Samstag, 27. Juni 2015 Sindelfingen · Weil der Stadt „Des hättet ihr scho lang macha solla“ Generalversammlung der Darmsheimer Bank: Kritik am Plan zur Fusion mit der Volksbank Magstadt bricht nur vereinzelt durch Großes Interesse, nur eine Wortmeldung: Die Ankündigung der Darmsheimer Bank, mit der Volksbank Magstadt fusionieren zu wollen, lockte erheblich mehr Mitglieder als früher zur Generalversammlung. Geäußert hat sich zu dem Vorhaben nur ein Mitglied. Vielleicht ändert sich das bei den Dialogveranstaltungen im Herbst. Von Werner Held DARMSHEIM. Die ersten Besucher der Generalversammlung am Donnerstagabend stärkten sich bereits mit Gulasch und Spätzle, als immer mehr Mitglieder in die Rappenbaumhalle strömten. Roland Ruckh und Michael Rapp, die Vorstandsmitglieder der Darmsheimer Bank eG, und der Aufsichtsratsvorsitzende Gerd Körber mussten weitere Stühle herbeischleppen lassen. Am Ende lauschten gut 300 Mitglieder den Ausführungen der Führungskräfte zum Geschäftsjahr 2014 und zu der Absicht, die Darmsheimer Bank zum 1. Januar 2016 mit der Volksbank Magstadt zur Heckengäubank zu verschmelzen. „In den vergangenen Jahren“, sagt Ruckh, „haben wir kaum mehr als 200 Besucher bei den Generalversammlungen gehabt.“ Bevor Roland Ruckh die Beweggründe für die Fusionsbestrebungen vortrug, erläuterte Michael Rapp den Geschäftsbericht 2014. Die Bilanzsumme liegt mit 151,8 um rund drei Millionen Euro über der des Vorjahrs. „Unser Wachstum lag im Plan“, versicherte Rapp. Auch bei den Forderungen (Krediten) an die Kunden (107,3 Millionen Euro) und den Kundeneinlagen (116,6 Millionen Euro) verzeichnete die Darmsheimer Bank ein Plus. Der Vorstand ist zuversichtlich, dass die Bank bei den Ertragsfaktoren 2015 die Ergebnisse von 2014 erreicht, doch bei den Spareinlagen sieht es bisher nicht danach aus. Sie sind bis Mai um 6,1 Millionen Euro eingebrochen. „Wegen des niedrigen Zinsniveaus investieren die Kunden lieber in Immobilien und Wertpapiere oder kaufen sich ein Auto“, erklärte Rapp. Alles in allem erwirtschaftete die Bank 2014 einen Bilanzgewinn 282 000 (2014: 266 000) Euro. Vorstand und Aufsichtsrat schlugen vor, eine Dividende von 3,5 Prozent auf die Geschäftsanteile auszuzahlen, jeweils 100 000 Euro der gesetzlichen und anderen Ergebnisrücklagen zuzuführen. Diesen Vorschlag segneten die Mitglieder einmütig ab. Vorstand bietet Mitgliedern Dialogveranstaltungen an Dann stieg Roland Ruckh in die Bütt, um den Mitgliedern zu erläutern, warum Darmsheimer Bank und Volksbank Magstadt zusammengehen wollen. So ganz unvorbereitet war das Publikum nicht, schließlich hatten die Vorstände beider Kreditinstitute ihren Plan schon in einem Schreiben an die Mitglieder und auch öffentlich kundgetan (die KREISZEITUNG berichtete). „99,9 Prozent der Resonanz auf die Bekanntgabe der Fusion waren positiv“, berichtete Ruckh von ersten Reaktionen. „Die Fusion ist ein guter und richtiger Schritt, wenn auch ein mühseliger Prozess“, zitierte er aus dem Brief eines Kunden. „Des hättet ihr scho lang macha solla“, lautete kurz und bündig ein anderer Kommentar. Das anhaltend niedrige Zinsniveau, der „regulatorische Tsunami“, der seit der Krise 2008 über den Bankensektor herangebrochen sei und auch kleine Raiffeisenbanken nicht verschone, das veränderte Kundenverhalten und die Verschärfung der Wettbe- Jubilarehrung bei der Darmsheimer Bank: (von links, oben) Walter Weber, Johann Hotz, Franz Schöffl, Hans-Ehrenfried Deichsel, Johann Benczkober, Josef Hiemer, (Mitte) Eberhard Weik, Silvia Steinhilber, Christl Hagenlocher, Ewald Dürr, Rolf Secker, Werner Krauß, (unten) Vorstandsmitglied Michael Rapp, Rudolf Schäfer, Ursula Schleeh, Dieter Prymula, Karlklaus Klemme, Monika Schiller, Friedrich Schiller, Vorstandsmitglied Roland Ruckh und der Aufsichtsratsvorsitzende Gerd Körber Foto: red Erstmals eine Frau im Aufsichtsrat DARMSHEIM (wrh). 