IT & Management Intelligente Messsystem-Infrastruktur Schrittweise flexibel einsteigen SMART METERING | Ein zentraler Baustein der Energiewende ist eine moderne und sichere Mess- und Steuerungsinfrastruktur. Sie ermöglicht eine verbesserte Berechnung und Prognose des dezentralen Bezugs von Energie. Zugleich stellt sie präzise Informationen zu Lieferung und Bezug von Energie durch die „Prosumer“ und ebnet den Weg für ein kostengünstiges, sicheres Einspeise- und Lastmanagement. Die zur Verfügung gestellten Informationen helfen zudem, die EEG-Einspeisungen einfacher zu bilanzieren. Um „Stranded Investments“ zu vermeiden, empfiehlt sich für Netzbetreiber ein schrittweiser flexibler Einstieg. Aufbau der Mess- und Steuerungsinfrastruktur Geschäftsmodelle auf Basis von Smart Metering Smart Metering Rollout-Szenario Initiierung Admin-Dienste Konfiguration der SMGw Messwerterfassung Administration der SMGw Bereitstellung CLS-Kanal Alarmevents aus den SMGw Logbücher Monitoring Datendurchleitung (Pseudonym.) GWA Metering Mngt. Metering Mngt. MSB/NB/LF CLS Wakeup-Call Verwaltung Konf.-Daten Messwertanalyse und -veredelung Steuerungs-Prozesse Markteinbaufälle Geschäftsmodelle auf Basis von Smart Metering. D as Ziel ist klar: Mit der Energiewende ist der ambitionierte Plan verknüpft, Energieangebot und -nachfrage optimal aufeinander abzustimmen. Dabei sollen netzdienliche und marktseitig induzierte Anreize eine effizientere Ressourcenkoordination in der künftigen Stromversorgung gewährleisten. Wesentlicher Baustein und „Enabling Technology“ hierfür ist der Aufbau und Betrieb einer intelligenten Mess- und Steuerungsinfrastruktur, die Erzeugung, Transport und Verbrauch miteinander verbindet. Aktuell arbeiten Bundesregierung, Behörden und Fachverbände an der finalen Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen des „Energiewende-orientierten“ Smart Meterings. Grundlage sind die im Februar vom BMWi veröffentlichten Eckpunkte des Verordnungspakets „Intelligente Netze“. Mit ihnen zeichnet sich ein 38 len EE-Anlagen zu etablieren. Die transparente Informationsversorgung über reale Verbrauchs- und (dezentrale) Erzeugungsdaten legt die Grundlage für eine verlässliche Energievermarktung sowie Bilanzierung nach dem EEG. Gleichzeitig werden über die Messungen von EE-Anlagen die Einspeiseprognosen und die Eigenverbrauchsberechnung verbessert. verlässlicher Zeithorizont für den verpflichtenden Einbau und Betrieb intelligenter Messsysteme ab, der bei größeren Verbrauchern spätestens 2017 startet und sukzessiv auf weitere Verbrauchergruppen ausgedehnt wird. Für die meist von Privatpersonen betriebenen Erzeugungsanlagen wie Photovoltaik-Systeme oder KWK-Anlagen gilt Analoges. Aufbau und Betrieb der intelligenten Mess- und Steuerungsinfrastruktur sind hochkomplexe Aufgaben, die vielfältige IT- und Kommunikationsprozesse in der Energiewirtschaft beeinflussen – und zwar auf der organisatorischen, betriebswirtschaftlichen und technischen Ebene. Neben der „traditionellen“ Verbrauchsmessung wird sie weitere wichtige Funktionen in der zukünftigen Energieversorgung übernehmen. Netzbetreiber werden befähigt, mit Blick auf die Systemsicherheit insbesondere der Verteilnetze, eine effiziente Steuerung der vielen dezentra- Kern der intelligenten Mess- und Steuerungsinfrastruktur bilden das Smart Meter Gateway (SMGW) als zentrale Kommunikationseinheit, das Gateway-Administrator (GWA)-Tool zum sicheren Management der Gateways sowie Messdatenmanagement- und Steuerungssysteme. Das Smart Meter