Malen als Spiel - Malort Malspiel Braunschweig

Malen als Spiel
Kinder erleben Freiheit und sich selbst
Kunst
M
alen ist ein Glück. Kinder geben sich ihm gern hin. Verlockend ist das Malen auch für
Erwachsene. Nur ist es für sie mit der Hingabe nicht mehr so leicht. Erwachsene fragen
lieber, statt zu malen. Das Malen als eine Form des Spielens anzunehmen, gäbe ihnen die
Möglichkeit, es den Kindern gleichzutun. Wir sprachen mit Thomas Grigoleit, der 2009 den Malort
Malspiel in Braunschweig gründete, über die Entwicklung von Kinderzeichnungen.
CC: Welche Phasen durchlaufen Kinder beim
Malen?
Malen Kinder ungestört, verläuft die Entwicklung
ihrer Spuren entlang bestimmter Gesetzmäßigkeiten. „Schmieren“, „Kritzeln“, „Kopffüßler“,
„Strichmännchen“ sind allerdings dafür ganz unbrauchbare Begriffe. Sie missdeuten das Geschehen und das auch noch recht abwertend.
Kinder „schmieren“ ja nie am Beginn. Sie probieren etwas aus. Ihre Motorik ist ungelenk. Sie wird
aber zusehends geübter. Und Kinder widmen sich
diesem Üben mit großem Ernst. Ihrer Konzentration, die mit beachtlicher Ausdauer und Befriedigung einhergeht, wird ein Begriff wie „Schmieren“
überhaupt nicht gerecht.
Das Malen oder Zeichnen beginnt bei jedem Kind
auf zweierlei Weise: Mit scheinbar endlosen, mehr
oder weniger kreisenden Spuren (den Giruli) oder
mit einem Beklopfen des Blattes mit dem Stift,
das zu einem Gewimmel von Punkten (den Punktili) führt. Aus diesen beiden Quellen entwickelt
sich alles Weitere. Dinge, die noch niemals zuvor
existiert haben für das Kind: Eine Spur ganz allein
zum Beispiel, das heißt, eine mit einem klaren
Anfang und Ende. Oder ein unerwartet gerade
gelungener, senkrechter Strich. Oder ein anderer,
wackelig zwar, der aber in einem Bogen zu seinem
Ausgangspunkt zurückfindet als Kreis- oder Tropfenform. So vieles passiert in diesem Spiel.
Giruli zum
Der Entwicklungsschritt von den
Strich.
Foto: codswollop/photocase.com
Giruli und Punktili.
[email protected]
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den Punktili zum Strich.
Der Entwicklungsschritt von
Der Entwicklungsschritt von den
Giruli über die Trop fenform zum Dreieck.
Der Entwicklungsschritt von den Giruli
über die Tropfenform zum Kreis.
CC: Was lassen Zeichnungen von Drei- bis Sechsjährigen über ihren Entwicklungsstand sagen?
Kann man Rückschlüsse auf kognitive Fähigkeiten ziehen?
Erwachsene sind neugierig und fühlen sich angewiesen auf Aussagen. Vielleicht weil das für sie die
gewohnte Ausdrucksform ist. Aber sind sie ohne
Aussagen ausgeschlossen von dem, was Kindern
fraglos so viel Freude macht? Was Eltern aus den
Bildern ablesen können, ist, wie sehr Kinder in der
Lage sind zu spielen. Denn mit den Elementen, die
natürlicherweise auftreten, wenn ein Kind ungestört malt, begibt sich jedes Kind in eine Spielsituation. In ein wirkliches Spielen. So zu spielen,
fördert kognitive Fähigkeiten. Viel eher sehe ich,
dass heute Kinder die Fähigkeit verlieren zu spielen. Und diesen Verlust bereiten Erwachsene den
Kindern mit fehlgeleiteten Ansprüchen.
CC: Warum malen und zeichnen Kinder so gerne? Warum tut diese Kreativität ihnen gut?
