Marc Augé, Les Formes de l`oubli „BARRIEREN ÜBERWINDEN

DIE KUNST
DES ZEUGNISSES
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,,Die wunderschönen Friedhöfe der Normandie (nicht zu vergessen die Klöster, Kapellen oder Museen,
in welche eines Tages die Konzentrationslager umgewandelt werden), mit ihren Gräbern, die entlang
der sich kreuzenden Alleen platziert sind. Niemand zweifelt daran, dass diese geordnete Schönheit
bezaubernd sein kann, doch die daraus resultierenden Emotionen, entspringen eher den harmonischen
Formen, und dem imposanten Anblick dieser Heere von Toten, mit ihren Strammstehenden weißen
Kreuzen. Nur die Älteren können diesen Anblick manchmal mit einem Vater, oder einen gefallenen
Kameraden verbinden, der vor einem halben Jahrhundert sein Leben ließ. Diese Schönheit weckt keine
Furcht, erinnert nicht an die hasserfüllten kämpfe, noch erinnert Sie an die wirkliche Vergangenheit
der hier begrabenen Soldaten”
Marc Augé, Les Formes de l’oubli
004 fand im Krakauer Museum für Geschichte der Fotografie eine äußerst außergewöhnliche Ausstellung statt. An demselben Ort und zur
selben Zeit wurden, unter dem von der Idee der deutsch-polnischen Versöhnung geleiteten Titel
„BARRIEREN ÜBERWINDEN, BRÜCKEN BAUEN – KRIEG IN FOTOGRAFIEN POLNISCHER UND DEUTSCHER SOLDATEN“
Kriegsfotografien des Soldaten der deutschen Wehrmacht, Helmut Riemann, Funker an der Ostfront im März 1942, und des polnischen
Soldaten, der bei Monte Casino gekämpft hatte, des Arztes, Leutnant Czesław Elektorowicz, präsentiert.
Die deutschen Fotos stammten aus der Sammlung von Olaf Eybe, dem Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Essen e.V. Die polnischen
Fotos suchte der Kustos des Museums für Geschichte der Fotografie in Krakau, Andrzej Rybicki, aus, dessen Idee auch diese Ausstellung war.
Der mit den Augen von Soldaten gesehene Krieg, dargestellt aus sehr unterschiedlicher Perspektive: deutsch und polnisch, trägt in sich – wie Olaf Eybe
in der Vorstellung der Krakauer Ausstellung sagte - dieselbe vernichtende Kraft, deren Folgen von Riemann und Elektorowicz dokumentiert wurden.
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In unserem multimedialen Projekt haben wir die Bedeutung archivierter Kriegsfotografien im Kontext der „verdrängten Erinnerung an den Krieg“
überbetont. Wir fragen darin nach dem Krieg, als Nachlass unserer Vorfahren. Wir fragen danach, wie wir die Erinnerung (Erbe, Last) daran an
die nächsten Generationen weitergeben. Wir vermitteln die Weitergabe der Erinnerung an den Krieg auf verschiedenen Ebenen des Umgangs mit
ihren visuellen Zeugnissen, zwischen der ästhetischen Verfügung über dieses Zeugnis und den ethischen Erfahrungen, die hinter ihnen stehen. In
unserem Projekt geht es somit nicht nur darum, was schön war, auch nicht darum, dass es symmetrisch sein sollte, sondern darum, an den Krieg
in der Verdrängung des Krieges zu erinnern, so wie sie ist, wie wir sie von unseren Vorfahren geerbt haben...
Die beiden Autoren der Ausstellung „Die Kunst des Zeugnisses” - Wojciech Olejniczak aus Posen und Olaf Eybe aus Essen – bekamen vor einiger Zeit
die Familienbildersammlungen aus der Kriegszeit. „Sie können damit etwas Besseres machen als ich” – sagte die Tochter des deutschen Soldaten,
Helmut Riemann, zu Olaf Eybe. „Sie werden wissen, was damit zu machen ist” – sagte zu Wojtek die Tochter eines polnischen Häftlings des Stalags.
Viele von den Bildern erlaubten es nicht mehr, den Kontext der Porträts und der fotografierten Personen zu rekonstruieren. „Meine Gesprächspartnerin
sagte oft „ich weiß nicht mehr, wer das ist”, und diese Tatsache, dass sie es nicht mehr wusste, hatte zur Folge, dass die Bilder keine Bedeutung mehr
für sie hatten. Plötzlich veränderte sich die Situation. Ich bin auf die Gruppe der Bilder vom Theater aus dem Kriegsgefangenenlager aufmerksam
geworden. Überliefert ist die Dokumentation von Aufführungen, Konzerten, vielleicht Theaterproben. Die Tatsache, dass sie sich nicht mehr erinnerte
– wer, was, warum – war plötzlich belanglos. Die Fotos schienen mich anzusprechen... Ein solches Bild des Krieges war mir bis dahin weder bekannt
noch bewusst. Hinter der scheinbaren Sorglosigkeit, dem Spiel, hinter der scheinbaren Normalität verspürte ich eine gewisse Spannung und Tragik
des in der Gefangenschaft spielenden Orchesters. Ich sah das Theater – ich hörte den Krieg“ (Wojciech Olejniczak).
Auf diese Weise wurden die beiden Künstler zu Erben einer schwierigen Vergangenheit ihrer Zeitzeugen – eines polnischen und eines deutschen
Soldaten. Ein solcher Auftrag verpflichtet. Die auf den Fotos festgehaltene Kriegsvergangenheit, obgleich mit dem Kriegsende zu Ende gegangen, kehrt
mit der Ausstellung zu uns allen zurück. Es ist jedoch keine Rückkehr zu der damaligen, schwierigen Vergangenheit, sondern ein Projekt, gerichtet
auf die Zusammenarbeit und das Wirken zweier Künstler, die in einem Verhältnis zu den Helden der Vergangenheit und - vielleicht insbesondere mit den heutigen Besuchern der Ausstellung stehen. Unser Anliegen ist es, eben für die letztere Gruppe – die Besucher der Ausstellung – ebenso
wichtig, wie die auf den Bildern festgehaltene Wahrheit über den Krieg, die Wahrheit ihrer Darstellung im Kontext des deutsch-polnischen Dialogs
– hier vertreten durch die beiden Autoren der Ausstellung - begreiflich zu machen.
Autoren der Ausstellung: Wojciech Olejniczak i Olaf Eybe
Improvisation für Cello: Bartłomiej Zboralski
Zusammenarbeit: dr Justyna Budzińska
Produzent: Institut für Geschichte AMU
HAUPTFOYER DES COLLEGIUM HISTORICUM DER AMU – POZNAŃ
Multimediales Ausstellungsprojekt : 12.11.2015 r. 17.40-18.50 Uhr
Fotoausstellung: 12.11.2015 – 19.11.2015
1.Archivaufnahmen von Helmut Riemann -ein Geschenk von Olaf Eybe an das – Museum für Fotographiegeschichte in Krakau, mit freundlicher Genehmigung des
Museums veröffentlicht.
1.Die Photos vom Soldatentheater im Stalag – mit freundlicher Genehmigung von Janusz Skrzypczak – Antiquar aus Leszno.