Gateway dient dabei als dezentraler Angelpunkt zwischen den Sensoren und Aktoren bei den Kunden sowie den beteiligten Marktteilnehmern (Messstellenbetreiber/Messdienstleister, Energieversorger und andere Service-Unternehmen), die über das Weitverkehrsnetz (WAN) aus der „Ferne“ kommunizieren. Die Messsensoren der Kunden kommunizieren im so genannten lokalen metrologischen Netz (LMN) mit dem Smart Meter Gateway, das die Messdaten nach Vorgabe tarifbezogener Regelwerke zur Weiterleitung aufbereitet. Das SMGW sichert auch die Kommunikation der im Heimnetz (HAN, Home Area Network) eingebundenen steuerbaren Systeme (CLS, Controllable Local Systems), beispielsweise intelligente Hausgeräte oder Photovoltaik-Anlagen. Über die HANSchnittstelle kann zum einen der „erzeugende“ Kunde („Prosumer“) Einblick in seine Verbrauchs- oder Einspeisewerte erhalten. Zusätzlich räumt das CLS-Interface den legitimierten Fernzugriff auf dezentrale EE-Anlagen ein, damit Netzbetreiber oder Dienstleister die erforderlichen Schalthandlungen vornehmen kön- Der vorliegende Text ... ... basiert auf dem Wissensstand von Ende Juli 2015. Am 7. August 2015 (nach Redaktionsschluss) hat das BMWi das „Verordnungspaket“ zum „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ (GeDiEW) veröffentlicht. BWK Bd. 67 (2015) Nr. 9 IT & Management nen, um zum Beispiel die Netzstabilität zu sichern (netzdienliche Steuerung). Dem grundzuständigen Messstellenbetreiber (MSB) obliegt als Smart-MeterGateway-Administrator die Aufgabe, die Gateways mit entsprechender SoftwareUnterstützung sicher zu administrieren. Zu den Aufgaben des GWA-Tools (siehe Textkasten) zählen insbesondere die Inbetriebnahme und Konfiguration, das Einspielen der Auswertungsprofile inklusive Tarifinformationen und Sensorprofile, das Verwalten der Zugangsberechtigungen sowie die Überwachung anhand von Ereignis-/Status-Informationen und Logbüchern. Zur Umsetzung netzdienlicher Services liefern die Netzbetreiber die notwendigen Konfigurationen an den GWA, um die benötigten Informationen der Messsysteme und darüber hinaus auch die Freischaltung von Zugriffen für etwaige Steuerungs- und Regelungsvorgänge für am Gateway angebundene Aktoren zu erhalten. Im Einzelfall entscheidet dabei die Art der netzdienlichen Services über die Art der erforderlichen Informationen und Steuerungsmöglichkeiten. Annäherung an die neuen Aufgaben Die Kurzbeschreibung der intelligenten Mess- und Steuerungsinfrastruktur lässt erkennen, welcher komplexen Herausforderung sich die Akteure stellen müssen. Um die künftigen Anwendungsfälle zu Übersicht der Leistungstiefe bei Infrastruktur und Services im Smart Metering. unterstützen, sind IT-Systeme, Prozesse und Personal rechtzeitig vorzubereiten. Als Gateway-Administrator ist jeder grundzuständige MSB gut beraten, für die eigene Organisation abzuklären, mit welchen unternehmerischen Risiken er die Leistungserbringung angehen möchte. Denn um die Administratorenrolle auszufüllen, sind viele Leistungen zu erbringen, die nicht zur Kernkompetenz eines MSB beziehungsweise Netzbetreibers zählen und somit zusätzliche Investitionen nach sich ziehen. Der Aufbau einer sicheren Kommunikation im WAN oder der Aufbau einer erweiterten ISO-27001-konformen IT-Umgebung für den GWA-Betrieb können zu tiefen Einschnitten im Budget führen. Das Risiko eines „stranded Investments“ ist daher groß. Hinzu kommt, dass die reinen GWA-Tätigkeiten aus betriebswirtschaftlicher Sicht wenig Differenzierungsspielraum bieten, da es Aufgaben, Rechte und