ST.GALLEN Vor zwanzig Jahren der letzte St.Galler Polizistenmord

ST.GALLEN
KOMMENTAR
Zum Glück
gezwungen
Der Kanton St.Gallen besitzt
ein vergleichsweise restriktives Ladenschlussgesetz mit
Öffnungszeiten von Montag
bis Freitag höchstens von 6
bis 19 Uhr. Nun sind die eidgenössischen Räte daran, den
Kantönligeist bei den Ladenöffnungszeiten auszumerzen.
So sollen den Kantonen Mindeststandards vorgegeben
werden, indem sie gestatten
müssen, die Läden von Montag bis Freitag von 6 bis 20
Uhr und am Samstag von
sechs bis 19 Uhr offen zu halten. Das wäre für St.Gallen
ein grosser Quantensprung.
Die umliegenden Kantone
und Länder sind viel liberaler,
der Thurgau gestattet Öffnungszeiten von Montag bis
Freitag von sechs bis 22 Uhr,
Vorarlberg von sechs bis 21
Uhr, Zürich sogar rund um
die Uhr. Die anderen umliegenden Kantone kennen nur
noch Regelungen auf Gemeindeebene, wenn überhaupt, weil keine kantonalen
Gesetze mehr bestehen.
Kann St.Gallen wohl zu einer
liberaleren Lösung gezwungen werden? Das Volk hat
1995 und 2003 Abstimmungen zur Liberalisierung abgelehnt. Gegen die Vorlage
wurde mit sozialen Gründen
argumentiert. Das Verkaufspersonal müsse länger arbeiten, sei nicht zu Hause, wenn
Familienmitglieder frei hätten, wurde befürchtet, doch
bestehen Höchstarbeitszeiten
und Gesamtarbeitsverträge
(Grossverteiler, TankstellenLäden). Es ist in der Tat für
kleinere Ladengeschäfte
schwieriger, mitzuhalten, weil
sie eben nicht über viel Personal verfügen und oft auch
der Inhaber länger arbeiten
muss. Trotz der nicht unbegründeten Bedenken ist ein
Extrazügli aber nicht mehr
sinnvoll. Jetzt wird St.Gallen
eben gezwungen, mit den
Nachbarn mitzuhalten und es
bleibt dem Kanton eine noch
anwachsende Kaufkraft-Abwanderung erspart. Ich
möchte sagen, der Kanton
wird zu seinem Glück gezwungen, die Konsumenten
werden die längeren Öffnungszeiten schätzen lernen
und mehr in ihrem Wohnort
einkaufen.
Franz Welte
Donnerstag, 10. März 2016
9
Vor zwanzig Jahren der letzte
St.Galler Polizistenmord
Vor zwanzig Jahren wurde der
damals 31-jährige St.Galler
Stadtpolizeikorporal Rudolf
Himmelberger in den frühen
Morgenstunden auf den Gleisanlagen beim Gaiserbahnhof
mit mehreren Schüssen von
hinten ermordet. Der damals
37-jährige Täter David Limoncelli und sein Mittäter konnten
erst nach Monaten verhaftet
werden.
Schwerstes Delikt Limoncelli hatte sich in St.Gallen mit einem Kollegen aus dem Thurgau zusammengefunden, um am frühen Morgen in
ein Computer-Ladengeschäft an der
Rosenbergstrasse einzubrechen. In
der Nähe parkierten sie ein Auto, um
dort das Diebesgut einladen zu können. Doch sie wurden von der Patrouille der Stadtpolizei überrascht.
Das Fahrzeug blieb zunächst dort
stehen, wurde aber später von der
Täterschaft abgeholt.
