Dicke Luft im „Digestorium“ – Teil 2

Baulicher Br andschutz
Dicke Luft
im „Digestorium“ – Teil 2
Brandschutzklappen: Die Verwendung von Brandschutzklappen (BSK) in Laborabluftanlagen
(früher Digestorienabluft genannt) im Bestand und bei Neubauten war Anlass von Diskussionen.
Teil 2 des Fachartikels beschreibt die Durchführung der Brandversuche und das Entscheidungsraster
für die Planung von Laborabluftanlagen mit/ohne Brandschutzklappen. Manfred Lippe
Fotos: MPA NRW
Abb. 1: „Superklappe“ ohne
Dichtung und
im Brandfall aufschäumenden
Baustoff. Die
Verschmutzung
wurde beim
Ausbau und zur
Brandprüfung
nicht ­entfernt.
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ie Problemstellung bei den Laborabluftanlagen wurde in Teil 1 dieses
Beitrags ausführlich beschrieben (siehe
www.feuertrutz.de).
Wesentlich war die praktische Erprobung der Funktionsfähigkeit im Brandfall als Ergänzung zu rein statistischen
Erhebungen aufgrund von Erfahrungswerten der chemischen Industrie. Die
Erhebungen lassen keine Schlüsse über
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die Funktionsfähigkeit im Brandfall zu.
Der Versuchsaufbau zur Brandprüfung an
den gebrauchten BSK wurde vom Materialprüfungsamt NRW, Außenstelle Erwitte
festgelegt und die drei Brandversuche wurden dort durchgeführt.
Beschreibung der Brandversuche
Die Versuchsgrundlage im ersten Versuch
für zwei BSK war die DIN ­4102-6:1977-09
„Brandverhalten von ­Baustoffen und Bauteilen; Lüftungsleitungen, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen“, die Prüfvorschrift für ältere BSK ohne Dämmschichtbildner (s. Abbildung 3).
Im zweiten Brandversuch wurden die
BSK 3 bis 5 ebenfalls nach der o. g. DIN
geprüft. Die BSK 6 wurde auf der Grundlage der europäischen Norm DIN EN
­1366-2:1999-10 „FeuerwiderstandsprüFeuerTRUTZ Magazin 5.2014
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Abb. 2: Brandschutzklappe mit Dichtung und im Brandfall aufschäumenden Baustoffen
Abb. 3: Brandversuch mit zwei Brandschutzklappen aus der Laborabluft
„Fakultät Elektrotechnik“: durch die Erhebung im Vorfeld wurde festgestellt, dass diese Laborabluft stark belastet sein kann.
Abb. 4: Brandversuch mit vier Brandschutzklappen aus der Laborabluft
„Fakultät Phytochemie“
Abb. 5: Brandversuch zum Vergleich unterschiedlicher Einsatzbereiche
und Zeiten: die Zu- und Abluftklappe stammte aus der gleichen Anlage,
um eine Vergleichbarkeit herzustellen.
Abb. 6: Brandschutzklappe nach dem Brandversuch: die Position der
­Temperaturfühler im Versuch ist zu erkennen.
Abb. 7: Brandschutzklappe nach dem Brandversuch: Die Temperaturfühler
im Versuch sind zu erkennen.
fungen für Installationen – Teil 2: Brandschutzklappen“ geprüft (s. Abbildung 4).
Im dritten Brandversuch wurde ein Vergleich baugleicher Klappen bei unterschiedlicher Beanspruchung als Ziel umgesetzt.
FeuerTRUTZ Magazin 5.2014
Dazu wurden je eine BSK aus der Abluft
und Zuluft einer Laborabluftanlage geprüft
sowie als Referenz eine neue BSK mitgeprüft
(s. Abbildung 5). Abbildungen 6 und 7 zeigen
die Klappen nach dem Brandversuch.
Zusammenfassung der
­Versuchsergebnisse
Auf Basis der Schutzzielerfüllung in der
Anwendungspraxis können aus den Versuchen folgende Schlüsse gezogen werden: ❯❯
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Quelle: Manfred Lippe
Baulicher Br andschutz
Abb. 8: Empfehlungen zum Einsatz von Brandschutzklappen in Verbindung mit RLT-Anlagen auf der Grundlage der M-LüAR 2005 und deren Ergänzungen 2010
Die BSK haben fehlerfrei und korrekt
nach 13 Sekunden ausgelöst.
Der Raumabschluss war nach der vollen
Prüfzeit von über 90 Minuten sichergestellt. Damit wurde der Nachweis, dass
keine konkrete Gefährdung vorliegt,
erbracht.
Vor dem Ablauf von 45 Minuten wurden an keiner Stelle Übertemperaturen
gemessen. Eine Personenevakuierung
wäre dann bereits beendet, denn Brandmelde- und Alarmierungsanlagen sind
i. d. R. vorhanden.
Die für die Zulassung einer neuen Klappe erforderlichen Werte der thermischen
Isolierung konnten bei den mehr als 10
Jahre alten BSK bzw. „Superklappen“
(noch ohne Dämmschichtbildner) nicht
an allen Stellen, z. B. nicht am innenliegenden Klappenblatt und außen am
Gehäuse, erreicht werden. Worauf dies
im Einzelnen zurückzuführen ist (chemische Belastung und/oder Alterung
bzw. andere Gründe, z. B. Ausbaubelas4
tung, konnte nicht im Detail ermittelt
werden. Es ist zu erwähnen, dass bei
diesen BSK auch die Messungen der
Undichtigkeit vor dem Brandversuch
erhöhte Werte ergaben.
Beim dritten Brandversuch wurde mit
jeweils einer baugleichen neuen BSK,
einer seit 2010 in der Zuluft und einer seit
2010 in der Laborabluft eingebauten BSK
als Vergleichsversuch mit Unterdruck auf
der Abluftseite durchgeführt. Bei diesem
Versuch wurden alle für die Zulassung
erforderlichen Werte erreicht. Es gab keine
wesentlichen Unterschiede. Die geringen
Temperaturunterschiede auf der brandabgewandten Seite können als übliche Toleranzbreite der Messung eingestuft werden.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass von den geprüften Bestandsklappen keine konkrete Gefahr ausgegangen ist.
Dies lässt den Schluss zu, dass von den in
der Laborabluft derzeit eingesetzten BSK
keine konkrete Gefahr ausgeht.
Konsequenzen für den sicheren
­Betrieb von BSK in der ­Laborabluft
Die Laborabluftanlagen müssen wie alle
anderen RLT-Anlagen durch Fachplaner
auf Grundlage der Laborrichtlinie, einer
Gefährdungsbeurteilung des Betreibers und
den a. a. R. d. T. geplant werden. Die komplexen Anforderungen dazu sind als Anwendungsempfehlung für Planer und Betreiber
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in Abbildung 8 zusammengefasst.
Schlagworte für das Online-Archiv
unter www.feuertrutz.de
Brandschutzklappen
Autor
Dipl.-Ing. Manfred Lippe
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für
den baulichen und anlagentechnischen Brandschutz
(IHK Mittlerer Niederrhein)
www.MLPartner.de
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