AUFGEPASST IN KIRCHHÖRDE! AUFSTIEG VON RIEM HUSSEIN

Schiedsrichter
Schiedsrichter
Riem Hussein im
SportCentrum Kamen•Kaiserau
AUFSTIEG VON RIEM HUSSEIN SIGNAL
FÜR WEIBLICHEN SCHIRI-NACHWUCHS
Lars Sielemann (links)
im Einsatz an der
Pfeife
(Foto: Friedhelm
Ostrowski)
AUFGEPASST IN KIRCHHÖRDE!
Schiedsrichter Lars Sielemann pfeift jetzt in der Westfalenliga
Kathrin Heimann (Wacker Gladbeck), Marcel Neuer (FC Schalke 04) und Stefan Tendyck (VfB Kirchhellen) haben längst den
Aufstieg in den höherklassigen Amateurfußball geschafft. Das
Trio pfeift in der Oberliga. Einer, der auf dem besten Wege dorthin und noch ein wenig jünger als die Schiedsrichter-Kollegen
ist, heißt Lars Sielemann.
Der 24-Jährige hat mit 14 zum ersten Mal die Pfeife in den Mund
genommen. Vorher hatte er, wie die meisten Kids, beim SV Hessler
06 selbst vor den Ball getreten. „Wenn ich ehrlich bin, hat das spielerische Talent auch nicht für weiter oben gereicht. Daher dachte
ich mir, dass ich als Schiedsrichter weiter kommen könnte“, gibt
Sielemann zu.
Der Apfel fällt bei den Sielemanns auch nicht weit vom Stamm –
beziehungsweise die Pfeife nicht weit vom Mund. Vater Ralf und
der ältere Bruder Jens waren ebenfalls Schiedsrichter. „Da war ich
erblich vorbelastet.“
„Ich bin nicht der Herrscher
über die Spieler.“
Als Schalker Junge steht er am Sonntag vor einer doppelten Herausforderung. Es ist die erste Partie in der sechsthöchsten Spielklasse, hinzu kommt ein besonderer Auswärtsfaktor. Die Partie heißt
Kirchhörder SC gegen den 1. FC Kaan-Marienborn.
Kirchhörde ist in Dortmund, wo ein Gelsenkirchener selten gut
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DFB-Lehrgang im SportCentrum Kamen•Kaiserau
WestfalenSport #4_2015
gelitten ist. „Ach was“, winkt Sielemann ab, „auch bei Spielen in
dieser Stadt hat es noch nie Probleme gegeben, daher erwarte ich
auch in Kirchhörde keine.“
Viel schwieriger als eine Partie in Dortmund zu pfeifen, findet er
allerdings ein ganz anderes Phänomen: Menschen mit schlechtem
Benehmen am Spielfeldrand. „Meistens sind es nicht die Spieler,
die Unruhe herein bringen, sondern die Zuschauer. Da habe ich oft
das Gefühl, dass die Leute denken: Wenn ich Eintrittsgeld bezahlt
habe, dann darf ich auch meckern“, berichtet Sielemann.
Der Student der Sicherheitstechnik an der Uni Wuppertal sieht
sich selbst als kommunikativen Spielleiter, der die Akteure auf
dem Platz nicht von oben herab behandeln möchte. „Ich bin
nicht der Herrscher über die Spieler, sondern an einem guten
Fußballspiel interessiert. Daher macht es mir Spaß, auch mal in
höheren Ligen Spiele zu pfeifen“, betont Sielemann und führt
aus: „Genau so gerne bin ich aber nach wie vor in der Kreisliga
auf dem Platz.“
Vorbilder sind für ihn die Bundesliga-Referees Dr. Felix Brych,
Manuel Gräfe und der im Mai aus Altersgründen ausgeschiedene
Thorsten Kinhöfer. Bis er selbst so weit ist, muss Sielemann noch
ein paar Mal Kirchhörde oder Hessler pfeifen ...
Überkreislich pfeifen außerdem: Isa Efetürk (Schalke 04), Marco
Schröter (Viktoria Resse/beide Landesliga) sowie Cengiz Kabalakli
(ETuS GE) und Bekdil Tabak (SV Zweckel/beide Bezirksliga). |
Heiko Buschmann
Die DFB-Schiedsrichter logierten im Rahmen eines Lehrganges
im SportHotel des SportCentrums Kamen•Kaiserau - und mittendrin Riem Hussein. Einzige Frau zwischen lauter Männern.
Ihr galt vor allem das Medieninteresse. Denn: Die 34-jährige
Apothekerin aus Bad Harzburg wird in der neuen Fußballsaison als zweite Frau im deutschen Profi-Männerbereich pfeifen.
Sie wird Spiele der 3. Liga leiten. Riem Hussein ist nach Bibiana Steinhaus erst die zweite Spielleiterin im Profibereich der
Männer.