Wie uns der St.Galler Privatdetektiv
Sterios Vlachos, der auch in diesem
Fall Ermittlungen vornahm und sich
dicht an den Fersen von Limoncelli
befand, zu berichten weiss, hat Limoncelli noch am gleichen Morgen
ein ihm bekanntes Ehepaar im
Rheintal besucht. Die Tatwaffe, eine österreichische Glock-17-Pistole, hat Limoncelli aufgrund seiner
Ermittlungen in drei Einzelteilen im
Stärkliswilerweiher zwischen Waldkirch und Bischofszell versenkt.
Versierte Polizeitaucher suchten
nach den Waffenteilen, konnten
diese aber nicht finden, weil kurz
zuvor der Weiher entschlammt worden war. In den gleichen Weiher soll
Limoncelli immer wieder auch nicht
brauchbares Diebesgut geworfen
haben. Die nicht mehr aufgefundene Waffe soll aus einem Einbruchdiebstahl stammen.
Kriminalpolizei tappte lange im
Dunkeln
Die Kriminalpolizei tappte in diesem Fall über Monate im Dunkeln
und setzte eine Belohnung von
100‘000 Franken aus für Hinweise,
die zur Ermittlung der Täterschaft
führen. Erst im August konnten die
beiden Täter auf Grund umfangreicher Ermittlungen verhaftet werden. Limoncelli hatte einer Verwandten Kleider zur Vernichtung
übergeben, was dieser seltsam vorkam, weshalb sie die Polizei benachrichtigte. Diese Person hat auch
ein geheimes Bankbüchlein von Li-
Der Täter David Limoncelli versenkte die in drei Teile zerlegte Waffe im Stärkliswiler Weiher.
Der Täter: David Limoncelli.
z.V.g.
moncelli mit einem sechsstelligen
Betrag verwaItet. Ihm und seinem
Kollegen wurden nebst der Tötung
des Polizeikorporals auch bandenund gewerbsmässige Einbruchdiebstähle zur Last gelegt. Doch Limoncelli hüllte sich im Untersuchungsverfahren in eisiges Schweigen und stritt die Mordtat ab. Er gab
an, beim Täter handle es sich um einen unbekannten Dritten.
Der Polizeiaspirant, der ebenfalls die
Verfolgung der Täterschaft aufge-
Das Opfer: Rudolf Himmelberger.
z.V.g.
nommen hatte, konnte keine genauen Angaben darüber machen,
wie Himmelbergers Verfolgung vor
sich gegangen war. Die Täter flüchteten aber offensichtlich nicht in die
gleiche Richtung. Himmelberger
war hinter Limoncelli Richtung St.
Leonhardstrasse unterwegs, der
zweite Stadtpolizist verfolgte den
zweiten Täter Richtung Bahnhof.
Selbstmord in der Strafanstalt
Die beiden Täter wurden verurteilt
we
für den Mord an Rudolf Himmelberger und den versuchten Mord am
Polizeiaspiranten. Schon zwei Wochen nach seiner Verhaftung unternahm Limoncelli im Untersuchungsgefängnis einen Selbstmordversuch. 2009 nahm er sich in
der interkantonalen Strafanstalt
Postadel in Menzingen ZG das Leben, nachdem ihm das letzte Drittel seiner Strafe von 17 Jahren nicht
erlassen worden war.
Die Tat hatte auch bezüglich Ausrüstung des Polizeikorps von Stadt
und Kanton St.Gallen Auswirkungen. So wurde die Anschaffung von
modernen Schusswaffen beschlossen. Himmelberger galt als sehr engagierter, pflichtbewusster und interessierter Polizeikorporal, der sich
laufend neue Kenntnisse aneignete
und diese auch an seine Mitarbeitenden weiter gab. Er hinterliess eine Ehefrau und zwei Töchter im damaligen Alter von drei Jahren und
zweieinhalb Monaten.
