SONDERDRUCK aus „Geographische Rundsdiau" • Zeitschrift für Schulgeographie • S.Jahrgang, lieft 2, 1953 GEOt-tG WESTERMANN VERLAG-BRAUNSCHWEIG HERMANN FLOHN Z U R DIDAKTIK D E R A L L G E M E I N E N DER ATMOSPHÄRE ZIRKULATION Seit die neueren meteorologischen Beobachtungen aus der freien Atmosphäre gezeigt haben, daß unser bisher so einfaches und einleuchtendes Schema der allgemeinen Zirkulation in wesentlichen Punkten nicht mehr aufrechterhalten werden kann, ergibt sich die Forderung nach einer elementaren, aber vollständigeren und richtigeren Deutung der Befunde. V/er als "Wissenschaftler mitten in der erregenden internationalen Diskussion steht, die um dieses Zentralproblem der heutigen Meteorologie kreist, schreckt vor dieser Forderung zurück; er kennt die offenen Fragen, die mathematischen und physikalischen Schwierigkeiten einer auch quantitativ richtigen Deutung zu gut, um nicht zu wissen, daß jeder derartige Versuch — so notwendig er sein mag — von theoretischer Seite als unzureichend oder doch verfrüht beurteilt werden dürfte. Andererseits sind die meisten Grundfragen geklärt, so daß eine wenigstens in qualitativer Richtung zutreffende Deutung heute gegeben werden kann, wenn man sich darauf beschränkt, die einfachsten Grundgedanken unter Verzicht auf mathematische Einkleidung darzulegen. Die Grunderkenntnis geht davon aus, daß die klassische Auffassung einer s t a t i o n ä r e n V e r t i k a l z i r k u l a t i o n in der Meridianebene selbst im Bereich der P a s s a t z i r k u l a t i o n nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. In dieser Ansicht stimmt der Verfasser mit den meisten führenden Meteorologen überein, die sich in den letzten Jahren mit dem Problem beschäftigt haben, wie C. G. Rossby (seit 1947), J. Bjerknes, V. P. Starr, H. Riehl, C. E. Palmer, Priestley u. a. m. Abweichende Ansichten — im Sinne der nur gering modifizierten klassischen Auffassung — werden für die Passatzirkulation vertreten von E. Palmen und P. Raethjen. Entscheidend für diese Frage sind natürlich ausschließlich die Beobachtungen, wobei eine vollständige erdumfassende Bearbeitung noch aussteht. Hierbei hat Verfasser an Hand von Höhenwindmessungen im Bereich des ungestörten Passat gezeigt, daß die schwache Nordsüd-Komponente noch innerhalb der großen tropischen Ostströmung des Urpassats ihr Vorzeichen wechselt und somit nur eine sekundäre Reibungszirkulation innerhalb des Urpassats darstellt. Die von Starr und Mitarbeitern in den letzten Jahren durchgeführten umfangreichen Rechnungen an Hand aller erreichbarer (über 65 000) Höhenwindmessungen für rund 31° und 13° Nordbreite belegen, daß der von der klassischen Zirkulationstheorie geforderte eindeutige Zusammenhang zwischen meridionalen und zonalen Bewegungen — jeder Komponente polwärts entspricht wegen der ablenkenden Kraft der Erdrotation eine Westkomponente, jeder Komponente äquatorwärts eine östliche — in der unteren Hälfte der Atmosphäre nur in sehr geringem Umfang existiert (vgl. Abb. 9). Der Korrelationskoefflzient zwischen beiden Komponenten liegt in l—6 km Höhe bei 0,10 (an Stelle eines zu erwartenden Wertes von nahe 1,00). Diese übereinstimmenden zahlenmäßigen Befunde liefern den Beweis dafür, daß der meridionale Transport von Wärme, Wasserdampf, Rotationsmoment usw. nur zum kleinsten Teil auf dem Wege des klassischen vertikalen Zirkulationsrades — der mittleren Meridionalzirkulation — vor sich geht, zum weitaus größten Teil dagegen mit Hilfe des u n g e o r d n e t e n A u s t a u s c h s , d. h. prinzipiell ebenso wie in den höheren Breiten. Damit entfallen aber auch — in Übereinstimmung mit der Erfahrung — die aus der klassischen Auffassung gezogenen Folgerungen, insbesondere das Bestehen einer selbständigen quasistationären Äquatorialfrontströmung. Bei dieser Sachlage ist es heute n i c h t mehr zu empfehlen, das Prinzip der k l e i n r ä u m i g e n W ä r m e z i r k u l a t i o n (Beispiel Land-Seewind) auf die Monsune und Passate anzuwenden; das gibt infolge der Vernachlässigung der ü b e r r a g e n d e n R o l l e d e r a b l e n k e n d e n K r a f t d e r E r d r o t a t i o n e i n völlig irreführendes Bild d e r Höhenströmung. Von der suggestiven Kraft dieses kleinräumigen Schemas, das die Corioliskräfte (vgl. Ib!) vernachlässigt, muß man sich erst frei machen, um zur Erkenntnis der wahren Zusammenhänge vorzudringen, wobei der n i c h t s t a t i o n ä r e H o r i z o n t a l a u s t a u s c h im Mittelpunkt steht. Die didaktische Schwierigkeit einer vollständigen und befriedigenden Erklärung liegt in der Tatsache, daß die verschiedenen atmosphärischen Felder — Temperatur und Luftdruck, Dichte und Wasserdampfgehalt der Luft, Luftbewegung und Hydrometeore (Wolken und Niederschläge) — sowie die Verteilung der Einstrahlung und Ausstrahlung nie isoliert voneinander betrachtet werden dürfen, sondern wechselseitig miteinander verkettet sind. In der Meteorologie sind — wie sehr häufig in der Physik — alle grundlegenden Gesetze, die zwei oder mehrere Felder miteinander verknüpfen, nicht in einer Richtung zu formulieren, sondern mit genau demselben Recht auch in der umgekehrten Richtung; jede mathematische Gleichung kann vorwärts wie rückwärts gelesen werden. Dieser D u a l i s m u s von U r s a c h e und W i r k u n g ist besonders bekannt bei dem Verhältnis zwischen Druckfeld und Wind (Raethjen, Schmauß): das Druckfeld erzeugt einen Wind, ebenso erzwingt aber 41 auch der Wind das ihm entsprechende Druckfeld. Entscheidende Impulse der heutigen Entwicklung gingen von einer bewußten Umkehr der üblichen Auffassung aus, wobei man das Strömungsfeld in den Vordergrund stellte und die Druck- bzw. Temperaturverteilung als seine Folge auffaßte. Diese „Philosophie der Chicagoer Meteorologenschule" — auf C. G. Rossby zurückgehend — hat mit ihrer beabsichtigten Einseitigkeit den Weg frei gemacht zu der heute im Gang befindlichen Synthese auf höherer Ebene. Diese Synthese ist offenbar heute soweit gediehen, daß man die Grundprizipien einer bewußt vereinfachten, nur qualitativ gültigen Deutung formulieren kann. Auf Literaturangaben im einzelnen muß hier verzichtet werden; der fachlich interessierte Leser findet Zitate der wichtigsten Arbeiten in anderwärts veröffentlichten Arbeiten des Verfassers (Her. Dt. Wetterdienst US-Zone 12, 1950, 156 und 18, 1950; Erdkunde i, 1950, 141). In einigen wesentlichen Einzelheiten ist inzwischen eine Revision der Gedankengänge notwendig geworden (vgl. Arch. Meteor. Geophys. Bioklim. B 4, 1951, 3, sowie Verh. Dt. Geogr. Tag 1951, 105, Ber. Dt. Wetterdienst 31, 1951, 17; 35, 1952, 12; Met. Rundschau 5, 1952, 81, 121); die oben erwähnten Arbeiten von V. P. Starr und White mit ihrem sehr vollständigen Zahlenmaterial siehe Quart. Journ. Roy. Met. Soc. 77 (1951), 215—225; 78 (1952), 62—69 und Tellus i (1952), 118—125. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei jedoch betont, daß die Grundlagen der Auffassung auf wesentlich ältere Arbeitcri — Mcinardus (1894), Defant (1921), Jeffreys (1926), Bergeron, J. Bjerkues (1930) und Rossby (seit 1939) — zurückgehen. Mehrere ausgezeichnete Zusammenfassungen der grundsätzlichen Fragen enthält das amerikanische „Compendium of Meteorology" (1951). In diesem Zusammenhang muß auch auf den — hierzu völlig parallelen — Versuch von E.