Medizin-Start-ups im Pitch Von E

16.3.2016
Medizin­Start­ups im Pitch: Von E­Rollatoren und smarten OP­Handschuhen
MEDIZIN­START­UPS IM PITCH
Von E湳敯Rollatoren und smarten OPHandschuhen
von:
Datum:
Katrin Terpitz
20.02.2016 17:09 Uhr
Innovative Gründer mischen die Gesundheitsbranche auf. Auf einem Pitch in
Essen kämpfen zehn um die Gunst und das Kapital von Business-Angels. Vor so
einigen Start-ups sollten sich Medizinkonzerne in Acht nehmen.
Echtzeit­Gehirndiagnose per Ultraschall
Sonovum aus Leipzig, Finalist in der Kategorie Start­ups des Innovationspreises der deutschen
Wirtschaft, ermöglicht mit der Akustocerebrografie erstmalig die nicht­invasive Echtzeit­Beobachtung
biochemischer Zustände und Veränderungen des Hirngewebes. Gegründet wurde Sonovum 2011 von
Miroslaw Wrobel, Rafael Salzberger und Konrad Sell.
(Foto: Sonovum)
Essen . Die Location 晦漮ür den Pitch ist passend gewählt. Die Gründer von zehn Medizin-Start-ups
kämpfen in einem nüchternen Hörsaal des Elisabeth Krankenhauses in Essen um die Gunst von
Business-Angels. So sieht die „Höhle der Löwen“ 晦漮ür Gründer im realen Leben aus – fernab des TVGlamours. Genau sieben Minuten hat jedes Start-ups Zeit, seine Geschäftsidee zu präsentieren.
Danach können interessierte Investoren 晦漮ünf Minuten Fragen stellen.
Die Gründer sind sichtlich nervös – schließlich geht es um viel: Geld und Mentoren, um ihr Start-up
zum Fliegen zu bringen. Denn Business-Angel helfen mit zwei Flügeln: Kapital und Know-how.
Veranstalter ist die Business Angel Agentur Ruhr (BAAR), eine der ältesten Verbände dieser Art in
Deutschland.
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Medizin­Start­ups im Pitch: Von E­Rollatoren und smarten OP­Handschuhen
Grund zur Nervosität haben nicht nur die Gründer – es sind vor allem die etablierten
Pharmaunternehmen. Denn sie 晦漮ürchten nach einer Umfrage nicht etwa ihre direkten
Wettbewerber, sondern Start-ups am allermeisten als Konkurrenz. Der Gesundheitsmarkt befindet
sich derzeit komplett im Umbruch.
DR. MED. GRÜNDER
Smarte Medizin-Start-ups
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Der intelligente E­Rollator
Der Rollator mit Elektroantrieb macht das Bergauf­ und Bergabfahren bequemer und
kann Hindernisse wie Bordsteinkanten leichter überwinden. Außerdem gibt es einen
GPS­Notruf und Beleuchtung. Die Firma Emovements aus Stuttgart wurde 2013 von
Matthias Geertsema, Max Keßler und Benjamin Rudolph gegründet.
(Foto: eMovement)
Den Anfang beim Pitch macht Sonovum . Das Leipziger Start-up hat ein Stirnband entwickelt, das
das Gehirn in Echtzeit per Ultraschall überwachen kann. „So lässt sich schnell eine Diagnose stellen
– ohne OP und ohne Strahlenbelastung und dazu zu einem Bruchteil der Kosten von
Computertomograph oder MRT“, wirbt Vertriebsleiter Konrad Sell. Die Business-Angels fragen
kritisch nach Wettbewerbern. „Die gibt es, aber die messen nur den Zustand des Hirngewebes, nicht
die Dynamik“, sagt Sell. Für bis zu zwei Millionen Euro Investment bietet Sonovum bis zu 17 Prozent
der Anteile.
Emovements aus Stuttgart hat einen intelligenten E湳敯Rollator entwickelt. Der Elektroantrieb macht
das Bergauf- und Bergabfahren bequemer und kann Hindernisse wie Bordsteinkanten leichter
überwinden. GPS湳敯Notruf und Beleuchtung gehören zur Grundausstattung. „600.000 Deutsche
kaufen im Jahr einen Rollator. Tendenz steigend“, sagt Ingenieur Max Keßler und wirft ein Bild an
die Wand, auf dem sich ein Affe vom Urmenschen zum Homo Erectus und am Ende zum RollatorFahrer entwickelt. Gelächter im Saal.
