Erfahrungsbericht - Ein Semester in Amsterdam Mein drittes Mastersemesters im Studiengang Ecology wollte ich an einer ausländischen Universität verbringen um Kurse zu belegen, die an der Uni Bremen nicht angeboten werden. Ich suchte mir zwischen den Erasmuspartneruniversitäten drei Unis aus die den Schwerpunkt hatten, den ich gerne belegen wollte. Letztendlich fiel die Wahl auf die Universiteit van Amsterdam und so verbrachte ich das Wintersemester 2011/2012 in Amsterdam und habe dort eine wunderschöne Zeit verbracht. In den Niederlanden beginnt das Semester im September und endet in der ersten Februarwoche. Die erste Herausforderung, die sich einem Austauschstudenten in Amsterdam stellt, ist es eine Unterkunft zu finden. Die Wohnsituation in Amsterdam ist für Studenten katastrophal, sowohl für inländische als auch ausländische Studenten. Niederländische Studenten warten oft bis zu einem Jahr bis sie ein Zimmer bekommen. Für ausländische Studenten werden möblierte Zimmer durch die zwei größten Vermietungsagenturen (DeKey und DeWo) vermittelt. Diese liegen meist in Studentenwohnheimen speziell für ausländische Studenten. Es wird ein umfangreicher englisch sprachiger Service angeboten vor Ankunft und während des Aufenthalts. Meinen Vorstellungen entsprach diese Unterkunft nicht, ich wäre gerne in eine WG mit Niederländern gezogen, aber eine solche habe ich nicht finden können. So entschloss ich mich letztendlich doch die Empfehlung der Uni nach zu gehen und mich bei DeKey in ihrem sogenannten „ShortStay“-Programm für eine Zimmer zu bewerben. Dies ist nicht ganz günstig, als erstes fiel eine Vermittlungsgebühr von 250 € an, dann eine Servicegebühr von 100 €, schließlich nach erfolgreicher Vermittlung die Kaution von einer Monatsmiete und letztendlich die Miete. Die Mieten liegen ungefähr zwischen 300 und 500 €. Bei der Bewerbung kann angegeben werden in welcher Preisspanne man ein Zimmer möchte und ob Einzel- oder Gemeinschaftszimmer. Was nicht gewählt werden kann ist, wo das Zimmer liegt. Auch wird dabei nicht beachtet was man studiert, so dass man ein Zimmer bekommen kann das an einem Ende der Stadt liegt während man am anderen Ende der Stadt Kurse belegt. Ich hatte großes Glück und habe ein sehr schönes Zimmer direkt im Zentrum Amsterdams in der Prinsengracht zugeteilt bekommen. Die Miete entsprach 407 € inklusive Internet, Strom, Warmwasser etc. Mein Zimmer lag im dritten Stock, von wo aus ich einen wunderschönen Blick auf eine Gracht hatte und abends den Sonnenuntergang über Amsterdam beobachten konnte. Eine Küchenzeile befand sich im meinem Zimmer und das Bad habe ich nur mit meiner direkten Zimmernachbarin geteilt. Mit den ganzen Zahlungen von Vermittlungs- und Servicegebühr habe ich mich am Anfang ziemlich ausgenommen gefühlt, aber nach einigen Gesprächen mit Niederländern muss ich sagen, dass die Kosten für Vermittlung und Service auch bei anderen Wohnungsgesellschaften in Amsterdam anfallen und dass es wirklich sehr aufwendig ist privat ein Zimmer zu finden. In meinem Haus wurden während des Jahres viele Aktivitäten organisiert wie eine Willkommensparty, Filmeabende, Stadtrally, Halloweenparty etc. Ich habe schnell viele nette Leute kennengelernt. Die Bewohner des Hauses waren bunt zusammengewürfelt aus allen möglichen Ländern von allen Kontinenten. Schon nach kurzer Zeit herrschte in dem Haus eine sehr freundschaftliche Atmosphäre. Ich habe mich immer sehr wohlgefühlt und möchte es im Nachhinein nicht missen, so die Möglichkeit