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Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
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29.01.2016
Von: Dagny Riegel
Werkfeuerwehr
In Alarmbereitschaft
Ein Jahr Vorgespräche, drei Tarifrunden, doch die Arbeitgeber haben sich bisher keinen Millimeter bewegt.
Dabei wollen die Werkfeuerwehrleute nicht mehr als einen fairen Tarifvertrag und Absicherung im Alter.
Am 2. Februar steht nun die Schlichtung an.
Foto: Markus Feger
Warten
seit fast zwei Jahren auf einen Tarifvertrag: Werkfeuerwehrleute von Currenta.
Sieben Minuten hat die Werkfeuerwehr bei Currenta im Chempark Dormagen, um bei einem Notfall
anzukommen, auf einem Gelände mit rund 60 Betrieben und 10 500 Mitarbeitern. In unmittelbarer Nähe ist
der Rhein, liegen Wohnhäuser, entsprechend wichtig ist es, beispielsweise ein Leck schnell abzudichten.
Sie sichern die Betriebe, laufen rein, wenn andere weglaufen und sind alles andere als ängstlich in ihrer
schweren Schutzuniform. Wie kann es da sein, dass man sie selbst und ihre Kollegen von den anderen
Werkfeuerwehren so lange auf einen fairen Tarifvertrag warten lässt? Gerecht ist das nicht – klug auch nicht.
In der Atemschutzwerkstatt des Chemiedienstleisters zieht Jörg Katschkowski eine Maske auf den
Gummikopf des Prüfgeräts und kontrolliert per Vakuum, ob sie einwandfrei funktioniert. Doch nicht nur die
Geräte werden regelmäßig geprüft. Alle zwei Jahre müssen alle Feuerwehrleute unter 50 Jahren zum
Gesundheitstest, wer über 50 ist, muss jährlich antreten. So wie Jörg Katschkowski. "Für den ›TÜV-Stempel‹
müssen wir zum Beispiel Lungenfunktions-, Sehtest und Übungen mit Atemschutz und Chemieschutzanzug
machen", sagt er. "25 bis 30 Kilo wiegt die komplette Ausrüstung", ergänzt sein Kollege Alwin Hermes am
Prüfgerät daneben.
Foto: Markus Feger
Jörg Katschkowski kontrolliert
eine Maske.
Anders als Katschkowski konnte Hermes wegen eines Bandscheibenvorfalls die sogenannte G 26.3 nicht
ablegen und macht vorerst ausschließlich Tagesdienst in der Werkstatt. "Das hat mich getroffen wie der
Blitz, ich hab ja jeden Tag Sport gemacht", erzählt er. "Es gibt auch weniger Geld, aber man muss froh sein,
hier aufgefangen zu werden."
Während die Angestellten der öffentlichen Feuerwehr oft mit 60 in Rente können, sind Werkfeuerwehrleute
bei Krankheit auf Betriebsvereinbarungen oder Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen. Der kann sie in
einem anderen Bereich der Feuerwehr beschäftigen und einen Teil der finanziellen Einbußen ausgleichen,
wie es bei Currenta meist der Fall ist. Er kann sie aber auch als Hilfsarbeiter in einen völlig anderen Bereich
und Ort versetzen, zu einem entsprechenden Lohn. Sicherheit soll da eine feste Regelung im Tarifvertrag
bieten.
Vor zwei Jahren begannen Gespräche mit dem Arbeitgeberverband, der jedoch wenig Nachholbedarf für die
teils jahrzehntealten Vorgaben des Tarifvertrags sah. 2015 sollte dann das Jahr der Werkfeuerwehr sein, es
gab Tarifverhandlungen über eine einheitliche Vergütung, Anerkennung der 24-Stundendienste als Schicht
und frühere Renteneinstiege. Im Dezember 2015 scheiterte die dritte Runde. "Die Arbeitgeber haben alle
Punkte blockiert", sagt IG-BCE-Verhandlungsführer Christian Jungvogel, "wir haben die Schlichtung
angerufen, damit die wach werden." Das gab es in der Chemie zuletzt in den 1990ern. "Die Feuerwehrleute
sind lange genug hingehalten worden", sagt Jungvogel, "durch die Gesundheitsprüfung haben sie eine
Sondersituation, das muss sich im Tarifvertrag genauso widerspiegeln wie ihre Bedeutung; es geht um
Personenschutz und Sachschutz in Milliardenhöhe."
Erste Reaktionen registriert Josef Wolff, Betriebsrat bei Currenta, bereits. Auf ein Flugblatt hin, das über die
anstehende Schlichtung informiert, bekam er Anrufe: "Viele Leute wussten vorher gar nicht, worüber wir
verhandeln." Er erklärt den Anrufern dann, dass er und seine Kollegen seit 2008 auf die Themen aufmerksam
machen und ihre Geduld am Ende ist.
Alwin Hermes hat ebenfalls den Eindruck, dass nicht allen klar ist, worum es geht. "Wegen der
Alarmbereitschaften denken viele, wir sitzen hier nur rum." Dass zum Beispiel die ganzen Überprüfungen
und Wartungsarbeiten nebenbei erledigt werden, ist oft gar nicht klar. Dabei haben sich bei vielen
Feuerwehren die Aufgaben längst um umfangreiche Dienstleistungen erweitert.
Foto: Markus Feger
Sven Sittinger prüft einen
Schutzanzug auf Dichtigkeit.
"Außerdem sind wir auch nachts abrufbereit und können oft nicht schlafen", sagt Sven Sittinger, der seit
Oktober bei Currenta ist und gerade einen Schutzanzug auf Dichtigkeit prüft, "das ist eine Schicht." Auch
seinem Kollegen am Kontrolltisch für die Atemluftflaschen, Patrick Reckers, ist dieses Thema wichtig: "Die
Feuerwehrleute sind 24 Stunden da und sollten entsprechend bezahlt werden." Er ist seit 34 Jahren dabei und
musste nun unerwartet wegen Krankheit aus dem Alarmdienst in den Tagesdienst und damit in die Werkstatt
wechseln. "Ich finde es zwar nicht gut, nach so vielen Jahren auf dem Buckel finanzielle Einbußen zu
bekommen, bin aber froh nicht woanders hin zu müssen", sagt er, "es ist schließlich ein interessanter Beruf
und man gehört nach so langer Zeit zur Familie."
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