48 SPECIAL: VERPACKEN MIT KUNSTSTOFFEN [FAHRZEUGBAU] [MEDIZINTECHNIK] [VERPACKUNG] [ELEKTRO & ELEKTRONIK] [BAU] [KONSUMGÜTER] [FREIZEIT & SPORT] [OPTIK] Verpacken unter modifizierter Atmosphäre Kosteneinsparpotenziale bei Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff Kunststoffverpackungen für Lebensmittel müssen sowohl den Kostenanforderungen der Lebensmittelindustrie entsprechen als auch eine hohe Haltbarkeit des zu schützenden Produkts gewährleisten. Welche Einflussgrößen dabei von Bedeutung sind, zeigen die Ergebnisse einer Marktstudie. A m Lebensmittelmarkt haben sich Packungen mit modifizierter Atmosphäre (MAP: modified atmosphere packaging) etabliert (Titelbild). Diese sind entweder zweiteilig (Boden- und Oberfolie) oder in Form von Beuteln anzutreffen. Eine wichtige Funktion der Verpackung ist die Vermeidung unerwünschter Gas- diffusion. Nach der MAP-Begasung soll die eingestellte Gasatmosphäre in der Verpackung aufrechterhalten werden. Bei oxidationsempfindlichen Produkten wird die Reduzierung des Sauerstoffeintrags angestrebt. Bei respirierenden Produkten, z. B. frischem Salat, ist jedoch eine erhöhte Sauerstoffpermeabilität notwendig. Durch Anwendung geeigneter Packungen soll die vorgesehene Haltbarkeit des Produkts erreicht werden. Dabei wird durch Auswahl des Packstoffs die Gasdurchlässigkeit festgelegt. Aufgrund des hohen ökonomischen Drucks in der Lebensmittelindustrie sollen Verpackungen nach dem Motto „so Lebensmittel halten sich in geeigneten MAPPackungen länger (Bilder: IVV) © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 8/2015 © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. Lebensmittelverpackungen VERPACKEN MIT KUNSTSTOFFEN wenig wie möglich, aber so viel wie nötig“ konzipiert werden. Das Ziel der Marktstudie „Verpackungs-Screening bei MAP – Modified Atmosphere Packaging“ bestand darin, MAP-Packungen aus dem Einzelhandel zu analysieren, zu bewerten und anschließend Kosteneinsparpotenziale zu identifizieren [1 bis 3]. Am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, Freising, wurden stichprobenartig im Lebensmitteleinzelhandel gekaufte Packungen untersucht [4]. Bis zum Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) wurde die Gaszusammensetzung (O2, CO2, N2) im Kopfraum der Verpackungen mithilfe eines Gasanalysators (Typ: Checkmate II, Hersteller: PBI Dansensor Deutschland GmbH) bestimmt. Die für den Packstoff verwendeten Polymere wurden mithilfe des thermoanalytischen Verfahrens der dynamischen Differenzkalorimetrie (DSC) sowie mittels der IR-Spektroskopie (FTIR) in Transmission und Reflexion identifiziert und charakterisiert. Die Schichtdicken der Mehrschichtfolien wurden durch lichtmikroskopische Messungen quantifiziert [5]. Die Bestimmung der Sauerstoffpermeabilität erfolgte durch das Trägergasverfahren nach DIN 53 380, T3, 50 % relative Feuchte, 23 °C [6]. Gas abhängig vom Produkt Wie erwartet, waren die Gaszusammensetzungen im Kopfraum der Packungen abhängig vom Produkt (Tabelle 1) [4]. Bei Teigwaren, Backwaren, Wurstwaren, Fisch, Käse, Snackwaren und Fertiggerichten wurde eine geringe Sauerstoffkonzentration festgestellt. Diese Produkte sollen durch MAP-Behandlung mit Stickstoff/Kohlenstoffdioxid-Mischungen oder Stickstoff vor Oxidation und aeroben Mikroorganismenwachstum geschützt werden. Die Sauerstoffkonzentration bei den Cashew-Nüssen, den Kartoffel-Sticks, der Lasagne und dem Kräuterbutterbaguette war relativ hoch. Eine mögliche Ursache ist Restsauerstoff nach dem Abpackvorgang bzw. eine zu hohe Sauerstoffpermeabilität des Packstoffs. Bei Frischfleisch wurde eine sehr hohe Sauerstoffkonzentration (ca. 75 Vol.