Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode –1– Drucksache 18/XXXX Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) (Einzelplan 14) 50 Ausgaben von 5 Mio. Euro für unnötiges Zubehör von Rettungswesten vermeiden Kat. B 50.0 Die Bundeswehr hat in den Jahren 2004 bis 2011 vollständige Sätze einer modular aufgebauten Rettungsweste für die Besatzungen ihrer Transportflugzeuge und Hubschrauber erworben. Sie nutzte dabei nicht den Vorteil, einzelne Komponenten bedarfsgerecht zu beschaffen. Die Bundeswehr könnte mindestens 5 Mio. Euro einsparen, wenn sie nur die Komponenten kauft, die sie benötigt. Die Bundeswehr verwendete darüber hinaus Altmodelle weiter und lagerte gleichzeitig neue Westen ein, was unwirtschaftlich ist. 50.1 Modulare Körperschutz- und Rettungsweste eingeführt Die Bundeswehr führte im Jahr 2004 eine Körperschutz- und Rettungsweste für die Besatzungen von Transportflugzeugen und Hubschraubern aller Teilstreitkräfte ein. Diese sollte die bisher genutzten Überlebenswesten und Fliegerschwimmwesten (Altmodelle) ablösen. Die Grundweste ist mit Aufnahmepunkten für Notausrüstung, Bewaffnung und Transporttaschen ausgestattet. Sie kann dem Einsatzzweck entsprechend mit Zubehör ausgestattet werden, z. B. • mit einem Rettungskragen, der ein Ertrinken verhindern soll, • mit einem Schutz gegen Geschosse (ballistischer Schutz) oder • mit einem Stehhaltegurt, um sich bei Arbeiten an geöffneten Türen oder Laderampen während des Fluges zu sichern. Stehhaltegurte werden nur von einem kleinen Teil des fliegenden Personals und ballistischer Schutz nur im Einsatz benötigt. Rettungskragen sind nur bei Flügen über Wasser erforderlich. Durch den modularen Aufbau ist die Weste sowohl für Flüge unter Bedrohung im Einsatz als auch für Flüge ohne Bedrohung geeignet. Die Besatzungen der Transportflugzeuge und Hubschrauber geben die Westen nach jedem Gebrauch wieder ab. Sie gehören nicht zur persönlichen Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten. Die Weste kann höchstens zehn Jahre lang als Rettungsmittel genutzt werden. Der Bundesrechnungshof prüfte im Jahr 2014 mit Unterstützung des Prüfungsamtes des Bundes Koblenz, wie die Bundeswehr die Rettungswesten gekauft, gelagert, zugeteilt und ersetzt hat. Daneben betrachtete er die eingeführten Modellvarianten, die Sicherheitsinspektionen und die Lebensdauer von Rettungswesten. Vorteile einer modular aufgebauten Weste nicht genutzt Die Bundeswehr kaufte in den Jahren 2004 bis 2011 fast 4 000 vollständige Sätze an Rettungswesten für 18 Mio. Euro. Die Komponenten Rettungskragen, ballistischer Schutz und Stehhaltegurt machten dabei mehr als zwei Drittel des Satzpreises von durchschnittlich 4 600 Euro aus (s. Tabelle 50.1). Der modulare Aufbau ermöglicht, einzelne Komponenten bedarfsgerecht zu beschaffen. Die Bundeswehr machte hiervon keinen Gebrauch. Sie kaufte jeweils Sätze mit allen Komponenten. Drucksache 18/XXXX –2– Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Tabelle 50.1 Preisstruktur eines Satzes der Körperschutzund Rettungsweste Komponente Durchschnittlicher Anteil am Satzpreis in % Grundweste 17 Rettungskragen 10 Ballistischer Schutz 46 Stehhaltegurt 13 Sonstiges (Taschen etc.) 14 Vollständiger Satz 100 Quelle: Eigene Berechnungen des Bundesrechnungshofes. Im Jahr 2014 begann die Bundeswehr, Westen mit abgelaufener Nutzungsdauer zu ersetzen. Verwenden von Altmodellen bei gleichzeitigem Einlagern neuer Westen Im Oktober 2013 befanden sich in einem Materiallager 1 284 ungenutzte vollständige Sätze der neuen Körperschutz- und Rettungsweste im Wert von über 5 Mio. Euro. Gleichzeitig nutzte die Bundeswehr Altmodelle, die durch die neue Weste abgelöst werden sollten. Rettungswesten verursachen laufenden Aufwand, auch wenn sie nicht oder nur selten genutzt werden. Dieser Aufwand folgt vor allem aus den nutzungsunabhängigen Sicherheitsinspektionen und den vorgeschriebenen Lagerungsbedingungen (keine Hitze, kein Frost, keine Feuchtigkeit). Kombinierte Westen für das Kampfflugzeug TORNADO prüfen Bei Flügen im Kampfflugzeug TORNADO müssen die Soldatinnen und Soldaten wegen des Schleudersitzes besondere Rettungswesten tragen. Die Bundeswehr benutzte unterschiedliche Rettungswesten für Flüge über Land und über See. Ein Geschwader nutzte wegen der Nähe zu Nord- und Ostsee ausschließlich das Modell für Flüge über See, hatte aber auch die gleiche Anzahl „Landwesten“ im Bestand. Am Markt sind kombinierte Land-/Seewesten für Kampfflugzeuge mit Schleudersitz erhältlich, bei denen der Schwimmkragen abgenommen werden kann. Sie werden von NATO-Partnern genutzt. Die Bundeswehr kann diese Westen ebenfalls nutzen, wenn sie an den Schleudersitz der TORNADOS angepasst werden. 