-N e e f (Z. f. Erdk. (Jnterr. 1952, 11. 7/8) hingewiesen werden, gegen den nur einzuwenden ist, daß das Modell Haethjens für die in klassischer Form behandelte Passatzirkulation und den hieraus abgeleiteten „Äquatorialfrontstrom" sich mit den inzwischen bekanntgewordenen Tatsachen (siehe oben) nicht zur Deckung bringen läßt und daher revidiert werden muß. I. Allgemeines Wir beginnen mit einigen nicht zu umgehenden Grundbegriffen der allgemeinen Meteorologie, die die dreidimensionalen Felder von Temperatur, Druck und Wind aufeinander beziehen. a) Der Luftdruck nimmt in der Atmosphäre nach oben ab, in einer dichten, kalten Atmosphäre rascher als in einer weniger dichten, warmen Atmosphäre, entsprechend der barometrischen Höhenformel ^ = — — - dz. Hierin bedeutet dp die Änderring p R l des Druckes p mit der Höhe z, g die Schwerebeschleunigung, R die Gaskonstante und T die absolute Mitteltemperatur = 273° + t° Celsius für die betrachtete Schicht dz. Frontalzone K W Freie Atmosphäre TieF ( Boden Tief 7 400 G '< : t j,!/ -^"^ h~^ 500 > ? f \\ 600 C' 700 ... . 1-3 * ^^^ T^r FPa ,. _,., .,, p, Abb. 2 Zusammenhang zwischen den Isobaren pj—p4, dem Wind V, dem Druckgefälle G und der ablenkenden Kraft der Erdrotation C = f • V in der reibungslosen Atmosphäre (Nordhalbkugel) und am Erdboden (Reibungskraft R). 800 900 1000 Abb. l Vertikale Druckverteüuiig in der Troposphäre „Isobare" Flächen gleichen Luftdrucks über Kaltluft (K) und Warmluft (W); im Übergangsgebiet Frontalzone mit nach oben zunehmenden Druckgcfälle. Damit ergibt sich das a e r o l o g i s c h e G r u n d g e s e t z (Scherhag): In der H ö h e herrscht — gleicher Druck am Boden vorausgesetzt — ü b e r K a l t l u f t t i e f e r D r u c k , über W a r m l u f t h o h e r D r u c k (Abb. i). D a s relativ schmale Übergangsgebiet zwischen Warmluft und Kaltluft bezeichnen wir als F r o n t a l z o n e (Bergeron), aus der sich in den unteren Schichten unter dem Einfluß der Bodenreibung scharf begrenzte F r o n t e n entwickeln. b) Oberhalb der Grundschicht (Schneider-Carius), in der sich vom Boden her die Reibung und die tagesperiodische Wärmestrahlung bis l—2 km Höhe auswirken, weht der W i n d in erster, für praktische Zwecke ausreichenden Näherung p a r a l l e l zu den I s o b a r e n . Hierbei halten sich die auf der Nordhalbkugel stets nach 42 rechts ablenkende Kraft der Erdrotation C (= CoIrlochl l Tief I rioliskraft,proportional der Windgeschwindigkeit V und sin qj, (p = geographische Breite) und die zum tiefen Druck hin wirkende Kraft Kalt des Druckgefälles G stets (nahezu) im Gleichgewicht; wir sprechen von einem geostrophischen W i n d (strophein = drehen) oder allgemeiner vom Abb. 5 Isobaren und Bodesiwinde im Hoch und Tief, * darüber Vertikalsdmitt mit Vertikalbewegung und ReibungsGradientwind, der parallel komponcnie des Bodenwindes (scaematisdi). zu den Isobaren weht (Abb. 2). Die Bodenreibung R lenkt den Wind in den untersten 500—1000 m zum tiefen Druck hin ab, über See um etwa 10°, über Land (im Mittel) um etwa 45° (barisches Windgesetz). Am Äquator verschwindet die ablenkende Kraft der Erdrotation, weshalb dort die Winde, dem Druckgefälle folgend (quer zu den Isobaren, also ageostrophisch), unmittelbar in das Tief einströmen; daher können sich unterhalb etwa 4° Breite keine größeren Druckunterschiede aufrechterhalten, und die Lebensdauer von Stürmen ist gering. c) Die im Tiefdruckgebiet (Zyklone) mit einer Komponente gegeneinanderströmenden (k o n v e r g i e r e n d e n) Bodenwinde führen — vorwiegend in Frontnähe — zu a u f w ä r t s gerichteten Bewegungen mit Abkühlung, Wolkenbildung und Niederschlag, während im Hochdruckgebiet (Antizyklone) bei auseinanderfliefienden ( d i v e r g i e r e n d e n ) Winden die Luftmassen unter Erwärmung z u s a m m e n s i n k e n , wobei sich die Wolken auflösen (Abb. 3). Hierbei bildet sich häufig an der Obergrenze der Grundschicht eine Schicht mit Temperaturumkehr aus (I n V e r s i o n , mit Zunahme der Temperatur nach oben und einer Dunstgrenze oder einer dünnen Wolkenschicht). Diese Vorgänge sind eine Folge der bekannten adiabatischcn Zustaudsänderungen in der Atmosphäre, bei denen Vertikalbewegungen ohne äußere Wärmezufuhr bzw. -abfuhr ablaufen. d) Zerlegt man die Luftbewegungen oberhalb der Reibungsschicht nach dem Parallelogramm der Kräfte in Isobarenrichtung in ihre Komponenten, so schwankt die g e o s t r o p h i s c h e Komponente im Bereich der Frontalzonen zwischen 30 und 100 m/sec, außerhalb um 5—10 m/sec. Die a g e o s t r o p h i s c h e Komponente quer zn den Isobaren ist wesentlich geringer und kann in Bodennähe auf l—2 m/sec, darüber (im Mittel!) auf höchstens 0,5 m/sec geschätzt werden. Die v e r t i k a l e Komponente hingegen ist — wenn wir von den engräumigen Vertikalumlagerungen in Gewitterwolken absehen — viel kleiner und beträgt höchstens einige cm/sec. e) D i e Erklärung d e r a b l e n k e n d e n K r a f t d e r E r d r o t a t i o n gelingt am anschaulichsten, wenn man von dem bekannten Foucault-Pendelversuch (1850) ausgeht. Die Schwingungsebene des Pendels bleibt im absoluten Raum wegen der Trägheitskräfte im absoluten Raum erhalten, während sich die Erde und mit ihr unser erdfestes Bezugssystem unter ihr fortdreht. Fast dasselbe liegt vor bei einer geradlinig fortschreitenden, reibungslosen Bewegung: diese bleibt infolge der Trägheit im absoluten Raum erhalten, während sich die Erdoberfläche unter ihr weiterdreht. Für den erdfesten Beobachter erfolgt eine langsame Krümmung der Bewegung (entgegen der Erddrehung), also eine scheinbare Ablenkung. Wir bezeichnen die Wirkung dieser scheinbaren Kraft, die immer senkrecht zur Bahnebene erfolgt (auf der Nordhalbkugel nach rechts, auf der Südhalbkugel nach links), nach einem französischen Mathematiker als C o r i o l i s b e s c h l e u n i g u n g . Ihre horizontale Komponente ist f = 2 ct> sin <p (a> = Winkelgeschwindigkeit der Erde = 7,29 • 10~3 sec"1), multipliziert mit der Geschwindigkeit v; ihre vertikale Komponente ist sehr klein gegenüber der Schwerkraft. Die Ableitung dieser Corioliskräfte findet man in jedem 40° 60° N 35° 30°N Abb. .1 Meridiansdinitt durch eine Siromrölirc der Düscnströmung (nach Palmen und Newtou) mit Linien gleicher Windgeschwindigkeit (Jsotachen, in m/sec) und L oiliermen (gestrichelt); Begrenzung der Frontalzone iu der Troposphäre dick ausgezogen. neueren Lehrbuch der Meteorologie (z. B. Hann-Süring, Lehrbuch der Meteorologie, P. Raethjcn, Einführung in die Physik der Atmosphäre, sowie streng bei II. Koschmieder, Dynamische Meteorologie). f) Jede Luftbewegung ist turbulent. Wir können die Intensität des v e r t i k a l e n A u s t a u s c h s in erster Näherung durch einen Austauschkoeffizienten (Lcttau) angeben, der je nach Stabilität der Luft innerhalb weiter Grenzen (l—10000) schwanken kann; diese Zahl ist ein Maß für die in der Zeiteinheit durch eine horizontale Einheitsi'läche nach beiden Seiten wandernden Teilchen. Der Vertikalaustausch — der in den Luftschlieren oberhalb von erhitzten Oberflächen unmittelbar