49 Mitglieder zeichnete der Vorstand der Darmsheimer Bank bei der Generalversammlung für langjährige Treue zur Genossenschaft aus. Ihre Mitgliedszeiten summieren zusammen auf 1980 Jahre. Seit 60 Jahren besitzen Martin Gebhardt und Josef Hiemer einen Geschäftsanteil. Johann Benczkober, Herbert Brost, Hans-Ehrenfried Deichsel, Friedrich Eisele, Johann Hotz, Werner Krauß, Rudolf Schäfer, Otto Schmidt, Walter Storz und Kurt Walz sind seit einem halben Jahrhundert Genossen. Für 40-jährige Mitgliedschaft ausgezeichnet wurden Ewald Dürr, Erika El Bialy, Roland Gann, Alfred Gebhardt, Viktor Grumbach, Christl Hagenlocher, Inge Haug, Dieter Herbstritt, Richard Ilg, Gerhard Jäger, Kadri Jusufi, Kenan Kartal, Hermine Keller, Karlklaus Klemme, Robert Lutz, Helmut Maly, Karl Marquardt, Joachim Möschel, Dieter Prymula, Roland Riethmüller, Fritz Schäfer, Monika Schiller, Friedrich Schiller, Ursula Schleeh, Gunter Schmid, Franz Schöffl, Rolf Secker, Brigitte Stegmaier, Silvia Steinhilber, Rainer Tomaschko, Birgit Tomaschko, Jovo Vuckovic, Walter Weber und Eberhard Weik. Karlklaus Klemme wurde eine zweite Ehrung zuteil, schied er doch nach 24 Jahren aus dem Aufsichtsrat der Bank aus. Zum Abschied gab es die Ehrennadel in Silber des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands und lobende Worte. Vorstandsmitglied Roland Ruckh bezeichnete Klemme (74), der altershalber nicht mehr für den Aufsichtsrat kandidieren durfte, als „ruhenden Pol“ des Gremiums. Von 2000 bis 2006 war Klemme auch stellvertretender Aufsichts- ratsvorsitzender. „Als ich 1991 erstmals gewählt wurde“, warf der Scheidende einen Blick zurück, „hatte die Darmsheimer Bank drei Vorstände.“ Wenn jetzt die Fusion mit der Volksbank Magstadt komme und die gemeinsame Bank nach einer Übergangszeit mit vier Vorstandsmitgliedern nach der Pensionierung von Roland Ruckh 2017 von drei Köpfen geführt werde, schließe sich der Kreis. Klemmes Sitz im sechsköpfigen Aufsichtsrat nimmt Silvia Steiner ein. Die 54-Jährige ist Gesellschafterin mit Prokura der Firma BVS Blechtechnik in Böblingen und wohnt seit 1992 in Darmsheim. Damit hat der Aufsichtsrat der Darmsheimer Bank erstmals ein weibliches Mitglied. Wiedergewählt wurde Dr. Ulrich Leitner, dessen Amtszeit ebenfalls ausgelaufen war. werbssituation nannte Ruckh als Gründe für die Fusion. Vor wenigen Jahren noch hätten Bankmitarbeiter 70 Prozent ihrer Arbeitszeit auf Kontakte zu den Kunden verwandt und zu 30 Prozent Verwaltungsarbeit geleistet. Geldwäsche-, Compliance-, Datenschutz-, Sicherheits- und andere Vorschriften hätten dieses Verhältnis nahezu umgekehrt, klagte Ruckh. In dem beide Banken ihre Verwaltungstätigkeiten bündeln, hoffen sie, wieder mehr Zeit für den Dienst am Kunden frei schaufeln zu können. Roland Ruckh betonte: „Wir müssen nicht fusionieren, wir können aus einer Position der Stärke heraus agieren.“ Er deutete an, dass das nicht ewig so bleiben werde. Deshalb sei der richtige Zeitpunkt für die Fusion jetzt gekommen. Mit der Volksbank Magstadt (siehe dazu den Beitrag unten) arbeitet die Darmsheimer Bank schon lange zusammen. Aus der Kooperation soll nun der Zusammenschluss erwachsen. Die Heckengäubank eG soll ihr ländliches Gepräge behalten. „In einer größeren Einheit“, sagte Ruckh, „würde die Darmsheimer Bank binnen weniger Monate ihre Identität verlieren und zur Filiale werden.“ In der Aussprache über den Geschäftsbericht und das, was in den kommenden Monaten passieren soll, meldete sich nur einer zur Wort. Dieter Goettling sagte, dass er zu den 0,1 Prozent der Mitglieder gehöre, die der Fusion kritisch gegenüberstehen. Er sei von einer größeren Volksbank zur Darmsheimer bank gewechselt, weil er es nicht bei jedem Geldgeschäft mit einem neuen Berater zu tun haben wollte. Er befürchtet, dass sich die mit dem Wechsel verbunden Hoffnung nicht erfüllt. „Die Erfahrung lehrt: Je größer eine Einheit ist, desto unpersönlicher wird sie“, erklärte Goettling. Roland Ruckh sicherte den Kunden zu, dass sich durch die Fusion an der Zuständigkeit