Bis vor kurzem war eine Erinnerungstafel an Rudolf Himmelberger
am Eisenbahn-Trassee-Rand zur
St.Leonhardstrasse angebracht. Eine Erinnerungstafel befindet sich
noch immer im Eingangsbereich des
Stadtpolizei-Gebäudes an der Vadianstrasse.
we
Neuverschuldung vermeiden
Notfallplanung im Asylwesen verlangt
Aufzuzeigen, wie die Stadt
St.Gallen ohne Reduktion des
Investitionsplafonds und ohne
Erhöhung des Steuerfusses einen Selbstfinanzierungsgrad
von durchschnittlich mindestens 95 Prozent erreichen kann,
verlangt die FDP-Fraktion des
Stadtparlaments vom Stadtrat
ein.
Die Konferenz der Ostschweizerischen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren(OJPD) fordert in einem
Schreiben an Bundesrätin Simonetta Sommaruga Massnahmen im Asylwesen, so eine
Notfallplanung und eine Verstärkung des Grenzwachtkorps.
Stadtparlament Wie die FDPFraktion dazu erklärt, bedingt die
Entwicklung der Stadt als attraktiver Wohn- und Arbeitsort vielfältige Investitionen in die Infrastruktur
wie Kindergärten, Schulen, öffentliche Plätze, Grünanlagen, Museen,
Sporthallen und Abwasseranlagen.
In den letzten Jahren betrug der Investitionsplafond 59 Millionen
Franken pro Jahr. Sowohl 2014 wie
auch letztes Jahr musste der Plafond erhöht werden. Die Stadt war
nicht in der Lage, die getätigten Investitionen selbst zu finanzieren. Der
Selbstfinanzierungsgrad betrug in
den letzten fünf Jahren im Durchschnitt lediglich 85 Prozent. Ein
Selbstfinanzierungsgrad unter hundert Prozent führt zu einer Neuverschuldung.
Weiter weist die FDP-Fraktion darauf hin, der Stadtrat habe im Bericht zur Rechnung 2014 festgehalten, dass sich der Selbstfinanzierungsanteil in den letzten Jahren auf
einem «ungewöhnlich tiefen Niveau» eingependelt habe und die
Konsumausgaben schleichend die
Investitionsausgaben verdrängen.
we
Eingabe an den Bund Das Staatssekretariat für Migration geht für das
Jahr 2016 von mindestens gleich
vielen neuen Asylgesuchen aus wie
im Jahr 2015 (also rund 40'000). Allerdings lassen die Entwicklungen
im Nahen Osten und in den afrikanischen Staaten eine genaue
Prognose nicht zu. Eine bedeutend
höhere Anzahl von Asylsuchenden
in der Schweiz ist durchaus mög-
lich. Diese Entwicklung ist besorgniserregend. Zwar sind die Kantone
grundsätzlich darauf vorbereitet, sie
stossen allerdings an Kapazitätsgrenzen. Die Konferenz der Ostschweizerischen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren
(OJPD) fordert deshalb vom Bund
Massnahmen. So müssen die Asylverfahren deutlich beschleunigt und
damit die Aufenthaltsdauer der
Asylsuchenden in den Empfangsund Verfahrenszentren des Bundes
sowie den kantonalen Transitzentren reduziert werden. Dringend sind
weitere
Rückübernahmeabkommen anzustreben, so dass abgewiesene Asylsuchende rasch und konsequent ausgeschafft werden können. Der Bund hat darauf hinzuwirken, dass alle Asylsuchenden im
Schengenraum lückenlos registriert
werden, damit das Dublin-Verfahren konsequent angewendet werden kann. Die Liste der verfolgungssicheren Staaten ist derjenigen der
europäischen Staaten anzugleichen.
In jedem Fall ist eine unkontrollierte Migration zu verhindern. Die
OJPD verlangt vom Bund eine entsprechende Notfallplanung und deren Offenlegung gegenüber den
Kantonen, die von den Migrationsströmen ebenfalls betroffen sind.
Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit fordert sie in ihrem Schreiben
überdies eine spürbarere Verstärkung des Grenzwachtkorps (GWK)
an der östlichen und nördlichen
Landesgrenze und des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB). pd