Peer2Peer | Eine Ausbildung Trainingseinheit 3: Persönliche Recovery Einführung Das Ziel dieser Einheit ist es, einerseits über persönliche Erfahrungen bezüglich psychosozialer Gesundheit und Recovery zu reflektieren und andererseits zu überlegen wie Schlüsselkonzepte des Recovery Ansatzes (Trainingseinheit 2) die eigenen Erfahrungen beeinflusst haben. Am Ende dieser Einheit sollte jede/r TeilnehmerIn seine persönliche Recovery Geschichte zumindest teilweise aufgeschrieben haben. In Trainingseinheit 4 und 5 wird das weitergeführt und es besteht die Möglichkeit, Trainingseinheit 6 dafür zu nutzen, dass die TeilnehmerInnen untereinander ihre Geschichten austauschen können. Das Teilen der persönlichen Erfahrungen, das Aufbauen von wechselseitig befähigenden Beziehungen und Unterstützung auf Augenhöhe, sind die Grundlagen des Peer Support Programms. Daher ist es wichtig, dass die TeilnehmerInnen über ihre eigene Recovery Erfahrung reflektieren und lernen, andere dazu zu befähigen selbiges zu tun. Diese Einheit stellt eine Anleitung für die TeilnehmerInnen dar, um die Reflexion der eigenen Recovery Erfahrung zu erleichtern. Außerdem bietet sie Werkzeuge und Herangehensweisen für diesen Prozess an. 44 Lernergebnisse Die Entwicklung des Recovery-Konzeptes kennenlernen. Erforderliche Nachweise Am Ende dieser Einheit sollten die TeilnehmerInnen folgendes beherrschen: • Beschreibung der persönlichen Recoveryerfahrung und des Recoveryansatzes • Untersuchung von zwei Schlüsselkonzepten des Recoveryansatzes • Beschreibung unterstützen. und Erklärung von zwei Faktoren, die den Recovery Prozess Vorschlag für die Unterrichtsplanung Aktivität Methode Einleitung Tutor led Recovery Erzählungen Kurze persönliche Geschichte Gruppenarbeit Material Video/Vorlesen Welche Faktoren unterstützen meine Recovery? Klein- und Feedback-Bogen von Großgruppenübung Einheit 2 Meine Recovery Geschichte Individuelle Übung Information Der Austausch von persönlichen Erfahrungen, häufig auch als Austausch von Recovery Geschichten oder Erzählungen bekannt, ist eng mit der Entwicklung des Recovery Ansatzes verknüpft. Ihre Geschichte zu erzählen ermöglicht es den Menschen, sich ihre eigenen Erfahrungen vor Augen zu führen und ihre einzigartige Recovery-Reise – mit allen Auf und Ab´s - zu reflektieren. Sie stellt die Person ins Zentrum – sie wird praktisch zum Helden der eigenen Geschichte. Dies bewirkt eine Authentizität und Unmittelbarkeit, die durch eine akademische oder klinische Perspektive nicht möglich ist. Dieser Ansatz ermöglicht es den Menschen auch, ihre Erfahrungen neu zu bewerten oder neu zu “schreiben”. Die Kontrolle über die eigenen Erfahrungen kann sehr ermächtigend und motivierend sein. Durch Selbstreflexion erkennen Menschen auch die guten, positiven Dinge im Leben. Vor allem für Menschen mit psychosozialen Problemen und Erkrankungen ist die Selbstanalyse oft ein Akt der Ermächtigung, da sie meist nur von anderen Menschen bzw. Organisationen analysiert werden. Selbstverständlich stehen bei diesen Analysen meist die negativen Aspekte von psychischen Erkrankungen im Vordergrund, wie Drogenmissbrauch, Arbeitslosigkeit, Selbstmordgedanken, traumatische Erlebnisse etc. Durch die ständige Wiederholung dieser negativ behafteten persönlichen Geschichten, wird die Person über die negativen Aspekte definiert. Zum Beispiel wird die persönliche Geschichte eines Menschen zu „Ich bin jemand mit einem Drogenproblem“ oder „Ich bin jemand der Traumatisches erlebt hat“. Obwohl diese Dinge stimmen, sind sie nicht das einzige, was es über diesen Mensch zu erzählen gibt. Ein Leben mit psychosozialen Problemen und psychischen 45 Peer2Peer | Eine