Für 1700 Euro wollen die drei Gründer den smarten Rollator im Laden vertreiben. „Bei Aldi gibt es
welche ab 65 Euro, unser einziger Konkurrent bietet Ähnliches, aber 晦漮ür bis zu 7.500 Euro. Viel zu
teuer.“ Die Investoren fragen nach Lebenszeit des Akkus, Marge und Vertriebspartnern. Keßler
pariert alle Fragen und sagt dann: „Ich lade Sie gerne zu einer Testfahrt ein. Der Rollator steht
draußen.“
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ÜBERNAHME­BOOM
Diese Start-ups krallten sich US湳敯Konzerne
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Der neuste Deal
Nun könnte es für sie und ihre Chefs so weit sein: Das Berliner Start­Up
6Wunderkinder, das für seine To­do­Listen­App „Wunderlist“ als erste Berliner
Gründung Geld von dem berühmten US­Risikokapitalgeber Sequoia Capital bekam,
wird von Microsoft übernommen. Zuvor hatte das Wall Street Journal berichtet, der
US­Konzern lege 100 bis 200 Millionen US­Dollar für die Wunderkinder auf den
Testen kann man die Geschäftsidee von Helpsy noch nicht, ist sie doch erst kürzlich entstanden. Das
Portal 晦漮ür individuelle psychologische Beratung per Videokonferenz soll eine Lücke schließen. „Die
durchschnittliche Wartezeit 晦漮ür einen Therapeuten beträgt heute vier bis sechs Monate“, sagt
Mitgründer Alexander Pevzner. Die Beratung soll anonym sein und kostet 1,49 Euro pro Minute –
bezahlt vom Patienten oder Arbeitgeber. Von den Psychologen bekommt Helpsy 20 Prozent
Provision. Die Investoren bohren nach: Was ist mit Abhörsicherheit? Schließlich geht es um intimste
Probleme. Pevzner kann beruhigen: „Alles verschlüsselt.“ Die Gründer aus Essen wünschen sich
600.000 Euro, um 2017 mit dem Vertrieb zu starten.
Online geht es weiter mit der medizinischen Diabetes-Coach 晦漮ür die Hosentasche. Das Düsseldorfer
Start-up Jommi hat bereits einen Broteinheiten-Rechner als App auf den Markt gebracht. Demnächst
soll der digitale Diabetes-Berater folgen, der die Daten der Patienten analysiert und 晦漮ür sie
Bewegung und Ernährung individuell managt. „Weltweit sind 380 Millionen Diabetiker betroffen“,
sagt Fabian Oertel. „Die meisten nehmen teure Medikamente, allein in Deutschland kostet das 43
Milliarden Euro. Dabei können Diabetiker durch Bewegung und richtige Ernährung viel verbessern.“
Wie viel die App kosten soll? Vier bis 晦漮ünf Euro. 100.000 Euro Kapital wünschen sich die Gründer
von einem Business-Angel.
FÜNF HIGHLIGHTS DER ZWEITEN STAFFEL „DIE HÖHLE DER LÖWEN“
Eine Gewinnspanne bis zu 900 Prozent...
hat das Start­up „von Floerke“ den Investoren versprochen. Gründer David Schirrmacher war durchgestylt, legte einen
erfolgreichen Pitch hin und schloss einen Deal mit den Löwen.
Einhörner in der Höhle...
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gab es auch bei einem Pitch. Die Gründer von Einhorn präsentierten nachhaltig produzierte Kondome im Einhornkostüm. Für
einen Lacher war gesorgt, schließlich kam es aber nicht zu einem Investment.
Ohne Sissi in der Bademeisterei...
hat Alexander Kraml als Kaiser von Österreich den Löwen sein Produkt vorgestellt. Zumindest war der Gründer des Start­ups
Bademeisterei so verkleidet. Beim Pitch hingegen war vieles pink und rosa. Im Vox­Studio roch es vermutlich wie in einer
Drogerie. Doch Kraml hatte Erfolg: Mit 350.000 Euro stiegen Williams, Öger und Schweizer ins Unternehmen ein.
