Landtag von Baden-Württemberg Kleine Anfrage Antwort

Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7056
15. Wahlperiode
24. 06. 2015
Kleine Anfrage
des Abg. Ulrich Müller CDU
und
Antwort
des Innenministeriums
Private Kontaktdaten im Katastrophenschutz
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Bedeutung misst sie der Erreichbarkeit von Mitarbeitern der Kommunalverwaltungen durch die Verwaltungen im Katastrophenschutzfall zur Sicherstellung eines effektiven Katastrophenschutzes auch außerhalb der Arbeitszeiten
zu?
2. Welche Möglichkeiten gibt es im Rahmen des Landesdatenschutzgesetzes
(LDSG) für die Kommunalverwaltungen, die privaten Kontaktdaten ihrer Mitarbeiter zu erheben und aufzubewahren, um diese im Katastrophenschutzfall
erreichen zu können?
3. Welche Lösungen werden aktuell vonseiten der Kommunalverwaltungen gewählt, um die privaten Kontaktdaten entsprechend Frage 2 zu erheben und aufzubewahren?
4. Wie bewertet sie die Möglichkeit, eine Ermächtigungsgrundlage entsprechend
§ 4 Absatz 1 Nummer 1 Alternative 1 im LDSG zu implementieren, auf deren
Grundlage die Kommunalverwaltungen ermächtigt würden, die privaten Kontaktdaten ihrer Mitarbeiter für den Katastrophenfall zu erheben und zu speichern?
23. 06. 2015
Müller CDU
1
Eingegangen: 24. 06. 2015 / Ausgegeben: 24. 07. 2015
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7056
Begründung
Im Katastrophenfall ist es entscheidend, dass nach möglichst geringer Alarmierungszeit eine ausreichende Anzahl fachkundiger Katastrophenschutzhelfer erreicht werden kann. In den Kommunen sind viele Mitarbeiter mit Fachkenntnissen vorhanden, die für einen effektiven und schnellen Katastrophenschutz hinzugezogen werden müssen. Nach aktueller Rechtslage gibt es im Landesdatenschutzgesetz keine Ermächtigungsgrundlage für die Kommunalverwaltungen, die
privaten Kontaktdaten ihrer Mitarbeiter zu diesem Zwecke zu erheben und aufzubewahren. Es gibt damit keine Möglichkeit, die Mitarbeiter zu verpflichten, ihre
Kontaktdaten der Kommunalverwaltung zur Verfügung zu stellen, um den oben
genannten effektiven Katastrophenschutz zu gewährleisten. Viele Gemeinden
wickeln diese Datenerhebung für den Katastrophenschutz über die Treueverpflichtung ab, was weder ausreichend noch rechtssicher erscheint. Die aktuelle
Rechtslage bietet als sichere Alternative allein die Möglichkeit, eine individuelle
Einwilligung der betroffenen Mitarbeiter einzuholen, die jedoch eine vorherige
Aufklärung vorschreibt (vergleiche § 4 Absatz 1 Nummer 2 LDSG). Dies würde
einen erheblichen Verwaltungs- und Zeitaufwand für die Kommunalverwaltungen
bedeuten. Eine Lösung des Dilemmas könnte darin liegen, im LDSG eine Ermächtigungsgrundlage für den Katastrophenfall zu implementieren. Die vorliegende Kleine Anfrage möchte die Haltung der Landesregierung zu dieser Problematik erfragen.
Antwort
Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 Nr. 2-0554.1/3 beantwortet das Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt:
1. Welche Bedeutung misst sie der Erreichbarkeit von Mitarbeitern der Kommunalverwaltungen durch die Verwaltungen im Katastrophenschutzfall zur
Sicherstellung eines effektiven Katastrophenschutzes auch außerhalb der Arbeitszeiten zu?
Zu 1.:
Katastrophe im Sinne des Landeskatastrophenschutzgesetzes (LKatSG) ist ein
Geschehen, das Leben oder Gesundheit zahlreicher Menschen oder Tiere, die
Umwelt, erhebliche Sachwerte oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung in so ungewöhnlichem Maße gefährdet oder schädigt, dass es geboten erscheint, ein zu seiner Abwehr und Bekämpfung erforderliches Zusammenwirken
von Behörden, Stellen und Organisationen unter die einheitliche Leitung der Katastrophenschutzbehörde zu stellen.
