1 KRUMBEIN & ARNOLD Newsletter 2/2015 Angriff auf einen Bundespolizisten – war es ein versuchter Mord ? Angriff bei Fußballbegleitung Mit einem solchen Angriff hätte bei einem alltäglichen Einsatz zur Begleitung von Fußballfans niemand gerechnet. Als Beamte der Bundespolizei bei der Rückfahrt von einem Regionalliga-Spiel auf dem Bahnsteig einen Fan kontrollieren, spitzt die Situation sich zu. Einige Fans attackieren die Beamten und ein Beamter der „Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheit“ schreitet ein und hindert einen Gewalttäter daran, einen anderen Beamten von der Bahnsteigkante zu treten. 19.09.2015 CHRISTOPH ARNOLD FELIX KRUMBEIN Täter würgt den Polizisten von hinten Während der Abwehr dieses Angriffs von dem Kollegen wird der Beamte unvermittelt selbst hinterrücks angegriffen. Der Täter umklammert den Hals des Polizisten, zieht den Beamten nach unten und würgt ihn so heftig, dass dieser keine Luft mehr bekommt. Selbst als die Beiden torkeln und zu Boden fallen, löst der Angreifer seinen Würgegriff nicht. Erst als der Beamte - kurz vor der Bewusstlosigkeit - als letzte Möglichkeit einer Verteidigung nach seiner Schusswaffe greifen will, können Kollegen den lebensgefährlichen Griff des Täters durch massive Schläge lockern. Seiner Festnahme versucht der Täter sich durch erheblichen Widerstand zu entziehen. Untersuchungshaft und Anklage Während Gewalttaten von Fußball-Hooligans häufig nicht besonders energisch durch die Justiz verfolgt werden, wurde hier der Täter in Untersuchungshaft genommen und wegen ∙ @ Schreiben vom 30.12.2015 - Seite 2 versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Als Motiv für seine Tat gibt er an, er habe dem anderen Fan helfen wollen. Eine Tötung des Beamten habe er nicht gewollt, vielmehr habe er lediglich beabsichtigt, den Polizisten festzuhalten. Verurteilung zu 6 Jahren Freiheitsstrafe und Einweisung Das Landgericht Essen hat den Täter nach vier Verhandlungstagen zu sechs Jahren Haft verurteilt und zudem dessen Einweisung in die forensische Psychiatrie angeordnet. Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass der Täter aufgrund einer Persönlichkeitsstörung nur vermindert schuldfähig war (§ 21 StGB). Aufgrund seiner besonderen Gefährlichkeit hielt das Gericht es jedoch für erforderlich, dass dieser nach Verbüßung seiner Haftstrafe eingewiesen und erst nach erfolgreicher Therapie wieder entlassen wird. Nebenklage plädiert auf versuchten Mord Im Rahmen einer Nebenklage habe ich den angegriffenen Beamten vertreten. Neben der Erzielung einer umfassenden Regelung zum Schadenssatz, die der Täter aus wirtschaftlichen Gründen vermutlich aber nicht einhalten können wird, beabsichtigte ich, trotz ausdrücklichen Bestreitens durch den Täter, den Nachweis eines Tötungsvorsatzes zu führen. Im Ergebnis hat auch das Gericht einen Tötungsvorsatz bejaht, jedoch nicht auf die Verwirklichung eines Mordmerkmals erkannt. Zum Vorliegen eines Mordmerkmals wird deshalb nun der Bundesgerichtshof Stellung nehmen. Meines Erachtens stellt der Angriff auf einen Polizisten, der gerade einem Kollegen hilft, einen „niedrigen Beweggrund“ im Sinne des § 211 StGB dar, so dass die vorliegende Tat als versuchter Mord zu bewerten ist. Die Bejahung eines versuchten Mordes durch den Bundesgerichtshof dürfte ein deutliches Zeichen gegen die steigende Gewalt gegen Polizeibeamte setzen. Mit freundlichen Grüßen Christoph Arnold Rechtsanwalt Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verwaltungsrecht
© Copyright 2024 ExpyDoc