Tradition und Zukunft naturnaher Systeme und Verfahren in der deutschen Wasserwirtschaft im internationalen Kontext DVGW-Forum Bonn, 9. September 2015 Dr.-Ing. Wolf Merkel 1 Naturnahe Aufbereitungsverfahren Europäisches Fließgewässermemorandum IAWR, RIWA, AWE, IAWD, AWWR 2013 Wasserwerksstandorte mit > 50 % Uferfiltratanteil UBA, 2010: S. 19 3 Uferfiltration / Grundwasseranreicherung Stadtwerke Lichtenfels: http://www.lichtenfels-city.de/images/2006/Mar/03/l_1911.jpg 4 2 Typische Aufbereitung nach Bodenpassage Ozonung Entsäuerung Mehrschicht-Filt. Ozonhaltiges Gas GAK-Filtration Injektor Katalysator / Ozonvernichtung Voraktivat- / Aktivkohlefilter Desinfektion Korrosionsschutz Luft +CO2 Treibwasser Luft Uferfiltrat ClO2 Inhibitor Kontaktbehälter Reaktionsbehälter Entsäuerung + Zwischenbehälter Netzpumpe Trinkwasser Quelle: HP Rohns, 2014 Beispiel: Düsseldorfer Verfahren 5 Einflussgrößen auf die Bodenpassage Rohwasser Salze TOC Geruch, Geschmack Schwermetalle Organik (xenobiot.) NH4+ Bakterien Viren O2 Fluss Bodenpassage (aerob/anaerob) Mech. Filtration Sorption Sediment. Fällung Mikrobiol. Abbau Oxidierte Zone Reduzierte Zone Grundwasser Aufbereitungsrelevant Refraktärer DOC Geruch, Geschmack Refraktäre Organik Härte Fe, Mn (Metalle) CO2 (Bakterien) (Viren) Entnahme von Uferfiltrat bzw. angereichertem Grundwasser zur weiteren Aufbereitung 6 3 Aufbereitung nach Bodenpassage BODENPASSAGE AUFBEREITUNG NETZE-SPEICHER TW-INSTALLATION Flockung Sedimentation Ozonung AOP-Prozesse Aufbereitungsrelevant Refraktärer DOC Geruch, Geschmack Refraktäre Organik Härte Fe, Mn (Metalle) CO2 (Bakterien) (Viren) Netzrelevant CAP Mn AOC Desinfektionskapazität Ultrafiltration Mehrschicht-Filt. BAC-Filtration Entsäuerung Enthärtung Desinfektion Korrosionsschutz Trinkwasserrelevant ? Bodenpassage Niederdruck-UO IAT-Harze Einzelprozesse in verschiedenen Kombinationen 7 Rohwasser- und Trinkwasserqualität 2013 Zielwert IAWR Ruhr (Essen) Rhein (D‘dorf) Trinkwasser (Einzelbefunde) TOC mg/l 4 3,2 5,4 2,5 3,1 Max 1986 DOC mg/l 3 2,5 4,1 2,4 3,1 AOX µg/l 25 8,2 AOS µg/l 80 EDTA µg/l 5 3,7 62 179 59 Carbamazepin Arzneistoff µg/l 0,1 0,11 0,2 0,04 0,07 bis 0,1 µg/l Amidotrizoesäure RKM µg/l 0,1 0,39 0,77 0,2 0,33 bis 0,3 µg/l Polyfluorierte Tenside PFOA+PFOS µg/l 0,1 0,018 0,05 - untere ng/l Acesulfam Süßstoff µg/l 1,0 4,3 1,9 1,6 - Median Max Median Max 24 - 7 2,3 bis 16 bis 53 15 3,6 5,5 Quellen: Ruhrgütebericht 2013, ARW-Jahresbericht 2013 8 4 Von der Tradition in die Zukunft Wandel treibt Modernisierung 1.Rohwasserqualität 2.Klimawandel/ Hochwasser 3.Gesellschaftl. Wandel 1. Management der Untergrundpassage 2. Modifikation der gesamten Aufbereitungskette - Essen-Überruhr - Düsseldorf-Flehe - Mülheim 3. Grundwasserleiter als Trinkwasserspeicher 4. Optimierung der Oxidation (Ozon, AOP) 5. Membranverfahren, Ionenaustausch 9 1. Management der Uferfiltration Rohwasser (am Rhein): Hohe Mangankonzentrationen bis 0,6 mg/l Rohwasser ist eine Mischung aus: Uferfiltrat − keine Reaktion, da oxische Bedingungen Grundwasser aus den tertiären Sedimenten − Strömung durch quartäre Ablagerungen mit Mangan-Coatings nahe der Aquiferbasis − reduktive Lösung von Manganphasen Reduktive Kapazität Quelle: Kuebeck, Bergmann 2015 SPRING® 10 5 2. Modifikation/Erweiterung: WGE (1) Pumpwerke Westfalenstraße Brunnen Bodenpassage Versickerung Pumpwerk Horst Brunnen Bodenpassage Versickerung Schnellfiltration Schnellfiltration Flockung (bedarfsw.) Ozonung