Als Silver Gründer...
galt Klaus­Peter Beer in dieser Staffel DHDL. Er hat eine Anziehhilfe für Socken entwickelt, nachdem er genau so etwas nach
einem Fahrradunfall gebraucht hätte. Letztendlich hat der Gründer von Hand+Fuss einen Deal aber ausgeschlagen.
Fünf Euro für ein Nickerchen...
muss man bei Boris Munsig und Alexander Kohlhepp pro Stunde bezahlen. Ihre sogenannte „Sleepbox“ (deutsch: Schlafbox)
kam allerdings nicht gut an. Jochen Schweizer kommentierte den Pitch der Stay2Day­Gründer so: „Erfolg hat drei Buchstaben. T,
U, N. Sie haben es nicht getan.“
Intelligente chirurgische Handschuhe präsentiert das nächste Start-up, sMarterials aus Berlin. Die
OP湳敯Handschuhe sollen besonders schnitt- und stichfest sein und so vor Nadelstichverletzungen
schützen. Von denen gibt es eine halbe Million im Jahr. „Pro Fall kostet das 1600 Euro, ohne
ge晦漮ährliche Infektionen mit HIV oder Hepatitis zu berücksichtigen“, sagt Mitgründer Martin Bothe.
„Außerdem planen wir eine Faserverstärkung wie in schusssicheren Westen“. Drei Euro sollen die
Handschuhe mit Formgedächtnis einmal kosten. Bis zur Marktreife 2018 sucht Bothe noch 475.000
Euro Kapital. Die Investoren sind beeindruckt, doch noch etwas skeptisch, was Vertrieb und
Patentklau angeht. Denn produziert werden sollen die Handschuhe in Malaysia.
Petra Hartjes hat die Gründer von sMarterials 晦漮ür einen Businessplan-Wettbewerb gecoacht. Die
ehemalige Industriemanagerin, seit Jahren als Business-Angel und Mentorin 晦漮ür Start-ups unterwegs,
schaut sich rund 15 solcher Pitches im Jahr an. Etwa 晦漮ünf Jungfirmen hat sie über die Jahre begleitet
und dort investiert. „Nicht alle waren letztlich erfolgreich. Da musste ich auch schon Verluste
einstecken“, räumt sie ein. Deshalb prüft die Betriebswirtin die Gründer gründlich auf Herz und
Nieren.
„Die Zusammensetzung des Teams ist entscheidend –
ansonsten nutzt auch das beste Geschäftsmodell nichts“,
so ihre Erfahrung. Die technische Idee sei meist ausgereift.
Oft aber fehle im Team ein Unternehmertyp. Einer, der die
Idee nicht nur offensiv verkaufen könne, risikobereit und
stressresistent sei, sondern auch strategisch denken und
operative Strukturen au❛獮auen könne.
START­UP BATTLE IN DORTMUND
„Ring frei 晦漮ür Gründer!“
Jungunternehmer müssen sich durchboxen. Beim
internationalen Start­up­Battle „Get in the Ring“ ist
genau das gefordert. Im Deutschland­Finale siegte
unter anderem eine pfiffige
Schneckenfreundin. mehr…
„Als Business Angel kann ich zwar Einfluss nehmen durch
mein Know-how und mein Netzwerk, aber wie ein
Aktienkurs lässt sich die tatsächliche Entwicklung eines
Start-ups nicht vorhersagen.“ Genauso gemischt wie das
Gründerteam sollten auch die Investoren sein, meint
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Hartjes. Die Betriebswirtin investiert am liebsten mit
anderen Business-Angels zusammen, die etwa von der technischen Seite kommen.
Die zweite Runde läutet ein Start-up mit viel Pitch-Erfahrung ein: Mynoise hat gerade erst den
zweiten Platz im internationalen Wettbewerb „Get in the Ring“ errungen. Der Duisburger HNO湳敯Arzt
Uso Walter hat verschiedene Online-Therapien 晦漮ür Patienten mit chronischem Tinnitus entwickelt.
Weltweit sind rund 100.000 Menschen von Störgeräuschen im Ohr betroffen. Demnächst will
Mynoise auch eine Trainings-App gegen Schwerhörigkeit auf den Markt bringen. Da晦漮ür brauchen die
Gründer noch eine halbe Million Euro. Die Investoren lauschen gespannt.