sichtbar wird — strebt eine homogen aufgebaute Atmosphäre an, bei der (neben der potentiellen Temperatur) auch die Bewegungsgröße (Wind) mit der Höhe gleichbleibt; dieser Idealzustand einer einheitlichen Luftmasse wird jedoch in mittleren Breiten kaum je erreicht, höchstens annähernd in den Tropen und in Teilen der Polarkalotte. Der h o r i z o n t a l e G r o ß a u s t a u s c h quer zu einer senkrechten Fläche, bei großräumiger Betrachtung senkrecht auf einem Breitenkreis, wird (geostrophisch) durch die Zyklonen und Antizyklonen bewirkt; der ageostrophische Anteil der Vertikalzirkulation ist zwar erheblich kleiner, darf jedoch nicht ganz vernachlässigt werden. Auch der (annähernd) horizontale Bewegungszustand der Atmosphäre kann stabil oder instabil sein; sobald die horizontale Windänderung (..Windscherung") einen gewissen Schwellenwert überschreitet, wie häufig in den Frontalzonen, dann wird eine einmal eingeleitete Bewegung nicht mehr gedämpft, und es kommt zu großzügigen Umgestaltungen des Wind- und Druckfeldes. Bei gegebenem Temperatur- und Druckgefälle strebt der Vertikalaustausch zugleich mit der Konstanz des Windes mit der Höhe auch — nach a) und b) — ein Verschwinden der horizontalen Druck- und Temperaturgegensätze in der Höhe an; hierdurch entstehen die in horizontaler Richtung ziemlich einheitlichen „L u f t m a s s e n" (Tropikluft, Arktikluft). Damit werden die Temperatur- und Druckunterschiede in der freien Atmosphäre zusammengedrängt auf schmale Zonen mit stärkster Windzunahme nach oben, den unter la erwähnten F r o n t a l z o n e n . Auf der Höhenwetterkarte (z. B. 500 mb oder etwa 5,5 km Höhe) treten diese Frontalzonen durch 44 die zugehörigen H ö h e n s t ü r m e heraus, die man in Amerika auch als Düsenströmungen (jet-stream) bezeichnet hat (Abb. 4). In ihrem Bereich wirkt sich der horizontale Grofiaustausch am stärksten aus; dieser bewirkt — auf eine noch nicht restlos geklärte Weise — die Konzentration der Bewegung auf schmale Zonen knapp unterhalb der Tropopause (8—10 km), zugleich verknüpft mit enormer Vertikalturbulcnz. II. Die planetarisclie Zirkulation Berechnet man — bei Annahme einer mittleren Trübung — die auf die Erdoberfläche fallende Sonneneinstrahlung, so kann man hieraus bei ruhender Atmosphäre die bei Strahlungsgleichgewicht entstehenden Temperaturen ermitteln. Diese „solaren" Temperaturen im Jahresmittel (nach Milankowitsch) sind in Tab. l enthalten; der Vergleich mit den wahren Temperaturen der Nord- und Südhalbkugel Geogr. Breite >/> Solare Temp. t Nordhalbkugel t N Südhalbkugel tg 0,5 (ts + ts) — t 0" 10° 32,8 31,6 26,2 26,7 26,2 25,3 —6,8 —5,6 40° 50° 60" 70» 80° 90° 22,1 28,2 13,7 25,3 20,4 14,1 22,9 18,4 11,9 —4,1 —2,7 —0,7 2,6 5,8 5,8 —10,9 — 1,1 — 3,4 + 8,7 —24,1 —10,7 —13,6 + 12,0 —32,0 —34,8» C —22,7 20° 30" +3,2 —17,2 —27,0 00 1 + 9,9 + 6,9 Tab. 1. Wahre und solare Temperatur der Breitenkreise im Jahresmittel; Einfluß der Zirkulation zeigt den ausgleichenden Einfluß der Zirkulation (letzte Zeile) sowie die bekannte Wirkung der Land- und Meerverteilung. Etwa in 42° Breite sind wahre und solare Temperatur einander gleich; die tropisch-subtropische Zone gibt von ihrem Überfluß an Strahlungsenergie den höheren Breiten auf dem Wege über die atmosphärische (und ozeanische) Zirkulation ab. Der Einfluß der polwärts abnehmenden Trübung sowie der wechselnden mittleren Bewölkung führt in der Troposphäre schon primär zu einer Konzentration des Temperaturgefälles auf mittlere Breiten (35—65°). Die ständig gleichzeitig wirksamen Austauschmechanismen (I f) verursachen in jedem Einzelfall ein Zusammendrängen der Stromlinien des Windes, zugleich aber auch der mit dem Windfeld gekoppelten Isobaren (I b) und Isothermen (I a) in der ganzen Troposphäre, das im statistischen Mittel als , . p l a n e t a r i s c h e F r o n t a l z o n e " bezeichnet werden soll. Sie trennt die nur geringe horizontale Temperaturunterschiede aufweisende Tropikluft der Tropen und Subtropen von der (weniger homogenen) Polarluft. Wegen dieser Temperaturverteilung ist der Luftdruck bis etwa 18 km Höhe über den Tropen und Subtropen hoch, über den Polarkappcn tief; diesem (nach oben bis etwa 10 km Höhe zunehmenden) D r u c k g e f ä 11 e entspricht geostrophisch eine W e s t cl r i f t auf beiden Halbkugeln, die die Strömungsverteilung der irdischen Atmosphäre beherrscht. Diese planetarische Frontalzone ist im allgemeinen dynamisch instabil, d. h. jede kleine Auslenkung der Strömung kann zu großen Dimensionen anwachsen, und ein geradliniger stationärer Verlauf ist (in Übereinstimmung mit der Erfahrung) unmöglich. Daher bilden sich fortwährend — besonders an orographischen Hindernissen — mäanderartige Wellen Abb. 5 Schema der Höllenisobaren in der Wcstdrift und Aufspaltungen in mehrere Frontal- Höhentrog und HochdruckrUcken oben, blockierentJes Hoch und Höheutrog (Kaltluutropfen) unten; zonen aus, einzelne große Wirbel werNordhalbkugel. 45 den gelegentlich abgeschnürt, driften abseits und zerfallen (Abb. 5). Wie ein m ä a n d r i e r e n d e r S t r o m m i t S t r o m s t r i c h u n d I n s e l n zieht sich diese planetarische Frontalzone innerhalb der Westdrift in der ganzen Troposphäre rund um beide Halbkugeln, wobei die höchste Windgeschwindigkeit in 9—11 km Hohe im Mittel in 30—35° Breite (Winter) bzw. 40—45° Breite (Sommer) liegt, auf der auch in der Höhe kälteren Südhalbkugel noch etwas näher zum Äquator. Im Einzelfall werden Windgeschwindigkeiten bis über 450 kmh beobachtet, ebenso auch große Windscherungen auf kleine vertikale oder horizontale Distanz; solche Düsenströmungen können sich über subtropischen Hochdruckzellen bis gegen 20—25° Breite, aber auch bis in Polnähe hin verlagern. Die stets asymmetrisch gebauten M ä a n d e r w e i l e n bestehen aus warmen Höhenhochkeilen, deren konvexe Seite polwärts weist, und kalten Höhentrögen, deren konkave (zyklonale) Krümmung polwärts gerichtet ist. In einem fortgeschrittenen Stadium können diese Mäander sich abschnüren und warme wie kalte Inseln bilden, die die Westdrift blockieren; das führt z. B. in Mitteleuropa zu langanhaltenden Witterungsanomalien. kalt OtacKgefälle g Änderung Aß: t © 1 "f • f Abb. 6 Verallgemeinerte Divergenztheorie (Nordhalbkugel) Wird die Höhenströmling (Mitte, dünne Pfeile) beschleunigt/gebremst, so treten Massenverlagernngen quer zu den Isobaren (dicke Pfeile) nach der kalten/warmen Seite hin auf und erzeugen am Boden entsprechende Druckänderimgen (im Kreis). ( Wegen dieser dynamischen Instabilität, der Mäanderbildung und Aufspaltung der atmosphärischen Düsenströmung kommt es immer wieder zu ageostrophischen Massenverlagerungen quer zu den Isobaren, die sidi am Boden als Änderungen des Luftdruckes auswirken. In gesetzmäßiger Weise wird (im statistischen Mittel) im Bereich zunehmender Windgeschwindigkeit ein Teil der bewegten Luft (ageostrophisch) auf die kalte Seite der Frontalzone transportiert (Abb. 6). Dies beruht letzten Endes auf der oben erwähnten wechselseitigen Anpassung von Druck- und Windfeld, wobei der Wind stets etwas hinter den zeitlichen wie örtlichen Änderungen des Druckfeldes zurückbleibt; diese Erscheinung kann als Trägheitseffckt aufgefaßt