Die Katastrophenschutzbehörden haben gem. § 1 Abs. 1 LKatSG die Aufgabe, die
Bekämpfung von Katastrophen vorzubereiten, Katastrophen zu bekämpfen und
bei der Beseitigung von Katastrophenschäden mitzuwirken. Grundsätzlich sind
die unteren Katastrophenschutzbehörden sachlich zuständig, soweit nichts anderes bestimmt ist. Untere Katastrophenschutzbehörden sind die Landratsämter und
die Bürgermeisterämter der Stadtkreise als untere Verwaltungsbehörden.
Die Gemeinden sind – außer im Stadtkreis – nicht Katastrophenschutzbehörde.
Gleichwohl wirken die Gemeinden gemäß § 5 Abs. 1 LKatSG im Rahmen ihres
Aufgabenbereichs im Katastrophenschutz mit.
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Katastrophenschutz und zur Sicherstellung eines
wirksamen und effektiven Krisenmanagements bilden die Katastrophenschutzbehörden Verwaltungsstäbe als besondere Führungseinrichtungen in der Behörde.
Entsprechend wird in den Gemeinden verfahren. Um zu gewährleisten, dass alle
beteiligten Kräfte im Ereignisfall schnell, planvoll und koordiniert zusammenwirken können, ist von großer Bedeutung, dass die im Verwaltungsstab mitwirken-
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den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch außerhalb der Dienstzeiten erreichbar
sind.
2. Welche Möglichkeiten gibt es im Rahmen des Landesdatenschutzgesetzes
(LDSG) für die Kommunalverwaltungen, die privaten Kontaktdaten ihrer Mitarbeiter zu erheben und aufzubewahren, um diese im Katastrophenschutzfall
erreichen zu können?
Zu 2.:
Nach dem Landesdatenschutzgesetz (LDSG) dürfen personenbezogene Daten erhoben und gespeichert werden, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben
der erhebenden Stelle erforderlich ist. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LKatSG trifft die
Gemeinden als Mitwirkende im Katastrophenschutz die Verpflichtung, im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Ortspolizeibehörde Alarm- und Einsatzpläne für notwendig werdende eigene Maßnahmen in Abstimmung mit den Alarm- und Einsatzplänen der Katastrophenschutzbehörde auszuarbeiten und weiterzuführen.
Hieraus ergibt sich in Verbindung mit §§ 13 Absatz 1, 15 Absatz 1 LDSG die datenschutzrechtliche Ermächtigung für die Gemeinden, für die eigenen Alarm- und
Einsatzpläne die privaten Kontaktdaten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu
erheben und zu speichern. Die Kontaktdaten sind beim Betroffenen mit seiner
Kenntnis zu erheben. Dies bezieht sich aber nur auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die entsprechenden Dienste bereitstehen.
3. Welche Lösungen werden aktuell vonseiten der Kommunalverwaltungen gewählt, um die privaten Kontaktdaten entsprechend Frage 2 zu erheben und aufzubewahren?
Zu 3.:
Die Mitwirkung im Verwaltungsstab der Katastrophenschutzbehörde erfolgt in
der Regel auf freiwilliger Basis. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich
hierzu bereit erklärt haben, stellen ihre Kontaktdaten zur Sicherstellung einer Erreichbarkeit außerhalb der Dienstzeiten aus freien Stücken zur Verfügung. Dies
gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Kommunalverwaltungen im Rahmen der Alarm- und Einsatzpläne.
4. Wie bewertet sie die Möglichkeit, eine Ermächtigungsgrundlage entsprechend § 4
Absatz 1 Nummer 1 Alternative 1 im LDSG zu implementieren, auf deren Grundlage die Kommunalverwaltungen ermächtigt würden, die privaten Kontaktdaten
ihrer Mitarbeiter für den Katastrophenfall zu erheben und zu speichern?
Zu 4.:
Ein effektives Krisenmanagement lebt vom Engagement und der Mitwirkungsbereitschaft aller Beteiligten. Die in der Antwort zu Frage 3 beschriebene Vorgehensweise hat sich bewährt; Probleme aus der Praxis sind dem Innenministerium
nicht bekannt. Die bestehenden rechtlichen Regelungen im Landesdatenschutzgesetz reichen aus Sicht des Innenministeriums aus.
Gall
Innenminister
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