Malen ist ein Bedürfnis, das auf keine andere Weise
zu befriedigen ist. Jedes Kind bringt die Fähigkeit
dazu mit auf die Welt. Und es entwickelt sie weiter
aus sich selbst heraus. Das ist ein Urprozess von
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CC: Können Eltern Rückschlüsse auf die Zufriedenheit des Kindes ziehen, wenn sie die Malthemen ihrer Kinder berücksichtigen?
Wie wollen Sie das machen? Ist ein Kind, das Vulkane malt, unzufrieden? Ist ein Kind mit Seeschlachten unzufrieden? Ist eines mit Eisenbahnzügen
weniger unzufrieden? Mit wie vielen Blumen fängt
Zufriedenheit an? Nein. Das Malen selbst ist ein
Moment der Zufriedenheit. Ein Kind, das aus freien
Stücken malt, ist immer zufrieden. Die Frage nach
der Zufriedenheit ist ja auch eher die Frage nach
der Zufriedenheit der Erwachsenen. Darf ich mit
meinem Kind zufrieden sein? Ja, das dürfen Sie.
Das dürfen Sie Ihrem Kind sogar zeigen: Indem es
weiterhin malen darf. Nicht aufgrund irgendeiner
Leistung. Sondern einfach so.
CC: Lassen sich Rückschlüsse auf gute oder
schlechte Beziehungen in der Familie ziehen?
Nein. Ein Kind malt nicht Familienbeziehungen.
Was ist auch gemeint mit „guten“ oder „schlechten“ Beziehungen? Grundsätzlich ist der Wunsch,
etwas aus dem Gemalten herauszulesen ja eine
große Indiskretion dem Kind gegenüber.
Kunstmuseum Wolfsburg
D
national
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endig, urb
– leb
ie Zaha Hadid Lounge im Kunstmuseum mit ihrer ungewöhnlichen Architektur ist ein inspirierender Ort für kreatives Gestalten, für Veranstaltungen und Präsentationen. Entdecken
Sie den Raum für Kunst!
Atelierzeit
für Jugendliche und Erwachsene
•30. Mai, 20. Juni, 18. Juli
•samstags 10 bis 14 Uhr
•Teilnahme: 20 € (inkl. Eintritt)
Familienzeit
Das Kunstmuseum wird zum Treffpunkt der FamiErwin Wurm, Curry Bus
lien (Großeltern, Eltern, Kinder, Enkelkinder …)
Ferienworkshops für Kinder
•10. Mai
Open End: Linien über Linien
Langeweile in den Ferien muss nicht sein! Das
14. Juni
Formen umformen
Kunstmuseum Wolfsburg ist ein toller Ort, um
12. Juli
Von der Linie in den Raum
Kunst zu entdecken und sich inspirieren zu lassen.
13. Sept. Weiß auf Schwarz und Schwarz auf Weiß
•jeweils 15 bis 18 Uhr
Es wird gezeichnet und gemalt, Neues erdacht
•Teilnahme: 20 € (inkl. Familieneintritt & Material)
und in Bewegung gebracht.
Kinderzeit
•Sommerferien-Workshop vom 28. Juli bis 31. Juli
•10 bis 15 Uhr
für Kinder von 6 bis 12 Jahren
•Für Kinder von 6 bis 12 Jahren
(ohne erwachsene Begleitung!)
• 9. Mai Aus Klein wird Groß und umgekehrt
•Teilnahme pro Kind: 20 €
•Anmeldungen bitte unter Tel. 05361 2669 20
13. Juni Wie Alice im Wunderland
oder [email protected]
11. Juli
Verdeckt, versteckt und unsichtbar
12. Sept. Was wäre wenn …
•jeweils 10.30 bis 13.30 Uhr
Hinweise auf weitere Veranstaltungen und Füh•Teilnahme: 5 € (inkl. Eintritt & Material)
rungen unter: www.kunstmuseum-wolfsburg.de
Foto: Marek Kruszewski, © VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Bildung. Das Kind malt eine Spur, und es erlebt
sich dabei. Es bestimmt selbst, wie sie weitergeht.
Und es erlebt sich selbst, wie es das bestimmen
kann. Das ist auch ein Erlebnis von Freiheit.
CC: Herr Grigoleit, wir danken für das Interview.
Der Malort Malspiel.
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