Mein Girls‘ Day 2015 – oder: wie ich es schaffte, einen Computer in einen Arzt zu verwandeln Donnerstag - 23.04. Es war endlich wieder soweit. Girls‘ Day – wie jedes Jahr! Schon seit sechs Jahren bin ich begeisterte Girls‘ Day Teilnehmerin und hatte bisher vom Alltag eines Schornsteinfegers über das Auseinanderbauen eines Ottomotors, bis hin zur Arbeit als Bundespolizistin bereits alles Mögliche ausprobiert. Gar keine Frage, dass ich mich an diesem besonderen Donnerstag auch dieses Jahr wieder nach meinem Frühstück nicht, wie sonst jeden Tag, auf mein Fahrrad schwang, um meinen Weg in die Schule anzutreten, sondern mich stattdessen zu meinem Girls‘ Day aufmachte. Dieses Jahr hieß es: Ab nach Karlsruhe. Genauer gesagt: Los zur Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe, an der ich für den Kurs „Alltagsprobleme mit Informatik lösen“ angemeldet war. Ein paar Monate zuvor hatte ich mich auf der Homepage des Girls‘ Day auf die Suche nach einem passenden Angebot gemacht und war ziemlich schnell auf diesen Kurs gestoßen. Die Beschreibung auf der Girls‘ Day-Seite hörte sich auf jeden Fall super spannend an und nachdem ich die Fragen „Was ist Informatik wirklich? Wie wird mein Rechner zum medizinischen Ratgeber?“ und noch vieles mehr gelesen hatte, wollte ich nichts lieber, als möglichst schnell eine Antwort auf diese finden. In der Schule hatte ich bereits letztes Jahr ein wenig Erfahrung im Bereich „Programmieren“ gesammelt, was mir äußerst gut gefallen hatte also, warum nicht einen Vormittag lang in den Alltag eines Informatikers hineinschnuppern!? Bereits bei meiner Ankunft gegen 7:30 Uhr wurde ich freundlich mit Getränken und einer kleinen Snackverpflegung für den Vormittag begrüßt, bevor es schließlich zum Auftakt der Veranstaltung in den Audimax ging. Dort wurden uns alle Kurse kurz vorgestellt, die die DHBW insgesamt heute für interessierte Mädchen der unterschiedlichsten Altersklassen anbot - denn hier würde an diesem Vormittag noch viel mehr gemacht werden, als nur versucht, Informatikprobleme zu lösen. Andere Mädchen, die bereits jetzt aufgeregt in den Reihen neben mir miteinander tuschelten, würden sich heute Morgen stattdessen dem Bau eines Elektromotors, der Funktionsweise eines Computerprogrammes, dem Programmieren niedlicher „Mindstorm Legoroboter“ oder im Zuge einer Experimentalvorlesung der Materie „Zeit“ widmen. Bevor wir uns jedoch in diese Gruppen aufteilten, mussten wir alle noch etwas aufgeklärt werden – wo waren wir hier eigentlich gelandet? Was ist denn die DHBW überhaupt und was bedeutet „duales Studium“? Wer kann hier überhaupt studieren und was wird einem noch so alles geboten, wenn man nicht nur einen Tag, sondern mehrere Semester hier verbringt? Über 3000 Studenten und 138 Mitarbeiter alleine in Karlsruhe, darunter 66 Professoren, mehr als 1000 Partnerunternehmen und eine Auswahl von 18 Studiengängen allein in Karlsruhe plus weitere acht Standorten in ganz BadenWürttemberg – das alles verbirgt sich hinter der Abkürzung „DHBW“ (Duale Hochschule Baden-Württemberg). Wir waren alle wirklich beeindruckt, was diese Einrichtung hier alles zu bieten hatte und insbesondere auch von der großen Zahl an Menschen, die sich sonst hier alle auf den Stühlen herumdrückten, wenn nicht gerade wir hier waren. Mit all diesen Daten und Fakten, mithilfe derer uns erst einmal ein grober Überblick vermittelt worden war, konnten wir jetzt endlich so richtig in die Materie einsteigen. Für mich hieß das wie gesagt: Eintauchen in die Welt der Informatik. Ihre Anwendungen nutzen wir jeden Tag: welcher Teenager besitzt heutzutage noch ein Handy, mit dem man nichts als nur telefonieren kann; welcher Autofahrer hat es heute noch nötig, sich während des Fahrens mit einer unübersichtlichen Karte herumzuärgern, die