Juli 2015 VDMA Steuer aktuell Umsatzsteuer ACHTUNG: Stolperstein „Lieferung in die Schweiz“! Andreas Masuch, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, WTS Düsseldorf und Andreas Nachbur, Tax Manager bei der WTS Schweiz AG in Basel Durch die stetig wachsende Globalisierung nehmen Lieferungen aus dem Ausland in die Schweiz ständig zu. Ausländische Unternehmen liefern von Büchern über Baumaterialien bis zu Maschinen und Anlagen verschiedenste Produkte in die Schweiz. Sehr oft kennen die ausländischen Firmen aber den Stolperstein „werkvertragliche Lieferung“ in Bezug auf den schweizerischen Zoll und die schweizerische Mehrwertsteuer nicht. Wir erklären Ihnen nachfolgend den Begriff „werkvertragliche Lieferung“ aus Schweizer Sicht, damit Sie für künftige Lieferungen in die Schweiz gerüstet sind. Lieferarten Das Schweizer Mehrwertsteuergesetz kennt bei Lieferungen vom Ausland in die Schweiz grundsätzlich zwei Lieferarten: • Normale Lieferung Es handelt sich um die Lieferung von Waren vom Lagerort Ausland zum Verbringungsort Schweiz. Die Ware wird nur geliefert. Die Lieferung gilt als im Ausland er-bracht und es liegt entsprechend mehrwertsteuerlich ein Auslandumsatz vor. • Werkvertragliche Lieferung Die Waren werden vom Lagerort Ausland zum Verbringungsort Schweiz geliefert und dort noch bearbeitet. Unter Bearbeitung bezeichnet das Schweizer Mehrwertsteuergesetz sämtliche Arbeiten an der Ware, auch wenn diese dabei nicht verändert, sondern bloß geprüft, geeicht, reguliert, in der Funktion kontrolliert oder in anderer Weise behandelt wird. Unbeachtlich ist, ob eine solche Bearbeitung vom Lieferanten oder von einem durch diesen beauftragen Dritten vorgenommen wird. Bei dieser Lieferart gilt der Ort der Lieferung als im Inland erbracht, da die Ware erst nach der Bearbeitung als übergeben gilt. Entsprechend liegt mehrwertsteuerlich ein Inlandumsatz vor. VDMA Steuer aktuell, Ausgabe Juli 2015 Kontakt: [email protected], Telefon +49 69 6603-1392 VDMA Steuer aktuell Import in die Schweiz Bei Lieferungen in die Schweiz ist auf der Zollanmeldung der Importeur anzugeben. Der Importeur ist stets Schuldner der Importmehrwertsteuer. Wer gemäß Zollrecht als Importeur gilt, wird durch die oben genannten Lieferarten definiert. • Normale Lieferung: Importeur ist der schweizerische Empfänger • Werkvertragliche Lieferung: Importeur ist der ausländische Lieferant Abweichende Lieferbedingungen (Incoterms), welche zwischen dem Lieferanten und dem Empfänger vereinbart werden, haben auf den Ausweis des Importeurs auf der Zollanmeldung bzw. den zollrechtlichen Schuldner der Importmehrwertsteuer keinen Einfluss. Auf der Zollanmeldung ist stets der zollrechtliche Importeur gemäß den zwei dargestellten Lieferarten zu deklarieren. Mehrwertsteuerliche Konsequenzen für ausländische Lieferanten Der inländische Empfänger der Waren hat bei der normalen Lieferung die Importmehrwertsteuer zu bezahlen und kann diese im Rahmen seiner Vorsteuerabzugsberechtigung als Vorsteuer zurückfordern. Für den ausländischen Lieferanten hat eine normale Lieferung in die Schweiz grundsätzlich keine mehrwertsteuerlichen Folgen. Bei einer werkvertraglichen Lieferung in die Schweiz ist der ausländische Lieferant der maßgebende Importeur der Waren und muss deshalb die Importmehrwertsteuer bezahlen. Sofern der Umsatz aus werkvertraglichen Lieferungen (= Inlandumsatz) in der Schweiz weniger als CHF 100‘000 pro Kalenderjahr beträgt, hat der ausländische Lieferant zwei Möglichkeiten: • Der ausländische Lieferant trifft keine weiteren Vorkehren. Die von ihm bezahlte schweizerische Importmehrwertsteuer ist nicht zurückforderbar und stellt eine definitive Steuerlast dar. Alternativ kann der ausländische Lieferant die Einfuhr per Adresse des schweizerischen Empfängers anmelden. Sofern der steuerpflichte Empfänger im Besitz der Veranlagungsverfügung der Eidg. Zollverwaltung ist, kann er die Importmehrwertsteuer als Vorsteuer geltend machen. Der ausländische Lieferant hat in diesem Fall aber keine Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für in der Schweiz zugekaufte Lieferungen oder Leistungen. • Er registriert sich freiwillig im schweizerischen Mehrwertsteuerregister mit der Folge, dass die in der Schweiz erbrachten werkvertraglichen Lieferungen (und alle anderen mehrwertsteuerpflichtigen Umsätze in der Schweiz) mit schweizerischer Mehrwertsteuer an den Empfänger in Rechnung gestellt werden müssen. Im Gegenzug kann er dafür die bezahlte Importmehrwertsteuer (und alle weiteren bezahlten schweizerischen