gehabt zu haben Freundschaften mit Menschen aus der ganzen Welt zu schließen, auch wenn ich dadurch sehr viel Englisch und wenig Niederländisch geredet habe. Gerne wollte ich während meines Aufenthalts Niederländisch lernen, auch wenn alle meine Unikurse auf Englisch unterrichtet wurden. Bevor ich nach Amsterdam gekommen bin, hatte ich fast keine Niederländisch Kenntnisse. Ich habe wenig erfolgreich einige Übungen eines Sprachlernprogramms durchgenommen. Leider hatte ich keine Zeit vor Beginn des Aufenthalts an einem Erasmus-Intensivkurs teilzunehmen, daher schrieb ich mich in einen semi-intensiven Niederländisch-Kurs an der Uni ein. Dieser kostet 200 €, zusätzlich sollte ein Lehrbuch für 90 € kauft werden. Ich hatte Glück und habe ein Buch aus zweiter Hand bekommen, es lohnt sich auf jeden Fall sich um zu hören! Als Deutschsprachige(r) ist es einfacher Niederländisch zu lernen und vor allem zu verstehen. Ich wurde in einen fortgeschrittenen Anfängerkurs eingeteilt. Zweimal die Woche je für drei Stunden fand der Kurs statt. Mir hat das Lernen viel Spaß gemacht, da ich schnell Fortschritte erreicht habe (ich bin sonst nicht so sprachbegabt!). Allerdings war der Kurs, der die Dauer von 6 Wochen hatte, sehr zeitaufwendig. Gerade am Ende der 6 Wochen, als auch mein regulären Kurse anstrengender wurden, war der Sprachkurs eine zusätzliche Last. Auf Grund meiner Erfahrungen würde ich empfehlen, wenn man die Zeit hat, schon früher nach Amsterdam zu fahren und einen Sprachkurs zu belegen bevor die reguläre Uni anfängt. Dann kann man sich schon einleben, den Sprachkurs in aller Ruhe machen und Leute kennenlernen. Die Universiteit Amsterdam (UvA) hat einen guten Ruf und teilweise hohe internationale Rankings, was Studenten aus der ganzen Welt anzieht. Daher ist die Uni ist auf ausländische Studenten eingestellt. Überall spricht man Englisch, bei verwaltungstechnischen Dingen wie Wohnraumvermittlung (wie schon angesprochen) aber auch Anmeldung bei der Stadt oder der Eröffnung eines niederländischen Kontos erhält man am Beginn des Semesters Hilfe. Die Universität habe ich im meinem Fachbereich als sehr gut ausgestattet empfunden, viele Computer, moderne Arbeitslätze und Räumlichkeiten standen uns zur Verfügung. Die Kurse, die ich belegt habe, haben mir größtenteils gut gefallen. Das Semester ist in den Niederlanden in 3 in sich abgeschlossenen Blocks unterteilt. In jedem Block belegt man 1-3 Kurse (je nach ECTS Zahl) und hat am Ende Prüfungen oder Hausarbeiten. Oft werden aber auch zusätzlich während der Zeit Berichte oder Vorträge verlangt. Die Kurse, die ich belegt habe, hatten ein hohes Niveau, von den Studenten wurde viel Einsatz erwartet, auch von den Austauschstudenten. Die Unterrichtsform ist viel mehr auf studentische Aktivität ausgelegt, als ich das aus Deutschland gewohnt war. Viele Unterrichtseinheiten basierten auf studentischen Diskussionen und es wurden Noten für Diskussionsbeiträge vergeben. Die Dozenten waren sehr engagiert. Zum Beispiel war es möglich einen Kurs belegen, obwohl ich die einzige war die sich dafür angemeldet hatte. Alle Kurse waren gut geplant und durchdacht. Da ich alle meine Kurse aus einem Studiengangsschwerpunkt gewählt habe und es in diesem Bereich nicht so viele Studenten gibt (so um die 25), hatte ich meine Kurse immer mit denselben Leuten. Durch viel Gruppenarbeit und der geselligen Art der Niederländer sind wir als Gruppe schnell zusammen gewachsen und haben auch außerhalb der Universität immer wieder