der Berater nichts ändern werde. Vorstand und Aufsichtsrat wollen die Diskussion mit den Mitgliedern intensivieren. Im Oktober finden drei Dialogveranstaltungen statt. Da können in kleinerem Kreis Bedenken geäußert werden – beispielsweise gegen den Namen Heckengäubank, den nicht alle Mitglieder gut finden. „Ein bewegtes, aber dennoch erfolgreiches Jahr“ Volksbank Magstadt steigert Zinsüberschuss und Mitgliederzahl – Viele Detailfragen zum Zusammenschluss mit der Darmsheimer Bank Von Holger Schmidt MAGSTADT. Ganz entgegen dem bundesweiten Trend sinkender Zinserträge konnte die Volksbank Magstadt im vergangenen Jahr ihren Zinsüberschuss um knapp 107 000 Euro steigern. Verantwortlich dafür war die positive Entwicklung sowohl bei den Kundeneinlagen als auch eine Zunahme der vergebenen Kredite. „Es war für die Volksbank Magstadt ein bewegtes, aber dennoch erfolgreiches Jahr“, fasste Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Dieter Steegmüller auf der Vertreterversammlung am Donnerstagabend zusammen. Die Vorstandsmitglieder Andreas Zeller und Marco Ringwald ließen die Zahlen 2014 zusammen mit dem gesamtwirtschaftlichen Überblick und manchem Seitenhieb auf die „überbordende Regulatorik“ Revue passieren. Das ungebrochene Vertrauen der Kunden zeigt sich nach ihrer Überzeugung insbesondere in der Entwicklung der Einlagen, die sich um 8,9 Prozent auf 110,7 Millionen Euro erhöhten. Aber auch das Kreditgeschäft verbuchte einen Zuwachs von 3,6 Prozent auf 78,4 Millionen Euro. Die Bilanzsumme erreichte mit 127 Millionen Euro – ein Plus von 7,8 Prozent – den höchsten Wert der letzten zehn Jahre. Als „knapp nicht zufriedenstellend“ bewerteten die Verantwortlichen dennoch das Betriebsergebnis, das nach wie vor unter dem Verbandsdurchschnitt vergleichbarer Legten der Vertreterversammlung den Geschäftsbericht der Volksbank Magstadt für 2014 vor: Andreas Zeller (links) und Marco Ringwald. Foto: red Institute liegt. Dass die Volksbank Magstadt dennoch für die Zukunft gut aufgestellt ist, unterstreicht die Eigenkapitalquote von 21,4 Prozent, die bereits heute die künftig vorgeschriebenen Anforderungen erfüllt. So war auch es auch keine Frage, dass die Vertreter der um 118 auf 2919 angewachsenen Mitgliederschar der vorgeschlagenen Dividende von fünf Prozent aus dem mit 178 000 Euro auf Vorjahresniveau liegenden Bilanzgewinn einstimmig grünes Licht gaben. Mit dem gleichen Ergebnis wurden Aufsichtsrat und Vorstand entlastet. Eine größere Aussprache gab es zum Abschluss der einschließlich vorherigem gemeinsamen Abendessen fast vierstündigen Veranstaltung im katholischen Gemeindehaus zur geplanten Fusion der Volksbank Magstadt mit der Darmsheimer Bank (siehe dazu auch den Beitrag oben). „Es ist eine Zäsur für Magstadt und geht nicht emotionslos über die Bühne“, eröffnete Dieter Steegmüller, der zuvor ebenso wie seine Aufsichtsratskollegen Klaus Haarer und Gerhard Schneider mit überwältigender Mehrheit von den 69 Delegierten für weitere drei Jahre im Amt betätigt worden war, die Frage- und Antwortrunde. Ganz grundsätzliche Bedenken gegen einen Zusammenschluss wurden nur wenige geäußert. Vielmehr wurden viele Detailfragen zum Sitz, zur späteren Abhaltung einer Delegierten- oder Generalversammlung, zur Anzahl der Aufsichtsräte und Vertreter und vielem mehr gestellt. Fusion bedarf 75-prozentiger Zustimmungsquote „Wir sind erst am Anfang“, sagte Andreas Zeller. In drei Dialogveranstaltungen im September und Oktober möchten Vorstand und Aufsichtsrat das Gespräch mit den Vertretern weiter vertiefen. Gemeinsam soll dann auch ein Namensvorschlag für die neue Bank – Arbeitstitel Heckengäubank – erarbeitet werden. Ganz konkret ist dagegen mit dem 1. Januar 2016 schon der Termin des Starts der Magstadter/Darmsheimer Bank – wenn die im November geplanten außerordentlichen Versammlungen mit der erforderlichen 75-prozentigen Mehrheit ihre Zustimmung erteilen. Nummer 145 15
© Copyright 2024 ExpyDoc