werden, wie wir sie in der Physik vom dynamoelektrischen Prinzip oder von der Rückkopplung her kennen. Dieser Effekt — gemäß der verallgemeinerten D i v e r g e n z t h e o r i e nach Ryd-Schcrhag — führt zu Neubildung bzw. Verstärkung von Zellen tiefen oder hohen Luftdrucks, von Z y k l o n e n und A n t i z y k l o n e n , die im statistischen Mittel im Bereich der planetarischen Frontalzone neu entstehen. Diese sekundären Wirbel driften mit der Höhenströmung („Steuerung") und bilden sich mit ihr zugleich ständig um und weiter. Weil die ablenkende Kraft der Erdrotation f polwärts zunimmt, erhält (Rossby) jeder driftende zyklonale Wirbel eine Zusatzkomponente zum Pol, jeder antizyklonale eine zum Äquator. Daher neigen die Zyklonen zu einem A u s s c h e r e n aus der Höhenströmung polwärts, die Antizyklonen äquatorwärts (Abb. T). Dieses mäßige Ausscheren — man darf im Bereich der Westdrift mit einer mittleren Ablenkung um 5—15°, im Bereich der tropischen Ostströmung (s. unten) um 20—30° rechnen — führt dazu, daß sich im statistischen Mittel an der Äquatorseite der planetarischen Frontalzone Hochdruckzellen ansammeln, an ihrer Polseite dagegen Tiefdruckzellen. Als Ergebnis finden wir in 25—35° Breite einen s u b t r o p i s c h e n H o c h d r u c k g ü r t e l (z. B. Azorenhoch), in 55—65° Breite eine s u b p o l a r e T i e f d r u c k f u r c h e (z. B. Islandticf, Aleutentief), beide in dauerndem Entstehen und Vergehen aus einzelnen Zellen aufgebaut, beide das statistische Resultat dynamischer Vorgänge innerhalb der Westdrift, die wir an unseren zirkumpolaren Boden- und Höllenwetterkarten (z. B. im Täglichen Wetterbericht des Zentralamtes für Wetterdienst, Bad Kissingen) täglich eindrucksvoll verfolgen können. 46 Die ausgedehnte, rund die Hälfte der Erdkugel (30° S — 30° N) umfassende und sehr einheitlich temperierte tropisch-subtropische Warmluft erhält durch diese Bildung eines s u b t r o p i s c h e n G ü r t e l s von H o c h d r u c k z e l l e n ein (nach oben abnehmendes) D r u c k g e f ä l l e von den Subtropen z u m A q u a t o r . Diesem Druckgefälle entspricht geostrophisch ein Ostwind: das ist der außerordentlich gleichmäßig wehende U r p a s s a t oder die t r o p i s c h e O s t s t r ö m u n g , die in äquatorialen Breiten über den Ozeanen rund 10 km Mächtigkeit erreicht. In der Grundschicht entsteht durch die Reibung eine Komponente zum tiefen Druck, also äquatorwärts gerichtet: das sind die P a s s a t e der beiden Halbkugeln (Abb. 8). Sie sind nur etwa 0,5—2 km mächtig, über See instabil geschichtet mit flachen Quellwolken, aus denen jedoch bei genügender Mächtigkeit gebietsweise kräftige Schauer Abb. 7 Ausscheren der Zyklonen und Antizyklonen aus der Westdrift (Nordhalbkugel). Km 10 W •\Passol A 2 01 1 ;o° s 20°S ITC i l 10°S i 10° N 0° 20° N 30° N Abb. 8 Passatkreislauf, Schema mit einfacher ITC; beachte jedoch die Größenordnungen (s. Text)! Passatiuversion gestrichelt, Wolken und Niederschläge; rechts typische Temperaturschichtung. Antipassat km kmrio WX X/XWA.XW 5 30°N 0° 30°S 30°N 0° 3<FS Abb. 9 Schema des nieridionoleii Passatkreislaufs in klassischer (links) und heutiger Sicht (rechts). 47 fallen können. Sie werden nach oben begrenzt durch die P a s s a t i n v e r s i o n , über der die Luft bei absinkenden Bewegungen trocken und wolkenfrei ist (vgl. Ic). Oberhalb der Passatinversion (in l—2,5 km) kehrt sich bereits die Nordsüd-Komponente der Strömung um; im statistischen Mittel überwiegt eine schwache, der tropischen Ostströmung überlagerte Komponente polwärts. Die meridionale Passatzirkulation ist also nur eine sekundäre, durch die Bodenreibung hervorgerufene (ageostrophische) Zirkulation innerhalb des Urpassats (Abb. 9). Die Zone tiefsten Druckes und konvergierender Winde am Äquator schwankt jahreszeitlich hin und her, im gleichen Rhythmus wie die planetarische Frontalzone und die von ihr gebildeten Druckgürtel. Man kann diese i n n e r t r o p i s c h e Abb. 10 Stromlinien des Passats, in Form zweier symmetrisch zum (meteorologischen) Äquator angeordneter Schrauben, deren Drehsinn innen aufwärts, außen abwärts gerichtet ist. K o n v e r g e n z z o n e auch a l s m e t e o r o l o g i s c h e n Ä q u a t o r bezeichnen, der am Boden sich als Zone maximaler Luft- und Wassertemperaturen, tiefsten Luftdrucks und konvergierender Winde charakterisiert; hiermit sind zugleich (Ic) aufsteigende Bewegungen, Wolken und Niederschläge verknüpft. An dieser innertropischen Konvergenzzone — Bergeron führte den Begriff I n t e r t r o p i k f r o n t ein, doch sind die Temperaturgegensätze an ihr äußerst gering — bilden sich mit Ausnahme der engsten Äquatorialzone innerhalb 4° Breite flache Tiefdruckstörtingen aus, die mit der Höhenströmung von Ost nach West wandern und zugleich polwärts ausscheren. Sie erzeugen Niederschläge, meist in Form schwerer Gewitter, und zugleich auch die umlaufenden Winde der M a l l u n g e n (Doldrums)1. Aus ihnen — sowie einigen anderen Formen tropischer Störungen — entwickeln sich unter besonderen Bedingungen die über See sehr langlebigen t r o p i s c h e n O r k a n e (Taifun, Hurrikan), die im Bereich der wandernden Kaltlufttröge höherer Breiten zwischen zwei subtropischen Hochdruckzellen polwärts umbiegen und in die Westdrift einbezogen werden können. Die meridionale Passatzirkulation macht man sich anschaulich als zwei symmetrisch angeordnete Schrauben mit sehr langgestreckten Windungen, die innerhalb der tropischen Ostströmung so gegeneinander gedreht werden, daß sie sich an ihrer Berührungsfläche — dem meteorologischen Äquator — aufwärts bewegen (Abb. 10). Auch in ihrem Bereich sind (Id) die meridionalen und besonders die vertikalen Windkomponenten (mm/sec!) klein gegenüber der beherrschenden Ostströmung. Oberhalb des Urpassats greift die außertropische Westdrift auf die Tropen über. Ihre west-ost-driftenden Mäanderwellen verursachen wechselnde, um W schwankende Winde; die mit denHöhentrögen verbundenen Kaltluftvorstöfie drängen den Urpassat äquatorwärts bzw. nach unten zurück, während er sich in den zwischenliegenden Höhenhochkeilen polwärts und nach oben ausweiten kann (Abb. 11). Diese auf die Tropen in der Höhe übergreifenden, vorwiegend westlichen Winde bezeichnen wir im Gegensatz zu der tropischen Ostströmung des Urpassats als A n t i p a s s a t . Er hat mit der meridionalen Passatzirkulation nichts zu tun; genau wie in höheren Breiten l Mallungen: Scemannsausdruck für schwache Winde aus wechselnden Richtungen (engl. doldruxns). 