-%) identifiziert. Bei diesem Verpackungskonzept dient der Sauerstoff der Stabilisierung des Muskelfarbstoffs Oxy-Myoglobin und somit dem Erhalt der roten Farbe des Fleisches. Bild 1. Mikroskopische Aufnahme eines Mikrotomschnitts der Schale (links) und der Oberfolie (rechts) von Minutensteaks vom Schwein [4] Bild 2. Mikroskopische Aufnahme eines Mikrotomschnitts der Schale (links) und der Oberfolie (rechts) von Hinterkochschinken [4] Die Kohlenstoffdioxidkonzentrationen in den Packungen variierten hingegen von Produktgruppe zu Produktgruppe deutlich. Aufgrund seines bakterio statischen Effekts trägt Kohlenstoffdioxid zur Hemmung des mikrobiellen Wachstums bei. Bei Wurstwaren wurden Kohlenstoffdioxidkonzentrationen von 15 bis 25 Vol.-% gemessen. Backwaren wurden mit weit höheren Kohlenstoffdioxidkonzentrationen (> 50 Vol.-%) beaufschlagt, da hier ein erhöhtes Risiko für Schimmelpilzwachstum besteht. Bei Cashew-Nüssen und den Kartoffel-Sticks wurde kein Kohlenstoffdioxid im Kopfraum nachgewiesen. Da es sich bei ihnen um trockene Produkte mit niedriger Gleichgewichtsfeuchte handelt, sind sie weit weniger mikrobiell gefährdet und eine Behandlung mit Kohlenstoff dioxid ist unnötig. Sauerstoffpermeabilitäten differieren Besonderes Augenmerk wurde bei den Untersuchungen auf die Sauerstoffpermeabilität des Packstoffs gelegt. Bei zweiteiligen Verpackungen wurde besonders auf die Unterschiede beider Teile der Packungen geachtet. Die Ergebnisse zeigt Tabelle 2 [4]. Wie erwartet, ist die Sauerstoffpermeabilität der Verpackungen für MAP-Anwendungen gering. Eine Ausnahme besteht bei Obst und Gemüse. Dort ist eine hohe Sauerstoffpermeabilität notwendig. Ein unerwartetes Ergebnis war der deutliche Unterschied der Sauerstoffpermeabilität beider Teile bei zweiteiligen Verpackungen. Die Sauerstoffpermeabilität der Schalen war bei einigen Proben um ein bis zwei Zehnerpotenzen größer als bei den Deckelfolien. Die Unterschiede verkleinern sich unter realen Bedingungen, wenn als Barrierepolymer im Deckel EVOH (Ethylenvinylalkohol-Copolymer) eingesetzt wird. EVOH weist bei hoher relativer Feuchte, wie sie in Packungen mit feuchten Produkten vorkommt, eine erhöhte Sauerstoffpermeabilität auf. Die Sauerstoffpermeabilität wurde bei 50 % relativer Feuchte gemessen, also bei einer geringeren relativen Feuchte wie sie im Anwendungsfall auftritt. Trotzdem erlauben die Ergebnisse die Feststellung, dass Sauerstoffpermeabilitäten beider Teile der Verpackung häufig stark differieren. Dieses Ergebnis lässt zwei Interpretationen zu: WW Die Deckelfolie ist in einigen Fällen deutlich überdimensioniert. Es besteht demnach Einsparpotenzial » Kunststoffe 8/2015 www.kunststoffe.de © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. 