Mehrwertsteuern) zurückfordern. Beträgt der Umsatz des ausländischen Lieferanten aus werkvertraglichen Lieferungen in der Schweiz mehr als CHF 100‘000 pro Kalenderjahr, ist der Lieferant gesetzlich verpflichtet, sich im Schweizer Mehrwertsteuerregister eintragen zu lassen. Die in der Schweiz erzielten Umsätze sind dann mit schweizerischer Mehrwertsteuer abzurechnen und die Importmehrwertsteuern als auch sonstige auf erhaltenen Leistungen bezahlte schweizerische Mehrwertsteuer können zurückgefordert werden. VDMA Steuer aktuell, Ausgabe Juli 2015 Kontakt: [email protected], Telefon +49 69 6603-1392 2 VDMA Steuer aktuell Fazit Im Gegensatz zum ausländischen Umsatzsteuerrecht kennt die schweizerische Mehrwertsteuer unterschiedliche Dienstleistungs- und Lieferbegriffe, wobei die werkvertragliche Lieferung im Zentrum steht. Bei Lieferung von Waren aus dem Ausland in die Schweiz muss deshalb zwingend gestützt auf die Lieferart die schweizerische zoll- und mehrwertsteuerrechtliche Situation geklärt werden. Der Lieferart entsprechend muss der maßgebende Importeur auf der Zollanmeldung deklariert werden und müssen die entsprechenden Mehrwertsteuerfolgen korrekt abgehandelt werden, damit nicht gesetzliche Pflichten verletzt und definitive Mehrwertsteuerbelastungen resultieren. Gerne sind wir bereit, Sie bei Warenlieferungen in die Schweiz mehrwertsteuerlich zu beraten, damit insbesondere der Stolperstein „werkvertragliche Lieferung“ vermieden wird. Hinweis zur Teilrevision des Schweizer Mehrwertsteuergesetzes: Mit einer geplanten Teilrevision des Schweizer Mehrwertsteuergesetzes soll ab 2017 die Steuerpflicht bzw. die Pflicht, sich registrieren zu lassen, nicht mehr nur mit einem Inlandumsatz über CHF 100‘000 gegeben sein, sondern neu soll auf den Weltumsatz abgestellt werden. Bei einem Weltumsatz von mindestens CHF 100‘000 würden ausländische Unternehmen ab dem ersten CHF schweizerischer Umsatz, in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig werden. Beispiele: • Lieferung eines Tisches für CHF 1‘000 vom Lieferanten in Köln an den Empfänger nach Basel ohne weitere Leistungen. • Normale Lieferung und deshalb Auslandumsatz, Importeur und Schuldner der Importmehrwertsteuer ist der Empfänger. • Lieferung einer Maschine für CHF 200‘000 vom Lieferanten in München zum Empfänger in St. Gallen ohne weitere Leistungen. • Normale Lieferung und deshalb Auslandumsatz, Importeur und Schuldner der Importmehrwertsteuer ist der Empfänger. • Lieferung einer Maschine für CHF 80‘000 vom Lieferanten in Hamburg zum Empfänger in Bern. Die Maschine wird durch Mitarbeiter des Lieferanten vor Ort installiert und in Betrieb genommen (keine weiteren Umsätze des Lieferanten in der Schweiz). • Werkvertragliche Lieferung und deshalb Inlandumsatz, Importeur und Schuldner der Importmehrwertsteuer ist der Lieferant. Ohne freiwillige Registrierung des ausländischen Lieferanten im schweizerischen Mehrwertsteuerregister verbleibt die Importmehrwertsteuer als definitive Belastung. Alternative: Anmeldung der Einfuhr des ausländischen Lieferanten per Adresse des schweizerischen Empfängers. • Lieferung einer Maschine für CHF 300‘000 vom Lieferanten in Köln zum Empfänger in Luzern. Die Maschine wird von einer Drittunternehmung/Unterakordanten im Auftrag des Lieferanten vor Ort installiert und in Betrieb genommen. • Werkvertragliche Lieferung und deshalb Inlandumsatz, Importeur und Schuldner der Importmehrwertsteuer ist der Lieferant. Da der Inlandumsatz CHF 100‘000 in diesem Kalenderjahr übersteigt, obliegt der ausländische Lieferant einer obligatorische Mehr- VDMA Steuer aktuell, Ausgabe Juli 2015 Kontakt: [email protected], Telefon +49 69 6603-1392 3 VDMA Steuer aktuell wertsteuerpflicht in der Schweiz. Er kann jedoch die Importsteuer als Vorsteuer zurückfordern, sofern er sich in der Schweiz für mehrwertsteuerliche Zwecke registrieren lässt. Die Autoren: Andreas Masuch, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt bei WTS Steuerberatungsgesellschaft mbH in Düsseldorf, Tel. +49 (0) 211 200 50 813 und Andreas Nachbur, Tax Manager bei der WTS Schweiz AG in Basel, Tel.: +41 (0) 61 378 99 99 Hinweis Diese von der VDMA Steuerabteilung herausgegebene Informationsschrift kann nicht die Beratung im Einzelfall ersetzen. Für die Richtigkeit wird keine Haftung übernommen. Kontakt Ulrich Meißner Telefon +49 69 6603 1391 E-Mail [email protected] VDMA Steuer aktuell, Ausgabe Juli 2015 Kontakt: [email protected], Telefon +49 69 6603-1392 4
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