34 interviewderwoche Christoph Brandner 35 Der Kommissar schießt scharf Denker und Lenker. Brandner macht überall eine gute Figur – ob mit Schläger oder am Steuer eines roten KAC-Flitzers (o.). Der KAC-Kapitän über Schiri-Kritik, Trainerambitionen, FlipFlops und die Karriere danach. Stefan Schnittka christoph brandner. Interview: K lagenfurt, ein sonniger Frühlingsnachmittag. KAC-Kapitän Christoph Brandner genießt die Stunden mit seinen beiden TöchternValentina und Carolina. Zwischen Rutsche und Schaukel spricht der 35jährige Stürmer mit der SportWoche über die EBEL-Finalserie, vergangene Motivationslöcher und einen passenden Spitznamen. SportWoche: Ihr habt mit dem Overtime-Sieg in Salzburg die Finalserie wieder zu euren Gunsten gedreht. Was war ausschlaggebend? Christoph Brandner: Beim Sieg in Salzburg haben wir das erste Mal so gespielt, wie wir uns „Aufhören war eine Option. Aber jetzt ist die Freude wieder da.“ Christoph Brandner hatte letztes Jahr Motivationsprobleme. das vorgestellt haben. Wir haben den Bullen wenig Zeit gegeben, dadurch konnten sie ihre Stärken nicht ausspielen. So ist es uns vorher gegangen. Bei den Niederlagen haben wir uns defensiv orientiert, das war aber der falsche Weg. Jetzt wissen wir, wie wir sie schlagen können. Teamplayer. Brandner ist beim KAC als Kapitän Vorbild für die jungen Talente wie Hundertpfund oder die Geier-Zwillinge. SportWoche | N r . 1 5 / 2 0 1 1 Könnt ihr den Meistersekt schon einkühlen? Das 3:2 heißt noch gar nichts. Ein Finale ist immer eine mentale Geschichte, da muss man bis zum Ende hoch konzentriert sein. Der Meistertitel wäre ein würdiger Karriere-Schlusspunkt. Stimmt. Aber ich hab noch ein Jahr Vertrag. In der vorigen Saison war das Karriereende sehr wohl ein Thema. Du warst kurz davor, einfach so aufzuhören? Ich hatte schlicht die Freude am Eishockey verloren. Kein Wunder, wenn man so lange dabei ist wie ich. Ich regeneriere nicht mehr so gut wie die jungen Burschen, brauche mehr Pausen, muss mich gewissenhafter Aufwärmen etc. Ich habe die Freude am Sport aber wiedergefunden. Auch mit Hilfe eines Mentaltrainers, den ja ÖFB-Teamchef Didi Constantini kategorisch ablehnt? Ja. Beim KAC haben wir einen Mentalcoach und ein Teil der Mannschaft geht auch hin. Man muss permanent an sich arbeiten, nicht nur, was den Sport betrifft. Es geht auch um Dinge, die für das weitere Leben wichtig sind. Ich nehm das auch in Anspruch. Du machst dir also Gedanken, was nach 2012 passiert? Ich nehme schon jetzt das Angebot von KADA in Anspruch („Karriere danach“, ein gemeinnütziger Verein, der ehemalige Spitzensportler unterstützt, nach ihrer Karriere auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, Anm.). Ich kann mir vorstellen, später im Sportbereich zu bleiben, werde mich im Bereich Physiotherapie weiterbilden. Ist das auch deinen Rückenproblemen zu „verdanken“? Sicher spielen die vielen Verletzungen auch eine Rolle. Aber mich hat der mediziwww.kac.at nische Bereich schon als Kind interessiert. Wäre ich nicht Eishockey-Profi geworden, hätte ich wahrscheinlich versucht, ein Medizinstudium abzuschließen. Ein Job als Trainer würde dich nicht reizen? Eine erste Mannschaft würde ich sicher nicht trainieren wollen. Das ist viel zu kompliziert, da bist du als Trainer gleich einmal weg. Eher im Nachwuchsbereich. Ich veranstalte jedes Jahr im Sommer ein Eishockey-Camp in Kapfenberg. Super, mit welcher Begeistewww.erstebankliga.at „Trainer ist nichts für mich. Maximal im Nachwuchs.“ Brandner will nicht den Weg von Manny Viveiros einschlagen. rung die Kids da mitziehen. Von Kindern bekommt man viel mehr zurück als von Erwachsenen. Ende April beginnt die A-WM in der Slowakei. Könntest du dir ein Comeback vorstellen? Nein, nein, nein. Dieses Thema ist seit der B-WM in Innsbruck im Jahr 2008 endgültig abgehakt. Es gibt genug Junge – die sollen spielen. Hat unser Team A-Niveau? Da muss man sich zuerst das Niveau in der Erste Bank Eishockey Liga ansehen. Das ist sicher nicht schlecht. Ich bin mir aber nicht sicher, ob dieses Level reicht, um permanent eine A-Nation zu werden. In der Liga stehen vor allem die Schiedsrichter immer wieder in der Kritik. Das ist ein schwieriges Thema. Sicher gibt es einige Partien, wo man sich als Spieler fragt „Was pfeift denn der jetzt?