48 wechseln südliche und nördliche Komponenten dieser Westwinde regellos miteinander ab, und nur im statistischen Mittel scheinen (in 50° Breite) die polwärts gerichteten ageostrophischen Komponenten schwach zu überwiegen. Die Grenze zwischen Urpassat und Antipassat sinkt im Mittel von rund 10 km in der Äquatorzone nach den Subtropen hin ab und berührt in der Achse des subtropischen Hochdruckgürtels den Boden (Abb. 8). Zwischen dem subpolaren Tiefdruckgürtel und dem subtropischen Hochdruckgürtcl setzt sich im Bereich der hocktroposphärisehen Westdrift auch am Boden eine Z o n e vorwiegend w e s t l i c h e r W i n d e durch, die das Klima der gemäßigten Breiten ebenso kennzeichnen, wie der mit den wandernden Störungen verknüpfte Wctter- Abb. 11 Schema der atmosphärischen Zirkulation in -t—10 km Uölie, Nordhalbkugel mit mcridionalem Zirkulationstyp mit starker Maanderbildung, Siidhalbkugel mi( zonalem Typ (Westdrift). .In Äquatornähe (durch P u n k t e abgegrenzt) die tropische Ostströmung des Urpassat E, Düsenströmung Wmax im Bereich der Westdrift, exzentrische Lage der /.irkulatiouspole P; zugehöriges Bodenbild Abb 12. Wechsel. Die Zyklonen sammeln sich in der subpolaren Tiefdruckfurche, die genau wie die inner tropische Konvergenzzone zugleich die Zone konvergierender Winde, größter Bewölkung und häufigster Niederschläge darstellt. Mit diesen westlichen Winden driften auch die Zyklonen und Antizyklonen sowie die Schlechtwettergebiete im Bereich der Zyklonen. Im statistischen Mittel existiert innerhalb der Westdrift eine schwache ageostrophische Reibungszirkulation, die in der Grundschicht zum tiefen Druck (polwärts), darüber zum hohen Druck (äquatorwürts) gerichtet ist; oberhalb des Niveaus der Düsenströtnung (rund 10 km) kehrt sich ihr Vorzeichen um. Im P o l a r g e b i e t bildet sich — im Winter wegen der fehlenden Einstrahlung in der Polarnacht, im Sommer wegen der langwelligen Ausstrahlung von Eis und Schnee sowie der beim Schmelzen des Mcereises verbrauchten Wärme — ein seichtes, sehr veränderliches Kaltlufthoch aus, das im Durchschnitt nur 2—5 km Höhe erreicht. Darüber erstreckt sidi (im Mittel) der zvklonale Polarwirbel, dessen Kerne (nach la) mit dem Gebiet kältester Troposphärenluft übereinstimmen. Diese a e r o l o g i s c h e n K ä l t e p o l e der Arktis liegen im statistischen Mittel nicht am Nordpol, sondern in etwa 75° Breite nördlich Baffinland, in a u f f ä l l i g e r Nähe zum Magnetpol. Sie beherrschen das gesamte Strömungsfeld der Atmosphäre über der Nordhalbkugel und sind daher wichtiger als der (durch lokale Kälteseen verstärkte) Kältepol am Boden iu Ostsibirien, wo sich im Winter diese aerologischen Kaltluftzentren ebenfalls anhäufen. Im Bereich des polaren Kältchochs herrschen bis etwa 2—5 km Höhe östliche Winde vor, darüber westliche Winde. Die Veränderlichkeit des Windes ist jedoch über dem Polargebiet besonders groß, da in diesem Bereich stets mehrere scharf begrenzte „Tropfen" kältester Luft mit zykionaler Höhenströmung umherwandern und gelegentlich mit strengster Kälte weit nach südlichen Breiten vorstoßen. Nur selten, besonders im Frühjahr, bauen sich in der Arktis hochreichende warme Hochdruckgebiete auf, die wochenlang nahezu ortsfest bleiben und die Westdrift weit nach Süden abdrängen. Die in der subpolaren Tiefdruckfurdie (in 55—65° Breite) liegende Konvergenz zwischen Ost- und Westwinden ist n i c h t identisch mit der „P o l a r f r o n t" im 49 Sinne der Norweger (V. Bjerknes). Diese durch maximale Temperaturgegensätze ausgezeichnete, für die Entstehung der Zyklonen (und Antizyklonen) verantwortliche „Polarfront" stimmt vielmehr mit unserer „planetarischen Frontalzone" überein und liegt im Mittel in 50—45° Breite; auch sie besteht aus einzelnen, sich bildenden oder auflösenden, wandernden Abschnitten. Damit ergibt sich als statistisches Resultat einer dauernden Änderungen unterworfenen Zellenstruktur auf der rotierenden Erde, ohne Berücksichtigung der Verteilung von Land und Meer, die bekannte gürteiförmige Anordnung der Luftdruckund Windzonen (Tab. 2, Abb. 12). Diese Anordnung von Ostwinden, die die Rotation der festen Erde durch Reibungskräfte bremsen, und Westwinden, die sie beschleunigen, ist so ausgeglichen, daß — abgesehen von geringen jahreszeitlichen Schwankungen — die Erdrotation und damit die Tageslänge konstant bleibt. subpo/are TierdruckFurche Abb. 12 Schema der atmosphärischen Zirkulation in 0—2 km Höhe sowie (-seitlich) Aufriß der schwachen Vertikalzirkulation quer zu den Isobaren. (Zonen mit Ostwind schraffiert) subfrop/scher Hochdruckgür/el innerfropiscfie Konvergenzen subtropischer^ Hocndruckgürtel subpolare . TiefdruckFurche po/ares Hoch Breite rd. Luftdrtickgiirtel Polares Kaltlufthoch 80—90» Subpolare Tiefdruckrinne . . . . 55—65° Subtropischer Hochdruckgürtel . . 25—30° Äquatoriale Tiefdruckrinne . . . . 0—10°N Windgürtel polare darüber Ostwinde (l—3 km) Westwinde außertropische bis 18—20 km Westwinde l (Winter z. T. tropische j bis über 50 km) Ostwinde (1—10 km) Tab. 2. Planetarische Luftdruck- und Windgfirtel Im Bereich der subtropischen Antizyklonen und im äquatorwärts anschließenden Passatgebiet überwiegt Absinken mit Wolkenauflösung und Trockenheit, ebenso in abgeschwächtem Maß in den meist seichten polaren Hochdruckkappen. Im Bereich der subpolaren Tiefdruckrinne (und der Westwindzone) wandern zyklonale Störungen mit Bewölkung und Niederschlägen von West nach Ost, im Bereich der äquatorialen Tiefdruckrinne hingegen von Ost nach WTest: in beiden Tiefdruckzonen finden wir am Boden wechselnde Winde mit vorherrschend aufsteigenden Komponenten und wechselndes, meist schlechtes Wetter. Diese G ü r t e l w a n d e r n bei der gegebenen Schrägstellung der Erdachse auf der Erdbahnebene j a h r e s z e i t l i c h hin und her, in Richtung auf die jeweilige Sommerhalbkugel. Diese Wanderung beträgt aber mit 10—20 Breitengraden nur einen Bruchteil der jahreszeitlichen Verlagerung des Zenitstandes der Sonne (47 Breitengrade) und verzögert sich ihr gegenüber auch um 2—3 Monate; sie ist die 50 Hauptursache des jahreszeitlichen Witterungswechsels. In den Randtropen herrschen jeweils im Sommer äquatoriale Regenfälle (Zenitalregen), im Winter das trockenheitere Wetter der Passatzone. Das Grenzgebiet zwischen Subtropen und gemäßigten Breiten steht — allerdings nur auf der Westseite der Festländer — im Sommer unter dem Einfluß des Hochdruckgürtels, im Winter (und Frühjahr) dagegen unter dem der vorbeiziehenden Westwetterstörungen (subtropische Winterregengebiete). Um die hier gegebenen physikalischen Grundlagen der Horizontalaustauschtheorie der planetarischen Zirkulation in ihrem wechselseitigen Zusammenwirken noch anschaulicher zu machen, wollen wir die physikalischen Gesetze und die von ihnen abgeleiteten meteorologischen Beobachtungsergebnisse in einem bewußt vergröbernden Schema (Tab. 5) zusammenstellen. Die Doppelpfeile weisen dabei auf die wichtigsten wechselseitigen Verknüpfungen hin. Physikalische Gesetze und Vorgänge Strahlungsbilanz Atmosphäre) (Erdoberfläche Statische Grundgleichung (barometrische Höhenformel) Ablenkende Kraft der Erdrotation (quasigeostrophische Bewegung) Meteorologische Beobachtungstatsadien und -> Temperaturverteilung der freien AtmoSphäre f Y —> Druckverteilung der freien Atmosphäre f Y -> Westdrift der freien Atmosphäre | Austausch (horizontal und vertikal) —> Frontalzonen (und Luftmassen) ^ v Ageostrophische Massenverlagerungen -> Bildung von Wirbeln (Zyklonen und (Divergenztheorie) Antizyklonen) | Breitenabhängigkeit der Corioliskräfte ~-> Ausscheren der Wirbel v Luftdruck und Windgürtel am Boden l Wirkung der Bodenreibung ->• Wolken- und Niederschlagsgürtel Tab. 3. Schema der Horizontalaustauschtheorie Ebenso können wir die wichtigsten Grundzüge in Form einiger weniger Lehrsätze formulieren. Diese beschränken sich auf die planetarische Zirkulation, während die im nächsten Kapitel zu behandelnden Einflüsse der Land-Meer-Verteilung wegen ihrer regionalen Unterschiede sich dieser allgemein gültigen Form weitgehend entziehen. Lehrsatz Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. 