„Erhebt in vollen Chören“ (GL 947)

Lied des Monats Oktober: Gl 947
„Erhebt in vollen Chören“ (GL 947)
Text: Koblenz 1784
Melodie: nach Martin von Cochem (1634-1712) 1733
Die Gedanken zum Lied stammen von P. Johannes Paul Abrahamowicz O.S.B.
Nova et vetera
Neues und Altes (Mt 13,52). „Erhebt in vollen Chören“ ist ein altes, neues Marienlied: Vielen ist dieses Lied wahrscheinlich völlig neu, und dennoch ist es uralt: der Text stammt aus dem 17. Jahrhundert, die Melodie aus dem 18. Man fragt sich vielleicht, ob die Einführung solch eines Liedes im neuen Gotteslob gut gehen kann. Ich denke schon. Das Lied ist jedenfalls nicht schlecht. Theologisch ist
es einwandfrei, und melodisch kinderleicht.
Vox populi
Stimme des Volkes. Es handelt sich beinahe um ein „Volks-Gegrüßet-seist-du-Maria“: Es beginnt
damit, dass der singende Beter die Mutter des Herrn so preist, wie es einst Elisabeth tat, allerdings
nicht als Einzelperson, sondern als Kirche: „…vereint euch, sie zu ehren…“.
Der Grund, sie zu preisen ist zunächst, weil Gott sie auserwählte („erhob“ und „erkor“), dem Volk
Israel den Heiland zu gebären. Nun ist Gott mit uns: Immanuel.
Anschließend wird sie – wie im „Gegrüßet seist du, Maria“ – um Hilfe angerufen, in Angst und Not,
jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Im Refrain wiederholt sich die Akklamation „Maria, unser Trost, unsre Freud“. Also kein Jammergesang, sondern theologisch angepasst an die heutige Zeit, die im neuen Gotteslob sich unter anderem
auch dadurch ausdrückt, dass das Leben auf Erden nicht als ein Dahinsiechen in einem Jammertal
gesehen wird. Der Redaktion des neuen Gotteslobes sei es übrigens auch gedankt, dass wir Maria in
GL 954 (Maria, wir dich grüßen) nicht mehr in diesem Jammertal um Hilfe bitten, sondern auf diesem
Erdental.
Das Lied „Erhebt in vollen Chören“, um das es hier geht (GL 947) ist ein überall kompatibles Marienlied, dass man zu jedem marianischen Anlass singen kann; es bezieht sich nicht auf ein bestimmtes
Ereignis und ist nicht an ein bestimmtes Marienfest gebunden. Es passt z.B. als Eingangslied zur Eucharistiefeier an jedem Gedächtnis Mariens am Samstag und an jedem Marienfest – freilich nicht als
Loblied nach der Kommunion, denn da wird immer nur der Herr für seine Eucharistische Hingabe
gelobt.
Cantabilis
Singbar. Die Melodie ist leicht; sie wiederholt sich schon in der zweiten Zeile – man kann sofort mitsingen. Auch eine Gemeinde, die das Lied nie gehört oder geprobt hat, wird auf Anhieb mitsingen
können. „Erhebt in vollen Chören“ ist beinahe ein Ohrwurm, und doch nicht flach oder banal. Man
wundert sich nur darüber, dass in der Quellenangabe ein Komponist steht, eine einzelne Person (Martin von Cochem), und nicht einfach „Volkslied“, denn genau so klingt es. Der Text ist übrigens aus
Koblenz, das ist etwa 25 km von Cochem entfernt, und Martin von Cochem, selber auch Verfasser von
Gebetbüchern und Liedern, war als Kapuzinerpater unter anderem auch in Koblenz tätig. Die Vermutung, dass auch der Text „Erhebt in vollen Chören“ von ihm stammt, liegt nahe. Ein Katholik, der den
Leuten „aufs Maul geschaut hat“, wie sein Namensvetter Martin Luther.
Wer in seiner Pfarre „Erhebt in vollen Chören“ einführen will – und im Rosenkranzmonat Oktober
bietet sich die Gelegenheit dazu an – kann damit rechnen, dass es nicht wenige seiner Pfarrangehörigen bald auswendig singen können. Sicher eignet es sich sehr gut auch zu Marienandachten.
Mater Dei
Mutter Gottes. Der erste und ursprüngliche Grund, warum die Kirche Maria preist ist, weil sie uns
Christus gebracht hat – durch ihre Hingabe, durch ihre Demut, durch ihr zweifelsfreies Gottvertrauen.
Freilich war sie von Anfang an – also aus reiner Gnade – von jedem Zweifel an der Liebe Gottes und
somit vom Ursprung jeder Sünde bewahrt worden. Aber diese Gnade hat sie eben nicht für sich behalten, sondern für uns wirksam werden lassen. Sie ist der Inbegriff der menschlichen Freiheit: Sie hätte
auch „Nein“ sagen können. Aber ihr Gottvertrauen war größer. Und Gott wollte seine Menschwerdung
eben schon einmal damit beginnen, dass seine Niederkunft vom Gottvertrauen des Menschen abhängig
sei.
http://gotteslob.dsp.at/sites/www.dsp.at/files/u195/102015.pdf