“ Man darf aber nicht vergessen, dass der Schiri-Job undankbar ist. Das Spiel ist so schnell geworden, der Referee muss im Bruchteil einer Sekunde entscheiden. Für mich wäre das absolut nichts. Du bist nach acht Jahren in Deutschland, den USA und Schweden 2008 wieder nach Österreich zurückgekommen. Welche Station war die Schönste? (Überlegt). Es gibt keinen Schritt, den ich im Nachhinein bereuen würde. Jedes einzelne Jahr war wichtig für meine persönliche Entwicklung. In Klagenfurt haben wir aber eine Heimat gefunden. Wir werden auch nach meinem Karriereende hier bleiben. Dir gelang als erstem Österreicher ein Tor in der NHL. Siehst du dich als Wegbereiter für Vanek & Co.? Überhaupt nicht. DieVoraussetzungen sind auch komplett anders. Ich war 28 Jahre alt, als das Angebot von den Minnesota Wild kam. Thomas Vanek, Andreas Nödl und Michael Grabner sind alle früh nach Nordamerika, sind in das System hineingewachsen. >> N r . 1 5 / 2 0 1 1 | SportWoche eishockeywoche Christoph Brandner 36 Brandi und die Frauen. Mit Gattin Silke und den beiden Töchtern Valentina und Carolina (o.), mit KAC-Ehrenpräsidentin Heidi Horten (r.). Titel des ersten >> Der österreichischen Tor- schützen bleibt aber dir. Darauf bin ich auch stolz. Aber ich hab mir diese Chance wirklich hart erarbeitet. Die NHL ist auf einem ganz eigenen Level. Es ist ein sehr hartes Geschäft, jeder macht seine eigenen Erfahrungen. Hand aufs Herz: wie motiviert man sich, aufs Eis zu gehen, wenn es so wie jetzt um die 20 Grad hat? (Schmunzelt). Sicher ist das eine Umstellung im Vergleich zu den Spielen im Winter. In einer Finalserie muss man sich aber nicht extra motivieren. Jeder Spieler will den Titel unbedingt, da ist man extrem fokussiert. Ich hab solche Temperaturunterschiede aber schon einmal erlebt. In meinem Jahr bei den Houston Aeros bin ich mit Flip-Flops aus dem Haus gegangen und in die Eishalle gefahren. Wie kommst du zu deinem Spitznamen „Kommissar“? Das geht auf die Krimiserie „Kommissar Rex“ zurück. Aber nicht auf den Schäferhund, sondern den Schauspieler. Nach Tobias Moretti kam Gedeon Burkhard. Sein Serienname war Alexander Brandtner. Der damaliga Cotrainer Mario Schaden hat das irgendwann aufgegriffen – und es ist mir bis heute geblieben. facts Brandner Geb. am: 5.7.1975 Familienstand: verheiratet mit Silke, Töchter Valentina (8) und Carolina (3) Größe: 195 cm Gewicht: 100 kg Position: linker Flügel Nummer: 29 Schusshand: links Karrierestationen: Kapfenberg, KAC, Krefeld, Minnesota, Houston, Södertälje, Hamburg, seit 2008 KAC Erfolge: österreichischer Meister 2000 und 2009, deutscher Meister 2003, Torschützenkönig und DEL-Spieler des Jahres 2003, erster Österreicher, dem in der NHL ein Tor gelang, 35 NHL-Spiele, 116 Länderspiele. EBeL-finalserie Finale, spiel 3 KAC – Red Bulls........2:5 (1:0, 0:3, 1:2) Tore: Scofield (5.), Furey (41.); Duncan (21.), Latusa (24., 59.), Trattnig (30.), Regier (44.) Zuschauer: 5200 Strafminuten: 12 bzw. 10 Finale, spiel 5 SportWoche | N r . 1 5 / 2 0 1 1 Finale, spiel 4 Red Bulls – KAC....1:2 n.V. (0:0, 0:1, 1:0) Tore: St. Pierre (52.); Hundertpfund (34.), Spurgeon (64.) Zuschauer: 3200 Strafminuten: 14 bzw. 10 vorschau KAC – Red Bulls......xxxx (1:2, 3:1, 2:0) 6. Finale: Red Bulls – KAC (Di., 19.15 Uhr, Tore: xxx (1., 59.), Aubin (25.), Abid (27.), Pewal (34.), Trattnig (45.); Siklenka (12.), S. Geier (14.), Craig (30.) Zuschauer: 3.200 Strafminuten: 14 bzw. 16 7. Finale (falls nötig): KAC – Red Bulls live in ServusTV). (Do., 19.15 Uhr, live in ServusTV). www.sport10.at
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