umständlich auf dem Beifahrersitz ausgebreitet ist? Die Zusammenhänge liegen auf der Hand: Smartphones, Autosicherheitssysteme wie ESP oder ABS, Navigationsgeräte…überall steckt Informatik dahinter. Fest steht also erst einmal: Ohne sie sähe unser heutiges Leben vollkommen anders aus. Überall im Alltag unterstützt sie uns – und das inzwischen fast so reibungslos und selbstverständlich, dass wir es schon gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. „Natürlich werden wir es in der kurzen Zeit nicht schaffen, ein gesamtes Programm für beispielsweise ein Navigationssystem zu entwickeln!“, beseitigte Professor Braun direkt zu Beginn alle möglicherweise aufkommenden Missverständnisse. „Aber es gibt ja noch viele weitere wichtige Alltagsprobleme, für deren Lösung wir uns der Informatik bedienen können! Und das muss noch nicht einmal so schwer sein!“ Nachdem wir erst einmal verstanden hatten, wie unser Computer überhaupt funktioniert, was er verarbeiten und wie wir folglich mit ihm kommunizieren können, durften wir schließlich selbst ans Werk. Unsere erste Aufgabe: Wir sollten mit dem Programm „Visual Prolog 5.1“ eine MP3-Datenbank erstellen, mit der wir unsere eigenen Songs sortieren können. Wir fingen damit an, unsere Lieblingslieder aufzulisten, aber nach und nach wurde es immer komplizierter, sodass wir am Ende mit nur einem einzigen Mausklick zwischen sowohl den einzelnen Titeln, ihren Bands, ihrer Dauer als auch dem Entstehungsjahr und -ort und vielem mehr unterscheiden konnten. Aber selbstverständlich ist Musik nicht das einzig Wichtige für unser Leben., denn in erster Linie entscheidet unsere Gesundheit darüber, wie es uns gerade geht. Zwar kann der Lieblingssong vielleicht aufheitern, wenn man mit Fieber zu Hause im Bett liegt, aber, ob die Krankheit davon wirklich weggeht!? Da ist es vielleicht doch besser, einmal einen Arzt zu Rate zu ziehen. Aber so wirklich Lust dazu, sich mühselig aus seinem warmen Bett herumzuquälen, um sich in diesem Zustand durch den halben Ort zu schleppen und dann eine Stunde lang in einem stickigen Wartezimmer zu warten, hat man auch nicht gerade. Wie schön wäre es doch, stattdessen einfach sein Notebook aufklappen und sich von diesem eine Diagnose erstellen lassen zu können. Am besten noch direkt kombiniert mit einem 3D Drucker, um sich das passende Medikament auszudrucken, oder zumindest einem automatischen E-Mail-Account um die Rezeptbestellung an die nächstgelegte Apotheke sofort loszuschicken. Zumindest der erste Teil dieser Vorstellung muss schon lange kein Traum mehr bleiben – viel mehr ist er sogar fast schon “im Schlaf programmierbar“ – das behaupteten zumindest die uns zur Seite gestellten Experten. Aber sollte ich es als fast vollkommene Anfängerin wirklich schaffen, innerhalb der kurzen Zeit einem Rechner ein Schnellstudium im Fachbereich „Medizin“ zu erteilen? Zum Einstieg befassten sich die Girls meines Kurses und ich uns zuerst einmal recht einfach mit der Diagnose einer stinknormalen Grippe, die wir unserem Computer beibrachten, zu erkennen; Schnupfen, Husten, Temperatur über 37,5°C… Als unser Programm jedoch bereits nach ein paar Minuten bewiesen hatte, dass es fehlerfrei sogar bei mehreren Personen gleichzeitig erkennen konnte, ob sie an dieser Krankheit litten und uns zusätzlich noch Informationen darüber lieferte, wie häufig diese Personen bereits seit ihrer Geburt mit denselben Symptomen zu kämpfen gehabt hatte, wurde uns sehr schnell bewusst, dass wir unseren Computer mit dieser einfachen Einstiegsübung mehr als nur unterforderten. Um ihn nicht noch länger zu langweilen, beeilten wir uns weiterzukommen und brachten ihm in Windeseile die Symptome von Fußpilz, Hautausschlägen und Hautverbrennungen bei. Am Ende konnte unser Programm genaue Diagnosen zu