49 50 SPECIAL VERPACKEN MIT KUNSTSTOFFEN Lebensmittelverpackungen durch dünnere Barriereschichten oder alternative Folien. WW Die höhere Sauerstoffpermeabilität der Schale ist eine Schwachstelle, die oxidativen Verderb und aerobes Mikro organismenwachstum fördert. Schichtstruktur und Materialien Um das Optimierungspotenzial bei Verpackungen bewerten zu können, ist es notwendig, die Schichtstruktur und die eingesetzten Materialien zu kennen. Bei den Verpackungen handelte es sich meist um Mehrschichtverbunde, bei denen unterschiedliche Polymere eingesetzt wurden (Tabelle 2) [4]. Die Einzelschichtdicken betrugen zwischen 3 und 275 µm. Das Barrierepolymer EVOH wird häufig wegen seiner geringen Sauerstoffpermeabilität bei MAP-Verpackungen für sauerstoffempfindliche Produkte und Frischfleisch eingesetzt. Wegen ihrer guten Siegeleigenschaften kommen Poly ethylen (PE) und Polypropylen (PP) als Siegelschicht in Frage. Polyethylen thereph thalat (PET) sowie Polyamid (PA) erhöhen die Festigkeit und die Sta- Die Autoren Dipl.-Ing. Doris Gibis ist seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, Freising. Dipl.-Ing. (FH) Sven Sängerlaub ist seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IVV und betreut das Geschäftsfeld Funktionsmaterialien. Prof. Dr.-Ing. Kajetan Müller ist seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IVV und seit 2013 Professor an der Hochschule Kempten mit den Schwerpunkten Produktions- und Abfülltechnologie in der Lebensmittelindustrie, Haltbarmachen von Lebensmitteln und Mathematik. Service Literatur & Digitalversion BB Das Literaturverzeichnis und ein PDF des Artikels finden Sie unter www.kunststoffe.de/1066830 English Version BB Read the English version of the article in our magazine Kunststoffe international or at www.kunststoffe-international.com bilität der Packung. Zusätzlich weisen sie eine mittlere Barriere gegenüber Sauerstoff auf. Bild 1 zeigt den Schichtaufbau einer typischen Fleischverpackung (Minuten steaks vom Schwein). Die Verpackungsschale bestand aus einer dicken PPSchicht (257 µm). Die hohe Sauerstoffpermeabilität des eingesetzten PP erklärt die hohe Sauerstoffpermeabilität der Schale mit 8,5 cm3 O2 (STP) (Packung∙Tag∙bar)-1 (Tabelle 2). Als Deckelfolie wurde ein 5-Schicht-Verbund mit integrierter Barriereschicht (EVOH) eingesetzt. Diese zeigte im Vergleich zur Schale eine deutlich geringere Sauerstoffpermeabilität von 0,1 cm3 O2 (STP) (Packung∙Tag∙bar)-1. Bild 2 demonstriert den Schichtaufbau von Verpackungen für Kochschinken. Die Sauerstoffpermeabilität der Schale ist mit 12,5 cm3 O 2 (STP) (Packung∙Tag∙bar)-1 deutlich größer als die des De- Produkt ckels mit 0,2 cm3 O 2 (STP) (Packung∙Tag∙bar)-1. Bei der DSC- und IR-Analyse konnte das Barrierepolymer EVOH nicht nachgewiesen werden. Die Folie war weder metallisiert noch mit einer Aluminiumfolie ausgerüstet. Deshalb ist es naheliegend, dass die Sauerstoffbarriere durch eine aufgedampfte Siliziumoxidschicht erzeugt wurde und diese Folie anschließend gegen eine PE-Folie kaschiert wurde. Aufgedampfte Siliziumoxidschichten können nicht über DSC- und IR-Analyse identifiziert werden. Sie werden analog ebenfalls bei den Verpackungen für Tortellini (Beutel), Baguettebrötchen (Deckel), Käseaufschnitt (Deckel) und Salatcup (Deckel) vermutet. Aufgedampfte Siliziumoxidschichten können durch elektronenmikroskopische Untersuchungen identifiziert werden. Die Messungen wurden jedoch im Rahmen dieser Studie nicht durchgeführt. » O2 [Vol.-%] CO2 [Vol.-%] N2 [Vol.