Rieber/Kolper WS 2011/2012 Fallbesprechung Grundkurs Bürgerliches Recht I FB 14: Stellvertretung, Zugang, Widerruf, Anfechtungsgrund § 123 BGB, Lagertheorie, Sittenwidrigkeit Sachverhalt: Anton (A) möchte seiner Freundin zur Verlobung einen schönen und wertvollen Ring kaufen. Da er sich aufgrund seiner mangelnden Schmuckkenntnisse nicht traut, den Ring selbst zu erwerben, fragt er seinen Freund Ferdinand (F), ob dieser jemanden kennt, der eine Ahnung von Schmuck hat und den Ring für ihn besorgen könne. Ferdinand, der einen heimlichen Groll gegen Anton hegt, weil er ihm die Freundin ausgespannt hat, empfiehlt ihm, Viktor (V) zu kontaktieren. Dieser sei schon lange im Schmuckgeschäft tätig und kenne sich sehr gut aus. Ferdinand verschweigt Anton, der selber noch nie etwas von Viktor gehört hatte, dass Viktor sich nur gerne als der große Schmuckkenner ausgibt, in Wirklichkeit aber von diesem Geschäft keine Ahnung hat. Anton sendet Viktor am 19.1.2009 einen Brief mit der Bitte, ihm einen silbernen Verlobungsring zu einem Preis von maximal 250,- € zu besorgen. Außerdem sendet er am gleichen Tag eine Erklärung an den ihm bekannten Juwelier Dreist (D), dass Viktor demnächst vorbeikommen werde, um für ihn einen Verlobungsring zu kaufen. Der Brief an Viktor kommt erst am 22.1.2009 bei diesem an. Indessen hatte Anton am 21.1.2009 von dem Jurastudenten Jonas (J) erfahren, dass Viktor sich in dem Geschäft nicht sonderlich gut auskenne. Anton schrieb eilig eine entsprechende Erklärung an Viktor, in der er die Bevollmächtigung rückgängig machte. Diese warf er noch am Abend desselben Tages bei Viktor in den Briefkasten. Am Morgen des 22.1.2009, nach Lektüre des Briefes vom 19.1.2009, freut sich Viktor über seinen neuen Auftrag. Den zweiten Brief des Anton wirft er ungelesen in die Ecke. Am 31.1.2009 entschließt er sich, seinen Auftrag wahrzunehmen und geht zu dem neu zugezogenen Juwelier Caesar (C). Dort ersteht er „namens und im Auftrag des Anton“ einen Ring aus Silber für 250,- €. Direkt im Anschluss sucht er den Juwelier Dreist auf. Er bittet um eine Auswahl an Ringen, da er, wie er erklärt, auf Rechnung des Anton einen Ring kaufen solle. Dreist erkennt Viktors Unerfahrenheit auf dem Gebiet und bietet ihm einen billig versilberten Ring mit Glasstein (Gesamtwert 25,- €) für „lächerliche“ 225,- € an und erklärt, dies sei eine einmalige Gelegenheit, ein absolutes Schnäppchen. Freudestrahlend willigt Viktor ein. Nachdem Anton von Viktor nichts weiter hört, glaubt er, alles sei noch mal gutgegangen. Als Viktor aber am 7.2.2009 die Ringe bei Anton abliefert, ist dieser alles andere als begeistert. Als die Juweliere dann von Anton das Geld verlangen, weigert er sich, zu bezahlen. Rieber/Kolper WS 2011/2012 Fallbesprechung Grundkurs Bürgerliches Recht I FB 14: Stellvertretung, Zugang, Widerruf, Anfechtungsgrund § 123 BGB, Lagertheorie, Sittenwidrigkeit Anton weist Dreist darauf hin, dass er Viktor eine Mitteilung geschickt habe, dass er die Vollmacht nicht länger gelten lasse. Jedenfalls würde er den Vertrag und die Vertretung durch Viktor anfechten. Immerhin sei er von Ferdinand reingelegt worden und Viktor verfüge über keine besonderen Schmuckkenntnisse. Darüber hinaus sei der Vertrag ohnehin nichtig, da Dreist Viktor offensichtlich betrogen habe. Gegenüber Caesar erklärt Anton ebenfalls, dass die Vollmacht unwirksam gewesen sei, da er sie zurückgenommen habe. Verzweifelt bittet Anton Jonas, er solle ihm aus dieser Misere helfen. Bearbeitervermerk: 1. Können Caesar und Dreist jeweils von Anton den Kaufpreis für ihren Ring verlangen? 2. Könnten Caesar und Dreist den Kaufpreis der Ringe von Viktor verlangen?
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