Freundesbrief Familie Soza Putschky Jun[...]

Freundesbrief Familie Soza Putschky
La Paz, im Juni 2015
Ihr Lieben,
inzwischen sind schon fast 5 Monate vergangen, seitdem wir aus unserem Heimataufenthalt
nach La Paz zurückgekehrt sind. So ist es mal wieder an der Zeit, Euch an unserem Erleben
teilhaben zu lassen.
Straßenarbeit:
Juan ist gegen Abend in der Stadt unterwegs. „Bruder Juan, hast du eine Decke für mich?“
ruft es plötzlich hinter ihm. Es ist Noelia, ein junges Straßenmädchen mit ihrem drei Monate
alten Baby. Sie war nicht dagewesen, als Juan einige Abende zuvor unter die Brücke kam, um
den Jugendlichen, die dort schlafen, Decken zu bringen. Neben Noelia stehen zwei weitere
Straßenmädchen, eine mit einem zweijährigen Kind. Auch einige Straßenjungs sind da - alle
aktive Mitglieder der Straßenbande „Los Gallos“ (auf deutsch: Die Hähne). Die meisten
haben verschiedene Anliegen und sind froh, dass Juan ihnen zuhört. Manche schnüffeln dabei
Klebstoff und sind entsprechend neben der Spur. Alle kommen mit zum Auto, wo Juan noch
eine Decke für Noelia und ihr Baby hat. Sie erzählt, dass ihr Freund auf der Straße gestorben
sei. Juan ermutigt sie, sich noch einmal in ein christliches Rehaheim bringen zu lassen (vor
ein paar Jahren hatten wir sie schon einmal in ein Heim gebracht). Sie steht unter dem Druck
der Bande und will es sich erst noch einmal überlegen.
Jetzt - im Winter - liegt ein besonderer Schwerpunkt unseres Missionsdienstes auf der
Strassenarbeit. Während es am Tag bis zu 15 °C haben kann, erfrieren nachts immer wieder
Straßenleute bei Minusgraden. Außer den regelmäßigen Besuchen bei den verschiedenen
Straßenbanden begannen wir nun auch mit abendlichen Besuchen hinter dem Busbahnhof.
Dort übernachten mehr als 20 Personen auf der Straße: Einer, der aus dem Gefängnis freikam
und nicht weiß, wohin er gehen soll; ein älterer Alkoholiker, der von einem Rehaheim
abgewiesen wurde; eine Frau, die von ihrem Mann auf die Straße gesetzt wurde; eine vom
Land geflohene Familie mit Baby; Jugendliche mit Konsumproblemen; Schuhputzer und
andere. Bei unseren Besuchen bringen wir ihnen Tee und warmes Essen und bemühen uns,
praktische Lösungen für ihre Situation zu finden. Im Mittelpunkt stehen Andacht, Lieder und
Gebet. Dabei ermutigen wir die Menschen, in ihrer Not ihr Vertrauen auf Jesus zu setzen.
Gefängnisbesuche:
Im letzten Freundesbrief haben wir Euch von unseren Besuchen bei Tania berichtet, welche
wegen illegalem Verkauf von Schnüffelgemisch zu 8 Jahren Haft verurteilt war. Da sie HIV
positiv ist, kam sie nun vor einem Monat nach nur 1,5 Jahren Haft aus dem Gefängnis frei
und hat eine Art Hausarrest. Wir halfen ihr, zwei Zimmer zu mieten, wo sie nun mit ihrem
Partner und zwei Kindern wohnt. Sie und ihre Familie braucht weiterhin intensive
Ermutigung und Betreuung. Da wir ihre Kinder, als sie noch Kleinkinder waren, von der
Straße geholt und in ein Heim gebracht hatten, ist das Zusammenleben als Familie nun
Neuland für sie und sehr konfliktreich. Wir freuen uns, dass sie sonntags regelmäßig mit uns
in den Gottesdienst gehen.
Juan besucht u.a. auch weiterhin Pastor René im Hochsicherheitsgefängnis, welcher
inzwischen - zu Unrecht - zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. René dient Gott in der
Gefängnisgemeinde und hofft, dass im Blick auf seine Freilassung ein Wunder geschieht.
Bergdorfarbeit:
Wir sind Gott sehr dankbar für die offenen Türen in den Bergdörfern. Der Schulleiter der
Dorfschule in Chiraque bat Juan im April, die Verantwortung für den Religionsunterricht der
Grundschüler zu übernehmen. Seitdem hören nun jeden Dienstag 32 Schüler/innen in den
letzten beiden Schulstunden die frohmachende Botschaft von Jesus. Bei der Vorbereitung und
Durchführung des Unterrichtes unterstützt uns die bolivianische Missionarin und Lehrerin
Carmiña Donhowe tatkräftig, was eine große Entlastung ist. Auch die Kinderstunden im
selben Dorf laufen weiter. Dazu bekamen einige Kinder des Dorfes die Erlaubnis, sich
sonntags von uns abholen und in den Gottesdienst unserer Gemeinde mitnehmen zu lassen.
Im Nachbardorf Huacallani konnten wir die 14-tägigen Gottesdienste sonntagnachmittags
wieder aufnehmen.
Rückblick und Familiäres:
Dankbar blicken wir auf die Zeit in Deutschland zurück. Es war eine Bereicherung, viele von
Euch bei Diensten in den Gemeinden sowie bei persönlichen Besuchen wiederzusehen.
Insgesamt war die Zeit sehr knapp, so dass es uns leider nicht möglich war, unseren gesamten
Freundeskreis zu besuchen. Während wir die verschiedenen Dienste vorbereiteten und zu
Vorträgen unterwegs waren, haben es die Kinder in vollen Zügen genossen, endlich mal
wieder Zeit mit Oma und Opa zu verbringen. Sei es beim Pilzesammeln mit Opa, beim
Backen mit Oma, in der Werkstatt mit dem Großonkel oder beim Übernachten bei Onkel und
Familie in Hannover - für die Kinder war es wunderschön, einfach einmal mehrere
Bezugspersonen zu haben, denen sie wichtig sind. Mit Begeisterung liefen sie quer durch den
Wald (Jonathan vor Freude jubelnd) und fühlten sich soooo frei. Auch fanden sie es jedes Mal
toll, wenn wir als ganze Familie zu Freunden eingeladen waren; in La Paz erleben wir solche
Einladungen so gut wie nie.
Zurück in La Paz wurde Jonathan eingeschult, Lisa kam in die 5. und Emely in die 6. Klasse.
Leider langweilte sich Jonathan von Anfang an und war wenig motiviert, da er bereits lesen
und schreiben konnte. Im Moment sind die Kinder froh, dass sie vier Wochen Winterferien
haben. Ansonsten hat unsere langjährige Haushaltshilfe kurz nach unserer Rückkehr aufgrund
ihres Studiums gekündigt. Seitdem sind wir auf der Suche nach einer neuen Person, die uns
stundenweise entlasten kann und hoffen sehr, bald jemanden zu finden.
Im Kindergottesdienst
Limbach-Oberfrohna
"Die Hähne"
Tania
Religionsunterricht
Herzlichen Dank für Eure treue Unterstützung im Gebet und mit Gaben. Es ermutigt uns sehr,
dass Ihr hinter uns und der Missionsarbeit in La Paz steht. Wir wünschen Euch von Herzen
Gottes Segen,
Eure Anouschka & Juan mit Emely, Lisa und Jonathan
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