ihre - Schweizerische Public Affairs Gesellschaft (SPAG)

Standeskommission ¦ Commission de déontologie ¦ Commissione deontologica ¦ Professional Committee
Die Standeskommission hat ihre Stellungnahme zum „Fall Kasachstan“
veröffentlicht
3. Juli 2015 - Die Standeskommission SPAG hat die Stellungnahme zum „Fall Kasachstan“
verabschiedet. Sie hat mehrere Verhaltenspflichten für die Lobbyistinnen und Lobbyisten geklärt.
Die Kommunikation zwischen Marie-Louise Baumann und Nationalrätin Christa Markwalder ist im
vorliegenden Fall nicht optimal verlaufen, weshalb Missverständnisse entstanden. In einigen
Punkten wurde den Verhaltensgrundsätzen der SPAG nicht genügend Beachtung geschenkt. Das
heutige Transparenzregister der SPAG verlangt weitergehendere Angaben.
Der Vorstand der Schweizerischen Public Affairs Gesellschaft SPAG hat die Standeskommission am 6.
Mai 2015 mit der Prüfung des sog. „Fall Kasachstan“ beauftragt. Die Standeskommission prüfte das
Verhalten von Marie-Louise Baumann, die in diesem Fall als Lobbyistin tätig war. Sie äussert sich
nicht zum Verhalten von Nationalrätin Christa Markwalder, zur Berichterstattung in den Medien über
den Fall oder zu Burson-Marsteller, das als Unternehmen nicht Mitglied der SPAG ist. Sowohl MarieLouise Baumann als auch Nationalrätin Christa Markwalder haben zur Feststellung des Sachverhalts
beigetragen.
Zulässigkeit der Ausarbeitung eines parlamentarischen Vorstosses durch eine Lobbyistin
Lobbying ist eine legale Tätigkeit und in Art. 147 Bundesverfassung vorgesehen. Es ist nicht zu
beanstanden, dass Marie-Louise Baumann die Aufgabe übernommen hat, einen Vorstoss zu
entwerfen. Parlamentsmitglieder haben das Recht, sich ihre Meinung auf Grund der von ihnen frei
gewählten Informationen zu bilden, wozu auch ausformulierte Entwürfe gehören können.
Lobbying-Tätigkeiten sind offen durchzuführen...
...und zwar vom Moment der ersten Kontaktnahme mit der Entscheidträgerin oder dem
Entscheidträger. Bereits ab dann ist darauf hinzuweisen, in wessen Auftrag oder Interesse
vorgesprochen wird. Das gilt auch für Kontakte, die zeitlich vor dem formellen Abschluss eines
Lobbying-Vertrags liegen. Bei der ersten Kontaktnahme von Marie-Louise Baumann mit Nationalrätin
Christa Markwalder wurde dieser Hinweis unterlassen, weshalb die Standesregeln in diesem Punkt
nicht eingehalten wurden. Er wurde aber wenig später nachgeholt, womit für beide Seiten Klarheit
bestand.
Relevante Informationen sind mitzuteilen
Ein Parlamentsmitglied darf argumentativ überzeugt, aber nicht durch Zurückhalten wesentlicher
Informationspunkte überredet werden. Massgeblich sind dabei immer die Umstände des konkreten
Einzelfalles. Im „Fall Kasachstan“ wäre es erforderlich gewesen, Nationalrätin Christa Markwalder
über die Funktion von Dmitry Belousov zu informieren, der als Übersetzer tätig war, aber dessen
hauptsächliche Funktion die einer Kaderperson bei Philip Morris Kasachstan ist. Marie-Louise
Baumann hätte weiter darauf hinweisen müssen, dass Dmitry Belousov den Kontakt zwischen ihr und
Asat Peruaschew herstellte und dass sie über ihr eigenes Unternehmen ein separates Mandat von
Philip Morris Schweiz betreute. Ferner hätte Marie-Louise Baumann nähere Abklärungen über die
Funktion der Partei Ak Schol in Kasachstan und die angebliche Nähe zur Staatsführung von Anfang an
vornehmen müssen, damit mögliche Interessenkonflikte hätten erkannt werden können.
Keine Täuschung bei den Vorarbeiten zur Interpellation und den Fragen an die Kommission
Marie-Louise Baumann hat die Entwürfe zur späteren Interpellation von Nationalrätin Markwalder
zusammen mit ihrem Auftraggeber erstellt, was bei Lobbying-Tätigkeiten üblich ist. Sie hat
Nationalrätin Christa Markwalder mit E-Mail über den vorgeschlagenen Ersatz des Begriffs der
„Menschenrechte“ informiert und die Änderungen kenntlich gemacht. Aufgrund der Umstände
bestanden Kommunikationsschwierigkeiten und Nationalrätin Christa Markwalder hat nur die letzte
Version gelesen und deshalb nicht ausdrücklich Stellung genommen. Marie-Louise Baumann hat
Nationalrätin Christa Markwalder darüber informiert, dass die Erwähnung von Viktor Khrapunov
ihrem Auftraggeber ein Anliegen war. Die Standeskommission hat nicht festgestellt, dass die
Erwähnung von Viktor Khrapunov im Interpellationstext das zentrale Thema des Auftraggebers aus
Kasachstan gewesen wäre. Eine Täuschung oder ein Täuschungsversuch durch Marie-Louise
Baumann bei der Vorbereitung der Interpellation und den Fragen an die Aussenpolitische
Kommission des Nationalrats liegt nicht vor. Sie ist ihrer Informationspflicht nachgekommen und die
Standesregeln sind insofern eingehalten worden. Die Standeskommission kritisiert, dass Marie-Louise
Baumann die Antworten des EDA auf die Fragen an ihren Auftraggeber weitergeleitet hat.
Transparenz-Register der SPAG verlangt weitergehendere Angaben
Die heute geltenden Standesregeln verlangen, dass Mitarbeitende in Agenturen, Anwaltskanzleien
oder Selbständigerwerbende im Register der SPAG die Auftraggeber angeben, die durch sie direkt
betreut werden. Ein allgemeiner Verweis auf Kundinnen und Kunden des Unternehmens oder gar nur
auf Schlüsselkunden im Sinne von Referenzen genügt nicht.
Adresse für Rückfragen zur Stellungnahme:
In Deutsch: Thomas Sägesser, Präsident Standeskommission, Tel. 079 708 14 72, Mail
[email protected]
In Französisch: Anja Wyden Guelpa, Vizepräsidentin Standeskommission, Tel. 022 327 95 05, Mail
[email protected]
Allgemein zur SPAG:
Stefan Kilchenmann, Präsident SPAG, Tel. 079 593 31 57, Mail [email protected]
Die Stellungnahme ist publiziert unter http://www.public-affairs.ch/de
Die SPAG hat sich an der Generalversammlung vom 11. März 2014 neue Standesregeln gegeben, die
am 1. Juli 2014 in Kraft getreten sind. Durch den Erlass von Standesregeln fördert die SPAG die
Integrität und Professionalität ihrer Mitglieder, die Akzeptanz und Anerkennung des Berufsstandes
in der Öffentlichkeit und gegenüber Politik und Verwaltung sowie die Transparenz für LobbyingTätigkeiten.
Die Standesregeln enthalten Offenlegungs- und Sorgfaltspflichten, über deren Einhaltung eine
unabhängige Standeskommission zu wachen hat. Angebliche Verletzungen der Standesregeln
werden in einem Verfahren durch die Standeskommission beurteilt und können zu Sanktionen
führen, wenn eine Verletzung vorliegt.
Die Standeskommission wurde am 10. März 2015 durch die Generalversammlung der SPAG gewählt.