In der Vergangenheit kam die FIFA-Schiedsrichterin zumeist in der
Frauen-Bundesliga sowie der Männer-Regionalliga zum Einsatz.
Überrascht sei sie gewesen, als man ihr die Nominierung für die
3. Bundesliga bekannt gab. Mit 34 Jahren sei sie ja nicht mehr die
Jüngste unter den Schiedsrichtern, tat sie kund, und eine Frau im
Profifußball, das habe ja auch Seltenheitswert. Für Herbert Fandel,
Vorsitzender der Schiedsrichterkommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), war der Aufstieg von Hussein zwangsläufig.
„Sie ist eine sehr erfahrene Schiedsrichterin, die einzig und allein
wegen ihrer Leistung in die dritte Liga aufgestiegen ist. Sie hat es
auch verdient.“
„Ich freue mich auf die Herausforderung“, betonte Riem Hussein
im Raum Madrid des SportHotels bei der Pressekonferenz. Probleme bei der Spielleitung mit Männern hatte sie bisher nicht und
glaubt sie auch in der Zukunft nicht zu haben. Trotz des schnellen,
dynamischen und athletischen Spiels des männlichen Geschlechts
versucht sie immer auf Ballhöhe zu sein und bei kniffligen Szenen,
etwa Rudelbildung, achtet sie auf eine gute Außenwirkung. Sie sei
grundsätzlich ein Mensch, der freundlich sei und seine Mitmenschen gut einschätzen könne. „Ich höre genau zu, was mir jemand
erzählt, und erkenne recht schnell, was ein Spieler von mir will.“
Bei der Einordnung von Zweikämpfen vermag sie auch sehr gut zu
unterscheiden, ob Foul oder nicht. Schließlich hat sie früher selbst
jahrelang gekickt, schaffte es sogar in die 2. Bundesliga beim MTV
Wolfenbüttel. Eine Kreuzbandverletzung stoppte die Karriere der
Stürmerin. Da hatte sie aber schon längst die Pfeife im Mund - seit
2001 hat sie den Schirischein. „Samstags selbst gespielt und sonntags gepfiffen oder umgekehrt“, ein Spagat, den sie schaffte.
„Wenn die Leistung stimmt,
ist alles möglich“
Der Fußball hat für die Tochter palästinensischer Auswanderer
schon von Kindheit an eine große Rolle gespielt. „Seit ich fünf
bin, habe ich gekickt“, erzählte sie und verheimlichte auch nicht,
dass sie früher über Schiedsrichter auch schon mal gemeckert habe.
Witzig fand sie es anfänglich, „als ich viele wiedergesehen habe,
gegen die ich vorher noch gespielt habe“. Stolz sei sie auf jeden Fall
darauf, dass sie den Beweis geliefert habe, wonach auch Spielerinnen gute Schiedsrichterinnen sein könnten. Herbert Fandel riet ihr,
so authentisch wie bisher zu bleiben. „Dann hat man auch immer
Lösungsansätze bei der Spielleitung. Sie soll auf jeden Fall ihrem
Stil treu bleiben.“ Ob die 3. Liga Endstation für Riem Hussein ist,
das ließ der oberste DFB-Schiedsrichter Fandel offen. „Wenn die
Leistung stimmt, ist alles möglich“, seine Anmerkung dazu, „dann
spielt auch das Geschlecht keine Rolle.“ Ihr Werdegang und ihr
Aufstieg in die 3. Liga seien auf jeden Fall ein gutes Signal für den
weiblichen Schiedsrichter-Nachwuchs. |
Eckhard Albrecht
WestfalenSport #4_2015
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Schiedsrichter
Junioren/Juniorinnen
MIT 16 IN DER BEZIRKSLIGA
VOM MEISTER LERNEN
Schiedsrichter-Talent Michael Grohs
Wie die kleine TSG Sprockhövel plötzlich Bundesligist wurde
Der Kapitän der einen Mannschaft ist doppelt so alt wie er und
der Jüngste auf dem Platz ist er sowieso: Michael Grohs pfeift
mit 16 Jahren bereits in der Herren-Bezirksliga. Probleme, sich
durchsetzen zu können oder überhaupt ernst genommen zu
werden, hat der Schiedsrichter-Überflieger vom SC BerchumGarenfeld nicht. „Es ist schon beeindruckend, wie er das
macht“, findet auch Vater Andreas. „Der Michael steht schon
seinen Mann!“
Michael Grohs ist
mit 16 Jahren der
jugendliche Überflieger in der Hagener
Schiedsrichter-Szene
(Foto: privat)
Er ist Jugendtrainer beim Klub vom Waldstadion, große Ambitionen, mal die Seiten zu wechseln und die Spieler nach seiner Pfeife
tanzen zu lassen hatte er nie. Sohn Michael dagegen schon, als er
noch ein Kind war – von Papa gab es jederzeit die volle Unterstützung und Ermutigung. „Ich habe es getestet und dann schnell
gemerkt, dass es gut läuft“, sagt Michael Grohs. An seinen ersten
Einsatz kann er sich noch sehr gut erinnern. „Das war ein D-Jugendspiel von Concordia Hagen“, verrät der Schüler, ohne nachdenken zu müssen. Mit 13 Jahren war das.