Pflichten des Smart-Meter-Gateway-Administrators > Übermittlung von Tarifinformationen an das Smart Meter Gateway (SMGW), die von einem externen Marktteilnehmer (EMT) bezogen wurden. Dient der Zuordnung und Aufbereitung von empfangenen Messwerten zu entsprechenden Tarifstufen. > Erfassen und Übertragen von Kommunikationsprofilen an das SMGW, durch die die Datenübertragung des SMGW an die Marktteilnehmer konfiguriert und gesteuert wird. > Sichere Durchführung von Firmware-Updates des SMGW. > Durchführen des Wake-Up-Services durch Senden eines speziellen vom GWA signierten Datenpakets mit dem Ziel, weitere Administrationsbefehle auszuführen. > Einsehen des System-Logs des SMGW, um den Status zu erkennen und Störungen zu identifizieren. > Einsehen des eichtechnischen Logs, um Verfälschungen von Messungen oder fehlgeschlagene Zeitsynchronisierung zu registrieren. Ebene Hardware System Leistungselement Geräte Hosting (zertifiziert) Kommunikation WAN-Anbindung Anwendung I Software (as a Service) für GWA und EMT Anwendung II Zusatzsoftware, Apps, Tools Prozess (Process-) Consulting Personal Business Process Outsourcing/Outtasking Marktrolle Marktrollenverantwortung BWK Bd. 67 (2015) Nr. 9 sich um standardisierte Prozesse handelt, die möglichst effizient abzubilden sind. Stückkosten und Skaleneffekte gewinnen folglich insbesondere bei Anwendungen und Betrieb an Gewicht. Vor dem Hintergrund ihres Geschäftsmodells und der vorhandenen IT-Infrastruktur müssen Unternehmen deshalb abwägen, auf welchem Weg sie ihre Smart-Metering-Ziele umsetzen. Dies heißt auch, sich mit der Frage „Make, Buy or Cooperate“ auf den unterschiedlichen Leistungsebenen zu beschäftigen. Für Unternehmen kommt es deshalb gerade zu Beginn auf eine IT-Unterstützung an, die einen schnellen Einstieg erlaubt, ohne dass einmal getroffene Entscheidungen für immer in Stein gemeißelt sind. Der SaaS/IT-Full-Service von BTC auf Basis der Produktlinie BTC AMM begünstigt hier den unkomplizierten Start im Sinne eines „ready2use“-Ansatzes. Entscheidungen bezüglich Leistungserbringung Gateways, Messeinrichtungen, CLS-Steuereinheiten, Displays usw. Rechenzentrumsleistungen inkl. Backup und Restore, Hochverfügbarkeit, Security usw. ISO-27001-zertifizierte Umgebung (insbesondere bei GWA erweitert um konkrete Maßnahmenkataloge). IP-basierte, gesicherte Anbindung der Messsysteme an GWA- und EMT-Anwendungen innerhalb zertifizierter Rechenzentrumsumgebung Gateway-Administrations-Tool und EMT-Anwendungen als Lizenz oder als SaaS – gegebenenfalls in der Cloud. Lizenzen oder Services für Rollout-Unterstützung, Workforcemanagement, Webportale, mobile Applikationen usw. sowie weitere Smart-Energy-Anwendungen Beratungen und Aufsetzen der erforderlichen Gateway-Administrations-, Rollout- und SAP-Prozesse, IT-Sicherheit usw. sowie Ermöglichung weiterer Dienste auf Basis der Smart-Metering-Infrastruktur Full Service Metering, Gateway-Administration, Gerätemanagement, Messdienstleistung, Marktpartnerkommunikation, Dispatching, Gerätelogistik usw. Auftritt als verantwortlicher MSB/MDL, SMGW-A, CLS-Dienstleister 39 IT & Management Mit modularem Ansatz risikolos starten Mit Hilfe der modular aufgebauten Software können MSB beziehungsweise Netzbetreiber den Start in das Zusammenspiel von Gateway-Administration und Messdienstleistung risikolos angehen. Zudem können sie im Zuge der Integration von betrieblichen Anwendungen und der durchgängigen Prozessgestaltung mit externen Markteilnehmern und Dienstleistern die Folgen für die eigenen