1. Bei gleichem Luftdruck am Boden herrscht in der Höhe über Kaltluft tiefer, über Warmluft hoher Druck. 2. Oberhalb der Bodenreibungsschicht, d. h. schon im Niveau der tiefen Wolken (1000—2000 m), weht der Wind (außerhalb der Äquatorialzone < ca. 5° Breite) nahezu parallel zu den Isobaren, wobei der tiefe Druck auf der Nordhalbkugel links, auf der Südhalbkugel rechts bleibt. 3. Durch die Wirkung der Bodenreibung werden die Bodenwinde mehr oder minder zum tiefen Druck hin abgelenkt, über See schwach, über Land und in der Äquatorialzone stark. 4. Gegeneinanderwehende (konvergierende) Bodenwinde bewirken Aufsteigen mit Abkühlung und Kondensation (Bewölkung, Niederschlag), auseinanderwehende (divergierende) Bodenwinde dagegen Absinken, Erwärmung und Wolkenauflösung. 5. Zwischen der tropisch-subtropischen Warmluft und der polaren Kaltluft besteht (Satz 1) ein Druckgefälle polwärts; diesem entspricht auf beiden Halbkugeln eine W e s t d r i f t (Satz 2). 6. Diese Westdrift wird durch einen komplizierten Austauschmechanismus zu schmalen Düsenströmungen konzentriert, denen (gemäß Satz 2 und 1) ein starkes Druck- und Temperaturgefälle (F r o n t a l z o n e) und große vertikale Windscherung entspricht. 7. Wegen der fehlenden (dynamischen) Stabilität der Westdrift im Bereiche der Frontalzonen kommt es immer wieder als Folge horizontaler Auslenkungen (besonders an Hindernissen) zur Bildung großräumiger Mäanderschwingungen der Westdrift. 51 Nr. 8. Im Bereich zunehmender/abnehmender Geschwindigkeit der Westdrift erleidet jedes Luftteilchen quer zu den Isobaren eine Ablenkung nach der kalten/warmen Seite, d. h. auf der Nordhalbkugel nach links/rechts. Dieser Mechanismus führt am Boden zur Entstehung von Druckänderungen und damit zur Bildung von Hoch- und Tiefdruckwirbeln (Antizyklonen und Zyklonen). Nr. 9. Die zyklonalen/antizyklonalen Wirbel der Westdrift scheren aus der Höhenströmung polwärts/äquatorwärts aus und bilden in ihrer Gesamtheit den subpolaren Tiefdruckgürtel/subtropischen Hochdruckgürtel mit (nach Satz 3 und 4) aufsteigenden/ absinkenden Bewegungen und Kondensation (Wolkenbildung)/Verdampfung (Wolkenauflösung) in der freien Atmosphäre. Nr. 10. Hierdurch entsteht in der einheitlichen subtropisch-tropischen Warmluft ein Druck gefälle zum Äquator und (nach Satz 2) die tropische Ostströmung des U r p a s s a t s , aus dem durch Bodenreibung (Satz 3) die äquatorwärts wehenden P a s s a t e hervorgehen. Nr. 11. Der Konvergenz der Passate (innertropische Konvergenzzone) entspricht ein Gürtel mit zyklonalen, umlaufenden Winden (Mallungen) und t r o p i s c h e n S c h a u e r und G e w i t t e r r e g e n (Zenitalregen, Satz 4). Nr. 12. In der Höhe wehen über dem (im Durchschnitt bis 10 km mächtigen) Urpassat wechselnde, um W schwankende Winde (Antipassat), als Ausläufer der außertropischen Westdriftmäander (Satz 7). Die Energiebilanz dieser planetarischen Zirkulation ist zahlenmäßig noch nicht in allen Einzelheiten durchgerechnet. Energiequelle ist die Strahlungsbilanz zwischen der E i n s t r a h l u n g der S o n n e (hauptsächlich an der Erdoberfläche) und der A u s s t r a h l u n g (hauptsächlich der Hochtroposphäre), die in tropischen Breiten ganz anders aussieht als im polaren. Diese Strahlungsenergie verwandelt sich über die innere (thermische) Energie und die potentielle Energie der Druckverteilung in die kinetische Energie des Windes, besonders in den großen Frontalzonen. Hier wird mittels der Bildung von Wirbeln (Zyklonen und Antizyklonen) diese kinetische Energie z. T. umgesetzt in Arbeit gegen die Bodenreibung und gegen die Schwerkraft (Niederschlagsbildung). Die umgesetzten Energiemengen sind gegenüber allen irdischen Energiequellen riesenhaft. Die atmosphärische Wärmekraftmaschine hat ihren Motor in den großen Frontalzonen, wo Arbeit (kinetische Energie) aus dem Wärmeumsatz (Strahlungshaushalt) gewonnen wird; die mittleren meridionalen Kreisläufe (Passatzirkulation) verzehren demgegenüber als Getriebe einen Teil dieser Energie, während die Westdrift das große Schwungrad darstellt. III. Die monsunalen Zirkulationsanteile (Einfluß der V e r t e i l u n g von Land und Meer) Die Festländer der Erde werden im Sommer gegenüber dem Meer stark erwärmt, im Winter stark abgekühlt. Am Boden bilden sich im Sommer flache Hitzetiefs (Arizona, Iran, Gran Chaco), im Winter intensive Kältehochs (Baikalsee mit etwa 1035 mb), deren Mächtigkeit jedoch nach dein aerologischen Grundgesetz (la) nur gering ist; in der Höhe müßte sich eigentlich im Sommer ein Höhenhochkeil, im Winter ein ausgedehnter Höhentrog entwickeln. Dieser Effekt ist aber nur in ziemlich abgeschwächtem Maß zu beobachten. Wichtiger ist ein anderer Effekt, der von den H o c h g e b i r g e n der Erde, insbesondere von den amerikanischen Kordilleren und Zentralasien ausgeht. Diese Hochländer sind (mindestens in subtropischen Breiten bis etwa 40°) wegen ihrer hochgelegenen Heizfläche wärmer als die freie Atmosphäre in ihrer Umgebung; in gleicher Richtung wirkt (besonders in höheren Breiten) die bei den durch Stau gesteigerten Niederschlägen freiwerdende latente Wärme des Wasserdampfs (Föhnprinzip). So erzeugen die Hochgebirge — gemeinsam mit der dynamischen Wirkung der Neigung der Erdoberfläche — im statistischen Mittel eine antizyklonale Auslenkung der Westdrift, also einen H ö h e n h o c h k e i l . Die so angeregte grofiräumige Schwingung der planetarischen Frontalzone führt rund 2000 km stromabwärts zu einem H ö h e n t r o g , in dessen Bereich die polare Kaltluft weit nach Süden ausgreift; weitere Wellen gleicher Art können sich anschließen. Im gleichen Gebiet kommt es auch bevorzugt zur Neubildung von Wirbeln (Zyklonen und Antizyklonen), genau wie sich an Hindernissen im Fluß Wirbel bilden und 52 ablösen und stromabwärts driften. Auf diese Weise kommt es über Nordamerika und Asien — hier im Lee der zentralasiatischen Hochgebirge — zu einer ganzjährig wirksamen Kaltluftzufuhr auf der Ostseite, dagegen zur Warmluftzufuhr im Bereich der Westküsten. Ein schwächerer Kaltlufttrog über Osteuropa ist wahrscheinlich nur als zweite Welle hinter den amerikanischen Felsengebirgen zu deuten. Auf der Südhalbkugel sind ähnliche ganzjährig nahezu ortsfeste Mäanderwellen der Westdrift nachzuweisen, wobei die auslösenden Gebirge in den Anden Südamerikas, im überheizten Hochland Südafrikas und in Neuseeland zu suchen sind. Diese o r o g r a p h i s c h f i x i e r t e n u n d jahreszeitlich annähernd ortsfesten, weiträumigen S c h w i n g u n g e n der W e s t d r i f t — eine der überraschendsten Entdeckungen V geostr. Abb. H Ilöiiciiströiiiung und Cehii' und Auf- Köm Über dem Gebirge erzeugt Er\n irmung eine abströmende o n e n t c V* der Höhe, die sich dem geostroph dien W i n d ü b e r lagert. Die hiermit entstehende Corioliskräfte C ( u n t e n ) lenken die geostrophisc e Höhenströmung an t i z y k l o n u l ans u n d erzeugen