Sedimentation Quelle: Langenberg, 2015 2. Modifikation/Erweiterung: WGE (2) Pumpwerke Westfalenstraße Pumpwerk Horst Desinfektion Behälter Behälter Entsäuerung Adsorption Bodenpassage Versickerung Erneuerung/ Umbau Ergänzung vorhandene Schnellfiltration Flockung (bedarfsw.) Schnellfiltration Ozonung Sedimentation Das „Neue Essener Verfahren“ Quelle: Langenberg, 2015 13 6 2. Modifikation/Erweiterung: WGE (3) Besondere Merkmale der WAA-II: - Aufbereitungsleistung bis 12.600 m3/h, 75 Mio m3 Jahreskapazität Vorsorgendes Risikomanagement (Hochwasser, Störfälle) Chemikalienarme Aufbereitung Quelle: Niermann, 2013 14 2. Modifikation/Erweiterung: SWD (1) Erweiterte Kenntnisse über die bestehende Aufbereitungstechnik Prüfung alternativer Aufbereitungstechniken: Ersatz von Ozon: Katalytische/mikrobiologische Entmanganung Mikroschadstoffe entfernen: Nanofiltration (Niederdruck-UO) Verzicht auf Chlor: UV-Desinfektion 2-straßige Versuchsanlage Quelle: Rohns (2014) 15 7 2. Modifikation/Erweiterung: SWD (2) Quelle: Rohns (2014) Ausblick: Das „Neue Düsseldorfer Verfahren“ 16 2. Modifikation/Erweiterung: RWW Ersatz von Chlor durch UV Aktivkohlemanagement: Entfernung von Mikroschadstoffen und wirtschaftliche Optimierung (Lens, 2011; Schunk u.Schöpel, 2015) 17 8 3. Grundwasserleiter als Trinkwasserspeicher z.B. durch den Bau einer unterirdischen Dichtwand und damit zusätzlich Substitution der hydraulischen Schutzinfiltration Sicherheit, dass ein Hochwasserereignis bis (HQ20) nicht die Trinkwasserqualität beeinträchtigt. Speichervolumenerhöhung dient der Versorgungssicherheit (Störfall/ extreme Klimasituationen) und ist eine Asset-Optimierung für den Wasserwerksverbund. Quelle: R Roepke, 2012 4. Ozoneinsatz und AOP Schwankende Rohwasserqualität, Nebenprodukt-Minimierung Ozon-Zugabe wird auf den Abbau von Zielsubstanzen optimiert, in Abhängigkeit von aktueller Belastung („Ozonexposition“), bei Minimierung der Bromat-Bildung Peroxon-Prozess (O3+H2O2) reduziert Bromat-Bildung, bei schneller Abbaukinetik für viele Mikroschadstoffe Nachteil: geringe Desinfektionswirkung Nahrstedt et al., 2014 19 9 4. Ozoneinsatz und AOP Schwankende Rohwasserqualität, Nebenprodukt-Minimierung Minimierung der Bromat-Bildung Nachteil: geringe Desinfektionswirkung Nahrstedt et al., 2014 20 5. Uferpassage + UF (Kelantan, Malaysia) Uferfiltrat-Aufbereitung bis 14.000 m3/d Belüftung Sandfiltration UF (inge Dizzer, 120 Module, 7.200 m2, Flux 81 l/m2 h) Zulauf UF/Ablauf DOC: bis 4 / 0,7 mg/l Trübung: 10 (bis 70) / 0,2 NTU Fe: bis 0,8 mg/l / < 2 µg/l Chlor-Desinfektion Betriebserfahrungen Quelle: Chew et al. (2015) Stabile Trinkwasserqualität Durch Membranfouling deutlicher Reinigungsbedarf, erhöhter Stromverbrauch Verbesserungen: Uferpassage ausreichend?, Voraufbereitung optimieren Pilotierung wäre sehr wichtig gewesen 21 10 5. Andijk III: High-End der OFW-Aufbereitung Speicherbecken (belüftet) Notstromversorgung Einlaufkanal Einlaufbauwerk Trommelfilter AOP: UV/H2O2 Keramik-MF (CeraMac®) 4/5 SIX® Kontaktkaskade GAC-Filter Reinwasserbehälter http://pwntechnologies.com/portfolio-item/andijk-iii/ 22 Zukunft der naturnahen Verfahren Robuste Realisierung des Multi-Barrieren-Konzepts Hohe Aufbereitungssicherheit Bestmögliche Sicherheit gegenüber Störfällen Energie- und ressourceneffizient Konsequente technologische Weiterentwicklungen Management der Untergrundpassage Modulare und bedarfsweise Aufbereitung möglich Chemikalienarm: UV, Physik. Entsäuerung, on