50.2 Der Bundesrechnungshof hat beanstandet, dass die Bundeswehr die wirtschaftlichen Vorteile einer modular aufgebauten Weste nicht nutzte. Der modulare Aufbau ermöglicht, einzelne Komponenten bedarfsgerecht zu beschaffen. Das Herauslösen einzelner Komponenten aus den Sätzen mag zwar zu einem erhöhten Aufwand beim Lagern und Verteilen der Westen führen, der Bundesrechnungshof hält dies angesichts der Preisstruktur der Komponenten dennoch für wirtschaftlich. Der Bundesrechnungshof hält es für möglich, allein von den Stehhaltegurten und dem ballistischen Schutz mindestens 50 % weniger vorzuhalten. Stehhaltegurte werden nur von einem kleinen Teil des fliegenden Personals benötigt; ballistischer Schutz wird nur im Einsatz benötigt. Durch einen Materialpool könnte die Bundeswehr gewährleisten, dass jederzeit ausreichend Westen für einen Einsatz vorhanden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode –3– Drucksache 18/XXXX sind. Dies hätte beim Kauf der Westen in den Jahren 2004 bis 2011 bereits über 5 Mio. Euro gespart. Aufgrund der gestiegenen Preise könnte beim Kauf neuer Westen noch mehr eingespart werden. Der Bundesrechnungshof hat auch bemängelt, dass es unwirtschaftlich ist, die Altmodelle weiter zu nutzen und gleichzeitig neue Westen einzulagern. Dies führt zu einem unnötigen Aufwand für das Lagern und die Sicherheitsinspektionen. Die unterschiedlichen Rettungswesten für das Kampfflugzeug TORNADO verursachen ebenfalls vermeidbaren Aufwand. Statt eines Modells müssen mehrere Modelle erworben, gelagert, gewartet und instand gehalten werden. Der Bundesrechnungshof hat dem BMVg empfohlen, den ballistischen Schutz, die Rettungskragen und die Stehhaltegurte, die nicht bei jedem Flug oder von jedem Besatzungsangehörigen benötigt werden, aus dem Satz herauszulösen und ihren Bestand zu senken. Die Altmodelle sollte die Bundeswehr schnellstmöglich durch die neuen Westen ersetzen, um das unwirtschaftliche Lagern zu beenden. Der Bundesrechnungshof hat empfohlen zu prüfen, ob der Kauf kombinierter Land- und Seewesten für das Kampfflugzeug TORNADO wirtschaftlich ist. 50.3 Das BMVg hat geprüft, ob es den ballistischen Schutz, die Stehhaltegurte und die Rettungskragen aus dem Satz herauslösen und ihren Bestand senken könne. Stehhaltegurte und Rettungskragen müssten jedoch für alle Westen vorgehalten werden, da die Westen nicht personifiziert seien. Damit sei es nicht möglich, die Westen einem Flugzeug oder Hubschrauber und dem entsprechenden Einsatz zuzuordnen. Ob es möglich sei, die ballistischen Komponenten gesondert zu erwerben und zu lagern, mache es von einer Wirtschaftlichkeitsanalyse abhängig, die noch nicht vorliege. Das BMVg hat zugesagt, die noch genutzten Altmodelle innerhalb von 18 Monaten durch die neuen Westen zu ersetzen. Damit müssten künftig weniger Westen eingelagert werden. Für das Kampfflugzeug TORNADO werde es prüfen, ob eine kombinierte Weste für alle Einsätze erworben werden kann. 50.4 Der Bundesrechnungshof erkennt die Bemühungen der Bundeswehr an, mögliches Einsparpotenzial beim Kauf von Rettungswesten zu nutzen. Die Ausführungen des BMVg, Stehhaltegurte und Rettungskragen müssten für alle Körperschutz- und Rettungswesten vorhanden sein, überzeugen jedoch nicht. Auf Verbandsebene könnte ein Materialpool eingerichtet werden, aus dem nur bei Bedarf die benötigten Stehhaltegurte, Rettungskragen und ballistischer Schutz ausgegeben werden. Wie groß der Bedarf an den jeweiligen Komponenten ist, ergibt sich daraus, wie viele davon gleichzeitig benutzt werden könnten, zuzüglich einer angemessenen Reserve. Wäre dieser Bedarf bekannt, so könnte die Bundeswehr die Komponenten unabhängig von der Grundweste erwerben und den Bestand senken. Die Bundeswehr sollte auch für die Komponenten Stehhaltegurt und Rettungskragen feststellen, wie hoch der Bedarf ist. Anschließend sollte sie prüfen, ob es wirtschaftlich ist, die Komponenten der Westen gesondert zu erwerben und zu lagern oder die vollständigen Sätze zu kaufen.
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