Ausbildung Erkrankungen ist oft mit vielen Schwierigkeiten belastet und Betroffene beweisen großen Mut und Stärke, um diese zu meistern. Dies ist einer von vielen positiven Fakten, die hervorgehoben werden können. Nur die negativen Aspekte zu betrachten, behindert den Recoveryprozess. Das erkunden und Erzählen der eigenen Geschichte ist ein wichtiger Aspekt der Recovery. Das Scottisch Recovery Network hat bereits eine Reihe an Studien publiziert, die sich mit der heilenden Wirkung von Erzählungen beschäftigt und auf ihrer Website befinden sich viele Recoverygeschichten. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie unter 2005 Narrative Research Project | Research. Die Recoverygeschichten finden sie unter t Submitted thoughts and stories. Das Scottisch Recovery Network hat auch eine eigene Plattform, auf der eigene Recoverygeschichten geschrieben und geteilt werden können. Diese finden Sie unter Write to Recovery Anfangs kann das Aufschreiben der eigenen Geschichte emotional überfordernd sein. Diese Situation kann zu Angst, Zorn und Frustration führen. Die meisten Menschen berichten allerdings, dass dies schnell vorüber ging und sie sich nachher erleichtert und besser fühlten– egal ob sie ihre Geschichte mit der Gruppe geteilt oder für sich behalten haben. 46 Vorschlag für Übungen Recovery Erzählungen Persönliche Recovery Geschichte Es wird vorgeschlagen, diese Trainingseinheit mit der persönlichen Recoverygeschichte zu beginnen. Es gibt verschiedene Wege dies zu tun. Sie könnten zum Beispiel jemanden in den Lehrgang einladen, der seine persönliche Recovery Geschichte erzählt. Wenn das nicht möglich ist, können Sie auch eine Recovery Geschichte aus dem Internet für die TeilnehmerInnen mitbringen. Beispiele sind auf der Website des Scottish Recovery Network’s unter “narrative research project” zu finden. Nach der Geschichte sollten folgende Fragen in der Gruppe bearbeitet werden: • Wie haben Sie sich gefühlt als sie die Recovery Geschichte gehört haben • Welchen Effekt hat das Hören einer anderen Recovery Geschichte auf mich? • Warum sind persönliche Erfahrungen und Geschichten so kraftvoll? Anmerkungen für die TrainerInnen Ziel dieser Übung ist es zu zeigen und darüber zu reflektieren, wie kraftvoll persönliche Geschichten sein können. Die Diskussion sollte einen umfassenden Blick auf die erzählte Geschichte anstreben und sich keinesfalls nur mit den Fakten der Geschichte beschäftigen. Wenn ein/e TeilnehmerIn sich dazu entschließt, seine/ihre Geschichte zu teilen, sollte er/sie auch Teil der Konversation sein und nicht in der Position des Antwortgebers landen. Was war für meine Recovery hilfreich? Gedanken über die eigene Recovery Diese Übung baut auf die Übung “Meine Erfahrungen mit Recovery“ aus Trainingseinheit 2 auf, in der die TeilnehmerInnen ihre eigenen Recovery Erfahrungen reflektieren, hinsichtlich der 47 Peer2Peer | Eine Ausbildung 5 CHIME Faktoren, die Recovery unterstützen: Soziale Kontakte, Hoffnung und Optimismus, Identität, Sinn und Empowerment. Es ist hilfreich, wenn jede/r TeilnehmerIn ihren/seinen Feedbackbogen von Einheit 2 mitnimmt, um sie als Starthilfe zu benutzen. In kleinen Zweier- oder Dreiergruppen sollen die TeilnehmerInnen ihre Gedanken teilen und überlegen, wie die fünf unterstützenden Faktoren ihre Recovery unterstützt haben. Ermutigen sie die TeilnehmerInnen dazu, weitere Gedanken auf ihren Feedbackbögen hinzuzufügen. Anschließend besprechen sie folgende Fragen. Dies kann mit der ganzen Gruppe oder in kleineren Gruppen geschehen. • Wie weit sind unsere Erfahrungen ähnlich oder unterschiedlich? • Ist das wichtig? • Was haben mich die Geschichten der anderen über