BOEHRINGER, BAYER, NOVARTIS
Die größten Pharmakonzerne der Welt
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Platz 20: Astellas
Gemessen am reinen Pharmaumsatz ist Astellas die Nummer zwei der japanischen
Pharmaindustrie. Der Schwerpunkt liegt auf Transplantationsmedizin, Onkologie und
Antiinfektiva. Die Japaner kamen im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 11,6
Milliarden Dollar.
(Foto: dpa)
Auch beim nächsten Start-up horchen sie auf. Ossfitec aus Witten hat das weltweit erste Implantat
晦漮ür die Wirbelsäule entwickelt, das sich im Körper nach 晦漮ünf bis sechs Jahren vollständig abbaut. Mit
„Schrott“ im Körper, der später wieder herausoperiert werden muss, soll dann Schluss sein. Das
Material, entwickelt mit dem Fraunhofer Institut, basiert auf einer geheimen Formel. Allerdings
brauchen die Gründer Roland Streuf, Dariusz Kosak und Martin Pabst 晦漮ür die Entwicklung noch 晦漮ünf
Millionen Euro. Petra Hartjes findet das Konzept zukunftsweisend, aber wegen des großen
Kapitalbedarfs sollten sich die Gründer potente Wagniskapitalgeber zusätzlich zu Business-Angels
suchen.
Nur ein Zehntel an Kapital, nämlich 500.000 Euro, suchen die Gründer von RSO Technolo桴摩y aus
Kassel 晦漮ür ihre ungewöhnliche Geschäftsidee „Rucksackspende“. Steriles Operationsbesteck und
reines Wasser sind in Schwellenländern rar. Zwei von drei Patienten infizieren sich dort bei einer
OP. Mitgründer Martin Reh zeigt ein Schock-Foto von einem rostigen Ölfass über einem Feuer:
„Darin wird das OP湳敯Besteck ausgekocht.“ Der medizinische Solarrucksack soll Abhilfe schaffen und
ge晦漮ährliche Infektionen vermeiden. Der Vertriebsweg ist ungewöhnlich: Ab Ende 2016 soll der
Rucksack auf den Markt kommen – als Spende 晦漮ür Stiftungen und Entwicklungshilfeorganisationen.
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Medizin­Start­ups im Pitch: Von E­Rollatoren und smarten OP­Handschuhen
Die Welt verbessern will auch die Rostocker Firma Limbus Medical Technologies. Sie möchte
Gendiagnostik-Labore per Software vernetzen und so effizienter machen. „Wir sind das Bloomberg
der Gendaten“, meint Mitgründer Ben Liesfeld. Gendiagnosen sind immer noch sehr fehleran晦漮ällig,
die Gendatenbank Allexes will aus den genetischen Varianten vieler Labore eine weltweite
Referenzdatenbank au❛獮auen. Die Labore könnten dadurch ihre Diagnosen erheblich verbessern
und beschleunigen. Bei 2000 Fällen würden sie rund 400.000 Euro im Jahr sparen, meint Liesfeld.
Auf Business-Angel Hartjes wirkt das Konzept zukunftsweisend, es braucht aber viel Kapital – allein
in diesem Jahr 600.000 Euro.
Ohne Software kommt die Geschäftsidee von Kluba
Medical aus Düsseldorf aus, das einzige Start-up beim
Pitch, das von Frauen gegründet ist. Die drei
Gründerinnen haben dem „Baby-Schiefschädel“ den
Kampf angesagt. Immerhin rund 45 Prozent aller Babys
haben laut Studien einen schiefen Kopf. Das patentierte
Ringkissen „Babyshell“ soll dies lindern und vermeiden.
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Entwickelt hat der Ring die Ärztin Susanne Kluba. Sie
sucht nun mit ihren Mitgründerinnen Nicole Klingen und
Kathrin Elges Kapitalgeber 晦漮ür das patentierte Ringkissen.
Das soll einmal 49,90 Euro im Laden kosten. Petra Hartjes
ist unsicher, denn Ein-Produkt-Firmen hält sie 晦漮ür
schwierig. Auch wenn die Gründerinnen noch bunte
Bezüge vermarkten wollen.
Die Zeit ist um. Die Nervosität vorbei. Am Ende des langen Abends knüpfen Business-Angels und
Gründer bei Häppchen und Bier im Foyer nähere Kontakte. Ob sich daraus fruchtbare
Geschäftsbeziehungen entspinnen? Das ist genauso ungewiss wie in der „Höhle der Löwen“.
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