Die Macht der Medien - Schulbuchzentrum Online

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Die Macht der Medien
webcode
SDL-11132-601
Medien in der
­Demokratie
(Zeichnung: Ulrich Kieser / Baaske Cartoons)
2
Tipp
Zu den Gefahren:
Setze bei „werden
wahrgenommen“
und „wählen aus
und geben weiter“
an.
06
Medien und Politik
Eine Schulklasse hatte einen Journalisten
zum Gespräch eingeladen. Die Schüler und
Schülerinnen wollten mehr darüber wissen,
wie Medien die Meinungsbildung beeinflussen und welche Macht sie haben.
Selma: Jeden Tag passiert so viel auf der
Erde. Wie wählen Medienleute aus, was sie
davon als Nachricht bringen?
Journalist: Das Grundprinzip bei der Auswahl ist die Frage: Was interessiert den Leser,
Zuhörer oder Zuschauer.
Leo: Aber die Antwort auf diese Frage bestimmen doch Sie, oder?
Journalist: Nicht ich allein, wir arbeiten ja in
einer Redaktion zusammen. Aber das Grundproblem bleibt: Wir Nachrichtenmacher wollen zwar objektiv – also sachlich und neutral
– sein, aber letztlich müssen wir nach unserer
persönlichen Einschätzung auswählen.
Timo: Was spielt dabei eine Rolle?
Journalist: Da gilt zum Beispiel Aktualität
und Überraschung – das Ereignis sollte also
neu sein. Wichtig ist auch, ob die Personen,
um die es dabei geht, bekannt sind – Prominente also. Spannung ist wichtig, das Ereignis
sollte einen Konflikt beinhalten. Gut ist auch,
wenn das Ereignis vom Üblichen abweicht.
„Hund beißt Mann“ ist keine Nachricht,
„Mann beißt Hund“ ist eine. Dann spielt auch
noch die Nähe zu uns eine Rolle.
Henry: Wie meinen Sie das?
Journalist: Ein Beispiel: Würden Schüsse an
der Grenze zwischen Deutschland und Polen
fallen, dann wäre das ganz sicher eine Nachricht in fast allen Medien. Wären die gleichen
Schüsse im fernen Afrika an der Grenze zwischen Kenia und Tansania gefallen, würde das
wohl kaum bei uns gemeldet. Bei Fernsehnachrichten spielt die Frage der Bilder eine
große Rolle. Liegt kein Videomaterial zu einem Ereignis vor, sinken die Chancen stark,
dass es zur Nachricht wird. Und dann wird
auch auf die Konkurrenz geachtet.
1 Analysiere die Karikatur auf dieser Seite.
2
Werte das Schaubild „Vom Ereignis zur Nachricht“ aus und beschreibe mögliche
Gefahren für eine Nachricht auf dem Weg zum Empfänger.
06
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Medien und Politik
Aische: Können Sie das genauer erklären?
Journalist: Nun: Für die Auswahl der abendlichen Fernsehnachrichten ist zum Beispiel
sehr wichtig, was die „Bild“-Zeitung an diesem Tag berichtet hat. Die „Bild“-Zeitung
wird täglich von so vielen Leuten gelesen,
dass sie die Macht hat, Themen zu setzen.
Silke: Über manche Ereignisse wird tagelang
berichtet.
Journalist: Ja. Neuigkeiten müssen immer
aktuell sein, sie brauchen aber auch einen
Wiedererkennungswert – also etwas, das der
Zuschauer oder Leser schon kennt und in das
er die neue Information einordnen kann. Man
nennt das auch „Themenkarriere“. Ist ein Ereignis erst einmal zur Nachricht geworden,
wird darüber gerne ständig weiterberichtet.
Henry: Ist das so, wenn zum Beispiel ein Politiker etwas falsch gemacht hat oder eine Firma einen Skandal verursacht?
Journalist: Ja. Gerade politische Affären, also
peinliche, unangenehme Vorfälle, wurden
maßgeblich von den Medien aufgedeckt und
weiterverfolgt. Natürlich ist es die Aufgabe
der Medien, Vermittler zwischen Politik und
Öffentlichkeit zu sein. Die Medien sind daneben aber auch die Kritiker und Kontrolleure
der Mächtigen im Staat. So sind die großen
politischen Skandale der letzten Jahrzehnte
nicht von den Parlamenten, sondern von Journalisten aufgedeckt worden.
Simon: Wie ist denn das Verhältnis zwischen
Massenmedien und Politik?
Journalist: Für viele Bürgerinnen und Bürger
sind die Medien der einzige Zugang zu politischen Fragen. Was die Massenmedien thematisieren, bewegt die Öffentlichkeit. In einer
Demokratie müssen die Politiker die Öffentlichkeit von ihren Anliegen überzeugen, das
heißt sie brauchen die Massenmedien als Vermittler ihrer Vorstellungen. Die Massenmedien wiederum brauchen die Politiker, denn sie
liefern ihnen interessante Schlagzeilen.
(Karikatur: Starke, Arnstadt)
Affären-Chronik (Auswahl)
1991„Traumschiff-Affäre“ führt zum
Rücktritt von Ministerpräsident
Lothar Späth (CDU) in BadenWürttemberg
1993„Amigo-Affäre“ führt zum Rücktritt
des bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl (CSU)
1999„CDU-Spendenaffäre des früheren
Bundeskanzlers Helmut Kohl
2001„Rabatt-Affäre“ des damaligen
sächsischen Ministerpräsidenten
Kurt Biedenkopf (CDU)
2002 „Spendenskandal“ der SPD in Köln
2008Skandal wegen Steuerhinterziehung führt zum Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen
Post, Klaus Zumwinkel
2010„Plagiat-Affäre“ des damaligen
Bundesverteidigungsministers
Karl Theodor zu Guttenberg (CSU)
2011 „Kredit-Affäre“ führt zum Rücktritt
des damaligen Bundespräsidenten
Christian Wulff (CDU)
2013„NSA-Spionageaffäre“ belastet die
diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA
3 Fasse zusammen, was der Journalist zur Nachrichtenauswahl sagt.
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„Medien üben große Macht aus!“ Nimm zu dieser Aussage Stellung und beziehe dabei
die Aussagen des Journalisten, die Affären-Chronik und die Karikatur auf dieser Seite ein.
Skandal
Ärgernis;
­aufsehenerregendes,
schockierendes
Vorkommnis
Plagiat
wissenschaftliches
oder künstlerisches
Werk, das durch
Nachahmen oder
Übernahme fremder
geistiger Leistungen
(z. B. Ideen, Texte)
entstanden ist
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Tipp
Die linke Person in
der Karikatur ist
der damalige Bundeskanzler Helmut
Kohl. Beachte, was
die Personen in den
Händen halten.