Ein Spielzeug aus der Eisenzeit geht um die Welt

HINTERGRUNDINFORMATION
Ein Spielzeug aus der Eisenzeit geht um die Welt
In regelmäßigem Abstand perforierte Blechelemente verschiedener Form und Größe,
Gewindeschrauben und Muttern als Verbinder, dazu Bauteile vom Rad über
Getriebeelemente bis zum Kranhaken: So ähnlich sind fast alle Metallbaukästen aufgebaut,
die seit Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Markt kamen. Diese Elemente zeigen – ebenso
wie die in den Anleitungsbüchern vorgeschlagenen Modelle –, dass sich die
Grundprinzipien des Metallbaukastens am Eisenfachwerkbau und am Maschinenbau der
Industrialisierung orientieren: Brücken und Krane lassen sich mit den Systemen bauen,
aber auch Lokomotiven und Lastwagen, Dampfmaschinen und Mähdrescher.
Einst war der Metallbaukasten das neben der Modelleisenbahn begehrteste
Technikspielzeug für Jungs. Angesichts der hohen Preise war er aber vor allem in
bürgerlichen Haushalten verbreitet, das galt insbesondere für die teuren Markenprodukte
von Herstellern wie Märklin und Meccano. Zwar gab es schon ältere Spielsysteme, die den
Gedanken normierter Bauteile mit Perforationen aus der Welt der Ingenieure in die
Kinderzimmer und Klassensäle zu übertragen versuchten. Sogar für den berühmten AnkerSteinbaukasten gab es Metallteile für den Bau von Brücken.
Der moderne Metallbaukasten wurde jedoch erst 1901 in England erfunden. Sein Schöpfer
war Frank Hornby aus Liverpool, der sich angeblich auf einer Eisenbahnreise beim Blick
aus dem Abteilfenster auf einen aus Eisenelementen gebauten Kran zu einem
entsprechenden Spielsystem für seine Söhne inspirieren ließ. Aus dieser
Momentwahrnehmung entstand der Baukasten „Mechanics made Easy“, der unter dem
Namen „Meccano“ mit seinen Lochstreifen im Halbzoll-Abstand einen Siegeszug um die
Welt antrat. Konstruktionsspielzeug aus Kunststoff gab es damals noch nicht – daher
bezeichnen Spielzeughistoriker die Epoche des Blechspielzeugs auch leicht ironisch als
„Eisenzeit“.
Die Maße von Hornbys Erfindung (in metrischen Maßen betragen die Lochabstände 12,7
Millimeter) übernahmen später viele andere Hersteller wie Märklin (Deutschland), Stokys
(Schweiz), Bral (Italien) und Exacto (Argentinien). Das zweite international weit verbreitete
Maß sind Lochreihen mit zehn Millimeter Abstand. Der Klassiker in diesem Format ist der
„Construction“-Baukasten der Marke Eitech. Aber auch die neuen Tronico-Baukästen
haben ein zehn-Millimeter-Raster.
Daneben gab und gibt es Metallbaukästen mit vielen weiteren Maßen und
Verbindungstechniken, darunter ganz filigrane Systeme wie Mignon mit bunt eloxierten
Aluminiumbauteilen und Sechs-Millimeter-Lochreihen. Zu den bekanntesten Systemen
neben Märklin gehörten in Deutschland einst „Walthers Stabil“ (12,5 Millimeter
Lochabstand) und „Trix“ mit den drei charakteristischen, gegeneinander versetzten
Lochreihen. Stabil kam 1911 auf den Markt und prägte in Deutschland den Begriff
„Stabilbaukasten“ für die Gattung des Metallbaukastens. Trix folgte 1931 und machte den
Metallbaukasten durch günstige Einstiegspackungen einem größeren Publikum zugänglich.
Vor allem das Aufkommen moderner Konstruktionsspielzeuge aus Kunststoff nach 1950
(allen voran der Legostein) sowie die Konkurrenz durch elektronische Spielzeuge und
Medien machte dem Metallbaukasten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
zunehmend zu schaffen. Das verspürten auch die Platzhirsche wie Stabil, Meccano, Märklin
und Trix: Stabil stellte bereits in den 1970er-Jahren die Produktion ein, das Meccano-Werk
in England musste 1979 schließen, Märklin Metall und Trix liefen in den 1990er-Jahren aus.
Doch Meccano gibt es bis heute, derzeit macht die älteste Metallbaukasten-Marke mit
Roboter-Baukästen von sich reden, deren Elemente sich noch mit den ältesten Lochstreifen
von 1901 verbinden lassen. Möglich wurde dieses Überleben, weil nach 1979 die
französische Meccano-Niederlassung die Baukästen weiter produzierte. Heute gehört
Meccano zu dem international agierenden Konzern Spinmaster aus Kanada.
In Deutschland ist heute Eitech der wichtigste Hersteller von Metallbaukästen.
Vergleichsweise neu ist das Unternehmen RCEE mit der Marke Tronico in der Branche.
Die Bausätze haben vor allem Landmaschinen und andere Nutzfahrzeuge zum Thema, es
gibt aber auch allgemeine Baukästen von Tronico. Weitere Informationen und Daten zu
den verschiedenen Metallbaukästen finden Interessierte unter anderem auf der Webseite
http://www.metallbaukasten-wiki.de.