Prozesse bewerten. BTC AMM ermöglicht es zum Beispiel, alle abrechnungsrelevanten Daten mit den kaufmännischen SAP-Systemen über die SAP-MDUS (Meter Data Unification and Synchronization)- beziehungsweise SAP-IM4G (Intelligent Metering for Germany)-Schnittstelle auszutauschen. Über weitere Standardschnittstellen (unter anderem auf Basis des Standards IEC 60870-5-104) lassen sich verschiedene Fachanwendungen wie bei- spielsweise Netzleit- oder Analyse-Systeme mit Messdaten unterschiedlicher Auflösung versorgen – mit dem Ziel, die Prognosegüte zur Stromeinspeisung aus EEAnlagen stetig zu verbessern. Der Versorger kann damit auch präzisere Last- und Rückspeisedaten zur Bilanzierung gewinnen und somit netzdienliche Entscheidungen mit Inputgrößen aus Netzleitsystem und Energiedatenmanagement anhand realer Messdaten, statt vorgegebener Profile, treffen und sicher durchführen – wie etwa die Herunterregelung der Einspeisung in kritischen Situationen. Später stehen alle Optionen offen Ein solcher schrittweiser Aufbau einer Smart-Meter-Infrastruktur inklusive der zugehörigen IT-Prozesse erlaubt es Unternehmen, tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln, und zwar ohne Risiko für ein heute noch weithin unbekanntes Terrain. Auch derzeit noch unklare Nutzenpoten- ziale lassen sich dadurch erkennen. Das IT-Fullservice-Konzept des Cloud-Betreibermodells, wie es BTC zusätzlich für BTC AMM anbietet, eröffnet Unternehmen an dieser Stelle darüber hinaus weitere Planungssicherheit und die Chance, sich mit der Umsetzung der operativ anstehenden Prozesse zu befassen. Netzbetreiber profitieren hier von dem finanziell überschaubaren und risikofreien Einstieg in das Smart Metering als auch von Lern- und Erfahrungseffekten, die in der Zeit bis zum verpflichtenden Rollout-Start entstehen. So können Netzbetreiber sowie weitere zukünftige Stakeholder bereits heute die Chancen einer intelligenten Messund Steuerungsinfrastruktur nutzen. Zugleich halten sie alle Optionen in der Hand, zu einem späteren Zeitpunkt einzelne Leistungspakete in Eigenregie zu übernehmen. Dr. Markus Gerdes, BTC Business Technology Consulting AG i www.btc-ag.de © Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf 2015 Rechtskonform zurück zum Ein-Mandanten-Modell 40 Attraktiv bei Netzübernahmen und Kooperationen UNBUNDLING | Entflechtung ist heute kein Thema mehr? Könnte man meinen, stimmt aber nicht, denn Kosteneffizienz sieht anders aus. So ist es kaum verwunderlich, dass insbesondere bei Neugründungen, Netzübernahmen und Kooperationen von Stadtwerken die rechtskonforme Alternative der Portallösung wieder auf den Plan kommt. Bereits seit 2009 wird das von der IVU GmbH aus Norderstedt entwickelte Vertriebs-Service-Portal bei kleinen und mittelgroßen Das Vertriebs-Service-Portal der IVU ermöglicht rechtskonforme GPKE-Prozesse ohne die mit der Mandantentrennung verbundene doppelte Datenhaltung und -bearbeitung. A ls die Bundesnetzagentur 2009 per offiziellem Schreiben bestätigte, dass das von der IVU GmbH entwickelte Vertriebs-Service-Portal eine auf Dauer rechtskonforme Alternative zur Umsetzung des Unbundling im Zwei-Mandanten-Modell darstellt, konnte dies als Er- folg für die Vernunft der Ökonomie gewertet werden. Denn gerade für kleine und mittelgroße Stadtwerke war der zu erwartende Aufwand für die Umstrukturierung und den IT-Betrieb der gedoppelten Mandanten geradezu unvernünftig hoch. Eine erstmalige Umstrukturierung der BWK Bd. 67 (2015) Nr. 9
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