„Unsere wichtigste Strasse und die Wasserleitung wurde im Militärtraining zerstört“ Die Bevölkerung im Jordantal ist beunruhigt. Vom 2. Mai bis 6. Mai 2015 ist ein grösseres Militärtraining als alle bisherigen angekündigt. 56 Prozent der Hirten- und Beduinenfamilien in der Area C im Jordan Valley leben angrenzend an die militärischen Zonen. Sie sind von den vielfältigen Einschränkungen wie Weideverbot und Ausgangssperren in den militärischen Zonen ständig betroffen. Die Militärtrainings starten jeweils im Winter und dauern bis in den späten Frühling. Verbot Militärische Zonen zu betreten. Foto: Pia Frey, EAPPI Hirten und Beduinen in der Nähe der militärischen Zonen wissen, was ein Militärtraining bedeutet: • Hunderte von Panzern, Militärfahrzeugen und Helikoptern, die Weideland und Ernte zerstören. • Evakuierungen vieler Familien, was bedeutet, mit den Kindern und Tieren die Unterkünfte von 06.00 Uhr morgens bis 06.00 Uhr abends zu verlassen und in einem anderen Dorf den ganzen Tag in der Hitze auszuharren. • Keine Schulbesuche weil die Zugänge abgesperrt sind. • Abgebrannte Weiden und Felder und danach der Kauf von Futter für die Tiere. • nicht explodierte Minen auf dem Weideland und den Feldern, höchste Gefahr für Menschen und Tiere. Was sie nicht wissen ist, was ein noch grösseres Militärtraining als die bisherigen bedeutet. Und davor haben sie Angst und sind verunsichert. Einige sind wütend. Die Siedler in der Nähe der militärischen Zonen sind von den Einschränkungen nicht betroffen. Sie können ihr Land ungehindert kultivieren und den gewohnten Alltag in ihren meist noblen Häusern weiter leben. Vorher Wir fahren am Samstag vor dem angekündigten Training durch die Gegend und besuchen davon betroffene Hirten- und Beduinenfamilien. Nur wenige wissen genau, was sie erwartet. Einige haben mündliche oder schriftliche „Evakuierungsbefehle“ und müssen täglich ihre Umgebung verlassen. Eine ungewohnte Hektik auf den Feldern fällt uns auf. So viel Getreide wie nur möglich wird noch unter Dach gebracht. Geerntet wird ein ganzer Monat zu früh. Das Getreide muss vor den Bränden und Zerstörungen durch die Militärfahrzeuge in Sicherheit gebracht werden. Später muss die Ernte nochmals zum Trocknen ausgelegt werden. Der 76-jährige Hirte Ahmed Salim Bin hält unser Fahrzeug an und macht seiner Wut Luft. Er reisst ein Büschel Getreide aus und zeigt uns die unreife Ernte. „Wo ist der Rest von der Welt, wo ist Frankreich, wo ist Deutschland, wo ist die Schweiz? Wo sind die Journalisten, wo bleiben die NGO’s, warum hilft uns niemand? “ schimpft er. „Das Land ist meine Seele!“ Ahmed Salim Bin von Mak Hul, Foto: Pia Frey, EAPPI „Sie werden die Felder anzünden“ ist Abu Sakr überzeugt. „Wir werden uns organisieren und versuchen, das Feuer zu kontrollieren. Wir rufen alle auf, die Palästinenser und die Volontärs der NGOs. Wir haben bereits Erfahrung. Es ist ein Unterschied, ob zwei dunams (Quadratkilometer) oder Tausende von dunams abbrennen. Falls ihr uns noch Feuerlöscher auftreiben könnt, wären wir euch dankbar. Es ist eine Form von Druck, das Land zu verlassen. Ungenutztes Land wird nach drei Jahren zu Staatsland“, erklärt er uns. Abu Sakr, Foto Pia Frey, EAPPI Während „Wir haben jetzt den zweiten Tag des extensiven Militärtrainings im Jordan Valley, welches Tausende von palästinensischen Gemeinschaften von Fasayil bis in den Norden von Bardala betrifft. Wir bitten alle unsere internationalen Unterstützer, uns auf twitter at @jvsolidarit zu folgen um regelmässige updates über die Situation zu erhalten. Die Informationen soweit als möglich zu verbreiten. Ins Jordantal zu kommen, wenn Ihr in Palästina seid. Euern politischen Vertretern zu schreiben und sie zu bitten, den "Call from Palestinian Organisations to the EU and member states to Act now on Israeli Military Training" zu unterstützen.