deutschland bei Familien ab und hat hinter Belgien, Griechenland und Italien mit 39 Prozent die vierthöchste Abgabenschere (vgl. Tab. 5). Damit ist die Tax Wedge bei Familien zwar deutlich kleiner als bei den Singles. Dies gilt aber auch für die meisten anderen Länder. Bei einigen Ländern liegt die Tax Wedga niedriger als die Summe aus Einkommensteuer und Sozialabgaben, weil Subventionen für Kinder gegengerechnet werden. Dementsprechend liegt auch der Durchschnittswert für die europäischen Länder mit 33 Prozent um neun Prozentpunkte niedriger als bei den Singles. Tabelle 6 Tax Wedge und ihre Komponenten im Jahr 2014 – Familien Steuern und Abgaben in Prozent der Arbeitskosten Gesamt Einkommensteuer Sozialversicherungs-beiträge Belgien 46,8 17,5 29,2 Italien 41,4 9,9 31,5 Griechenland 40,9 7,6 33,3 Deutschland 38,6 5,5 33,1 Österreich 38,4 9,2 36,0 Ungarn 38,2 7,8 36,6 Frankreich 37,6 5,1 34,9 Schweden 36,9 11,5 29,2 Spanien 36,5 8,6 27,9 20 Exkurs: Tax Wedge Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Gesamt Einkommensteuer Sozialversicherungs-beiträge Finnland 36,5 14,8 25,4 Türkei 35,6 8,0 27,7 Estland 35,2 10,4 26,9 Slowakei 33,3 2,4 34,0 OECD EU-21 33,2 9,1 27,5 Tschechien 32,9 2,0 33,6 Dänemark 31,8 33,1 4,2 Polen 31,4 1,8 29,7 Norwegen 31,4 15,5 18,8 Portugal 30,9 5,1 28,1 Slowenien 30,6 3,2 32,9 Niederlande 28,9 11,1 10,4 OECD 28,5 9,1 22,3 Japan 27,8 5,8 25,2 USA 25,1 8,4 16,7 Kanada 24,1 9,9 17,0 Vereinigtes Königreich 22,9 10,6 15,7 Luxemburg 19,5 6,9 21,9 Irland 14,8 9,0 11,9 Schweiz 22,2 10,5 11,8 Modellrechnung für einen Familie mit zwei Kindern mit einem Durchschnittsverdienst und einem Nebenverdienst in Höhe von 33 Prozent des Durchschnittsverdiensts. Arbeitnehmerbeitrag, Arbeitgeberbeitrag: zur gesetzlichen Sozialversicherung. Gesamt ergibt sich nicht aus Summe der einzelnen Komponenten, da Transfers gegenzurechnen sind. Anteil Arbeitgeberbeitrag: in Prozent der gesamten Tax Wedge. Lesebeispiel: Die Tax Wedge zwischen Arbeitskosten und Nettoverdienst in Deutschland liegt bei der Modellfamilie bei 38,6 Prozent. Damit beträgt der Nettoverdienst 61,4 Prozent der Arbeitskosten. 42 Prozent der Tax Wedge und somit gut 16 Prozent der Arbeitskosten entfallen auf die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Quellen: OECD; Institut der deutschen Wirtschaft Köln Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 7 Im Bruttoentgelt enthaltene Personalzusatzkosten 21 Im Bruttoentgelt enthaltene Personalzusatzkosten Sehr hohes Entgelt für arbeitsfreie Tage in Deutschland In Kapitel 4 wurde zunächst die Höhe der Personalzusatzkosten allgemein betrachtet und dann in Kapitel 5 näher die Sozialaufwandsquote analysiert, die das Verhältnis der nicht im Bruttojahresverdienst enthaltenen Sozialleistungen und sonstigen Extras im Verhältnis zum Bruttoverdienst beschreibt. In diesem Kapitel wird nun der andere Block der Personalzusatzkosten betrachtet: die nicht zum regelmäßig bezahlten Entgelt zählenden Teile des Bruttojahresverdienstes. Auch dies sind Zusatzkosten, weil diesen Entgeltbestandteilen keine direkte Arbeitsleistung entgegensteht. Dies sind zum einen die Sonderzahlungen, wie Weihnachts- und zusätzliches Urlaubsgeld oder Jubiläumsgratifikationen, die vermögenswirksamen Leistungen und die Sachleistungen. Zum anderen zählt auch das Entgelt für arbeitsfreie Zeit dazu, also der Verdienst, der während der gesetzlichen Feiertage, im Urlaub oder bei anderen bezahlten Freistellungen (beispielsweise Betriebsversammlungen, Hochzeit oder bezahlte Umzugstage) weitergezahlt wird. Bei diesen Positionen belegt Deutschland innerhalb Europas insgesamt eine Spitzenplatzierung: Mehr als 27 Prozent des Gesamtverdienstes entfallen in der hiesigen M+E-Industrie auf Sonderzahlungen und das Entgelt für arbeitsfreie Zeit. Lediglich Österreich und Tschechien kommen mit knapp 30 beziehungsweise 28 Prozent auf höhere Werte (vgl. Abb. 3, S. 24). Die höchsten Sonderzahlungen (einschließlich vermögenswirksamer Leistungen und Sachleistungen) werden anteilig in Österreich, Tschechien, den südeuropäischen Ländern Griechenland, Portugal und Spanien sowie in den Niederlanden bezahlt. In Deutschland ist dagegen mit fast 14 Prozent das Entgelt für arbeitsfreie Tage hinter Norwegen am höchsten. In Polen machen Sonderzahlungen und das Entgelt für arbeitsfreie Tage zusammen nur elf Prozent des Jahresverdienstes aus. Denn in Polen sind die anteiligen Sonderzahlungen mit 3,4 Prozent am niedrigsten und auch das Entgelt für arbeitsfreie Zeit ist in Relation zum Gesamtverdienst mit gut sieben Prozent niedrig. 