51 GesSozA Kein Täter werden - Abgeordnetenhaus von Berlin

Senatsverwaltung für Gesundheit
und Soziales
IB2
An den
Vorsitzenden des Ausschusses für Gesundheit
und Soziales
über
den Vorsitzenden des Hauptausschusses
über
den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin
über
Senatskanzlei - G Sen -
Berlin, den 15.09.2015
9(0)28 1861
2026
Einzelplan 11 - Gesundheit und Soziales
Kapitel 1110.
Berichterstattung zur 2. Lesung des Entwurfs des Doppelhaushaltes 2016/2017
Titel 68550
Rote Nummer
Vorgang:
62. Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 31.08.2015
(lfd. Nr. 51)
Ansätze (tabellarisch) zu allen thematisierten Titeln, und zwar für das
Haushaltsjahr 2014:
1.820.000 €
Haushaltsjahr 2015:
1.820.000 €
Haushaltsplanentwurf 2016:
2.910.000 €
Haushaltsplanentwurf 2017:
2.911.000 €
Ist Haushaltsjahr 2013:
1.820.000 €
Ist Haushaltsjahr 2014:
1.820.000 €
Verfügungsbeschränkungen:
€
aktuelles Ist (03.09.2015):
1.365.000 €
Gesamtkosten:
Der Ausschuss für Gesundheit und Soziales hat in seiner oben bezeichneten Sitzung Folgendes beschlossen:
„Ist sichergestellt, dass das Projekt „Kein Täter werden“ ausreichend weiter finanziert ist und
warum trägt das Land nicht die Beratung der Berliner Patienten?“
Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen
Hierzu wird berichtet:
Die im Titel 68550 genannte „Forensisch-Therapeutische Ambulanz“ steht in keinerlei Verbindung zu dem nachgefragten Projekt „Kein Täter werden“.
Bei der Forensisch-Therapeutischen Ambulanz (FTA) handelt es sich um eine gemeinsam mit der SenJustV finanzierten Ambulanz, die in Trägerschaft der Charité (Institut für
1
forensische Psychiatrie – Lehrstuhl Prof. Kröber) steht und die zum Ziel hat, entlassene
Maßregelpatienten bzw. entlassene Straftäter professionell weiter zu versorgen. Die Forensisch-Therapeutische Ambulanz (FTA) wurde im Jahr 2005 nach umfangreichen Berichten an das Abgeordnetenhaus vor dem Hintergrund der gesicherten Datenlage errichtet, dass eine nachsorgende Betreuung und Behandlung von Entlassenen aus dem
Straf- und Maßregelvollzug zu deutlich rückfallpräventiven Effekten führt. Dabei umfasst
die Konzeption nachsorgende ambulante Maßnahmen, sozialarbeiterische, psychotherapeutische, medikamentöse und auch kriminalprognostische Aspekte. Das Ziel der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung ist es also, das Risiko eines einschlägigen
Rückfalls deutlich zu reduzieren.
Die Forensisch-Therapeutische Ambulanz (FTA) ist eine Pflichtaufgabe, denn § 68a des
Strafgesetzbuches (StGB - Aufsichtsstelle, Bewährungshilfe, forensische Ambulanz) sieht
die Bildung von einer forensischen Ambulanz und der professionellen Nachbehandlung von
Straffälligen, die aus der Haft oder einer Maßregel entlassen werden, gesetzlich unabdingbar vor. Auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Senatsverwaltung
für Justiz und Verbraucherschutz einerseits und der Senatsverwaltung für Gesundheit und
Soziales andererseits, betreibt daher die Charité am Lehrstuhl für Forensische Psychiatrie
eine Ambulanz, die vom Land mit dem Ziel finanziert wird, die aus dem Strafvollzug oder
dem psychiatrischen Maßregelvollzug entlassenen besonders gefährlichen Gewalt- und Sexualstraftäter mulit-professionell weiter zu versorgen. Die Ambulanz nimmt mit ihren mittlerweile 100 Behandlungsplätzen eine zentrale Position in der Spruchpraxis der Strafvollstreckungskammern zur Frage der Entlassung komplizierter Inhaftierter und Patienten aus dem
Straf- und Maßregelvollzug ein. Die gemeinsame Nachbetreuung entlassener Strafgefangener und Maßregelvollzugspatienten stellt somit eine Besonderheit dar, die sich auch im Hinblick auf die organisatorische Struktur der Ambulanz (also Anbindung an das Institut für Forensische Psychiatrie der Charité - Lehrstuhl Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber) auszeichnet.
Um etwas gänzlich anderes handelt es sich bei dem ausschließlich von der Charité betriebenen Projekt „Kein Täter werden“, die der Sexualmediziner Prof. Dr. Dr. Klaus Baier an
seinem Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité betreibt. Das 2005 an
diesem Institut begonnene Projekt "Kein Täter werden" bietet für Männer, die auf Kinder
gerichtete sexuelle Fantasien haben, im Rahmen des Forschungsprojekts "Prävention von
sexuellem Kindesmissbrauch im Dunkelfeld" eine mögliche Therapie zur Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch. Im Rahmen eines Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden"
werden daher am Institut für Sexualmedizin therapeutische Standards entwickelt und Therapiestrategien an mehreren anderen Standorten in der Bundesrepublik vollzogen.
Ziel der Therapie ist es, sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche zu verhindern. Im
Rahmen der Behandlung lernen die Teilnehmer, so mit ihren sexuellen Impulsen umzugehen, dass sie weder Kindern noch sich selbst schaden.
Bei diesem Projekt handelt es sich um eine von der Charité betriebene und verfolgte Tätigkeit, die ausschließlich dem universitären Themenkreis der Forschung und Lehre entspricht.
So hier eine materielle Förderung erfolgen soll, müsste diese im Rahmen der der Charité
zukommenden haushalterischen Mittel erfolgen. Finanzierungsbedarfe sind hier nicht bekannt. Eine Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ist nicht ersichtlich.
Das rein universitäre Projekt „Kein Täter werden“ zielt auf eine kleine Gruppe möglicher oder
in Frage kommender sexualdevianter Täter, ohne dass diese näher eingegrenzt werden
kann. Aus dem hypothetischen, gleichsam nicht fassbaren Vorsatz, keine strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung vornehmen zu wollen, kann indessen nicht
abgeleitet werden, dass dieser Ansatz Rückschlüsse auf strafrechtliche Verurteilungen und
2
Einweisungen in kustodiale Einrichtungen (in Justizvollzugsanstalten oder in das Krankenhaus des Maßregelvollzugs) nach sich zieht.
In Vertretung
Dirk Gerstle
Senatsverwaltung für
Gesundheit und Soziales
3