-%] Teigwaren Nudeln 1,2 ± 0,6 19 ± 1 80 ± 2 Eierspätzle 0,1 ± 0,1 36 ± 1 64 ± 1 Dampfnudeln 0,7 ± 0,1 29 ± 1 70 ± 1 Tortellini 0,5 ± 0,2 31 ± 1 69 ± 1 Backwaren Toastbrötchen (Weizen) < 0,1 78 ± 1 23 ± 1 Baguettebrötchen 0,6 ± 0,4 77 ± 2 23 ± 1 Kräuterbutterbaguette 6,6 ± 0,5 55 ± 2 38 ± 2 Wurstwaren Hinterkochschinken 0,5 ± 0,1 23 ± 1 77 ± 1 Teewurst 0,4 ± 0,4 15 ± 3 85 ± 3 Mini Cabanossi < 0,1 18 ± 1 82 ± 1 Salami < 0,1 21 ± 1 79 ± 1 Frischfleisch Rinderhackfleisch 75 ± 1 18 ± 2 7±2 Minutensteaks (Schwein) 75 ± 2 19 ± 1 6±1 Hähnchenbrustfilet 72 ± 1 15 ± 1 13 ± 1 Fisch Stremellachs, geräuchert < 0,1 15 ± 2 85 ± 2 Garnelen 0,9 ± 0,1 54 ± 1 45 ± 1 Käse Käseaufschnitt < 0,1 31 ± 1 69 ± 1 Gouda 0,1 ± 0,1 22 ± 1 78 ± 1 Salat Salatcup < 0,1 23 ± 1 77 ± 1 Salat Mix (Beutel) 5,5 ± 0,1 13 ± 1 81 ± 1 Snackwaren Cashew-Nüsse 2,0 ± 0,1 0±0 98 ± 2 Kartoffel-Sticks 6,5 ± 0,1 0±0 94 ± 2 Fertiggerichte Chicken Nuggets < 0,1 6±1 94 ± 1 Frikadelle < 0,1 16 ± 1 84 ± 1 Lasagne 4,9 ± 0,8 10 ± 1 89 ± 1 Sandwich < 0,1 21 ± 1 79 ± 1 Tabelle 1. Gaszusammensetzung (O2, CO2, N2) im Kopfraum von Packungen mit unterschiedli- chen Lebensmitteln (Messung direkt nach Kauf im Einzelhandel) [4] © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 8/2015 © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. 52 SPECIAL VERPACKEN MIT KUNSTSTOFFEN Lebensmittelverpackungen Potenziale für Optimierung Die Analyse der Sauerstoffpermeabilität zeigt, dass die Schalen häufig eine deutlich größere Sauerstoffpermeabilität aufweisen als die Deckelfolien. Falls die Qua- Produkt mers EVOH oder die Anwendung alternativer Folien, z. B. aus PET. Hierbei lassen sich gegebenenfalls Kosten reduzieren. Weist das Produkt bei Verzehr Qualitätsmängel auf, kann die Ursache die überproportional hohe Sauerstoffpermeabili- lität der Produkte bei Verzehr keine Mängel aufweist, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass ein Teil der Verpackung (Deckel) überdimensioniert ist. Damit besteht Potenzial für die Reduzierung der Schichtdicke des Barrierepoly- S1 D [µm] S 2 D [µm] S 3 D [µm] S 4 Deckel PET 10 PE 20 3 Boden PA 14 PE 31 Beutel PET 12 PE 56 D [µm] S 5 D [µm] S 6 Sauerstoffpermeabilität/ D [µm] [cm3 O2 (STP) (Packung∙Tag∙bar)-1] Teigwaren Dampfnudeln Tortellini EVOH PE 28 0,1 2,6 0,4 Backwaren Baguettebrötchen Kräuterbutterbaguette Deckel PP 29 PE 16 PE 24 Boden PP 30 PE/PP 10 PA 28 EVOH 6 0,1 Beutel PA 15 PE 22 EVOH 8 PE 17 PA 23 PE 42 0,1 0,1 Wurstwaren Hinterkoch schinken Salami Deckel PP 35 HV ? 8 Boden PET 259 PE 40 PE 21 HV ? 3 PE 35 0,2 12,5 Deckel PA 17 PET 245 Boden PET 204 PE 30 PE 44 0,1 Deckel PET 12 PP 20 Boden PP 257 Deckel PET 12 Boden PP 149 Deckel PA 13 PE 18 Boden PET 272 PE 24 Deckel PP 20 PE/PP 11 Boden PET 248 PE 26 Deckel PET 25 PE 72 1,3 Boden PET 162 PE 30 5,2 Beutel PET 12 PA 29 0,31) Frischfleisch Minutensteaks (Schwein) Hähnchenbrustfilet EVOH 5 PE 22 0,1 8,51) PE 13 EVOH 4 PP 16 0,1 14,81) Fisch Stremellachs, geräuchert Garnelen EVOH 8 PE 24 EVOH 6 PE 15 0,02 0,11) 0,07 0,11) Käse Käseaufschnitt Gouda EVOH 6 PE 29 0,2 Salat Salatcup Deckel PET 12 Boden PP 216 PE 37 Cashew-Nüsse Beutel PET 11 PET 11 Kartoffel-Sticks Beutel PP 20 PP 14 Chicken Nuggets Deckel PA 13 PET 26 PET 206 2,4 19,5 Snackwaren PE 41 PE 22 PE 21 2,5 2,5 Fertiggerichte Boden Sandwich 0,1 0,2 Deckel PA 9 PE 39 0,5 Boden PET 237 PE 29 0,11) Vergleich PP, 100 µm 520-800 PP-BO, 100 µm 250 PE-LD, 100 µm 2000-2200 PET, 100 µm 15-20 PA6, 100 µm 4-10 EVOH, 100 µm 0,05-0,5 Tabelle 2. Überblick über den Schichtaufbau einzelner Verpackungsmaterialien (links: Außenseite, rechts: Innenseite; S: Schicht, D: Dicke; 1): berech- nete Werte; Messbedingungen: 23°C, 50 % rel. F.) [4] © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 8/2015 © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. Lebensmittelverpackungen VERPACKEN MIT KUNSTSTOFFEN 100 % 80 60 Gasanteil Gasanteil 100 % 80 O2-Gehalt CO2-Gehalt N2-Gehalt 40 O2-Gehalt CO2-Gehalt N2-Gehalt 40 20 20 0 60 0 1 2 3 Lagerdauer 4 5 d 6 0 0 10 20 © Kunststoffe Bild 3. Gaszusammensetzung von Packungen mit Frischfleisch als Funktion der Zeit (Lagertemperatur: 5°C) [4] tät der Schale sein. Sie sollte in diesem Fall durch eine Schale mit geringerer Sauerstoffpermeabilität ersetzt werden. Hilfreich ist die Betrachtung der Gaszusammensetzung in den Packungen als Funktion der Zeit. Bild 3 zeigt den Verlauf bei Frischfleisch [4]. Dort ändert sich die Gaszusammensetzung innerhalb des MHD kaum. Hinzu kommt, dass Umschlag und Verzehr der Produkte meist direkt bzw. wenige Tage nach der Erzeugung stattfinden. Daher sind dort Packmittel mit besonders niedriger Sauerstoffpermeabilität nicht notwendig. Dieses Ergebnis stützt die Annahme, dass die Deckel in Bezug auf die Sauerstoffbarriere überdimensioniert sind. Anders verhält es sich bei Kartoffel-Sticks. Dort steigt die Sauerstoffkonzentration kontinuierlich an und die Stickstoffkonzentration sinkt (Bild 4) [4]. Dadurch wird dieses Produkt durch Sauerstoff gefährdet. Die Mindesthaltbarkeit über mehrere Wochen verlängert die Exposition zu Film_Ad_GEARS-FINAL.indd 1 30 40 50 60 Lagerdauer 70 80 d 100 © Kunststoffe Bild 4. Gaszusammensetzung von Packungen mit Kartoffel-Sticks als Funktion der Zeit (Lagertemperatur: 23°C) [4] Sauerstoff und erhöht die Gefahr eines oxidativen Verderbs. Eine Verpackung mit höherer Sauerstoffbarriere würde in diesem Fall Abhilfe schaffen. Die Sauerstoffempfindlichkeit des Produkts muss jedoch bekannt sein, um eine valide und fundierte Aussage über die Eignung des Verpackungsmaterials treffen zu können. Analyse und Materialwahl Um Verpackungen zu optimieren, ist es ratsam, in einem ersten Schritt den Ist-Zustand zu analysieren. Die Gaspermeabilität der Folien und der Schalen kann im Fraunhofer IVV unter realitätsnahen Bedingungen gemessen werden. Insbesondere muss bei Einsatz von EVOH auf die relative Feuchte während der Messung geachtet werden. Sie kann bei feuchten Gütern nahezu 100 % betragen. Zusätzlich sollte die Gaspermeabilität der gesamten Packung gemessen und mit der Summe der Gaspermeabilitäten der Einzelteile verglichen werden, um mögliche Probleme in der Siegelnaht zu identifizieren. Um weitere Schwachstellen zu finden, empfiehlt es sich, außerdem Lagerversuche mit realen Packungen durchzuführen und parallel den Verlauf der Gaszusammensetzung im Kopfraum zu analysieren. Zur Auswahl eines geeigneten Verpackungsmaterials sind Lagerversuche in Packstoffen mit unterschiedlichen Sauerstoffpermeabilitäten sinnvoll. Dieser Lösungsansatz wird in der Praxis häufig genutzt. Ist ein größeres Budget vorhanden, empfiehlt sich die Bestimmung der Sauerstoffempfindlichkeit eines Lebensmittels. Diese Methode erlaubt eine zielgerichtete Dimensionierung des Packmittels. Ein wichtiger Aspekt bei der Optimierung ist die Zeit zwischen Produktion und Verzehr der Produkte. Eine grobe Faustformel besagt, dass die Gaspermeabilität höher sein darf, wenn die prognostizierte Mindesthaltbarkeit kurz ist bzw. ein schneller Verzehr stattfindet. W 4/14/15 1:08 PM Kunststoffe 8/2015 www.kunststoffe.de © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. 53
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