n Lee den Ansatz T ines großräumi (Nordhalbkugel). der letzten Jahre — erklären den Klimauntcrschied zwischen Ost- und Westküsten wie auch die Wärmeanomalie Nordwesteuropas, wobei der vom Wind getriebene G o l f s t r o m nicht die Ursache, sondern offenbar nur eine Begleiterscheinung darstellt. Neben diesen Schwingungen der Westdrift spielen die bekannten thermischen Einflüsse eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Die s e i c h t e n H i t z c t i e f s der sommerlichen K o n t i n e n t e ziehen die benachbarten Tiefdruckfurchen an, die w i n t e r l i c h e n K ä l t e h o c h s stoßen sie ab. So verlagert sich z. B. die subpolare Tiefdruckfurche über Nordasien von 55—60° Breite im Sommer nach rund 75° Breite im Winter. Viel wesentlicher ist die Verlagerung der äquatorialen Tiefdruckfurche, die wir oben als meteorologischen Äquator geschildert haben. Über den beim Zenitstand der Sonne sehr stark erhitzten subtropischen Festländern wandert sie im Nordsommer nach N aus, über Afrika bis 15—20°, über Indien gar bis 30° Breite und mehr, während sie im Südsommer in Gran Chaco sowie in Australien ebenfalls 15—20° Südbreite erreichen kann. Diese Verlagerung führt allgemein zu einer A u f s p a l t u n g d e r i n n e r t r o p i s c h e n K o n v e r g e n z z o n e , wobei infolge d e r raschen Änderungen der Corioliskräfte in Äquatornähe jede den Äquator überschreitende Strömung gebremst und zum Aufsteigen veranlaßt wird: damit entsteht eine sekundäre Konvergenz in unmittelbarer Nähe des mathematischen Äquators. Da der äquatorfernere Zweig wegen der Überhitzung der Kontinente am Boden stets den tiefsten Druck aufweist, bildet sich ein Druckgefälle vom mathematischen Äquator dorthin aus; ihm entspricht (außerhalb der unmittelbaren Äquatorregion) ein west- lieber Gradientwind (Abb. 14). Deshalb finden wir auf etwa 60% des Erdumfanges am Boden oder, wie im Indischen Ozean, über Ostafrika und der Insulinde, im Bereich der tiefen Wolken (also in i—3 km Höhe) eine westliche Strömung jeweils im Sommer der betreffenden Halbkugel, die in den bodennahen Reibungsschichten stark nach SW (Nordhalbkugel) bzw. NW (Südhalbkugel) abgelenkt wird; aus noch ungeklärten Gründen (horizontaler Austausch?) erstrecken sich diese westlichen Winde in Westafrika, im Indik und in Indonesien beiderseits des Äquators (bis etwa 2° Breite). Vom Golf von Guinea bis in das zentrale Kongobecken, im nordöstlichen Teil des Indischen Ozeans (2° N — 2° S), über Indonesien wie an der Westküste Südamerikas (5° N — 2° S) herrscht diese ä q u a t o r i a l e W e s t w i n d z o n e beiderseits des Äquators das mafh. mefeor. 'Äquator \ km 10-1 An//' -^-—" "^ib^iPi^ Possat w W 8- ...J l i l oSITC 30°5 20°S 10°S 0° NITC 10°N 20° N 30°N Abb. 14 Passntkrcislanf, Schema mit doppelter ITC und äquatorialer Westwindzone; Tgl. Abb. 8! ganze Jahr vor. Dagegen fehlt sie völlig im zentralen Pazifik, fern von allen Kontinenten, wo sie nur in einzelnen kurzen Witterungsanomalien auftritt, ähnlich auch an der Ostküste Südamerikas. Die Aufspaltung der innertropischen Konvergenzzone wird thermisch durch die Land- und Mcerverteilung und die Überhitzung der subtropischen Kontinente erzwungen. Demgegenüber herrschen auf dem Pazifik offenbar die Verhältnisse einer reinen Wasserkugel vor mit einfacher, jahreszeitlich nur geringfügig verlagernder Konvergenz, die fast stets in der Breitenzone 0—10° N liegt. Eine vollständige Klärung der recht komplexen Phänomene in der Äquatorregion steht noch aus; offenbar gibt es einen kritischen Abstand der innertropischen Konvergenzzone vom Äquator, bei dessen Überschreiten sich (quasigeostrophisch) eine westliche Strömung ausbilden muß. Die klassische Deutung der Passate und Monsune aber steht in vollem Widerspruch zu den Erfahrungen und kann daher keine universelle Gültigkeit mehr beanspruchen. In den übrigen Gebieten der Tropen verursacht die j a h r e s z e i t l i c h e W a n d e r u n g d e r Z i r k u l a t i o n s g ü r t e l einen W e c h s e l v o n w e s t l i c h e n W i n d e n im So m m er zu ö s t l i c h e n , passatischen Winden im Winter. Hierbei sind die äquatorialen Luftmasscn der Westwinde wie der indische SW-Monsun vorwiegend labil geschichtet und feucht, neigen also zu Regenschauern, dagegen die von Osten heranströmenden Passatluftmassen, zu denen auch der winterliche NordostMonsun Asiens gehört, aus dynamischen Gründen stabil und trocken. Über Land ist in den unteren Schichten die äquatoriale Luftmasse wegen ihrer dauernden vertikalen Durchmischung merklich kühler als der Passat; auf diese Weise kommt es zu Ab54 kühlung im Hochsommer (indischer bzw. Sudantyp des jährlichen Ganges der Temperatur). Über See beschränkt sich diese Differenz auf die Schichten oberhalb der Passatinversion (Abb. 8). Die jahreszeitliche Verlagerung der aufspaltenden innertropischen Konvergenzzone verursacht auf der jeweiligen Sommerhalbkugel — mit l—5 Monaten Verspätung gegen den Sonnenhochstand — eine Regenzeit (Zenitalregen), die beim Durchzug der Konvergenz selbst durch schwere Gewitter eingeleitet bzw. abgeschlossen wird; innerhalb der äquatorialen Luft kommt es nur noch zu Schauern, kaum mehr zu Gewittern. Die M o n s u n r e g e n Indiens sind das großartigste Beispiel solcher Z e n i t a l r e g e n , von denen sie sich weder nach Herkunft noch nach Wetterablauf unterscheiden. In höheren Breiten, im Bereich der troposphärischen Westdrift, kommt es in den bodennahen Schichten öfters — als Beispiele seien genannt die deutsche Ostseeküste, Nordholland oder die Ufer des Kaspischen Meeres — zu jahreszeitlich wechselnden seichten Ausgleichsströmungen, die jedoch — ähnlich wie die tagesperiodischen Landund Seewinde — keine wesentliche Bedeutung für den grofiräumigen Wetterablauf haben. Dies gilt auch l'ür das bekannteste Beispiel aufiertropischer Monsune, den o s t a s i a t i s c h e n S o m m e r m o n s u n . Tatsächlich handelt es sich nach Ausweis aller Höhenwindbeobachtungen um eine ganz seichte, landeinwärtsgerichtete Strömung von weniger als 1000 m Mächtigkeit. Darüber wehen westliche W T inde im Bereich der sich jahreszeitlich verlagernden planetarischen Frontalzone, und die sogenannten Mousunregen Ostasiens entsprechen nach ihrem aerologischen Aufbau und ihrem Wetterablauf durchaus den sommerlichen Regen Europas, besonders den Extremfällen der sogenannten Schleifzonen (rasch wandernde zyklonale Störungen ohne deutliche Wirbelbildung längs einer quasi stationären Frontalzone). Die wetterwirksamen jahreszeitlichen Windwechsel verdanken also ihre Entwicklung weniger den Temperaturunterschieden zwischen Land und Meer als den oben erwähnten jahreszeitlichen Verlagerungen der großen planetarischen Windgürtel. Hierzu zählen im Bereich der wandernden subtropischen Hochdruckgürtel die monsunartigen Windwechsel im östlichen Mittelmeer (Unterägypten im Winter südliche, im Sommer nördliche Komponenten), im Golf von Texas sowie in Mittelchile. Dasselbe gilt im Bereich der subpolaren Tiefdruckfurche für die Monsune Nordsibiriens und der Nordküste Kanadas, wo im Sommer seichte polare Ostwinde, im Winter (äußertropische) Westwinde vorherrschen. Die Rolle der Verteilung