mich selbst gelehrt? • Was ist der Unterschied zwischen einer Krankheitsgeschichte und einer Recovery Geschichte? Anmerkungen für die TrainerInnen Recovery ist eine sehr persönliche Erfahrung, jedoch gibt es viele Studien die zeigen, dass es einige hilfreiche Faktoren, gibt die viele Betroffenen teilen. Allerdings ist das Ausmaß, in dem Individuen gewisse Faktoren als hilfreich wahrnehmen unterschiedlich. Ziel dieser Einheit ist es nicht nur, die eigene Recovery Geschichte zu verstehen, sondern auch die Vielfalt an Erfahrungen und Perspektiven schätzen zu lernen. 48 Meine Recovery Geschichte Diese Einheit gibt den TeilnehmerInnen die Gelegenheit, sich mit eigenen Erfahrungen auseinander zu setzen und die Bedeutung und die Macht von erzählten Recovery Geschichten zu erfahren. Diese Trainingseinheit konzentriert sich darauf, dass die TeilnehmerInnen anfangen, ihre eigenen Recovery Geschichten aufzuschreiben. Es ist auch möglich, die Trainingseinheit 6 „Zusammenfassung und Evaluierung“ als Möglichkeit zu nutzen, dass die TeilnehmerInnen Ihre Geschichten untereinander austauschen. Meine eigene Recovery Geschichte aufschreiben Jede/r TeilnehmerIn sollte erstmals eine Weile über ihre/seine eigene Recovery Geschichte nachdenken und diese anschließend niederschreiben. Jede/r TeilnehmerIn sollte außerdem, ihre/seine Geschichte oder zumindest Teile davon, mit Konzepten von Recovery und hilfreichen Recoveryfaktoren in Verbindung bringen. Zu dem, sollten die TeilnehmerInnen dazu ermutigt werden ihre Geschichte im Zuge dieses Kurses zu erweitern. Anmerkungen für die TrainerInnen Da manche TeilnehmerInnen diesen Prozess möglicherweise als überfordernd empfinden, können Diskussionen in kleinen Gruppen mit individueller Arbeit kombiniert werden. Auf der Website des Scottish Recovery Networks, unter „Write to Recovery“ finden Sie zahlreiche Hilfestellungen, die das Aufschreiben der Geschichte erleichtern. Einige davon sind sehr unbeschwert und können inspirierend und motivierend wirken. Hier ein paar Beispiele: Mein Leben… ein Roman Dieses Thema ist fröhlich, zeigt aber trotzdem wie Menschen ihr eigenes Leben betrachten. Bitten Sie die TeilnehmerInnen sich einen Film- oder Romantitel für ihr eigenes Leben zu überlegen. Der Titel kann natürlich ein existierender oder ein frei erfundener sein. Folgende Aspekte können anschließend besprochen werden: • Um welche Art von Film handelt es sich? – Komödie, Tragödie, Action, Romantik, Kurzgeschichte etc. • Wer spielt die Hauptrolle und warum? • Wie ist das Ende des Films? • Welche Änderungen würden es verbessern? Briefe des Weisen Ein Teilnehmer übernimmt die Rolle des Weisen. Dieses Sujet erleichtert es Menschen, sich an hilfreiche Strategien, die sie selbst in ihrem Leben angewandt haben, zu erinnern. TeilnehmerInnen können: • Jemandem, der ähnliche Schwierigkeiten wie sie selbst erlebt, Rat geben. • Einen Gratulationsbrief verfassen, der die Reise und die gemeisterten Herausforderungen beschreibt. • Sich einen guten Tag vorstellen, an dem sie in Höchstform sind. Wo liegen die Unterschiede und was macht die Person anders? Neue Perspektiven Dieses Thema ermöglicht Menschen, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen. Hierfür können die TeilnehmerInnen eine der folgenden Übungen ausprobieren: • Oft ist man selbst sein schärfster Kritiker. Was würde ein guter Freund/ eine gute Freundin über Sie sagen? • Treffe dein 85-jähriges Selbst. Was sagt Ihnen diese weise, Sie liebende Person? • Durch unsere eigenen, inneren Anklagen fühlen wir uns schlecht. Was hat Ihr persönlicher Anwalt, zu Ihrer Verteidigung zu sagen? 49
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