Es folgte ein steiler Aufstieg, der nun mit der Benennung zum
Bezirksliga-Schiedsrichter im Seniorenbereich den nächsten Höhepunkt erreicht hat.
Überraschte Blicke oder blöde Sprüche hat Grohs bisher nicht kassiert. „Ich habe bisher durchweg gute Erfahrungen gemacht. Ich
reagiere ansonsten im zwischenmenschlichen Bereich, mit Smalltalk auf dem Platz. Dann bekommen die Spieler von mir auch mal
einen Spruch“, verrät der Jungschiedsrichter des Jahres im Fußballkreis Hagen. Sein Alter wäre bisher kein Thema gewesen, wenn
dann sind es „Standardsachen“. Für sein Alter klingt Grohs tatsächlich schon sehr souverän.
Zum Saisonstart durfte er die Bezirksliga-Partie zwischen Westfalia Huckarde und Westfalia Langenbochum leiten. Endstand 4:4.
„Das war schon ein Highlight. Nach so einem geilen Spiel fällt es
schwer in den Alltag zurückzuschalten“, verrät er.
„Der Michael steht seinen Mann!“
(Vater Andreas Grohs)
Es kommen auch schonmal drei Spiele in drei Tagen zusammen.
Einmal im Monat steht zudem eine Schulung an, gelegentlich noch
Prüfungen und natürlich das regelmäßige Fitnessprogramm – und
das alles neben dem Schulalltag.
Die nächsten Ziele sind bereits formuliert: Nach Beendigung der
Schule im nächsten Sommer möchte Grohs Wirtschaftsingenieurwesen studieren. Der nächste Schritt auf dem Fußballplatz ist
derweil die Landesliga. „Da gibt es ein Schiedsrichtergespann
mit drei Leuten, das macht noch mehr Spaß als alleine.“ Wie
hoch es anschließend noch hinaus gehen soll, lässt er offen,
Grenzen setzt er sich keine. „Ich sage jetzt aber auch nicht,
dass ich in die Bundesliga will, sonst bin ich enttäuscht,
wenn es hinterher nicht klappt.“
Sein Vorbild ist Fabian Maibaum, der für ihn der „Inbegriff
der Professionalität ist“. Und während andere Jungs in seinem Alter bei strittigen Situationen gegen ihren Lieblingsverein auch direkt gegen den Schiri wettern, hält es Grohs
mit den Unparteiischen: „Früher war ich Fan der Spieler,
jetzt bin ich Fan von Schiedsrichtern.“ |
Desiree Kraczyk
Als das Wunder von Sprockhövel feststand, wussten sie am
Baumhof nicht, wie ihnen geschah. Die kleine TSG Sprockhövel war plötzlich Bundesligist, die U19 des Oberligisten
aus dem Bergischen Land hatte tatsächlich den Aufstieg in die
höchste deutsche Junioren-Spielklasse geschafft. „Das ist eine
Sensation“, weiß Trainer Patrick Rohde.
Drei Monate ist das her und inzwischen hat der vielleicht größte Underdog, den diese Liga seit seiner Gründung je hatte, seine ersten
Erfahrungen in der neuen Umgebung gemacht. Zum Auftakt kam
nämlich gleich der deutsche Meister ins Stefanbachtal nach Gevelsberg, wo die U19 der TSG ihre Spiele austrägt, weil es am heimischen Baumhof in Sprockhövel nur einen Kunstrasen gibt. 1:6 hieß es
am Ende, doch zumindest eine Halbzeit lang konnte der David den
Goliath ärgern. „Schalke, Dortmund, Leverkusen, Köln und Mönchengladbach – das sind doch schon Profis“, meint Rohde. „Wir sind
stolz darauf, dass wir da mitspielen dürfen, das ist jedoch nicht unsere
Kragenweite. Wir wollen aber mal sehen, wie wir uns gegen Mannschaften wie Preußen Münster, Fortuna Köln, den 1. FC Mönchengladbach oder unseren Nachbarn Wuppertaler SV schlagen.“
Rohde musste nach dem nicht einkalkulierten Aufstieg eine nahezu
komplett neue Elf aufbauen. Nur drei Spieler aus dem bestehenden
Kader blieben. Bis auf drei Zugänge aus Wattenscheid ist für alle
Neuverpflichtungen die Bundesliga ein großes Abenteuer – wie für
die gesamte TSG Sprockhövel. |
Heiko Buschmann
Sprockhövels Verteidiger Sven Höltke misst sich mit Phil Halbauer vom Meister Schalke
Westfalen-Club