Aktivitäten organisiert. Ich habe mich gut integriert gefühlt und Freunde gefunden. Die Betreuung durch die Erasmusbeauftragte war an der Universität in Amsterdam im Vorfeld vor dem Eintreffen in Amsterdam aus meiner Sicht eher schlecht. Auf Emailanfragen erhielt ich kaum Antwort. Während des Aufenthalts war die Betreuung aber gut, jedes Mal wenn ich mich an die Betreuerin persönlich gewendet habe und sie innerhalb ihrer Sprechzeiten besucht habe war sie sehr hilfsbereit und verständnisvoll. Auf einem Willkommenstreffen aller Erasmusstudenten der Naturwissenschaftlichen Fakultät erhielten wir alle nötigen Informationen rund um den Universitätsalltags und mit Formalitäten wurde uns geholfen. Die Naturwissenschaftliche Fakultät in der ich meine Kurse stattfanden liegt am östlichen Stadtrand in dem gerade erst erbauten Science Park. Vom Stadtzentrum aus ist dieser mit einer Entfernung von ungefähr 7 km mit dem Fahrrad gut zu erreichen. Das Fahrrad habe ich aus Bremen mitgenommen. Gebrauchte Fahrräder sind in Amsterdam eher teuer (50-100€) und gerade am Semesterbeginn sehr begehrt. Mit Regenjacke und –hose ausgestattet war ich bei jedem Wetter überall in Amsterdam eigentlich nur mit dem Fahrrad unterwegs. Die öffentlichen Verkehrsmittel habe ich fast nie genutzt. Es gibt für ausländische Studenten keine Fahrpreisermäßigung. Außerdem gehört es zum Lebensgefühl von Amsterdam dazu mit dem Fahrrad unterwegs zu sein! Amsterdam ist eine tolle Stadt, mit dem liberalen Einstellungen der Bewohner und der internationalen Flair habe ich mich schnell wohl gefühlt. Die kulturellen Möglichkeiten sind riesig und die Innenstadt mit ihren vielen niedlich kleinen Häusern einfach schön. Eine Vereinigung der internationalen Studenten Amsterdams (ISA) bietet viele Aktivitäten an, ob Partys, Kennenlernwoche, kulturelle Veranstaltungen oder Fahrten ins Umland. Um ein bisschen mehr Kontakt zu Niederländern zu bekommen, kann ich sportliche Aktivitäten empfehlen. Die Uni bietet hier ein reichhaltiges Programm an, allerdings muss jeder Kurs separat bezahlt werden. Andere kulturelle Kurse oder Aktivitäten für Studenten werden von CREA angeboten, aber auch hier wird ein Kursbeiträge erhoben. Vor meinem Auslandsaufenthalt hatte ich mehrmals gelesen, dass viele Niederländer Deutsche für arrogant halten und ihnen eher negativ eingestellt sind. Diese Erfahrung habe ich nicht gemacht. Ich habe Niederländer als sehr offen und gesellig mir gegenüber empfunden. Insgesamt kann ich jedem, der einmal was anderes als den deutschen Unialltag sehen will, nur empfehlen die Möglichkeiten, die das Erasmusprogramm bietet, auszunutzen. Das Erasmusprogramm bietet die Rahmenmöglichkeiten relativ einfach und mit viel Unterstützung ein oder zwei Auslandssemester in sein Studium einzubauen, auch ohne allzu viel Bürokratie. Ich war sehr überrascht von den sehr guten Studienbedingungen, die ich in Amsterdam in Anspruch nehmen kann, ohne die auf andere Weise fälligen Studiengebühren zahlen zu müssen. Ich kann wirklich jedem empfehlen sich mit den Möglichkeiten auseinander zu setzen und je nach Interessen sich Kurse oder Abschlussarbeiten zu suchen auch an ausländischen Unis, deren Besuch durch das Erasmusprogramm leicht gemacht werden. Nach Amsterdam zu gehen kann ich jedem empfehlen, der in einer der schönsten Städte Europas wohnen möchte und dabei hochwertigen Unterricht sucht und sich nicht scheut neben Freizeit auch was für die Uni zu tun!
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