mehreren Personen mit mehreren verschiedenen Krankheiten gleichzeitig ausspucken, ohne auch bei nur einem von ihnen die bisherigen Krankheiten in den letzten Jahren zu vergessen, parallel zur momentanen Diagnose aufzulisten. Und das alles nur, indem man ihm mitteilte, wie es einem denn gerade ging – also fast schon ein richtiger selbstständiger Arzt. Natürlich war unser Programm lange nicht perfekt und unser Computer konnte alleine auch noch keine Menschen untersuchen oder selbstständig Fieber messen – aber nichtsdestotrotz. Wenn dieses Programm auch nur noch ein wenig perfektioniert und verfeinert wird, könnte es durchaus in einigen Jahren zumindest als Unterstützung hoch qualifizierter Ärzte eingesetzt werden. Denn diese haben unseren Computern zwar in vielen Bereichen einiges voraus, aber, wenn es darum geht, sich Krankheiten mit zugehörigen Symptomen im kleinsten Detail zu merken, hat unser Computer gegen uns Menschen klar gewonnen – denn kein Arzt der Welt kann so viel in seinem Gehirn abspeichern, wie unser Computer auf seiner Festplatte. Unser Programm vergisst eben nie etwas davon, was man ihm einmal „beigebracht“ hat – wir Menschen Im Gegensatz dazu leider schon. Um es auf den Punkt zu bringen: Unser Programm zeigt mehr als deutlich, wie sich Alltagsprobleme auf technische Art und Weise lösen lassen - und vielleicht wird bald ja nicht mehr der Hausarzt euer Antibiotikum verschreiben, sondern ganz einfach euer eigener Laptop! – Und schon ist der Weg zur Arztpraxis gespart. Ich Ein Informatiker – irgendein Nerd, der einsam in seinem dunklen, kleinen Keller mit einer Coladose und einer Tüte Chips an irgendeinem mit Computern und Laptops überhäuften Tischchen sitzt und an irgendwelchen Programmen herumtüftelt, die vollkommen menschenfremd sind – dass diese besondere „Art des Informatikers“ heute so gut wie ausgestorben ist und eigentlich nur noch in Klischeevorstellungen existiert, sollte nach diesem Vormittag eigentlich allen Anwesenden bewusst sein: Informatik befasst sich inzwischen fast ausschließlich mit Dingen aus unserem Alltag und sollte uns allen alles andere als fremd und seltsam erscheinen. Wie genau ein Informatiker in seinem Beruf arbeitet – nämlich nicht alleine in irgendeinem Kellerloch – das erfuhren wir jetzt noch einmal etwas ausführlicher von Hr. Bauer. Informatik dient hauptsächlich dem Finden von Lösungen von Problemen – genau wie wir es an diesem Tag auch gemacht hatten. Und genau wie bei uns, läuft das meist nicht im vollständigen Alleingang ab. Sehr entscheidend sind in diesem Beruf Eigenschaften wie Sozialkompetenz und Teamfähigkeit, denn als weltfremder Computerfreak würden bereits Schwierigkeiten dabei auftreten, das Anliegen seines Kunden überhaupt erst einmal zu verstehen. Erst wenn das gelingt, kann losgearbeitet werden, was wiederum meist in Gruppenarbeit geschieht. Man überdenkt gemeinsam Lösungsansätze, bespricht auftretende Schwierigkeiten und mögliche Missverständnisse usw. Man muss also auf jeden Fall mit anderen zusammenarbeiten können! Dass man sich als Informatiker auch so gut wie nie langweilt wurde bei den abwechslungsreichen Gebieten deutlich, die die Professoren begeistert anführten, denn nicht selten muss man sich in diesem Beruf um mehrere Bereiche kümmern: Zunächst einmal muss man sich wie bereits erwähnt die Frage stellen: Was für ein Problem hat der Kunde eigentlich, das ich mithilfe eines Programmes versuchen will zu lösen? Wie könnte ich dieses Programm modellieren und für den Computer verständlich machen? Wie muss ich mit meinen Geräten kommunizieren? Welchen Zeitaufwand muss ich einplanen und für wieviel Geld muss ich mein Programm letztendlich verkaufen? Fragen über Fragen – und gerade die häufig knifflige Beantwortung dieser mache in diesem Beruf besonders