von Land und Meer auf die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre ist wesentlich komplizierter als früher angenommen. Wir müssen verschiedene Vorgänge unterscheiden: 1. die ganzjährig wirksame, thermisch-dynamische Auslenkung der Westdrift durch die Hochgebirge, 2. die im Sommer wirksame Überhitzung der Kontinente, die die Tiefdruckzonen in sich hineinzieht und die zu einer Aufspaltung der innertropischen Konvergenzzone mit einer äquatorialen Westwindzone führt, während im Winter umgekehrt die Tiefdruckzonen von den Kontinenten abgedrängt werden, 3. die seichten küstennahen Ausgleichsströmungen in der Grundschicht, ohne Auswirkung auf den Wetterablauf. Der Monsun in klassischem Sinne, als große thermisch bedingte Zirkulation zwischen Land und Meer mit den entsprechenden Witterungsabläufcu, existiert nicht. Fassen wir — dein ursprünglichen Wortsinne (arab. mausim = Jahreszeit) folgend — d i e M o n s u n e a l s j a h r e s z e i t l i c h d r e h e n d e W i n d e auf, dann entsteht diese Winddrehung teils — unabhängig von der Land- und Meerverteilung! — durch eine jahreszeitliche Verlagerung der unter II geschilderten planetarischen Windgürtel, die durch die unterschiedliche Erwärmung von Land und Meer nur noch verstärkt wird, teils aber nur durch seichte, wettermäßig untergeordnete Temperaturdifferenzen im Küstengebiet. Den planetarischen Windgürteln muß aus dem ersteren Grunde für rund 60 %> des Erdumfanges eine äquatoriale Westwindzone zugefügt werden. 55 IV. Schlußbemerkungen Die bisher übliche Lehre der atmosphärischen Zirkulation war bereits in sich vielfach physikalisch widerspruchsvoll; ihre Ablehnung ergibt sich aber erst eindeutig aus den Beobachtungstatsachen, wie sie in den zahllosen Wetterkarten und Höhenwindbeobachtungen des modernen Wetterdienstes vor uns liegen. Zweifellos sind Einzelheiten der neuen Auffassung noch umstritten; dies bezieht sich aber nur mehr auf die besonders in quantitativer Hinsicht sehr schwierige Theorie. An den Beobachtungstatsachen dürfte sich kaum mehr viel grundsätzlich ändern; die Zeit der großen Überraschungen (ostasiatische Sommermonsunregen aus der Westdrift, äquatoriale Westwindzone, Unabhängigkeit von meridionaler Passatzirkuiation und Antipassat, ganzjährige ortsfeste Höhentröge der Westdrift, Düsenströmung), denen z. T. der Rang von Entdeckungen zukommt, scheint zu Ende zu gehen. Dem Verfasser steht es nicht zu, über didaktische Probleme urteilen zu wollen; seine Aufgaben liegen auf anderen Gebieten. Trotzdem hält er es für u n m ö g l i c h , die atmosphärische Zirkulation zu behandeln, ohne vorher die hier nur kurz angedeuteten G r u n d b e g r i f f e der modernen W e t t e r k u n d e ausführlich besprochen zu haben. Er möchte daher vor einem solchen Versuch warnen, der nur ein unzureichendes Halbwissen vermitteln kann. Andererseits erscheint ein Verharren auf irrigen Lehrmeinungen, die im Widerspruch zu den Beobachtungen stehen, ebenfalls nicht mehr länger tragbar, wie auch Neef feststellt. Hier öffnet sich ein Blick in die Werkstatt der Wissenschaft: die neue aerologische Technik (Radiosonde, Radarpeilung) erweitert unseren Horizont vom Boden in den Raum und führt zu grundlegenden Fortschritten unserer Erkenntnis. Wenn Lehrmeinungen und Tatsachen miteinander in Widerspruch stehen, gibt es nur einen Weg: R e v i s i o n d e r L e h r m e i n u n g e n a u f Grund d e r beobachteten Tatsachen. Lehrmeinungen hat es seit Aristoteles schon viele gegeben; eine einwandfreie Beobachtung verliert nie ihren Wert. Bei der Bedeutung, die die Wetterkunde von Jahr zu Jahr in so vielen praktischen Fragen gewinnt — Abhängigkeit des menschlichen Befindens, des Wachstums der Pflanzen, des Verhaltens der Tiere vom Wetter, moderner Langstreckenflugverkebr, der heute schon über die Hälfte des transatlantischen Passagierverkehrs umfaßt und die Möglichkeiten des modernen weltumspannenden Wetterdienstes überhaupt, erst erschlossen hat —, ist es nur selbstverständlich, wenn von meteorologischer Seite immer wieder, besonders durch Geheimrat S c h m a u ß (München), der Ruf: „Mehr Welterkunde in der Schule" laut wird. Auch das Klima verstehen wir erst, wenn uns die Grundbegriffe der Wetterkunde geläufig sind. Das bedeutet keinesfalls eine Forderung nach einem neuen Fach; dies wäre sinnlos. Aber gerade von seilen der zahlreichen Lehrer, die im Kriege oder bei anderer Gelegenheit der Wetterkunde nahekamen, wird immer wieder der Nutzen einer solch lebensnahen Wissenschaft in der Schule hervorgehoben. Doch wie steht es mit der wetterkundlichen Ausbildung der Lehrer? Mit Recht erhob auf der Tagung 1951 der Meteorologischen Gesellschaft in Bad Kissingen kein Geringerer als Staatsminister a. D. H e 11 p a c h in einem eindrucksvollen Vortrag 1 die Forderung: „ M e t e o r o l o g i e a n j e d e H o c h s c h u l e " . Bereits in nächster Zeit werden — wie heute schon in Amerika und England sowie in den Versuchssendungen in Hamburg und Berlin — viele Hunderttausend deutsche Familien im Fernsehempfänger, in Kinos usw. täglich zur Wettervorhersage die Wetterkarte sehen. Wie viele Lehrer können eine W e t t e r k a r t e l e s e n und v e r s t e h e n ? Diese Mindestforderung gehört in die S t u d i e n p l ä n e der H o c h s c h u l e n wie der p ä d a g o g i s c h e n A k a d e m i e n . In vielen Landwirlschaftsschulen wird regelmäßig Unterricht in Wetterkunde abgehalten. Sollen die Ausbildungsstätten der künftigen Lehrer dahinter zurücksiehen? In Österreich ist die Meteorologie seit Anfang dieses Jahrhunderts an allen Universitäten vertreten; dort ist auch die Wetterkunde längst in die Lehrpläne der — unseren Oberschulen entsprechenden — Mittelschulen eingeführt, sowohl in der Physik wie in der Geographie. In Deutschland fehlt die Meteorologie selbst an großen Universitäten, wie Heidelberg, Marburg, Münster u. a., völlig; die Zeit, in der die Meteorologie auch vom Nichtfachmann nebenher vertreten werden kann, ist heute vorbei. Eine sehr hübsche Einführung, die auch die — von Hellpach mit Recht als didaktisch wichtig herausgestellte — P h ä n o l o g i e berücksichtigt, hat H. Voigts-Lübeck (Wetter, Klima, Leben, Hildesheim 1949) gegeben. Wie die Astronomie oder die Physik, so kennt auch die Meteorologie keine vom Menschen aufgerichteten Grenzen. Die Grundlagen der hier vorgetragenen Auffassung sind daher sowohl in Amerika (Roßby, J. Bjerknes, Starr, Willett, Sv. Petlerssen, Riehl), in Europa (Meinardus, Defant, Jeffreys, Bergeron, Palmen) wie in Ostasien (Arakawa, Kuo) imd Indien (Ramanathan) entwickelt worden, und die inzwischen bekanntgewordenen Arbeiten führender russischer Meteorologen (Chromow, Alissow) schließen sich unabhängig davon in gleicher Richtung an. Eine weltweite Betrachtung dieser Zusammenhänge, wie sie etwa für das noch ungelöste Problem der Langfristvorhersage notwendig ist, erfordert internationale Zusammenarbeit, nicht nur auf dem Gebiet der Beobachtungsgrundlagen, sondern auch bei ihrer wissenschaftlichen Auswertung. l Vgl. hierzu seine Ausführungen in Der. Dt. Wetterdienst 55, 7—11 (1952) und 38, 1—4 (WeickmannHeft, 1952). 56
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