“, lesen wir unter anderem auf der Homepage der NGO Jordan Valley Solidarity. http://www.jordanvalleysolidarity.org/ Bilder wie diese erreichen uns von der NGO Jordan Valley Solidarity während dem Militärtraining. (Fotos unbekannt) Nachher Hirten beim Löschen des Feuers links (Foto unbekannt) Von Militärfahrzeugen zerstörte Getreidefelder (Foto Pia Frey, EAPPI) Was wir gehört und gesehen haben Rashed, Jordan Valley Solidarity: „Die meisten Schäden haben wir in Humsa, Al Hadidiya und Ibzig, mindesten 5000 dunams (Quadratkilometer) Land wurde abgebrannt.“ Tawfiq Abdarrahem, Bürgermeister von Furush Beit Dajan: „Unsere wichtigste Strasse und die Wasserleitung wurden in diesem Militärtraining zerstört. Die Strasse wurde 1967 gebaut und jetzt dürfen wir sie nicht mehr neu bauen. Die Hälfte der Kinder konnten nicht zur Schule.“ „Das Militär gibt mehr Acht, seit die NGOs und die Journalisten kommen. Bisher waren wir nur die Terroristen. Die Bilder ändern sich. Die NGOs beeinflussen die Situation. In der Vergangenheit achteten sie auf nichts. Aber jetzt haben sie Angst, dass die Welt die Wahrheit erfährt.“ Naim Masaeid in Khirbet Yarza : „Wir haben hier Militärtrainings seit 1970. Während den Trainings sind wir immer in unseren Häusern eingesperrt. Letzte Woche sind einiger Felder abgebrannt und sie zerstörten uns zwei Wasserquellen. Wir haben Angst vor nicht explodierten Minen auf unseren Feldern“... Mit Naim Masaeid unterwegs zu den zerstörten Wasserquellen und Besichtigung der Schäden (Fotos Pia Frey, EAPPI) Minen auf dem Weideland – die ständige Gefahr für die Hirten Noch unterwegs ruft uns Hamza, der Kollege von der MA’AN NGO an. Ein junger Mann sei von einer Mine verletzt worden und wir sollen vorbei kommen. Die Stimmung im Zelt in Hammamat al Maleh ist mehr als gedrückt. Das Internationale Rote Kreuz (ICRC) trifft kurz nach uns ein. Ali Achmed, der 23-jährige Vater, ist im Spital in Haifa mit einer schweren Kopfverletzung. Die Armee habe die Felder in Brand gesetzt. Beim Versuch die Brände zu löschen, sei eine Mine explodiert. Der Verletzte sei zum Militärcamp gebracht und mit dem Helikopter ins Spital nach Haifa geflogen worden. Er sei auf der Intensivstation. Wie lange er im Spital bleiben müsse, wüssten sie noch nicht, gibt der Onkel von Ali dem ICRC zu Protokoll. „Bereits zehn nicht explodierte Minen wurden gemeldet“, bilanziert Mahdi Draghmeh von HALO Trust – Humanitarien Mine Clearance nur wenige Tage nach dem Militärtraining. Er ist die einzige Ansprechperson für die Minensäuberung im Jordan Valley. http://www.halotrust.org/ Die Minenentschärfung darf nur von der israelischen Armee vorgenommen werden und dauert in der Regel Wochen. Plakat an der Wand von Jordan Valley Solidarity Foto: Pia Frey EAPPI Disclaimer: Ich wurde von HEKS-EPER und Peace Watch Switzerland als Menschenrechtsbeobachter/in nach Palästina und Israel gesendet wo ich am ökumenischen Begleitprogramm (EAPPI) des Weltkirchenrates teilnehme. Die in diesem Artikel vertretene Meinung ist persönlich und deckt sich nicht zwingend mit denjenigen der Sendeorganisationen. Falls Sie Teile daraus verwenden oder den Text weitersenden möchten, kontaktieren Sie zuerst Peace Watch Switzerland unter [email protected] Weitere Informationen zum Begleitprogramm in Palästina/Israel finden Sie unter www.eappi.org und www.peacewatch.ch
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