viel Spaß. Am Anfang steht vielleicht eine Frage, mit der sich noch so gut wie nichts anfangen lässt und am Ende entwickelt sich daraus ein vollständiges Programm, das noch viel mehr kann, als man es sich je erträumt hätte – genau dieser Prozess ist an dem Beruf das Tolle – so zumindest Professor Braun und seine Kollegen. Eigentlich wollte ich überhaupt nicht mehr mit dem Herumexperimentieren, Modellieren, Ausprobieren und Testen aufhören, aber leider ging es um kurz nach halb zwölf dann auch schon wieder zur Abschlussveranstaltung in den Audimax. Dort war es aber zum Glück nicht weniger spannend, denn jetzt stellten zum Abschluss noch einmal alle Gruppen vor, wie sie den Vormittag verbracht hatten, sodass ich auch noch wichtige Daten zum Thema „Zeit“ erhielt, einem Mindstorm Roboter dabei zuschauen konnte, wie er unterschiedliche Farben erkannte und ein Hindernis umkreiste und, wie man einen Elektromotor baut. Als die letzte Gruppe ihr Thema vorgestellt hatte, hieß es auch schon wieder: Abschied nehmen – leider. Dabei wäre ich viel lieber wieder in einen, der mit Computern ausgestatteten, Räume zurückgekehrt und hätte weiter an meinem gerade erstellten Programm getüftelt – schade, dass ich schon wieder gehen musste. Aber: Ein Trost blieb mir: Bevor wir uns von Prof. Braun verabschiedeten, gab er uns noch die wichtigsten Informationen dazu, wie wir uns zu Hause das Programm, mit dem wir gearbeitet hatten (Visual Prolog 5.1) herunterladen könnten, sodass unserer nun geweckten Informatikbegeisterung auch zu Hause nichts im Wege stehen sollte. Insgesamt war es wirklich ein äußerst informativer und spannender Vormittag, in dem ich Einblicke erhalten habe, die mir in der Schule im Zuge des Unterrichts niemals vermittelt hätten werden können. Ich habe kennengelernt, was in dem Beruf „Informatik“ alles möglich ist, habe selbst experimentieren und ausprobieren können und bei all dem enorm viel Spaß gehabt!! Auf jeden Fall für alle Mädchen auch im nächsten Jahr wieder empfehlenswert!! Ich hoffe, ich konnte euch allen einen kurzen Einblick in meinen Vormittag des 23.04.15 geben und dem ein oder anderen vielleicht auch Lust auf Informatik machen! Vielleicht schaut ihr nächstes Jahr ja auch einmal vorbei!! Für alle, die noch mehr wissen wollen: Das Programm meines Girls‘ Day: Wann ? Wo? ab 8:00 Uhr Foyer 08:30 Uhr 9:00 - 11:30 Uhr Arbeit in den Was? Empfang und Anmeldung der Teilnehmerinnen Audimax Alle: Begrüßung und Aufteilung der Gruppen „Computerprogramme verändern die Welt. Aber wie entsteht eigentlich ein Computerprogramm?“ „RoboGirls - Informatik mit einem mobilen Roboter“ „Was ist Informatik wirklich? Alltagsprobleme mit Informatik lösen!“ „Wir bauen einen Elektromotor“ „Der Takt der Zeit“ – Eine Geschichte der Zeitmessung, deren Notwendigkeit für den Menschen und den heutigen Anwendungen der Zeitmessung. Experimentalvorlesung Workshops 11:30 12:00 Uhr ca. 12:00 Uhr Ende Audimax Alle Gruppen: Vorstellung der Workshop-Ergebnisse Möglichkeit zum Mittagessen in der Mensa (selbst zu zahlen, freiwillig) Hier liegt die DHBW: Erzbergerstraße 121, 76133 Karlsruhe Ein Informatikstudium an der DHBW dauert: 6 Semester Einsatz nach dem Studium möglich in: - Softwareentwicklungshäusern (Entwicklung von Anwendungssoftware verschiedenster Branchen) - Systemhäuser (beratende Tätigkeit im IT-Bereich; Lösungskonzeption, Umsetzung Projektmanagement) - Systemhäuser mit Aufgaben der Rechner- und Netzwerkplanung und administration. (z.B. Herstellen eigener Systemprodukte) (noch zum Abschluss, damit ihr wenigstens ein Bild von derjenigen vor Augen habt, die das alles hier erlebt und letztendlich auch geschrieben hat): Das bin ich: Lilith Diringer 15 Jahre alt Gymnasium Karlsbad (10.Klasse)
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