demand, … Nebenprodukt-minimiert: angepasste Oxidation, AOP, … Auf verschiedene Rohwassersituationen anpassbar Neue Anforderungen und Kundenerwartungen werden erfüllt Breite Anwendung und Entwicklungen im In- und Ausland 23 11 Literatur Bergmann A (2011): Organische Spurenstoffe im Wasserkreislauf, acatech Materialien Nr. 12, München 2011 Chew CM, Aroua MK, Hussain MA, Wan Ismail WMZ (2015). Practical performance analysis of an industrial-scale ultrafiltration membrane water treatment plant. J. Taiwan Inst. Chem. Eng. 46 (2015) 132–139. Kübeck C und Bergmann A (2015). Mangan, Uran, Chrom: Prognose der Grundwasserbeschaffenheit. Vortrag 2. Hannover-Fachtagung am 24.6.2015. Langenberg G, Lütz A (2015). Technische Besonderheiten der neuen Trinkwasseraufbereitungsanlage in Essen – Das neue Essener Verfahren. 48. Essener Tagung 2015, 46/146/12. Lens G (2011). Aktivkohlemanagement – neue Ansätze vom Einkauf bis zur Reaktivierungsstrategie. 44. Essener Tagung 2011, 17/1-17/12. Nahrstedt A, Staben N, Lutze H (2014). Dynamisierung der Ozonung zur Sicherung der Trinkwasserqualität und zur Optimierung des Ressourceneinsatzes. DVGW-Forum Wasseraufbereitung, Karlsruhe 2014. Niermann H (2013). Das neue Essener Verfahren. Vortrag beim IWW-Innovationstag am 20.3.2013 bei der WGE in Essen. Roepke R und Donner C (2012). Sichere Wasserversorgung im Klimawandel. Vortrag auf dem dynaklim-Symposium am 14.11.2012. Rohns HP, Konradt N, Wagner C, Baldauf G, Brauch HJ (2014). Modernisierung des Düsseldorfer Verfahrens. 47. Essener Tagung 2014, 46/1-46/12. Schmoller C (2014). Uferfiltration – Stand der Technik und neue Herausforderungen für die weiterführende Trinkwasseraufbereitung an Rhein und Donau. Masterarbeit an der Universität für Bodenkultur Wien, 174 S. Schunk D und Schöpel M (2015). Röntgenkonstratmittel in der unteren Ruhr und deren Elimination in der Trinkwasseraufbereitung bei RWW. 48. Essener Tagung 2015, 47/1-47/9 24 DVGW-Forum Wasseraufbereitung DIN DVGW NA „Wasseraufbereitungsverfahren“ Forum Wasseraufbereitung 2015 12. November 2015, Mülheim an der Ruhr Problemstoffe, Entsäuerung Membranverfahren Desinfektion Rückstände Wasserverteilung Dezentrale Anlagen 25 12 Kompetenzfelder Geschäftsleitung Dr.-Ing. Wolf Merkel – Lothar Schüller Wissenschaftliches Direktorium Wasserressourcen Prof. Dr. C Schüth WasserressourcenManagement Dr. A Bergmann Wassertechnologie Prof. Dr.-Ing. S Panglisch Wasserchemie Mikrobiologie Prof. Dr. T Schmidt Prof. Dr. R Meckenstock Wasserökonomie & Management Prof. Dr. A Hoffjan Wassertechnologie Wassernetze Wasserqualität Angewandte Mikrobiologie Wasserökonomie & Management Dr. D Stetter Dr. A Becker Dr. U Borchers Dr. G Schaule Dipl.-Volksw. A Hein Ressourcenschutz Trinkwasseraufbereitung Korrosionsschutz Anorganische Analytik Biofilme Monitoring Wirtschaftlichkeitsanalysen Integriertes Wasserressourcen-Management Membrantechnologie InstandhaltungsStrategien Organische Analytik Hygiene Toxikologie Risikomanagement (TRiM®, WSP) Wassergewinnung Verfahrenstechnische Analytik Materialprüfung Mikrobiologische Analytik Produkt- und Werkstoffprüfung Organisation und Prozesse RadioaktivitätsAnalytik Industrielle Wassersysteme Anlagen und Infrastruktur Systemsimulation Software Trinkwasserinstallationen ADIS® TEIS® 5 IWW Zentrum Wasser Dr.-Ing. Wolf Merkel Technischer Geschäftsführer Tel. 0208 40303-100 Mail [email protected] 27 13
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