22 Im Bruttoentgelt enthaltene Personalzusatzkosten Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Abbildung 3 Personalzusatzkostenkomponenten der Bruttoverdienste in Prozent der Bruttolöhne und -gehälter Sonderzahlungen: Einschließlich Sachleistungen und vermögenswirksamer Leistungen. Lesebeispiel: In Deutschland entfallen 13,5 Prozent der Bruttolöhne und -gehälter auf Sonderzahlungen und 13,9 Prozent auf das Entgelt für arbeitsfreie Zeit (Urlaub, Feiertage etc.). Beide Komponenten machen also 27,4 Prozent der Bruttoverdienste aus. Damit entfallen 72,6 Prozent der Bruttoverdienste auf das Direktentgelt (regelmäßig gezahltes Entgelt für geleistete Arbeitszeit). Quellen: Eurostat; Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 8 Exkurs: Urlaubs- und Feiertage 23 Exkurs: Urlaubs- und Feiertage Deutschland hat die meisten Urlaubs- und Feiertage innerhalb der EU Die deutsche Spitzenposition beim Entgelt für arbeitsfreie Tage korrespondiert mit der Tatsache, dass Deutschland auch bei der Summe der bezahlten Feiertage, die auf einen Arbeitstag fallen, und den Urlaubstagen mit insgesamt 40 in der EU an erster Stelle liegt. In der EU gilt ein gesetzlicher Mindesturlaub von vier Wochen. Gleichzeitig hatte im Jahr 2013 kein EU-Land weniger als acht bezahlte Feiertage. Als Mindestzahl an arbeitsfreien Tagen durch Urlaub und gesetzlichen Feiertagen ergab sich daher ein Wert von 29 für Belgien (vgl. Tab. 6, S. 26). Auch in diesem Fall ist der Vergleich mit dem Entgelt für arbeitsfreie Zeit stimmig, denn Belgien hat im EU-Vergleich einen der niedrigsten Werte: Nur acht Prozent des Verdienstes ohne Sonderzahlungen entfallen dort auf die arbeitsfreie Zeit. Allerdings ist die Spanne bei den Entgelten weit größer als bei den Urlaubs- und Feiertagen. So ist das Entgelt für arbeitsfreie Zeit in Deutschland in Relation zum Jahresverdienst in Deutschland fast doppelt so hoch wie in Belgien, obwohl es hierzulande nur gut ein Drittel mehr freie Tage gibt als in unserem westlichen Nachbarland. Nicht ins Bild passt ebenfalls, dass beispielsweise Griechenland auf 34 freie Tage kommt, aber der Entgeltanteil für arbeitsfreie Zeit mit knapp neun Prozent nicht wesentlich höher ist als in Belgien, während in Irland bei 32 Urlaubs- und Feiertagen fast 15 Prozent der regelmäßig gezahlten Verdienste auf das Entgelt für arbeitsfreie Zeit entfallen. So ist insgesamt die Zahl der Urlaubs- und Feiertage mit dem Entgeltanteil für arbeitsfreie Zeit zwar hoch korreliert. Der Zusammenhang ist aber nicht so strikt, wie man ihn erwarten könnte. Möglicherweise gibt es bei der statistischen Erfassung der arbeitsfreien Zeit Probleme oder der Urlaub wird mancherorts nicht in vollem Umfang genommen. 24 Exkurs: Urlaubs- und Feiertage Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Tabelle 6 Urlaubs- und Feiertage und Entgelt für arbeitsfreie Zeit Urlaubs- und Feiertage in Tagen in Prozent Entgelt für arbeitsfreie Tage in Prozent Deutschland 40 15,4 16,1 Dänemark 39 15,0 13,8 Italien 37 14,2 14,1 Tschechien 36 13,8 12,9 Spanien 36 13,8 12,8 Österreich 36 13,8 12,8 Schweden 36 13,8 12,1 Slowakei 35,1 13,5 12,7 Finnland 35 13,5 15,6 Griechenland 34 13,1 8,8 Niederlande 33 12,7 12,5 32,8 12,6 12,6 Irland 32 12,3 14,5 Kroatien 32 12,3 10,9 Slowenien 32 12,3 12,1 Bulgarien 31 11,9 8,7 Lettland 31 11,9 7,6 Estland 30 11,5 8,8 Ungarn 30 11,5 12,9 Polen 30 11,5 7,6 Portugal 30 11,5 9,3 Rumänien 30 11,5 9,0 Belgien 29 11,2 7,9 Vereinigtes Königreich Urlaubs- und Feiertage: Stand 2013; in Prozent: Bezogen auf die potentiellen Arbeitstage (260). Entgelt für arbeitsfreie Zeit : in Prozent des Direktentgelts zuzüglich des Entgelts für arbeitsfreie Zeit. Quellen: Eurofound; Eurostat; Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Studie – Personalzusatzkosten der M+E Industrie im europäischen Vergleich bayme vbm – August 2015 Ansprechpartner / Impressum 25 Ansprechpartner Volker Leinweber Abteilung Volkswirtschaft Telefon 089-551 78-133 Telefax 089-551 78-294 [email protected] Impressum Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet. Herausgeber: Weiterer Beteiligter: bayme Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro e. V. Institut der deutschen Wirtschaft Köln Postfach 10 19 42 50459 Köln vbm Verband der Bayerischen Metallund Elektro-Industrie e. V. 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